Rezension: Werner Gitt - Der Mensch: Eine geniale Konstruktion (Teil 5 - Das Ohr)
Nach der ersten Pleite wollen wir auch ebenso schnell zum zweiten Punkt heraneilen, wie Werner Gitt selbst.
Im Grunde könnten wir die ganzen Punkte genauso demontieren, wie den ersten, denn Tastsinn, Ohren, Blut, Zellen, DNS und Gehirn besitzen die meisten Tiere ja auch, einige Punkte treffen auch auf Pflanzen zu und 3 sogar auf Bakterien.
Und auch hier versteigt er sich, nachdem er den Prozess des Hörens beschreibt, zu der Behauptung, dass dieser nicht natürlich (oder wie er es nennt "Prozess ohne Zielvorgabe") entstanden sein kann. Auch das wird uns die ganze Broschüre lang begleiten. Frei nach dem Motto: "Hey, I'm a clever guy and i can't imagine how it works. So it doesn't." Hier beschreibt er es wie folgt:
Auslassung von mir, siehe Bild.
Hören ist in der Tat bemerkenswert. Aber diese genaue Messtechnik hat die gleichen Einschränkungen wie das Mikrophon. Es ist allein für Schalldruck empfindlich.
Könnte das Ohr des Menschen aber vielleicht doch einfach nur ein nacktes Primatenohr sein? Hm ...
Schon Darwin beschrieb auffallende Ähnlichkeiten der Ohren von Menschen und des Affen in seinem zweitberühmtesten Buch "The descent of man, and selection in relation to sex" (dt. "Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl", Orginal und deutsche Fassung im Jahre 1871 erschienen).
Sprechen wir kurz über Atavismen:
Ein Atavismus (von lateinisch atavus "Urahn") ist das Wiederauftreten von anatomischen Merkmalen bei einem Lebewesen, die bei entfernteren stammesgeschichtlichen Vorfahren ausgebildet waren, bei den unmittelbaren Vorfahren jedoch reduziert wurden, da sie für die gegenwärtige Entwicklungsstufe keinerlei Funktion mehr besitzen. Häufig werden Atavismen daher als Missbildung wahrgenommen. Sie zählen, ebenso wie die Rudimente, zu den klassischen Evolutionsbelegen und können bei allen Lebewesen gleichermaßen auftreten.
Beim Menschen gibt es ein paar Atavismen: Mancher Mensch hat Halsrippen, die eigentlich im Laufe der Evolution zurückgebildet wurden, bei den ursprünglichen Landwirbeltieren noch vorhanden waren. Heutzutage schleppen das vorrangig Schlangen, Krokodile, Brückenechsen und die Laufvögel noch mit sich rum. Andere Menschen haben einen Schwanzfortsatz mit ausgeprägter Schwanzwirbelsäule durch ein herausgewachsenes Steißbein. Das fällt auch bei den Menschenaffen gelegentlich auf, obwohl sie im Gegensatz zum Gibbon z.B. gar keinen Schwanz mehr haben. Oder die berühmtere dritte Brustwarze. Die kann man jetzt ohne Vorwissen als Mutante abtun und der Unvollkommenheit des Menschen nach dem Sündenfall zurechnen, aber es ist schon erstaunlich, dass diese überzähligen Brustwarzen ausnahmslos an der Milchleiste auftreten. Was soll das nun wieder sein? Die Milchleiste ist eine bei Säugetieren beiderlei Geschlechts während der Embryonalentwicklung anzutreffende streifenförmige Verdickung der Oberhaut, die sich zu beiden Seiten des Stamms vom Ansatz der Vorderbeine zu jenem der Hinterbeine erstreckt. Aus ihr entsteht die Milchdrüse. Beim Menschen entsteht die Milchleiste in der siebten Woche der embryonalen Entwicklung und bildet sich kurz danach mit Ausnahme eines kleinen Teils in der Brustregion wieder zurück. Das Deck- und Drüsengewebe des verbliebenen Anteils sprosst in das darunterliegende Bindegewebe ein und bildet 16 bis 24 Verzweigungen, die sich am Ende der Schwangerschaft in die Milchgänge umwandeln. Eine nur teilweise Rückbildung der Milchleiste kann zu eben diesen zusätzlichen Brustwarzen führen. Das ist nicht schlimm, kann aus kosmetischen Gründen auch entfernt werden. Noch seltener bildet sich ein verbliebenes Restgewebe der Milchleiste zu einer vollständigen zusätzlichen Brustdrüse aus. Dieses Erscheinungsbild wird als Polymastie bezeichnet. Das haben auch einige Stars, z.B. der Schauspieler Zac Efron, die Sängerin Lily Allen, der Rapper und Schauspieler Mark Wahlberg.
Ein weiterer Atavismus führt uns zum Mythos des Wolfsmenschen und vielleicht sogar zu "Die Schöne und das Beast". Als Hypertrichose oder Hypertrichosis bezeichnet man das Symptom einer über das übliche Maß an geschlechtsspezifischer Behaarung hinausgehenden Haardichte bzw. eine Behaarung an sonst stets unbehaarten Stellen. Kennt irgendjemand von euch behaarte Tiere, vielleicht sogar Affen, die über Verwandtschaftsverhältnisse für so einen Atavismus Pate stehen könnten? Weniger schaulustig ist Hirsuties papillaris penis, exakter Hirsuties papillaris coronae glandis, eine Reihe weißlicher, hautfarbener oder rötlicher warzenartiger Bildungen, die am Eichelrand bis hin zum Vorhautbändchen des Penis des Menschen vorkommen. Es handelt sich dabei nicht, wie vielfach geglaubt wird, um Warzen, eine Fehlbildung, eine sexuell übertragbare Erkrankung, ein Symptom einer anderen Krankheit oder einen Zustand, der durch mangelnde Hygiene bedingt wäre, sondern vielmehr um einen harmlosen Atavismus ohne Krankheitswert. Sie sind daher auch nicht ansteckend. Processus supracondylaris kann man ohne Röntgen-Apparat gar nicht sehen. Denn das ist ein knöcherner Fortsatz, der bei max. 2% aller Menschen vorkommt. Während der stammesgeschichtlichen Entwicklung bildete sich dieser Knochensporn zurück, er ist jedoch bei anderen Wirbeltieren (z. B. Katzen) als Foramen supracondylare noch vorhanden.
"Almafan, du hast doch sicher irgendeinen Plan, wenn du uns damit nun zuschwallst mit Wolfsmenschen und dritten Nippeln, oder?", höre ich euch schon tuscheln.

1. Bild: der Punkt, auf den der Pfeil zeigt, ist ein Darwin-Ohrhöcker.
2. Bild: Ein homologer Punkt bei einem Javaneraffen.
3. Bild: Darwinscher Ohrhöcker besser zu erkennen.
Ups, ein weiterer Atavismus. Der Darwin-Ohrhöcker, ein Knorpelfortsatz am Außenrand der Ohrmuschel des Menschen, ein evolutionäres Überbleibsel des vormals spitzen Säugetierohres. Obwohl nach Darwin benannt, wurde er zuerst vom britischen Bildhauer Thomas Woolner beschrieben.
So ein Atavismus ist auch eine verflixte Sache und das Tiere die gleiche und teilweise sogar eine deutlich bessere Hörleistung haben als wir, die auch ganz gut zu ihren jeweiligen Lebensgewohnheiten passen, wirkt unfreiwillig komisch, wenn man das menschliche Gehör als superpräzises, gottgegebenes Werkzeug präsentiert.

10 Mammaliaform inner ear evolution: pattern of innervation of cochlear duct and canal curvature (inner ear endocasts in dorsal or endocranial view). (A) Morganucodon, (B) Haldanodon, (C) Hadrocodium, (D) Ornithorhynchus (the anterior and posterior semicircular canals are incomplete as broken in the original petrosal bone), (E) Tachyglossus, (F) generalized eutriconodont (based on gobiconodontids), (G) gondwanatherian Vintana, (H) taeniolabidoid multituberculate Meniscoessus, (I) spalacotherioid Zhangheotherium, (J) cladotherian Dryolestes, (K) marsupial Didelphis. GC, ganglion of the cochlea; TF, tractus foraminosus ("cribriform plate"); for clades see 1. (B redrawn from Ruf et al. 2013; G redrawn from Hoffmann et al. 2014; all others are new illustrations by the authors)
Nochmal Ups. Eine wissenschaftliche Arbeit (#1) zur Entwicklung des inneren Ohrs über ziemlich große Zeiträume hinweg. Gondwanatheria (G) stammt aus einer Zeit vor über 33 Millionen Jahren.
Eine stammensgeschichtliche Herkunft ist nicht weiter verwunderlich. Das Hörorgan von allen Säugetieren besteht aus den Außenohr, Mittelohr und dem Innenohr zu beiden Seiten.
Neben den Wirbeltieren verfügen jedoch eine Reihe weiterer Tiergruppen über ein Gehör. So haben alle Insekten, die Laute zur Kommunikation erzeugen, Hörorgane, die unterschiedlich aufgebaut sein können. Hierzu gehören etwa die Langfühlerschrecken, die Kurzfühlerschrecken und die Zikaden. Viele Fangschrecken können sogar Ultraschall wahrnehmen, der von Fledermäusen zur Ortung ihrer Beute ausgesandt wird. In der Klasse der Insekten sind Körperhaare verbreitet, die zu schwingen beginnen, wenn sie von Schallwellen angeregt werden. Aufgrund des Resonanzhänomens schwingen bestimmte Haare verstärkt bei spezifischen Schall-Frequenzen. Diese Spezifität hängt von der Steifigkeit und der Länge der Haare ab. Daher konnten beispielsweise einige Raupenarten Haare evolvieren, deren Resonanzfrequenz auf das Geräusch summender Wespen abgestimmt ist, sodass die Raupen rechtzeitig über die Anwesenheit der Fressfeinde informiert sind. Außerdem besitzen Stechmücken Haare auf den Fühlern, die auf das Fluggeräusch von artgleichen Weibchen spezifiziert sind, sodass die Männchen ihre potentiellen Geschlechtspartner erkennen können. (#2) Einige Insekten besitzen auch ein Tympanalorgan. Dies sind "Trommelfelle", die luftgefüllte Kammern an den Beinen bedecken. Ähnlich wie beim Hörvorgang bei Säugetieren wird das Trommelfell durch Schallwellen zur Schwingung angeregt. An der Innenseite angebrachte Rezeptoren wandeln die Schwingung in elektrische Signale um und übermitteln sie dem Gehirn (#2).
Auch hier müssen wir Modell B (Schöpfung) aufgrund der Falschbehauptung Werner Gitts, die Evolution bringt's nicht, den Punkt aberkennen. Zwar sind die Erkenntnisse, wie in allen Wissenschaften nach wie vor lückenhaft, deuten aber schon ein klares Übergewicht zur Evolutionstheorie an. Der Punkt geht also doch an Modell A (Evolution).
Modell A : Modell B - 0:2
Modell A : Modell B - 2:0
#1 - Evolution of the Middle and Inner Ears of Mammaliaforms: The Approach to Mammals
#2 - Neil A. Campbell: Biology. Achte Englische Edition, S. 1096
Nach der ersten Pleite wollen wir auch ebenso schnell zum zweiten Punkt heraneilen, wie Werner Gitt selbst.
Im Grunde könnten wir die ganzen Punkte genauso demontieren, wie den ersten, denn Tastsinn, Ohren, Blut, Zellen, DNS und Gehirn besitzen die meisten Tiere ja auch, einige Punkte treffen auch auf Pflanzen zu und 3 sogar auf Bakterien.
Und auch hier versteigt er sich, nachdem er den Prozess des Hörens beschreibt, zu der Behauptung, dass dieser nicht natürlich (oder wie er es nennt "Prozess ohne Zielvorgabe") entstanden sein kann. Auch das wird uns die ganze Broschüre lang begleiten. Frei nach dem Motto: "Hey, I'm a clever guy and i can't imagine how it works. So it doesn't." Hier beschreibt er es wie folgt:
Woher kommt diese geniale Konstruktion? Kann ein Prozess ohne Zielvorgabe so etwas zuwege bringen? Natürlich nicht! [...] Das Ohr entstammt keinem Evolutionsprozess sondern beruht auf einer genialen Schöpfertat.
Auslassung von mir, siehe Bild.
Hören ist in der Tat bemerkenswert. Aber diese genaue Messtechnik hat die gleichen Einschränkungen wie das Mikrophon. Es ist allein für Schalldruck empfindlich.
Könnte das Ohr des Menschen aber vielleicht doch einfach nur ein nacktes Primatenohr sein? Hm ...
Schon Darwin beschrieb auffallende Ähnlichkeiten der Ohren von Menschen und des Affen in seinem zweitberühmtesten Buch "The descent of man, and selection in relation to sex" (dt. "Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl", Orginal und deutsche Fassung im Jahre 1871 erschienen).
Sprechen wir kurz über Atavismen:

Beim Menschen gibt es ein paar Atavismen: Mancher Mensch hat Halsrippen, die eigentlich im Laufe der Evolution zurückgebildet wurden, bei den ursprünglichen Landwirbeltieren noch vorhanden waren. Heutzutage schleppen das vorrangig Schlangen, Krokodile, Brückenechsen und die Laufvögel noch mit sich rum. Andere Menschen haben einen Schwanzfortsatz mit ausgeprägter Schwanzwirbelsäule durch ein herausgewachsenes Steißbein. Das fällt auch bei den Menschenaffen gelegentlich auf, obwohl sie im Gegensatz zum Gibbon z.B. gar keinen Schwanz mehr haben. Oder die berühmtere dritte Brustwarze. Die kann man jetzt ohne Vorwissen als Mutante abtun und der Unvollkommenheit des Menschen nach dem Sündenfall zurechnen, aber es ist schon erstaunlich, dass diese überzähligen Brustwarzen ausnahmslos an der Milchleiste auftreten. Was soll das nun wieder sein? Die Milchleiste ist eine bei Säugetieren beiderlei Geschlechts während der Embryonalentwicklung anzutreffende streifenförmige Verdickung der Oberhaut, die sich zu beiden Seiten des Stamms vom Ansatz der Vorderbeine zu jenem der Hinterbeine erstreckt. Aus ihr entsteht die Milchdrüse. Beim Menschen entsteht die Milchleiste in der siebten Woche der embryonalen Entwicklung und bildet sich kurz danach mit Ausnahme eines kleinen Teils in der Brustregion wieder zurück. Das Deck- und Drüsengewebe des verbliebenen Anteils sprosst in das darunterliegende Bindegewebe ein und bildet 16 bis 24 Verzweigungen, die sich am Ende der Schwangerschaft in die Milchgänge umwandeln. Eine nur teilweise Rückbildung der Milchleiste kann zu eben diesen zusätzlichen Brustwarzen führen. Das ist nicht schlimm, kann aus kosmetischen Gründen auch entfernt werden. Noch seltener bildet sich ein verbliebenes Restgewebe der Milchleiste zu einer vollständigen zusätzlichen Brustdrüse aus. Dieses Erscheinungsbild wird als Polymastie bezeichnet. Das haben auch einige Stars, z.B. der Schauspieler Zac Efron, die Sängerin Lily Allen, der Rapper und Schauspieler Mark Wahlberg.
Ein weiterer Atavismus führt uns zum Mythos des Wolfsmenschen und vielleicht sogar zu "Die Schöne und das Beast". Als Hypertrichose oder Hypertrichosis bezeichnet man das Symptom einer über das übliche Maß an geschlechtsspezifischer Behaarung hinausgehenden Haardichte bzw. eine Behaarung an sonst stets unbehaarten Stellen. Kennt irgendjemand von euch behaarte Tiere, vielleicht sogar Affen, die über Verwandtschaftsverhältnisse für so einen Atavismus Pate stehen könnten? Weniger schaulustig ist Hirsuties papillaris penis, exakter Hirsuties papillaris coronae glandis, eine Reihe weißlicher, hautfarbener oder rötlicher warzenartiger Bildungen, die am Eichelrand bis hin zum Vorhautbändchen des Penis des Menschen vorkommen. Es handelt sich dabei nicht, wie vielfach geglaubt wird, um Warzen, eine Fehlbildung, eine sexuell übertragbare Erkrankung, ein Symptom einer anderen Krankheit oder einen Zustand, der durch mangelnde Hygiene bedingt wäre, sondern vielmehr um einen harmlosen Atavismus ohne Krankheitswert. Sie sind daher auch nicht ansteckend. Processus supracondylaris kann man ohne Röntgen-Apparat gar nicht sehen. Denn das ist ein knöcherner Fortsatz, der bei max. 2% aller Menschen vorkommt. Während der stammesgeschichtlichen Entwicklung bildete sich dieser Knochensporn zurück, er ist jedoch bei anderen Wirbeltieren (z. B. Katzen) als Foramen supracondylare noch vorhanden.
"Almafan, du hast doch sicher irgendeinen Plan, wenn du uns damit nun zuschwallst mit Wolfsmenschen und dritten Nippeln, oder?", höre ich euch schon tuscheln.


1. Bild: der Punkt, auf den der Pfeil zeigt, ist ein Darwin-Ohrhöcker.
2. Bild: Ein homologer Punkt bei einem Javaneraffen.
3. Bild: Darwinscher Ohrhöcker besser zu erkennen.
Ups, ein weiterer Atavismus. Der Darwin-Ohrhöcker, ein Knorpelfortsatz am Außenrand der Ohrmuschel des Menschen, ein evolutionäres Überbleibsel des vormals spitzen Säugetierohres. Obwohl nach Darwin benannt, wurde er zuerst vom britischen Bildhauer Thomas Woolner beschrieben.
So ein Atavismus ist auch eine verflixte Sache und das Tiere die gleiche und teilweise sogar eine deutlich bessere Hörleistung haben als wir, die auch ganz gut zu ihren jeweiligen Lebensgewohnheiten passen, wirkt unfreiwillig komisch, wenn man das menschliche Gehör als superpräzises, gottgegebenes Werkzeug präsentiert.

10 Mammaliaform inner ear evolution: pattern of innervation of cochlear duct and canal curvature (inner ear endocasts in dorsal or endocranial view). (A) Morganucodon, (B) Haldanodon, (C) Hadrocodium, (D) Ornithorhynchus (the anterior and posterior semicircular canals are incomplete as broken in the original petrosal bone), (E) Tachyglossus, (F) generalized eutriconodont (based on gobiconodontids), (G) gondwanatherian Vintana, (H) taeniolabidoid multituberculate Meniscoessus, (I) spalacotherioid Zhangheotherium, (J) cladotherian Dryolestes, (K) marsupial Didelphis. GC, ganglion of the cochlea; TF, tractus foraminosus ("cribriform plate"); for clades see 1. (B redrawn from Ruf et al. 2013; G redrawn from Hoffmann et al. 2014; all others are new illustrations by the authors)
Nochmal Ups. Eine wissenschaftliche Arbeit (#1) zur Entwicklung des inneren Ohrs über ziemlich große Zeiträume hinweg. Gondwanatheria (G) stammt aus einer Zeit vor über 33 Millionen Jahren.
Eine stammensgeschichtliche Herkunft ist nicht weiter verwunderlich. Das Hörorgan von allen Säugetieren besteht aus den Außenohr, Mittelohr und dem Innenohr zu beiden Seiten.
- Das Außenohr besteht aus Ohrmuschel, Ohrläppchen und Gehörgang. Seine wichtigste Funktion ist die Richtwirkung, also die Umkodierung von räumlicher in zeitliche/spektrale Information.
- Das Mittelohr besteht aus einem Hebelapparat mit drei Gehörknöchelchen (Hammer, Amboss, Steigbügel). Seine wichtigste Funktion ist die Impedanzanpassung (auch Leistungsanpassung) und die Schutzfunktion durch den Stapediusreflex.
- Das Innenohr besteht aus Hörschnecke und Gleichgewichtsorgan. Seine wichtigste Funktion ist die Frequenz-Orts-Transformation durch eine Wanderwelle auf der Basilarmembran, auf der sich das Corti-Organ befindet.
Neben den Wirbeltieren verfügen jedoch eine Reihe weiterer Tiergruppen über ein Gehör. So haben alle Insekten, die Laute zur Kommunikation erzeugen, Hörorgane, die unterschiedlich aufgebaut sein können. Hierzu gehören etwa die Langfühlerschrecken, die Kurzfühlerschrecken und die Zikaden. Viele Fangschrecken können sogar Ultraschall wahrnehmen, der von Fledermäusen zur Ortung ihrer Beute ausgesandt wird. In der Klasse der Insekten sind Körperhaare verbreitet, die zu schwingen beginnen, wenn sie von Schallwellen angeregt werden. Aufgrund des Resonanzhänomens schwingen bestimmte Haare verstärkt bei spezifischen Schall-Frequenzen. Diese Spezifität hängt von der Steifigkeit und der Länge der Haare ab. Daher konnten beispielsweise einige Raupenarten Haare evolvieren, deren Resonanzfrequenz auf das Geräusch summender Wespen abgestimmt ist, sodass die Raupen rechtzeitig über die Anwesenheit der Fressfeinde informiert sind. Außerdem besitzen Stechmücken Haare auf den Fühlern, die auf das Fluggeräusch von artgleichen Weibchen spezifiziert sind, sodass die Männchen ihre potentiellen Geschlechtspartner erkennen können. (#2) Einige Insekten besitzen auch ein Tympanalorgan. Dies sind "Trommelfelle", die luftgefüllte Kammern an den Beinen bedecken. Ähnlich wie beim Hörvorgang bei Säugetieren wird das Trommelfell durch Schallwellen zur Schwingung angeregt. An der Innenseite angebrachte Rezeptoren wandeln die Schwingung in elektrische Signale um und übermitteln sie dem Gehirn (#2).
Auch hier müssen wir Modell B (Schöpfung) aufgrund der Falschbehauptung Werner Gitts, die Evolution bringt's nicht, den Punkt aberkennen. Zwar sind die Erkenntnisse, wie in allen Wissenschaften nach wie vor lückenhaft, deuten aber schon ein klares Übergewicht zur Evolutionstheorie an. Der Punkt geht also doch an Modell A (Evolution).
Modell A : Modell B - 2:0
#1 - Evolution of the Middle and Inner Ears of Mammaliaforms: The Approach to Mammals
#2 - Neil A. Campbell: Biology. Achte Englische Edition, S. 1096