Sa 4. Sep 2021, 23:38
Ein kurzes Spiel II
Mit diesen Worten schaute er zu den beiden verbliebenen herüber.
Denen gefror das Blut in den Adern. Was ist das für einer, dass ihm ein wildes Rudel Wölfe gehorcht? Was ist das für einer, dass er ohne großes Federnlesen, einen nach dem anderen von ihnen ausschaltet? Was ist dieser Mann und wer ist sein Beschützer? Haben sie überhaupt eine Chance.
Berion schaut noch einmal auf den Knüppel. Da fällt ihm eine weitere Finte ein, wie er möglichst gefahrenfrei und unaufwändig, den Mann mit den Dolchen aus dem Weg räumen kann. Er hebt den Knüppel auf. Das Schwert in der Rechten, den Schläger in der Linken geht er auf den Mann zu. Immer auch im Blick hat er den anderen. Der Mann mit seinen Dolchen geht in Angriffsstellung. Er beobachtet aber auch die Wölfe im Hintergrund.
Kurz regt sich jener, den der Fremde mit den Messern getroffen hat. Dies bemerken auch die Wölfe und machen sich auch über diesen her. Nur wieder der Leitwolf folgt in einigem Abstand dem Menschen aus dem Wald.
Der langsame Gang des Fremden irritiert den Dolchträger.
So lässt er sich nun doch zum Angriff verleiten. Berion erhebt daraufhin seine Keule. So wie er diese vor seinem Körper quer hochzieht, als sei sie sein Schild, erhebt auch sein Angreifer die Klingen. Als der Magier seinen Knüppel aber nicht auf Höhe seiner Brust belässt, sondern noch weiter erhebt, geschiet dies auch mit den geschmiedeten Eisen des Angreifers. Er scheint über diese Bewegung selbst überrascht. Da der Knüppel länger ist, als die Dolche, diese aber offenbar das Ziel des Gegenübers, muss er sich auch entsprechend weiter strecken. Dabei verliert er jede Deckung. Bevor er merkt wie ihm geschiet, stecken die Klingen auch schon im Holz. Der Magier holt mit dem Schwert aus. Der Angreifer lässt zwar seine beiden Waffen los, kann aber nicht mehr verhindern, dass er von einem Hieb direkt in die Seite getroffen wird.
Er stößt Berion weg, der daraufhin krachend zu Boden geht. Aber auch der Gegner stürzt zu Boden. Doch noch bevor er diesen berührt wird er im Sprung vom Wolf erfasst. Der reißt im Schwung den Arm herum, sodass der Wolf zwar auf allen Vieren landet, doch der Mönch erst nach einer Drehung in der Horizontalen aufkommt. Weitere Raubtiere eilen ihrem Anführer zu Hilfe.
Berion muss sich erst wieder etwas berappeln.
Er schüttelt seinen Kopf, sieht sich um. Die große Gefahr ist gebannt. Und so war es allein der Eingeschränkte, der noch immer auf seiner Bank am Holzzaun saß. Das Schwert in der Hand auf seine Feinde gerichtet. Besonders der Fremde ist ihm nicht geheuer.
Ob der Krüppel ahnt, warum sein letzter Verbündeter die Keule und nicht den Magier anvisiert hat? Ob er weiß, was Telekinese ist?
Und selbst wenn. Solange Berion es schafft, dass sein Gegenüber stirbt, bevor er ihn als Hexer denunzieren kann, wird es hier keine größeren Probleme geben.
Er geht zu seinem Schwert, dass er beim Sturz nicht festhalten konnte.
Der Fußtritt des soeben Gefallenen war sehr heftig. Berion musste kurz Luft holen, weil der starke Stoß ihm den Atem geraubt hat. Er war unvorsichtig. Das hätte auch anders ausgehen können. Ist es zum Glück aber nicht.
Berion merkt aber auch, dass es keine bloße Fahrlässigkeit war, die diesen Treffer des Gegners ermöglichte.
Er merkt wie seine Kräfte schwinden. Die Magie, die er in allen Aktionen verborgen hat will auch gewirkt werden. Und jede Wirkung benötigt eine Kraft, die diese Wirkung erziehlt. Alles zehrt an den Kräften die dieser Magier hat. Noch dazu muss er sehr überlegt vorgehen, seine Schläge geschickt ausführen. Denn er steht einer Übermacht entgegen. Auch muss er auf seine Gefährten Acht geben. Seine Magie darf im Augenblick auch nicht nach einer solchen aussehen. All dass gilt es im Kampf zu berücksichtigen.
Vor ihm sitzt der unruhige Krüppel, der noch immer zitternd sein Schwerz in seine Richtung hält. Sein Blick springt hin und her. Zu den Wölfen, zum Fremden, zu seinen toten Kameraden. Er sitzt schon nicht mehr. Die Bank dient ihm kaum noch als Stütze, denn er ist halbaufrecht an die Wand gelehnt. Man merkt aber auch ihm an, dass das gebrochene Knie nicht im Ansatz verheilt ist. Er steht sehr unsicher und sein Bein wackelt.
Berion nähert sich mit nach vorn gerichtetem Schwert und versucht ein forschen Vorstoß. Doch der Verhinderte wehrt sich. Zwei unkontrollierte Links- und Rechtshiebe und der Magier muss weichen und sich zurückziehen. Dabei rutscht dieser fast auf dem staubigen Boden aus, fängt sich erst seitlich, kann aber noch zurückspringen.
Dieser kurze Schlagabtausch gibt dem Mönch wieder Zuversicht.
Wenn er schon nicht gegen diese Meute gewinnen kann, so wird er doch so viele mit ins Grab nehmen wie er kann.
Ein Wolf setzt zum Sprung an. Doch der Gegner hat sein Schwert bereits vorangestreckt. Berion gelingt es, durch sein beherztes Eingreifen, dem Wolf in die Flanke zu stoßen. Dabei schwingt auch er sein Schwert nach vorn, um den Abstand zum Verteidiger aufrecht zu halten. Der Wolf stürzt zur Seite, knurrt den Fremden an. Der schaut ihm kurz tief in die Augen, bevor er mit einer Drehung wieder aufsteht und sich wieder dem Gegner widmet.
Auch diese Aktion bestärkt den Verteidiger, doch offenbar nicht ganz so aussichtslos zu sein.
Doch beim nächsten Vorstoß von Berion und der darauf folgenden Abwehr, gelingt es dem Magier mit seinem nach unten laufenden Schwert die Verteidigung zu durchbrechen. An der Klinge brallt das Mordinstrument des Gegners ab. Damit wird die gesamte Deckung offengelegt und seiner linken Faust zieht der voranpreschende Fremde voll durch. Der Krüppel stürzt nach hinten über seine Bank. Aber auch Berion fällt zu Boden, da er zu viel Energie in den wuchtigen Schlag gelegt hat.
Wichtig für ihn ist jetzt nur, ja nicht die Klinge des Gegenübers zu berühren. Daher stemmt er die Hand, mit der er gerade noch den Gegner getroffen hat, auf den Boden und nimmt den Schwung des Fluges um sich über den Kondrahenten zu werfen. Dabei legt er einen unfreiwilligen Salto hin und schafft es sogar auf dem Hinterteil zu landen. Doch er ist schnell wieder auf den Beinen und reißt sein Antlitz wieder herum.
Der Mönch hatte nicht so viel Glück bei seiner Landung.
Das gebrochene Bein landete hart auf dem Boden, das andere liegt quer über der Bank. Er hat zwar das Schwert noch in der Hand, scheint aber noch immer benommen. Auf dem Rücken liegend, ist er ein leichtes Ziel, wie ein gekippter Käfer.
Berion will die Chance nutzen, kommt heran, hebt das Schwert und will ihm den Arm abhacken. Doch der Mönch pariert noch ein letztes Mal. Daraufhin federt Berions Schwert zurück. Er schwingt es auf die andere Seite und zieht von rechts nach links durch. Dabei trifft er den Griff des Schwertes und auch die Hand des Gegners. Dessen Klinge fliegt ihm nun im hohen Bogen aus der Hand. Der Fremde verliert keine Zeit. Nochmal setzt er zum selben Hieb an, wie zuvor und trifft nun tatsächlich die Achselhöhle und das Kugelgelenk der Schulter. Ein Krachen geht durchs Dorf. Gefolgt von einem lauten Aufschrei.
Der Mönch reißt seine andere Hand herum und hält sich die Wunde. Der Arm bewegt sich nicht mehr. Berion lässt sein Schwert fallen. Jetzt schaut er zu dem mutigen Wolf, der vorhin beinahe in die Klinge des gefälschten Geistlichen gesprungen wäre. Mit einer Handbewegung bietet er ihm an, es jetzt doch noch einmal zu versuchen. Das lässt dieser sich nicht zweimal sagen und springt den Mönch an. Den Arm den er hochreißt, um das Tier abzuwehren, zerbeißt der Wolf recht schnell. Wieder steigen alle aus dem Rudel in dieses makabere Spiel mit ein.
Alle Mönche sind erledigt.
Es ist vollbracht. Der Fremde ist überrascht, wie schwierig er sich am letzten noch getan hat. Aber viel länger hätte der Kampf nicht gehen dürfen. Er merkt, dass er sehr ausgemergelt ist. Ein paar Beeren, Wurzeln und Rüben täuschen nicht über die Tatsache hinweg, dass besonders der Heilzauber in der Nacht seine letzten Energiereserven stark dezimiert hat.
Solange die Feinde noch waren, musste Konzentration herrschen. Schwäche war nicht erlaubt. Schwäche durfte nicht gezeigt werden. Jetzt kann er etwas entspannen. Das Rudel hat bereits gezeigt, dass es ihn aufgenommen hat. Noch heute Morgen war er ihnen ausgeliefert. Kalt und zitternd, hungernd, am Ende seiner Kräfte. Sie gaben ihm Obdach. Sie gaben ihm Wärme. Und jetzt hier im Dorf, wo kein Wolf freiwillig hingeht, gaben sie ihm Kameradschaft.
Er ist noch nicht fertig.
Mit straffem Schritt geht er zum Eingang des Kirchentores und stößt dieses auf. Es war bis hierhin einen Spalt offen. Die Bauern zucken zusammen. Kommen jetzt auch die Bestien? Werden diese auch sie verschlingen? Berion verlangt nach einer Axt und einem Handkarren.
Die Menschen sind schockiert. Doch der Fremde erklärt sich: "Wenn ihr ihnen nicht das Fressen vor die Tore des Dorfes legt, werden sie hier fressen, bis sie satt sind. Ziehen sie sich nicht zurück, werden sie denken euer Gebiet übernommen zu haben. Dann gehört das Dorf ihnen."
Der Priester hat keinen Handharren, doch eine Axt. Schnell geht er zu seinem Holzblock, wo er immer frisches Brennholz hackt. Er weiß, was Berion damit machen wird. Was er nicht weiß, ist, warum er diese Wölfe mit sich führt und warum er, gestern noch kaum stehend, heute schon kämpfend sechs Widersacher erledigen kann. Der Fremde sieht diese grübelnden Blicke und sagt leise nur: "Später. Ich erkläre es dir einfach später."
Er nimmt die Axt aus der Hand des Priesters entgegen, der nur kurz zu verstehen gibt, dass ein jeder ein Begräbnis verdient. Berion kneift ein Auge zusammen, zieht die Lippen zusammen und schüttelt kurz den Kopf: "Nicht jeder." Dann verlangt er nach dem Karren. Der Junge greift seinem Vater an den Überrock. Der will erst nicht so recht. Denn um an den Karren zu kommen, muss er ihn zu seinem Hof führen und das führt an den Wölfen vorbei.
Berion will nicht länger warten, greift durch schnellen Umgriff bei der Axt um. Er hält nun die eiserne Seite, nicht die hölzerne. Nichts soll nach Angriff aussehen. Dann ergreift er ebenso den Ärmel des Bauern und zieht ihn zu sich. Widerstand duldet er nun nicht. Er zerrt den Bauern hinter sich her und geht auf die Straßen vor dem Hof. Der Bauer reißt seine Augen weit auf. Das die Wölfe blutverschmierte Schnauzen und Felle haben, macht die Situation für ihn nicht angenehmer. Doch welche Wahl hat er?
Im Bogen gehen die beiden an diesen vorbei. Dann bleibt Berion stehen und deutet den Mann mit dem Griff der Axt, ihm zu sagen, wo es hingeht. Der hat erst nicht verstanden, da er auf die Tiere mehr achtet, als auf den Fremden neben sich. Ein kurzer Stubser und er ist wieder ganz bei ihm. Mit dieser kurzen Unterbrechung erreichen sie den richtigen Hof. Der Bauer zeigt ihm sofort den Weg zum Karren. Er atmet aber erst einmal durch, da seine Knie schlottern.
Berion holt unterdessen das Gefährt und erreicht sogleich wieder den Bauern. Dann schaut er ihn an: "Eine Sache muss ich noch von dir verlangen. Ich brauche jemanden, der mir die Mönche mit auflädt." Da stockt dem Mann der Atem. Noch einmal da raus zu den Wölfen und nun auch noch ihre Beute anfassen? Er schüttelt den Kopf. Genervt packt ihn Berion am Arm und schubst ihn hinaus. Zwei Schritte geht es voran, bevor er kurz rutschend stoppt. Das Rudel schaut ihn an. Dem Mann sinkt das Herz in die Hose. Der Schweiß sammelt sich auf der Stirn. Die Kehle wird ganz trocken. Doch der Magier stößt wieder von hinten an ihn heran, diesmal mit seinem eigenen Karren. Der Junge und seine Mutter schauen vom Kirchenhof herüber. Noch sah sich niemand im Stande, die Pforten wieder zu schließen.
Ohne auch nur mit der Wimper zu zucken geht der Fremde einfach voran.
Mit der Karre schnurrstracks auf den Krüppel zu: "Wir fangen einfach bei dem an, der am weitesten von der Allmende entfernt ist. Dann sind die späteren Wege kürzer. Bei den ersten Wegen haben wir noch die meiste Kraft. Außerdem kommen so die Wölfe mit nach draußen." Für ihn ist es auch kein Problem sich einfach sofort zu den Tieren zu begeben. Dem Leitwolf gibt er durch einen Blick zu verstehen, dass der Bauer auf seiner Seite ist. Doch der hatte bislang ohnehin keine Anstalten gezeigt, irgendwie weitere Leute anzugreifen. An der Körperhaltung Berions konnte er und seine Genossen bereits ablesen, dass nun keine Feinde mehr hier sind.
Berion winkt den Bauern zu sich herüber. Der schaut auf die Bestien links und rechts von ihm stehen, wenn er nun tatsächlich durch sie hindurch auf seinen Karren zuläuft. Ihm vorsichtigen Schleichgang durchläuft er diese Parade. Doch die wilden Hunde haben gar nicht die Absicht und schauen dem seltsamen Gang mit unverständigem Blick einfach zu. Die meisten sitzen bereits. Einer gähnt. Den ersten richtet Berion auf, um ihm die Kutte abzunehmen. Einerseits ist dies zusätzliches Gewicht, dass man nicht unnötig herumschleppen muss. Andererseits hindert es auch am Fressen. Außerdem können sich darin und darunter noch irgendwelche Kostbarkeiten oder wenigstens alltägliche Güter befinden, die man vielleicht gebrauchen kann.
Als der Pfaffe sieht, dass der Fremde Leichenfledderei begeht, kommt auch er unter den Blicken der Kampfgenossen des Fremden heraus: "Das ist Frevel." Sofort schauen alle Tieraugen auf ihn. Doch der Retter des Dorfes antwortet nur lachs: "Welche Strafe erwartet mich denn, wenn ich Diebe und Strolche, Räuber und Mörder um ihre Ehre bringe? Diese Dinge nützen ihnen nichts mehr." Er unterbricht kurz, um den Toten weiter zu untersuchen. "Diese hier haben, wie du und ich, nichts in diese Welt gebracht. Und sie und wir gehen mit nichts wieder aus ihr heraus." Dann packt er den Gefallenen und wirft ihn auf den Karren. Er schiebt ihn direkt über die Achse, so lässt sich der Wagen am einfachsten bewegen. Das Gewicht liegt so auf den Rädern, nicht auf dem, der schiebt. Seinen abgehackten Arm wirft er einfach obendrauf.
Dann mobiliert er noch einmal seine Kräfte hebt den Karren an und fährt diesen zum nächsten Mönch herzu. Die Dolche sind ja bereits durch den Knüppel abgenommen. Doch auch hier kann unter der Robe noch einiges Stecken. Also landet auch dieser Mönch unter Kraftanstrengungen durch den Fremden fasst nackt auf dem Karren. So ergeht es auch dem Knüppelträger. Doch als Berion den Mann auf dem Wagen bugsiert, lehnt er sich in nahender Erschöpfung auf die Leichen.
"Papa, du musst ihm helfen."
Die Augen und Ohren der Wölfe fixieren den Jungen. Der Priester wirkt erschrocken. Der Vater wie aus der Lethargie geholt. Doch die Mutter hält dem Jungen den Mund zu. Ohne weiter auf die Tiere zu achten, nimmt der Bauer die Gelegenheit war und durchquert die Meute hin zum Karren. Noch kräftegeschont hebt er diesen an und schiebt ihn durch die Straßen vorerst vorbei an den anderen Toten. Hier sieht er auf dem Weg zur Allmende auch erstmals den sechsten Mönch, der hier wahrscheinlich als Wache abgestellt wurde oder um weitere versteckte Bauern zu finden.
"Der hatte die Messer dabei, die ich dem anderen in den Rücken warf.", schnaubt der ausgelaugte Fremde. Doch hier an der Anhöhe verlassen auch dem engagierten Bauern die Kräfte. Berion hilft nach, indem er einfach einen der Männer vom Karren schiebt. Mit zweien sollte es deutlich einfacher sein. Und tatsächlich schafft es der Ackersmann nun die leichte Anhöhe der Allmende hinauf bis hin zum Waldrand. "Ab hier übernehme ich wieder." Doch der Bauer insestiert: "Wir machen das zusammen. Du musst mir nur sagen, wohin die Karre soll." Überrascht blickt der Fremde ihn an, dann lächelt er und nickt. Ein leichter Schulterschlag und die beiden setzen ihre Reise fort.
Als sie bereits ein Stück weit in den Wald gegangen sind, bemerken sie, dass die Wölfe ihnen folgen.
Erst taucht einer am Rand zur Allmende auf, dann auch die anderen. Sie folgen ihnen in gemütlichem Trott. Schneller sind die beiden mit ihrer Karre auch nicht. Den Bauern bekommt wieder ein ungutes Gefühl. Der dunkle Wald, die Wölfe und dann auch noch der seltsame Fremde, der mit ihm allein, mit einer Axt bewaffnet, einen Karren voller toter Mönche transportiert. Warum hatte ihn sein Ehrgefühl gegenüber seinem Sohn in so eine skurrile Situation gebracht?
Der Wagen hält. Der Magier ist in den Wald abgebogen. Doch der Bauer kann ihm nicht folgen. Geschoben bekommt er diesen Karren nicht über den weichen Waldboden. Berion kommt zurück: "Dann ziehen wir ihn eben." Er greift sich einen der beiden Griffe des Wagens und bedeutet dem Bauern, nach dem anderen zu greifen. Langsam auch schließen die Wölfe auf. Diese im Rücken ziehen die beiden den Karren bis zu jener Stelle am Fluss, wo der umgestürzte Baum über den kleinen Fluss eine Brücke schlägt.
Berion sackt zusammen.
"Es ist noch immer nicht vollbracht." Dann schnappt er die Axt, die er zwischenzeitlich in den Hosenbund gesteckt hatte. Er atmet noch einmal tief aus, packt nach dem Bein eines Gegners und setzt mit einem heftigen Hieb an. Das Blut spritzt. Der Bauer zuckt zurück. Ein zweiter Hieb geht tiefer ins Fleisch. Der rote Lebenssaft fließt noch nicht erkaltet an den Händen des Magiers entlang auf den Boden. Ein dritter, ein vierter und ein fünfter Hieb. Und das Bein ist ab.
Dieses makabere Spiel schaut sich der Bauer mit aufgerissenen Augen mehrere Minuten an. Denn Berion zerlegt den ersten Leichnam mit brutaler Präzision. Sie werden filetiert, als wäre er ein Gourmetkoch. Doch es geht um die Möglichkeit, dass die Wölfe diese leicht transportieren können. Damit diese aber nicht jedesmal über den Fluss balancieren müssen, soll der Bauer die Leichenteile über diesen werfen. Erst lehnt er ab, doch der eindringlich wirkende Blick des Rudels lässt ihn das erste Teil packen. Mit großem Schwung landet es auf der anderen Seite.
Der Blutverschmierte kniet sich wieder vor den Leitwolf. Wieder liegen Stirn an Stirn. Dann schaut er ihn an und bewegt seinen Kopf mehrmals zur Seite. Die Bitte, dass die Wölfe die bereits herübergeworfenen Teile schnappen sollen. Das Zeichen, dass Berion diese dem Rudel für ihre Treue und Hilfe schenkt.
Der Karren leert sich, doch noch immer warten noch vier weitere Mönche auf ihren Abtransport.
Damit der Bauer sich für die Fahrt wieder in den Wald erholen kann, schiebt Berion den Karren zurück ins Dorf. Fürs Erste haben die Wölfe genug Fleisch, dass sie zu ihrem Nachtlager bringen müssen. Die Jagd kann in den nächsten Tagen ausfallen. Das ist auf zweilei Weise gut für das Rudel. Zum einen ist der Erfolg und die Nahrung für die nächsten Tage sichergestellt. Zum anderen ist der fehlende Druck auf die anderen Tiere im Wald vielleicht auch ein Grund, dass Rehe und andere Wildtiere, die gern geschlagen werden, sich kurzzeitig so sicher fühlen, dass die Jagd in den nächsten Wochen für die Wölfe deutlich einfacher werden kann.
Der blutige Karren, die blutverschmierten Hände des Bauern und auch Teile seiner Kleidung, vor allen Dingen aber der fast gänzlich blutverschmierte Fremde mit seiner noch feuchten Axt geben ein interessantes Bild für die zurückgebliebenen Dörfler ab, als sie zurückkehren.
Die Sonne ist bereits nahe dem Horizont als die zweite Ladung, der gestolperte Schwertträger mit den Messern im Rücken und der überraschte Gesichtslose, abtransportiert werden. Wieder teilen sich die beiden Transporteure ihre Arbeit untereinander auf.
Eine halbe Stunde dauert auch diese Fahrt mindestens. Auch dieses Mal ist die Angst der anderen dabei, den Vater des Jungen nicht mehr wiederzusehen. Nur der Junge selbst findet den Einsatz seines Om heldenhaft. Ist er auf der Allmende zu erblicken rennt er ihm entgegen. Die Wölfe folgen ihnen nicht zurück ins Dorf, wie auch schon beim ersten Mal nicht mehr.
Die dritte Fuhre, der abgeworfene und nun wieder aufgeladene Mönch, sowie jener, dessen Messer Berion in der Luft stoppen ließ, verläuft auch ohne Komplikationen.
Man merkt aber beiden Männern ihre Bereitschaft an, bis an die Grenzen ihrer Kräfte zu gehen. Offenbar sind sie davon nicht mehr weit entfernt. Immer langsamer werden die Schritte mit dem beladenen Karren. Die Allmende hinauf, den Waldweg entlang, das Abbiegen in den Wald. Vor allem aber dauert es bis in die sternenklare Nacht, bis auch endlich der letzte Leichnam in seine Einzelteile zerhackt ist. Zusammen raufen sie sich nochmal auf, um die letzten Stücke über den Fluß zu werfen.
Völlig außer Atem sacken beide auf ihren Knien zusammen. "Wir müssen hier noch heraus, bevor die Biester auftauchen.", sagt der Bauer. Doch Berion erwidert: "Die Biester haben wir für die nächsten Tage reichlich gefüttert. Schlimmere Gegner kannst du im Wald nur haben, wenn du einer Bache in den Wurf läufst oder einem ramdössigen Hirsch zur Brunftzeit."
Doch Berion pflichtet ihm bei. Denn wie er nur zu gut weiß, kann es hier verdammt kalt werden, besonders durch die aufsteigende Nässe.
Die beiden erheben sich also wieder und ziehen den Karren aus dem Dreck, zurück auf den Weg, zurück zur Allmende, zurück hinter die Hürden, zurück ins Dorf.
Der Weg fühlt sich weiter an als zuvor. Die beiden sind erschöpft. Mit letzter Kraft erreichen sie den Hof des Bauern. Der Priester sieht dem Schauspiel zu, auch der Junge wartet noch zusammen mit seiner Mutter auf den heldenhaften Vater.
Der schiebt den Karren noch auf den Hof, bricht über diesem zusammen und rutscht zur Seite ab. Direkt neben dem Holzrad setzt er sich wie ein Sack an das Gefährt und schläft ein. Der Fremde wankt ebenfalls mehr als das er geht. Er stolpert am Wagen vorbei und will sich ins nahende Heu retten, um dort einfach ins Land der Träume zu reisen. Doch es ist der Misthaufen. Erst erschreckt ihn der ungewöhnlich viel härtere Aufprall. Doch er schafft es nicht mehr davon weg und pennt auf dem Scheißhaufen einfach ein.
Wahrhafte Helden.