Fr 14. Okt 2011, 08:24
Kapitel VBrandon fuhr von dem Highway ab und steuerte auf das Motel zu.
Mit dem Motorrad war der Weg wirklich nicht sehr weit gewesen. Allerdings hätte das Mädchen zu Fuß vermutlich bis in den frühen Morgen spazieren müssen, um die Stadt zu erreichen.
Er konnte sich nicht vorstellen, warum sie sich das überhaupt antat. Er selbst wäre zu bequem dazu.
Er hielt vor der Rezeption an und wartete, dass sie abstieg. Noch ehe er selbst von seinem Sitz gestiegen und sich den Rucksack, den er sich wegen ihr hatte vor dem Bauch umgehangen hatte, abgesetzt hatte, bedankte sie sich und ging.
„Warte doch mal!“ rief er ihr noch hinterher und sie stoppte kurz.
Sie sah ihn mit großen Augen an.
„Wo willst du jetzt hin?“ wollte Brandon wissen und war ein wenig selbst darüber überrascht, dass es ihn auch wirklich interessierte.
Sie zuckte nur mit den Schultern und drehte sich wieder um.
Brandon sah kurz zu der Rezeption, wo eine Frau hinter dem Tresen saß und scheinbar ein Buch las, und dann wieder zu dem Mädchen.
Nur dass diese schon längst um die Ecke des Gebäudes verschwunden war.
Er überlegte kurz und ging ein paar Schritte in die Richtung, in die sie gegangen war.
Dann aber kam ein kleiner Ford hinter dem Haus vor, bog auf die Straße und fuhr dann über den Highway in die Richtung, in die er weiter gefahren wäre.
Brandon hatte zwei Leute in dem Wagen gesehen und schüttelte irritiert den Kopf.
Das Mädchen hatte also schon ihre nächste Mitfahrgelegenheit gefunden und war schon weiter gezogen.
„Kann mir auch egal sein!“ murmelte er zu sich, drehte wieder um und ging zur Rezeption des Motels. Die Frau hinter dem Tresen, eine Dame in den späten Vierzigern, sah auf und ihr Blick wechselte von genervt zu erfreut.
„Allein unterwegs?“ fragte sie schmunzelnd und legte ihr Buch weg.
Brandon sagte nicht viel. Er hatte weder die Muse noch die Lust zu flirten, was die Dame allerdings nicht davon abhielt, einige Sätze aus ihm heraus zu locken.
Und so verriet Brandon lediglich, dass er sich auf einer Art Road Trip befand, bei der er noch nicht so genau wusste, wohin dieser Road Trip ihn als nächstes führen würde.
Nach knapp einer Viertel Stunde, die Brandon nicht unbedingt sagen konnte, dass er das kleine Geplänkel der Frau nicht doch irgendwie genossen hatte, bekam er endlich auch seinen Zimmerschlüssel.
„Wir könnten ja zusammen frühstücken!“ meinte sie noch zu ihm, was er nur mit einem müden „Vielleicht!“ beantwortete.
Mit dem Schlüssel in der Hand ging er zu seinem Motorrad, schob es noch ein paar Türen weiter und stellte es vor seiner Zimmertür ab.
Erleichtert und müde entledigte er sich lediglich seiner Jacke und seiner Schuhe und fiel ins Bett.
Er hatte sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, dass Licht anzumachen. Es war auch nicht wirklich von Nöten, da die Motelreklame durchs Fenster schien und den Raum in ein leicht rötliches Dämmerlicht tauchte.
Und wenig später war Brandon auch schon eingeschlafen.
Seit er mit dem Motorrad unterwegs war, schlief er besser. Lag es an der vielen frischen Luft oder war es vielmehr die Tatsache, dass er nicht mehr durch Job und Freundin gestresst war? Er wusste es selbst nicht so genau.
„Du wärst wirklich weiter gelaufen?“
„Wär nicht das erste Mal!“ Stevie kramte in ihrem Rucksack und holte ein Notizbuch hervor.
„Ja, aber du wärst auch weiter gelaufen, obwohl er dir angeboten hatte, dich mit zu nehmen?“
Sie überlegte kurz und nickte dann.
Während sie noch einmal ihren Rucksack durchsuchte, sann ihr Gesprächspartner kurz nach.
„Wie war´s?“ wollte er wissen und sank tiefer in seinen Sitz.
Sie hatte ihren Kugelschreiber gefunden, der irgendwie tiefer in ihre Tasche gerutscht war, und sah ihn irritiert an.
„Wie war´s mit dem Motorrad zu fahren?“
„Nicht schlecht!“ meinte sie nur und begann in ihrem Buch zu blättern, suchte die letzte Eintragung heraus und machte sich einige kleine Notizen.
„Besser als mit `nem Auto?“
„Eric!“ Sie war ein wenig zu müde für solche Gespräche. Oder überhaupt für Gespräche.
„Was denn? Ich bin neugierig!“ verteidigte er sich.
Sie widmete sich wieder ihren Aufzeichnungen. Im Grunde schrieb sie nicht wirklich viel.
Im Grunde war es Eric´s Idee gewesen. Er hatte gemeint, wenn sie sich Notizen machen würde, an was sie sich erinnern könnte oder was ihr bekannt vorkam, würde es ihr helfen heraus zu finden, wer sie eigentlich sei.
Doch in ihrem Buch hatte sie mehr Details ihrer Reise vermerkt oder Dinge, die Eric betrafen, als irgendwas über sich.
In den drei Monaten, die sie zumeist per Anhalter unterwegs war, ohne wirklich zu wissen, wohin sie eigentlich wollte, hatte sie im Grunde nichts über sich erfahren.
Sie hatte lediglich festgestellt, dass sie einige Lebensmittel nicht mochte oder vertrug. Dass sie Hunde noch mehr als Katzen mochte. Dass sie Rockmusik mochte und Liebesromane verabscheute.
Das waren nicht unbedingt Dinge, die ihr helfen würden, herauszufinden wer sie war.
Eric hatte lediglich mal angedeutet, dass sie einen deutschen Akzent hätte. Und als sie in einer Stadt nach einem deutschsprachigen Buch gegriffen hatte, hatte sie es auch ohne Probleme lesen können.
„Vielleicht kommst du ja aus Deutschland und bist hier auf Besuch!“ hatte Eric dann gemeint. Doch Beweise gab es keine dafür.
Nachdem sie lediglich den Namen der letzte Stadt, in der sie gestoppt hatte, in ihrem Notizbuch vermerkt hatte und dass man weder sie noch Eric dort kannte, packte sie es wieder weg und lies sich auf das Bett fallen.
Eric stand von seinem Platz auf und legte sich neben sie.
Im Grunde musste er weder schlafen noch brauchte er überhaupt eine Pause. Doch hin und wieder blieb er die Nacht bei ihr. Manchmal um zu reden oder manchmal auch nur um die Stille zu genießen, die er eigentlich auch überall anders finden könnte.
„Klasse Maschine!“ murmelte er vor sich hin.
Er hatte sich auf den Rücken gelegt, die Arme hinter dem Kopf verschränkt und sah an die dunkle Zimmerdecke.
„Ja!“ seufzte sie nur und versuchte es sich bequem zu machen.
Zum Glück war das Bett breit genug für zwei, wenngleich Eric als Geist nun nicht wirklich Platz brauchen würde. Dennoch war zwischen beiden genug Platz, so als habe man eine Linie gezogen und keiner der Beiden wollte sie überschreiten.
„Eine Naked Bandit 600!“ schwärmte Eric, „Wünschte ich könnt das Teil fahren!“
Stevie war zu müde zum Argumentieren. Sie war bereits einige Kilometer gelaufen, ehe sie der Fremde mit dem Motorrad mitgenommen hatte.
Sie ließ Eric einfach weiter erzählen, bis sie schlussendlich einschlief.
Am nächsten Morgen, wenngleich das Zimmerfenster wie immer dunkel war, verließen Stevie und Eric das Zimmer wieder.
Es sah im Grunde ganz gewöhnlich aus. Cremefarbene Wände. Hellblaue Vorhänge vor dem immer schwarzen Fenster. Ein Schreibtisch mit Stuhl, ein großes Bett, ein Bücherregal und eine Musikanlage.
Es gab lediglich drei Türen. Eine führte in ein kleines Badezimmer, eine zum Wandschrank, in dem reichlich Kleidung war, und die Zimmertür. Die allerdings führte nicht in den Hausflur, wie man es erwarten würde.
Die Zimmertür führte immer wieder an den Ort zurück, wo man herkam.
Anfangs war Stevie wie auch Eric ein wenig überrascht gewesen, dass man zwar im Grunde in dieses Zimmer kam, aber nie in den Rest des Hauses. Aber sie hatten sich daran gewöhnt.
Das Zimmer war genauso merkwürdig, wie der Schlüssel, der zu dem Zimmer gehörte.
Auch der sah ganz gewöhnlich aus. Silbern und alt. Er war keines dieser flachen Schlüssel, wie man sie heutzutage meist sah.
Aber so gewöhnlich war er nicht. Er konnte jede Tür öffnen.
Nur kam man immer wieder nur in dieses Zimmer. Egal wo man ihn benutzte. Und wenn man das Zimmer wieder verließ, fand man sich wieder an dem Ort wieder, von dem aus man das Zimmer betreten hatte.
Es gab auch keine Zeitunterschiede. Die Zeit schien in dem Raum genauso schnell zu vergehen, wie außerhalb.
Während Stevie mit Eric, den außer ihr im Moment keiner mitbekam, das Zimmer verließen, wurden sie von einer alten Dame auf der anderen Straßenseite bemerkt.
Doch für sie war Stevie aus dem Lagerraum des Motels gekommen.
Stevie beachtete die Dame nicht, die ihr irritiert hinterher sah. Sie ging ums Motel herum und in Richtung Highway.
Sie oder vielmehr Eric hatte bemerkt, dass das blaue Motorrad längst wieder verschwunden war.
Und während Eric es schade fand, da er hätte wollen eine Spritztour mit dem Motorrad machen wollen, sah sich Stevie nach einer weiteren Mitfahrgelegenheit um.
Es dauerte auch nicht wirklich lange und sie wurde von einer kleinen Familie in ihrem Wagen mitgenommen, die auf dem Weg in die Nachbarstadt war.
An manchen Tagen konnte Stevie ihr Glück nicht fassen. Oftmals traf sie auf nette Leute, die sie mitnahmen, ohne wirklich irgendwelche Fragen zu stellen. Einige genossen ihre Anwesenheit und konnten sich stundenlang unterhalten.
Manchmal allerdings gab es auch einige, die glaubten, dass Stevie ihnen etwas schuldig sei. Zum Glück waren die Begegnung mit solchen Leuten selten und Eric war bisher immer dagewesen und hatte ihr geholfen.
Es gab auch Tage an denen sie den Großteil ihrer Strecke zu Fuß hinter sich brachte.
Sie hatte sich daran gewöhnt herum zu spazieren und die meiste Zeit war Eric an ihrer Seite gewesen, der sich dann darüber ausließ wie langweilig der Spaziergang war oder wie weit. Dabei musste er noch nicht einmal laufen oder wurde müde. Er konnte sich einfach von einem Fleck zum anderen teleportieren, wenn man es so nennen konnten.
Und nun da Stevie sicher zwischen einem fünfjährigen Jungen und seiner siebenjährigen Schwester auf dem Rücksitz saß und sich von beiden Kindern Löcher in den Bauch fragen lies, verschwand Eric mal wieder. Er wollte sich ein wenig die Zeit vertreiben, wie er gemeint hatte. Im Grunde hieß dies wahrscheinlich auch nichts anderes, als dass er sich in dem nächstbesten Schlafzimmer oder dergleichen beförderte und dort Frauen ausspionierte. Oder er besuchte das ein oder andere Museum, wenn er den Lust dazu hatte.
Brandon hatte gut geschlafen, hatte Frühstück in einer Pension ein paar Straßen weiter genossen und war dann wieder weitergefahren.
Dass er sein Frühstück nicht hatte allein und in Ruhe hatte genießen können, hatte ihn nicht wirklich gestört. Die Frau von der Rezeption hatte ihn abgepasst und ihn zum Frühstück begleitet.
Und während des Essens auch immer wieder versucht mit ihm zu flirten. Es hatte sie gar nicht gestört, dass er nichts von ihr wollte und schien auch nicht wirklich sauer zu sein, dass er nun ohne ihr eine Telefonnummer oder dergleichen zu hinterlassen weiter fuhr.
Brandon beschloss nicht weiter darüber nachzudenken. Von merkwürdigen Frauen hatte er eh die Nase im Moment voll.
Er hatte nicht wirklich auf die Straße geachtet, war irgendwann einfach abgebogen, wo er dachte, es könnte interessant werden und fand sich nach einiger Zeit auf einer Landstraße wieder.
Rechts und links nur die bunten Bäume und vor ihm nichts als Straße.
Es sah nicht so aus, als würde in den nächsten Kilometern irgendeine Siedlung oder dergleichen auftauchen. Doch das war ihm egal.
Im Grunde erfreute er sich an der Stille und der Natur um ihn herum.
Nur zwei Mal stoppte er. Einerseits um seine Beine zu bewegen und wieder Gefühl in seinen Hintern zu bekommen, nach dem langen Sitzen, und andererseits um zu essen und zu trinken.
Allmählich ärgerte er sich, dass er keine Kamera mitgenommen hatte. Die Landschaft um ihn herum war es Wert auf Foto gebannt zu werden. Wer weiß, wann er wieder dazu käme herum zu reisen, wenn er wieder einen neuen Job hatte.
Am späten Nachmittag zogen die ersten dunklen Wolken auf und zum ersten Mal, seit er aufgebrochen war, würde er im Regen fahren müssen.
Er hoffte, dass er rechtzeitig einen Unterschlupf oder eine Herberge finden würde. Er hatte nicht vor, vollkommen durchnässt herumzufahren.
Doch das Glück war nicht auf seiner Seite.
Es dauerte nicht lange und er steckte inmitten eines starken Schauers. Auf der Straße vor ihm bildeten sich in Sekundenschnelle große Pfützen und die Sicht wurde durch den prasselnden Regen eingeschränkt.
Vor sich hin fluchend, betete er noch immer dafür endlich irgendeinen trockenen Platz zu erreichen. Aber noch immer war nichts in Sichtweite.
Und dann blieb auch noch sein Motorrad liegen. Im ersten Moment glaubte er schon, dass ihm das Benzin ausgegangen sei. Doch der Motor gab noch genügend Geräusche von sich und auch das Licht funktionierte noch.
„Scheiße!“ knurrte Brandon.
Er steckte im Regen, mitten im Nirgendwo und sein Motorrad hatte einen Schaden, den er so schnell allein nicht beheben konnte.
Besser konnte es nicht kommen.
Stevie hatte nachdem sie mit der Familie bis in die nächste Stadt gefahren war, dort ein wenig ihre Zeit verbracht, ehe sie sich einen neuen Fahrer gesucht hatte.
Sie war nur langsam voran gekommen, was ihr im Grunde egal war. Sie hatte keinen Zeitdruck.
Und nach drei weiteren Stopps in irgendwelchen Kleinstädten, wobei sie sogar einmal mit einem Bus einige Städte weitergefahren war, hatte sie ihr letzter Fahrer an einer Bushaltestelle an einer Landstraße abgesetzt.
Von dort aus war sie, da weder ein Bus noch ein anderer Wagen vorbei kam, los spaziert.
Und steckte nun mitten im Nirgendwo im Regen.
Zu ihrem Glück hatte Eric allerdings einen alten halb ausgeschlachteten Van am Straßenrand entdeckt, in dem sie vor dem Regen Schutz fand.
Wohl oder übel würde sie ihre Nacht dort verbringen und wenn der Regen endlich nachgelassen hatte, würde sie dann weiter ziehen. Zu Fuß.
In dem einem Moment hatte Eric ihr von einem Museum erzählt, welches er den Tag besucht hatte, als er plötzlich einfach verschwand und sie irritiert sitzen ließ.
Doch Sekunden später tauchte er schon wieder auf.
„Wir sind nicht allein!“ meinte er halb im Singsang und zeigte in Richtung Straße.
Dort war ein Scheinwerfer zu erkennen, der sich nur langsam vorwärts bewegte.
Stevie musste näher an die fehlende Seitentür des Vans kriechen um mehr zu erkennen.
„Er hat anscheinend ein kleines Problem!“ meinte Eric.
Sie nickte nur und beobachtete weiter, wie jemand sein Motorrad durch den Regen schob.
Dann holte sie eine Taschenlampe hervor, die sie selten gebrauchte und leuchtete in Richtung Straße.
Es dauerte einen Moment ehe man sie bemerkte.
Der Fahrer oder vielmehr der Schieber des Motorrads stoppte und sah in ihre Richtung.
„Das ist der Kerl, der dich gestern mitgenommen hat!“ erklärte Eric. Stevie hatte diese Feststellung selbst schon gemacht.
„Willst du weiter da draußen rumlaufen?“ rief sie dem Mann zu und wartete in der Seitentür des Vans, wobei sie immer wieder Regentropfen abbekam.
Der Mann schien kurz die Möglichkeiten abzuwägen und lenkte sein Motorrad dann in ihre Richtung.
Stevie wartete bis er nahe genug war, ehe sie sich wieder in den Van zurück verkroch.
Der Ankömmling stellte das Motorrad vor dem Van ab, zog den Schlüssel, wobei das Licht erlosch und stand unschlüssig in der Seitentür.
„Kommst du nun rein oder nicht?“ wollte sie von ihm wissen.
Er warf seinen Rucksack zu erst hinein und kroch dann selbst ins trockene Innere des alten Wagens.
Dort entledigte er sich dann seines Helmes und fuhr sich mit der Hand durch seine langen Haare.
„Du?“ Er schien überrascht zu sein, Stevie anzutreffen.
Sie grinste nur.
„Was ist passiert?“ wollte sie dann wissen und lehnte sich zurück. Dass keine Sitze mehr in dem Van waren störte sie nicht im Geringsten. Zumindest das Wagendach war dicht und auch die Seitenwände boten Schutz vor Wind und Regen. Mehr konnte sie im Moment nicht verlangen.
„Motorschaden!“ seufzte er. Er hatte sich gegenüber der offenen Tür gesetzt. Seinen Rucksack, sowie den Schlafsack und seinen Helm neben sich.
Für eine kurze Weile herrschte Stille und Stevie hatte die Taschenlampe wieder ausgemacht, um die Batterien zu schonen.
„Was machst du eigentlich hier?“ wollte er dann wissen.
„Das selbe wie du!“ meinte sie nur, zog sich den Kragen ihrer Jacke höher und versuchte sich darin ein zu mummeln.
„Klar!“ knurrte er nur.
Eric war unsichtbarer Zeuge des nicht stattfindenen Gesprächs vor sich. Er war sich noch nicht einmal sicher, ob Stevie ihn im Moment wirklich mitbekam. Wenn er es wollte, konnte er sich sogar vor ihr verbergen.
„Wo willst du eigentlich hin?“ murmelte sie leise vor sich hin. Jetzt da sie nicht mehr allein war oder zumindest nicht mehr allein mit Eric, konnte sie nicht einschlafen.
„Weiß nicht!“ gähnte der andere und zupfte sich an der nassen Jeans. Er wusste, dass vermutlich all seine Sachen im Rucksack sowie der Schlafsack an sich vollkommen durchnässt waren.
„Wie kannst du nicht wissen, wo du hin willst?“
Er schüttelte kurz mit dem Kopf und meinte dann:
„Das selbe könnt ich dich doch auch fragen!“
Sie sah ihn mit großen Augen an, sagte aber nichts.
„Hast du eigentlich keine Angst, wenn du allein unterwegs bist?“ wollte er wenig später von ihr wissen.
„Ich bin nicht allein!“ gab sie zu, „Eric ist bei mir!“
Eric, noch immer für beide unsichtbar musste schmunzeln.
Der andere sah sich irritiert um.
„Eric? Und wo ist er?“
Nun sah auch sie sich kurz um, lief rot an und murmelte etwas, dass Eric ganz in der Nähe sei.
Stille kehrte wieder ein, da Stevie und ihr unfreiwilliger Bett- bzw. Vannachbar beide nicht wussten, was sie sagen sollten und im Grunde auch ziemlich müde waren.
Eric hingegen war hellwach. Nicht nur, dass er nie Schlaf brauchte, so wollte er aufpassen, dass Stevie nichts passierte.
Nur langweilte er sich dabei gehörig und begann irgendwann vor sich hin zu summen. Und während der Fremde ihn noch immer nicht zu bemerken schien, schien Stevie ihn zu hören und schmunzelte.
Den nächsten Morgen wachte Brandon frierend auf. Irritiert sah er sich nach dem um, was ihn geweckt hatte.
Es war weniger die Kälte, die er aufgrund, der noch immer feuchten Kleidung am Leib spürte, als vielmehr die Stimme eines aufgeregten Mädchens.
„Ich hab ´ne Mitfahrgelegenheit!“ verkündete sie stolz und wies über die Schulter.
„Was?“ Brandon war noch nicht wirklich wach.
„Beweg dich, Großer! Da ist jemand mit einem Pick-Up, der uns und dein Bike mit zur nächsten Werkstatt nimmt!“ meinte sie und zerrte Brandon aufgeregt auf die Beine.
Noch immer schlaftrunken griff sich Brandon seine Sachen und kletterte aus dem Van.
Die Sonne war noch nicht sehr hoch und der Morgen war frisch. Zumindest hatte es aufgehört zu regnen.
„Komm schon!“ schimpfte das Mädchen erneut und riss ihm den Schlafsack aus der Hand.
„Hey!“ protestierte er und war mit einem Male hellwach.
„Dein Freund ist wohl kein Morgenmensch!“ rief den Beiden jemand zu und erst jetzt erkannte Brandon, dass wirklich jemand am Straßenrand auf sie wartete.
Brandon schulterte seinen Rucksack, hängte seinen Helm an den Lenker des Motorrads und schob es zu dem wartenden Pick-Up.
„Seit ihr die ganze Nacht hier gewesen?“ wollte der Fahrer von ihm wissen und musterte Brandon von oben bis unten.
„Leider ja!“ seufzte er.
Der Fahrer nickte kurz.
„Deine Freundin meinte, dein Bike ist defekt und dass ihr beide eine Mitfahrgelegenheit braucht.“ erklärte der Fahrer und ging zur Ladefläche seines Wagens.
Noch ehe Brandon ihm eine Antwort gegeben hatte, winkte der Mann ihm zu, dass er sein Motorrad zu ihm bringen sollte. Glücklicherweise hatte er ein Brett auf der Ladefläche liegen, sodass Brandon sein Motorrad nicht hoch heben musste.
„Ich bin öfters mit einem Kumpel unterwegs, der auch ein Bike hat!“ erklärte der Fahrer, „Er macht bei einigen dieser Downhillrennen mit!“
Brandon nickte nur, während der Fahrer sein Motorrad auf der Ladefläche fixierte.
Danach stiegen alle drei ein, wobei das Mädchen zwischen den beiden Männern Platz nahm.
„Ich bin Carl!“ stellte der Fahrer sich dann vor.
„Stevie!“ grinste das Mädchen und Brandon sah sie verwirrt an, ehe auch er seinen Namen nannte.
Während Carl dann erklärte, an wen sich Brandon mit seinem Motorradproblem in der Werkstatt wenden müsste und dass der Mechaniker ein klasse Kumpel sei, versuchte Brandon erst mal richtig wach zu werden.
Er verstand nicht so ganz, warum das Mädchen neben ihm geholfen hatte. Oder wer sie überhaupt war.
Nach dem Gespräch am Vorabend hatte er sie für verrückt gehalten. Nicht nur dass es verrückt war, allein per Anhalter herum zu fahren, so hatte sie doch von einem Begleiter gesprochen, denn es allen Anschein nach gar nicht gab.
Brandon grübelte eine Weile darüber nach, während Stevie sich mit Carl unterhielt, als würden sie sich schon länger kennen.
Und nach einer Stunde erreichten sie dann endlich auch wieder die Zivilisation und auch die versprochene Werkstatt.
Zuletzt geändert von Nikita LaChance am Fr 28. Okt 2011, 09:18, insgesamt 1-mal geändert.