Kritisches Denken




Religion, Esoterik, Verschörungstheorien und andere Dinge.

Re: Kritisches Denken

Beitragvon almafan » Mi 12. Mai 2021, 08:26

Putting faith in its place | QualiaSoup (10:06 min, engl.)

Was wir wissen und beweisen können und was nicht. Und warum dennoch nicht jede Behauptung gleich-richtig sein muss.

Veröffentlicht am 15.05.2009:


https://m.youtube.com/watch?v=5wV_REEdvxo
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"If the biggest problem that you're having in the twenty-first century involves
what other people's genitals look like, and what they're doing with those genitals
in the presence of other consenting adults, you may need to reevaluate your
priorities." - Forrest Valkai


("Wenn das größte Problem, das du im 21. Jahrhundert hast, darin besteht, wie
anderer Leute Genitalien aussehen und was diese damit in Gegenwart anderer
Erwachsener mit deren Einverständnis machen, musst du möglicherweise deine
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von Anzeige » Mi 12. Mai 2021, 08:26

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Re: Kritisches Denken

Beitragvon almafan » Do 13. Mai 2021, 09:59

Critical Thinking | QualiaSoup (5:13 min, engl.)

Ein Blick auf einige Prinzipien des kritschen Denkens.

Veröffentlicht am 24.12.2009:


https://m.youtube.com/watch?v=6OLPL5p0fMg
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Re: Kritisches Denken

Beitragvon almafan » Fr 14. Mai 2021, 09:58

Lack of belief in gods | QualiaSoup (10:00 min, engl.)

Eine bessere Einordnung von Theisten, Atheisten und Agnostikern.
Und die grundsätzliche Frage, wieso ein perferktes Wesen Anbetung benötigt.

Veröffentlicht am 17.10.2010:


https://m.youtube.com/watch?v=sNDZb0KtJDk
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Re: Kritisches Denken

Beitragvon almafan » Do 20. Mai 2021, 16:02

Misquote: Heisenbergs Becher der Naturwissenschaft

Vielleicht ist es aufgefallen: Mehrere Beiträge sind in andere Themen abgewandert. Dadurch haben sich die Beiträge hier etwas verschoben. Die Links im Inhaltsverzeichnis und in den einzelnen Artikeln sind bereits angepasst worden. 27 Beiträge sind zu "Kritisches denken" verschoben worden, 3 Beiträge zu "Flat Earth".

Wir hatten ja bereits einen großen Physiker, dessen Bekanntheit genutzt wird, um seine Aussagen - befreit vom lästigen Kontext - vor den eigenen Karren zu spannen. Und einen Dramatiker hatten wir auch schon.

Albert Einsteins Ausspruch "Gott würfelt nicht!" ist exemplarisch dafür. Dass er das so nie gesagt hat, interessiert dabei so wenig, wie der Zusammenhang indem er dies geäußert hat. Mitnichten meinte er damit die Erschaffung des Universums oder den Kreationismus, die ja der Urknall- und der Evolutionstheorie mit ihrem Zufallselement gegenübersteht. Dieses Zitat wird gern verwendet, um zu "belegen", dass es in unserer Welt keinen Zufall gibt, sondern alles von Gott oder dem schemenhafteren Schicksal vorherbestimmt ist.
Das Einstein sehr wohl an den Zufall glaubte und mit der Theorie zur Brownschen Bewegung, die zum Verständnis der Quantenmechanik beitrug, eine Molekularbewegung beschreibt, die eine rein zufällige ist, wird gern unter den Teppich gekehrt. Genaueres findet ihr im Eintrag vom Oktober:

... 030, 12.10.2020: Misquote: Und Gott würfelt doch! - Albert Einstein und die Regie des Zufalls (ursprünglich in Evolution oder Schöpfung veröffentlicht)

Einstein ist nicht der einzige Wissenschafter, dem man religiöse Äußerungen andichtet. Zu groß ist die Verlockung mit kontextbefreiten oder untergeschobenen Zitaten große Denker zu nutzen, um den eigenen Standpunkt zu untermauern.

"Der erste Schluck aus dem Becher der Naturwissenschaft führt zum Atheismus, aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott."

Dieser Satz soll von Werner Heisenberg stammen.

Heisenberg gab 1925 die erste mathematische Formulierung der Quantenmechanik an. 1927 formulierte er die Heisenbergsche Unschärferelation, die eine der fundamentalen Aussagen der Quantenmechanik trifft – nämlich, dass bestimmte Messgrößen eines Teilchens, etwa dessen Ort und dessen Impuls, nicht gleichzeitig beliebig genau zu bestimmen sind. Für die Begründung der Quantenmechanik wurde er 1932 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. Heisenberg war an dem Uranprojekt beteiligt, das dem Bau einer deutschen Atombombe dienen sollte. Er befasste sich auch intensiv mit den philosophischen Auswirkungen der Quantenmechanik.
Definitv ein helles Köpfchen.

Kommen wir nun aber zu den vielen "Aber ...":

Das Zitat gibt es es in diversen Varianten, damit auch jeder, der des Zitierens willig ist, dass Passende heraussuchen kann.

"Ein Schluck aus dem Becher der Naturwissenschaften macht einen leicht zum Atheisten, aber am Grund des Bechers wartet Gott."
Das ist eine Edition für alle, die für sich in Anspruch nehmen, schon mal einen Schluck aus dem Becher der Naturwissenschaft genommen zu haben, ohne dabei zum Atheisten geworden zu sein, wird doch in dieser Variante keine zwangsläufige Wandlung zum Atheisten unterstellt, sondern nur eine wahrscheinliche.

"Nicht jeder kann die Erfahrung des Physik-Nobelpreisträgers Werner Karl Heisenberg machen. 'Als ich begann, aus dem Becher naturwissenschaftlichen Forschens zu trinken, schmeckte ich zunächst Atheismus. Erst als ich zum Grund des Bechers kam, zeigte sich mir die Realität des unsichtbaren persönlichen Gottes.' "
Hier haben wir ein Exemplar für all jene, die es gern etwas dicker aufgetragen haben wollen. Denn hier wird sogar von einem persönlichen Gott gesprochen.

Abwandlungen von Zitaten sind ja keine Seltenheit, dennoch gibt es etwas deutlich Gröberes, dass dazu führt, dieses Zitat in Zukunft doch einfach links liegen zu lassen:
Es stammt ganz einfach nicht von Heisenberg.

Dieser religiöse Aphorismus wird seit 1979 - immer ohne Angabe einer Quelle in Heisenbergs Schriften - von Laien und Naturwissenschaftlern dem deutschen Physiker untergeschoben.

"Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaft macht atheistisch, aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott. / Dieses Bekenntnis stammt von einem der größten Naturwissenschaftler des 20. Jahrhunderts. Für seine 'Aufstellung der Quantenmechanik' erhielt er 1933 den Nobelpreis / Werner Heisenberg stammte aus Würzburg."
- 15 Jahrhunderte Würzburg. Eine Stadt und ihre Geschichte." Echter Verlag, Würzburg: 1979, S. 205 (#1)

Heisenberg wurde 1901 geboren und starb 1976, seine Wirkgeschichte beginnt 1924 mit der Dissertation zur Turbulenz von Flüssigkeitsströmungen. Er diskutierte 1925 mit Einstein über die neue Quantentheorie. Welche Probleme Einstein mit der Theorie hatte, findet ihr ja im oben verlinkten Artikel.
Über die Interpretation der neuen Theorie gab es kurz nach ihrer Entstehung intensive Diskussionen mit Niels Bohr in Kopenhagen, in denen sich Heisenberg schon als gleichwertiger Partner erwies. Bohr führten diese Gespräche zum Komplementaritätsprinzip, Heisenberg zur Unschärferelation – der Aussage, dass wichtige physikalische Messgrößen wie Ort und Impuls (oder Zeit und Energie) nicht gleichzeitig scharfe Werte haben. Die Beiträge Bohrs und Heisenbergs bildeten die Grundlage der Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik. Und das geht noch eine Weile so weiter. In seiner Autobiographie Der Teil und das Ganze. Gespräche im Umkreis der Atomphysik (1969) stellt er klar heraus, wie seine Beiträge zur Quantenmechanik in engem Austausch mit befreundeten Mitforschern (Arnold Sommerfeld, Niels Bohr, Wolfgang Pauli und andere) erarbeitet wurden.
Bis wohin können wir das angebliche Heisenberg-Zitat zurückverfolgen?
"Nach einem alten Satz trennt uns der erste Schluck aus dem Becher der Erkenntnis von Gott, aber auf dem Grunde des Bechers wartet Gott auf den, der ihn sucht."
- Carl Friedrich v. Weizsäcker: "Die Geschichte der Natur. Zwölf Vorlesungen", Hirzel Verlag, Zürich: 1948, S. 152 (#2)

Weizsäcker erwähnte keine Quelle für seinen "alten Satz", den er vielleicht aus dem Gedächtnis zitierte und dabei möglicher Weise einige Wörter veränderte. Dieser alte Aphorismus (#3) wurde in den folgenden Jahren oft zitiert und könnte 1979 durch eine Verwechslung Werner Heisenberg zugeschrieben worden sein.

Die Metapher vom Becher der Weisheit (poculum sapientiae) wird in verschiedenen Varianten seit 2000 Jahren verwendet. So auch als Becher der Erkenntnis, Becher des Wissens, Becher der Wissenschaft. Und auch die Formulierung, "der erste Trunk aus dem Becher der Erkenntniß" ist schon im 19. Jahrhundert nachweisbar.
Ins Jahr der ersten Dissertation Heisenbergs fällt folgendes Zitat:
"daß die heranwachsende Jugend nicht nur mit den Lippen an dem Becher der Wissenschaft nippe, sondern sie mit vollen Zügen trinke, daß sie Zucht und Ordnung lerne, die Furcht Gottes als den Anfang der Weisheit erkenne, das Böse meide und einen reichen Schatz von Wissen sammle".
- Reichspost 31. Jg., Nr. 43, Wien, 13. Februar 1924, S. 7 linke Spalte (#4)

Dieses Zitat stammt von dem apostolischen Nunzius Erzbischof Sibila, der sie anlässlich einer Papstfeier der theologischen Fakultät der Universität Wien im Februar 1924 in seiner auf Latein gehaltenen Rede vortrug. Aber, wie bereits geschrieben, geht der Ausspruch auf ältere Texte zurück.
"Wie viele junge Thoren gibt es in unseren Tagen, welche kaum von dem Becher der Wissenschaft genippt haben, und schon, vergessend auf die Lehren des himmlischen Vaters, ungerührt durch die Thränen ihrer Mutter, der heil. Kirche, berechtigt zu seyn wähnen, eine Religion zu verachten, vor welcher die größten Denker der Mit- und Vorwelt ehrerbietig ihre Vernunft beugten? Armselige, wahnwitzige Menschen, die ihr mit dem Titel eines Freigeistes stolziret ..."
- Alois Schalk: "Sechs Fastenreden über die Hindernisse der wahren Bekehrung zu Gott: nebst einer Charfreitags-Predigt." E. Etlinger'sche Buchhandlung, Würzburg: (1839), 2. Auflage: 1840, S. 107 (#5)

Geschrieben von einem Katholiken kann man den Ton, der hier angeschlagen wird verstehen. Es war eine aufregende Zeit, in der die Religion in großem Tempo ihre Deutungshoheit und damit an Macht verlor. Die Systematisierung der Wissenschaft schritt rasend schnell voran. Die Wegbereiter der Evolutionstheorie, wie Lamarck, bildeten völlig neue Denkansätze zur Entstehung und Entwicklung des Lebens an. Ob der Wissenschaftler nun gläubig war oder nicht, die Theorien in Physik, Chemie und Biologie kamen ohne Gott aus. Es bedurfte daher ein "Wachrütteln" und einer strengen Ermahnung, die Religion voranzustellen und die eigene Vernunft zu beugen. Aber mit dem Jahr 1839 ist noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht.

"A little learning is a dangerous thing;
Drink deep, or taste not the Pierian spring:
There shallow draughts intoxicate the brain,
And drinking largely sobers us again. "
- Alexander Pope: "An Essay on Criticism" Part II, S. 12 (#6)

Übersetzung:
"Ein wenig Gelehrsamkeit ist eine gefährliche Sache;
Schöpft tief, oder kostet die Pierische Quelle (#7) gar nicht.
Ein seichter Trunk berauscht das Gehirn;
aber volle Züge machen wieder nüchtern."
Das Gedicht von Alexander Pope ist bereits im Jahr 1711 veröffentlich worden, enthält im Grunde aber schon den Kerngedanken, des angeblichen Heisenberg-Zitates.
Wir können aber noch einen drauf setzen:
"It is true, that a little philosophy inclineth man’s mind to atheism, but depth in philosophy bringeth men’s minds about to religion"
- Francis Bacon: "Of Atheism", 1601 (#8)

Übersetzung: "Es stimmt, dass ein wenig Philosophie den Geist des Menschen dem Atheismus geneigt macht, aber philosophische Tiefe ihn zur Religion zurückführt."
Dieser Ausspruch findet sich also schon 300 Jahre, bevor Werner Heisenberg überhaupt geboren wurde. Auch Alexander Pope war ein cleveres Kerlchen. Er schrieb Gedichte und übersetzte die Ilias und die Odyssee aus dem Alt-Griechischen ins Englische. Pope wurde auch berühmt für seine hintergründig-satirischen und aggressiv-bitteren Auseinandersetzungen mit anderen Schriftstellern. Und Francis Bacon gilt als einer der Wegbereiter der wissenschaftlichen Methode, mit Experimenten den Zusammenhängen auf die Spur zu kommen. Von ihm stammt vermutlich das Falsifikationsprinzip. Es genüge nicht, einen durch Induktion gewonnenen Schluss zu akzeptieren und immer neue, bestätigende Beispiele hierfür zu suchen. Vielmehr müsse der Forscher die unerwarteten Fälle, die "negativen Instanzen" mit besonderer Sorgfalt prüfen. Das seien die Fälle, die eine Ausnahme von einer bisher gültigen Regel belegen. Denn in der Philosophie genüge bereits ein einziges Gegenbeispiel, die (angeblich bereits bewiesene) Wahrheit einer Folgerung zu widerlegen. Außerdem formulierte er mehrere Sätze zur Objektivität bei der Interpretation von Daten.

Wieso werden die nicht als Quellen dieses Ausspruchs genannt?

Allerdings konnte ich nur Elemente des Aphorismus finden, aber nicht den fraglichen Aphorismus selbst. Dass Gott auf uns wartet, steht in vielen Erbauungsbüchern des 14. Jahrhunderts und kann sogar bis zur Bibel (z.B. in 5. Mose Kapitel 4, Vers 29) zurückverfolgt werden. Wann dieses Bild mit der Metapher des ersten Schlucks aus besagtem Becher erstmals verschränkt wurde, konnte ich bisher nicht ermitteln.

Aber nehmen wir einmal an, dass Heisenberg die betreffende Textstelle mal zitiert hat. Vielleicht machte er auch aus dem "Becher der Erkenntnis" auch den "Becher der Naturwissenschaft", nicht dass es darauf einen Hinweis gäbe. Was hieße das schon, wenn es so wäre? Um wirklich beurteilen zu können, was er damit meinte, falls er es gesagt hat, müsste man den Kontext kennen. Zuschreiben könnte man ihm dieses Zitat sicher nicht, denn der Tausch von Erkenntnis und Naturwissenschaft, ist zu wenig Änderung um aus einem alten Spruch ein orginäres Heisenbergzitat zu machen.

Kommen wir nun zum zweiten noch viel größeren "Aber ...":

Selbst wenn der Spruch von Heisenberg gesagt worden sein soll oder Pope oder Bacon oder irgendwer anderes, den wir gern als "Autorität" anbieten wollen, um unseren Standpunkt zu untermauern, bleibt eine ganz entscheidene Frage offen.
Wer hat den Becher der Erkenntnis jemals ausgetrunken?

Der Spruch ist cool und soll Tiefgang vermitteln, aber er scheitert an sich selbst.
Kein aufrechter Wissenschaftler und/oder Philosoph wird von sich behaupten, alle Erkenntnis zu besitzen.

William Faulkner (1897-1962, US-amerikanischer Schriftsteller)wird folgendes Zitat zugeschrieben:
"Wenige wissen, wie viel man wissen muss, um zu wissen, wie wenig man weiß."
Allerdings gibt es auch an dieser Urheberschaft berechtigte Zweifel, da dieser Ausspruch bereits in den Schriften Johann Martin Gehrigs 1819 zu finden ist (#9), aber auch schon bei Friedrich Maximilian Klinger 1796 (#10). Dabei handelt es sich im Grunde aber auch nur um eine Paraphrasierung oder Parodie des sokratischen Ausspruchs: "Ich scheine also um dieses wenige doch weiser zu sein als er, daß ich, was ich nicht weiß, auch nicht glaube zu wissen.". Der ist uns in der kürzeren Form "Ich weiß, dass ich nichts weiß." von Cicero, in seinem 45 v.u.Z. verfassten literarischen Dialog Academici libri bezeugt und auch deutlich bekannter. Cicero lässt in dem Dialog den Gesprächspartner Marcus Terentius Varro feststellen, es handle sich um eine bekannte Aussage des griechischen Philosophen Sokrates. Dies sei den Schriften der Sokratiker, der Schüler des Sokrates, zu entnehmen. Cicero bezieht sich dabei in erster Linie auf Platons Apologie, eine literarische Version der Verteidigungsrede, die Sokrates als Angeklagter im Jahr 399 v.u.Z. vor dem athenischen Volksgericht hielt. Allerdings lässt ihn Platon in der überlieferten Fassung wörtlich übersetzt sagen: "Ich weiß, dass ich nicht weiß".
Dieser sokratische Ausspruch ist aber im Grunde sowas, wie das inoffizille Credo von Wissenschaftlern. Obacht: Sie haben keine vollständige Erkenntnis. Das ist ja gerade der Grund, warum sie forschen.

"Heisenbergs" Worte kann doch nur jemand sagen, der den Becher der Naturwissenschaft ausgetrunken hat. Aber wer kann das schon von sich behaupten? Da auch der cleverste Wissenschaftler nicht alle Erkenntnis besitzt und vermutlich nie ein Forscher alle Erkenntnis besitzen wird, wird auch niemals der Grund des Bechers sichtbar. Woher wissen wir dann, dass da unten Gott wohnt?

Warum sollten wir bis zu Zeitpunkt, wenn der Becher ausgeschöpft ist, davon ausgehen, dass Gott uns in irgendeiner Forschung behilflich ist, ja, dass er selbst überhaupt existiert?

Der Umkehrschluss dieses Zitates lautet demnach:
Niemand hat den Becher der Erkenntnis ausgetrunken.
Demzufolge hat niemand Gott über den Weg der Erkenntnis gefunden.


Wer auch immer nun für dieses Zitat tatsächlich verantwortlich ist, kann es nur als Prophezeiung einer ewig entfernten Zukunft gemeint haben. Ein Beweis für Gott ist es jedenfalls nicht.

#1 - 15 Jahrhunderte Würzburg. Eine Stadt und ihre Geschichte." Echter Verlag, Würzburg: 1979, S. 205 (Google-Books Link 1, Google-Books Link 2, im selben Jahr auch in diesem Buch)

#2 - Carl Friedrich v. Weizsäcker: [ur=https://books.google.de/books?id=GohCAQAAIAAJ&q=schluck]"Die Geschichte der Natur. Zwölf Vorlesungen"[/url], Hirzel Verlag, Zürich: 1948, S. 152 (Zitiert via Wikipedia)

#3 - Was ist ein Aphorismus?
Ein prägnant-geistreicher, in sich geschlossener Sinnspruch in Prosa, der eine Erkenntnis, Erfahrung, Lebensweisheit vermittelt.

#4 - Reichspost 31. Jg., Nr. 43, Wien, 13. Februar 1924, S. 7 linke Spalte

#5 - Alois Schalk: "Sechs Fastenreden über die Hindernisse der wahren Bekehrung zu Gott: nebst einer Charfreitags-Predigt." E. Etlinger'sche Buchhandlung, Würzburg: (1839), 2. Auflage: 1840, S. 107

#6 - Alexander Pope: "An Essay on Criticism" Part II, S. 12

#7 - Was ist die Pierische Quelle?
Manchmal auch als Pirianischer Frühling übersetzt (Spring kann durch die wenigen Angaben hier sowohl Quelle als auch Frühling bedeuten), stammt der Begriff aus der griechischen Mythologie. Was auch immer es sein soll, es war den Musen, den Schutzgöttinnen der Künste, heilig.

#8 - Francis Bacon: "Of Atheism", 1601 (Link https://books.google.at/books?id=ppZxd6 ... n&f=false)

#9 - Johann Martin Gehrig: Glossen, 1819, S. 90 Nr. 344

#10 - Friedrich M. Klinger: Der Kettenträger Bd. 2, 1796, S. 323

Weitere Quellen:

Ludwig Neidhart: "Gibt es Gott? Hat der Mensch eine unsterbliche Seele? Eine Sammlung philosophischer Argumente", Universität Augsburg, 2016 (PDF)

fauxations, fatherhorton: "Heisenberg at the bottom of the glass", 2016

kěrěng, "Auf dem Grund des Bechers wartet Gott", 2017

(Kurz vor dem 1. April hat dieses Thema (8572 Klicks) Chuck Norris (8526 Klicks) überholt und sich zur Aufholjagd zum Firefox-Thread gemacht (12179 Klicks). Es trennten damals 3607 Klicks.
Bis heute gab es bei Chuck Norris nur 17 weitere Klicks (8543 Klicks), bei Firefox nur 24 (12203 Klicks), bei Evolution oder Schöpfung aber 755 (9327 Klicks). Damit verkürzt sich der Abstand auf unter 3000, genauer 2876 Klicks.)
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Di 1. Jun 2021, 13:40

Morality 1: Good without gods | QualiaSoup (13:25 min, engl.)

Warum Macht, Autorität und Tradition nichts mit Moral zu tun haben.


https://m.youtube.com/watch?v=T7xt5LtgsxQ
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Re: Kritisches Denken

Beitragvon almafan » Mi 2. Jun 2021, 08:57

Morality 2: Not-so-good books | QualiaSoup (14:10 min, engl.)

Warum die Bibel und andere "heilige Texte" als Quelle von Moralität nicht taugen.


https://m.youtube.com/watch?v=hSS-88ShJfo
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Re: Kritisches Denken

Beitragvon almafan » Mi 9. Jun 2021, 15:25

Video: Morality 3: Objectivity and oughtness | QualiaSoup (17:12 min, engl.)


https://m.youtube.com/watch?v=sN-yLH4bXAI
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Re: Kritisches Denken

Beitragvon almafan » Di 15. Jun 2021, 10:08

Grundsatzartikel: Religionskritik, mehr nicht

Es ist ja ein beliebtes Spiel, ja fast ein reflexartiges Verhalten, wenn der Kritisierte versucht, über die kritische Aussage hinaus etwas in den Text zu deuten, was in der Regel dann selbstverständlich nicht dem netten Umgangston entspricht. Wenn aus der Kritik mehr oder etwas anderes gemacht wird, als man mit dieser beabsichtigt. Wenn man unterstellt, anstatt zu verstehen.

Ich möchte mich daher hier kurz erklären und ich möchte darstellen, was die Religionskritik nicht ist.
  • Kritik am Islam ist kein Rassismus.
  • Kritik an der jüdischen Religion ist kein Antisemitismus.
  • Kritik am Christentum ist kein Fanatismus.
All diese Schlagworte rufen in uns negative Assoziationen aus. Niemand möchte Rassist, Antisemit oder Fanatiker sein. Durch das Unterstellen dieser persönlichen Züge wird natürlich nur versucht die Kritik selbst zu verhindern oder zu unterterminieren. Die Diskussion findet dann nicht mehr auf einer sachlichen Ebene statt.

Ich bin aber überzeugt, dass für eine aufgeklärte Gesellschaft Religionskritik unbedingt notwendig ist.
Mir ist aber auch bewusst, dass dieses Berechtigsein der Religionskritik von Subjekten mit rassistischen, antisemitischen oder fanatistischen Ansichten missbraucht wird. Vorgeblich werden im Namen der Religionskritik dann Angriffe gegen Menschen geführt, die sich in der Schnittmenge der angeblich kritisierten Religion und einer Ethnie oder Rasse befinden. In Wirklichkeit richten sich dann aber die Angriffe solcher Leute eben nicht gegen die Religion, sondern gegen die ethnische Zugehörigkeit der Personen. Von dieser Form des Angriffs will ich mich ganz klar distanzieren, wie auch von ganz offensichtlichem Rassismus und Antisemitismus oder irgendeiner fanatischen Auslegung.

Meine Religionskritik hingegen richtet sich grundsätzlich gegen die Religion mit ihrer Institutionalisierung, ihren unabänderlichen Dogmen, ihrer Anmaßung als moralische Instanz, ihrer Unvereinbarkeit mit vielen Menschenrechten, ihrem gierigen Machthunger bis in die Herzen der Menschen, ihrer Fortschritts- und Frauenfeindlichkeit. Sie prangert die Schäden an, die sie bei der Gesellschaft und der Psyche jedes einzelnen angerichtet hat und wohl noch anrichten wird.

Prinzipiell sind aber auch Vorwürfe des Rassismus und Antisemitismus widersinnig. Da zwischen der Zugehörigkeit zum Islam bzw. der jüdischen Religion und einem Personenkreis mit "dunkler Haut" oder "Migrationshintergrund" (oder was immer manche unter "Rasse" verstehen wollen) bzw. dem ethnischen Judentum nicht notwendigerweise ein Zusammenhang besteht, ist der Vorwurf des Rassismus in diesem Falle selbst rassistisch. Es ist eine Anmaßung und Bevormundung durch jene, die solche Gleichsetzungen vornehmen und damit ungefragt Menschen unter Schutz stellen, die mit der Religionskritik nichts zu tun haben. Nicht jeder mit z.B. einem Migrationshintergrund aus dem vorderen Orient ist Muslime und nicht jeder ethnische Jude ist jüdisch-religiös. Das trifft doch auf die westliche Welt ebenso zu, die zwar christlich geprägt wurde, aber die Anzahl Anders- oder Nichtgläubiger stetig steigt. Man denke aich an arabischstämmige aber konfessionsfreie Islamkritiker, gegen deren Interessen eine solche Vereinnahmung führt.

Es ist kein Extremismus, Kritik an Religion zu üben.

Es ist also gerade kein Rassismus oder Antisemitismus oder Fanatismus oder Extremismus, gegen Sonderrechte für Religiöse bzw. für gleiche und unverletzliche Menschenrechte auch der Kinder von Religiösen einzutreten. Das ist ja gerade das Absurde. Und auch eine histosch empfundene Schuld oder Wiedergutmachungspflicht gegenüber Opfern von Antisemitismus, des Rassismus oder auch der Fremdenfeindlichkeit darf uns weder davor zurückschrecken lassen, Religionen, denen jene Opfer vielleicht angehören könnten berechtigter Kritik auszusetzen. Man darf auch diese Menschen nicht vor der Kritik an ihrem Verhalten - nicht ihrer Herkunft - schützen. Man darf sie nicht ausnehmen. Das ist Gleichbehandlung aller. Bei jedem, bei dem Fehler gefunden werden, müssen diese auch benannt werden dürfen.
So zu verfahren, ist rechtstaatlich konsequent und schützt jeden Menschen, unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft, Konfession und sexueller Orientierung, vor den mit seinen Grundrechten kollidierenden Interessen Religion oder Weltanschauung. Auch der eigenen.
  • Jeder Mensch hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Thema: jüdische Beschneidung).
  • Jeder hat die gleichen Rechte am Arbeitsplatz (auch als Angestellter einer christlichen Kirche).
  • Und jeder Mensch genießt Kunstfreiheit (Stichwort: Mohammed-Karikatur).
Es darf nicht passieren, dass andere Grundrechte den religiösen untergeordnet werden. Gerade Politiker und Juristen sollten bei dem Erlassen eines neuen Gesetzes oder der Auslegung desselben nicht zurückrudern, wenn sie mit instrumentalisierten Vorwürfen von Rassismus oder Antisemitismus konfrontiert werden. Stattdessen sollten sie ruhig aber bestimmt erklären, warum dieses Gesetz oder jene Entscheidung sich gerade nicht gegen eine ethnische Herkunft richtet oder der Erzwingung einer "Leitkultur" dient. Es muss aus ihren Äußerungen erkennbar sein, warum diese Gesetze und diese Entscheidungen notwendig und im Einklang mit den Prinzipien einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung mit gleichen Rechten für alle und Sonderrechten für niemanden sind.

Und so werde ich weiter Kritik an Religion da üben, wo sie notwendig ist.
Religion ist in keiner Berechtigung irgendwie anders schützenswert als jede andere menschliche Geschichte und jede menschliche "Erfindung".
Religiöse Gefühle haben keinen Vorrang vor anderen Gefühlen.
Religiöse Bestimmungen und Sätze haben keinen Vorrang für anderen Bestimmungen und Gesetzen.
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Re: Kritisches Denken

Beitragvon almafan » Fr 18. Jun 2021, 11:12

Dieter Nuhr und die Aufarbeitung des Sommerkongresses 2014 (Teil 1)

Ich gebe zu, über die Themen, die ich heute anreiße, habe ich bereits lange vor dem Reboot des Evolutions-Thread Texte verfasst. Über Dieter Nuhr schrieb ich bereits im Januar 2017 die zweite, weniger bissige Variante eines Textes, der zuvor ziemlich angriffslustig war. Das muss nicht sein. Aber der Text lag weiterhin in meinen Datenbanken rum und von daher freue ich mich, diesen endlich einmal aufarbeiten zu können.

Der Tod und seine Bedeutung

Überschrieben war er damals mit "Dieter Nuhr ist tot!" Es war damit keine Todesanzeige genannt, sondern ein erst sehr verbittert, in der zweiten Version sehr spottenden Text darüber, wie ich Zensur wahrgenommen habe. Dabei war das falsch. Mir wurde vorgeworfen, Dieter Nuhr zu meinem Gott zu machen und ihm nur nach dem Mund zu reden. Und vermutlich habe ich unkritisch viele Dinge von ihm übernommen. Vieles von dem, was er sagt und schreibt ist halt so, aber vieles eben auch nicht.
Seit vielen Jahren hat er eine bestimmte Schiene gefahren. Es gibt, wie bei jedem anderen Humoristen auch, Themen, die immer wieder auftauchen und die, obwohl längst als Blödsinn entlarvt, weiter vorgetragen werden. Sie bedienen Klischees und bringen Lacher. Mario Barth lebt davon, dass Männer und Frauen anscheinend nicht zusammenpassen und es trotzdem versuchen. Sein Feld ist diese Beziehungskiste: Frauen können nicht Autofahren, schauen nur Liebesfilme und horten tausende Tupperdosen. Das ist die Quintessenz seiner Bühnenshows. Vince Ebert erklärt, mit einigem wissenschaftlichen Hintergrund, warum bestimmte esoterische Zirkel nicht funktionieren können. Eckart von Hirschhausen baut nicht nur Pointen in seine Programme, sondern auch Lehrpunkte für ein besseres Miteinander und ein gesünderes Leben. Er ist Arzt, eigentlich ganz logisch. Erkan und Stefan sind seit 20-30 Jahren die Prolls der Nation. Jeder ist in seiner Schiene. Nuhr macht da keine Ausnahme. Seine Steckenpferde sind der böse Islam, der böse Umweltschützer und der böse Veganer. Daneben gibt es noch weitere Themen, die immer wieder bei ihm auftauchen. Und jeder dieser Leute füllt die Sitzreihen. Denn jeder hat seine nicht so kleine Zielgruppe.

Ich hab auch schon über Mario Barth gelacht. Ja, manches punktet. Aber das war nicht mein Humor. Kurt Krömer fand ich besser. Und eine ganze Zeit lang war ich sehr auf Nuhr, Ebert und Hirschhausen. Hagen Rethers ist auch echt gut, Volker Pispers geht so, hat aber auch seine Hochs. Urban Priol hat eine spitze Zunge. Ralf Schmitz ist mir zu albern. Im Moment trifft bei mir Oliver Welke mit seiner Heute Show und Jan Böhmermann mit seinem ZDF Neo Magazin. Auf Fakten basierende Satire-Nachrichten.
Ich hatte damals 2 Bücher von Nuhr, die ich echt gern gelesen habe. Ich denke, es war Der ultimative Ratgeber für alles (#1) und Das Geheimnis des perfekten Tages. (#2). Bin mir aber nicht mehr ganz sicher. Aber ich muss zugeben, ich weiß nicht mehr viel vom Inhalt. Die Bücher sind sehr kurzweilig geschrieben. Ein bisschen, wie ein Witz, der echt gut ist, den man aber nicht weitererzählen kann, weil man ihn nach kurzem schon wieder vergessen hat. Ein paar Sachen bleiben hängen und die sind gut. Der Rest verschwindet.

In meiner Wut habe ich damals einen Spott-Beitrag geschrieben, den ich dann auch noch in den Evo-Thread gespeichert habe. Da war er schon damals fehl am Platz, aber es musste raus.

Wie ist es denn nun tatsächlich? Vergöttere oder vergötterte ich diesen Dieter Nuhr?
Nun, die Aussage, dass ich ihn vergöttere, war aus dem Kontext heraus vermutlich "korrekt". Ich würde dieses Wort "vergöttern" nicht für ein Fandom verwenden. Ja, ich fand richtig, was er sagt und schreibt und ich habe Textfetzen immer wieder zitiert und das war auch da der Fall, als ich mir diesen Vorwurf anhören musste. Vermutlich habe ich ihn einmal zu oft wiedergegeben. Vergötterte ich ihn? Urteilt selbst.

Um diesen Vorwand zu entkräften habe ich die zwei Bücher genommen, die ich von ihm hatte und sie frühmorgens in den Papiermüll geschmießen.
Eigentlich hatte ich ja etwas deutlich melodramatischeres geplant: Ich wollte mit Büchern und Kamera in den Wald und filmen, wie ich die Schmöker abfackel. Hätte unter dem Titel "Verbrannte Götter" auf Youtube wohl den ein oder anderen Klick gebracht. Der Plan wurde nicht wegen Waldbrandgefahr (es hatte geregnet, alles war naß) fallen gelassen, sondern Zeitmangel. Aber vermutlich war das nur eine Ausrede, weil ich zu feige oder faul war, diese drastische Tat auch auszuführen. Oder war es der innere Zweifel, meinen Gott zu verraten?

Natürlich ist Dieter Nuhr nur ein falscher Gott. Mehr kann er nicht sein. Alle Götter sind falsch!

Diese Aktion des stillen Protests wurde kaum bemerkt. Dabei war Nuhr für mich und meine halbherzige Aktion nur ein Stellvertreter. Ein Stellvertreter für alle Götter. Ich hoffe, nie wieder so leicht vereinnahmt werden zu können, wie es damals vermutlich der Fall war. Und ich bin mir bewusst, dass ich dies sage und dennoch Zeuge Jehovas bin. Aber solange ich den Wachtturm-Sprech nicht übernommen habe, den alle um mich herum unkritisch wiederkauen, wähne ich mich noch auf der Seite derer, die der Kondition durch Wiederholung bislang entgangen sind.

Die Bücher sind weg und sie kommen nicht wieder. Inwiefern sie mich beeinflusst haben, weiß ich nicht zu beurteilen. Ich hab sie gelesen und hatte meinen Spass. Gott hin oder her.

Aber einmal will ich ihn noch zitieren:
Für ihre Jubiläumskampagne im Jahr 2020 veröffentlichte die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unter anderem einen Audiobeitrag von Nuhr.

Wissen bedeutet nicht, dass man sich zu 100 Prozent sicher ist, sondern dass man über genügend Fakten verfügt, um eine begründete Meinung zu haben.
- Deutsche Forschungsgemeinschaft: Gemeinsam #fürdasWissen. Abgerufen am 9. Juni 2021.

Gleiche Quelle:
Wissenschaft weiß nicht alles, ist aber die einzige vernünftige Wissensbasis, die wir haben. Deshalb ist sie so wichtig.
- Deutsche Forschungsgemeinschaft: Gemeinsam #fürdasWissen. Abgerufen am 9. Juni 2021.

Diese beiden Stellen kann man so unterschreiben, ohne Gewissensbisse zu bekommen.

Wo soll denn dieses Königreich sein?

Ein weiterer in Verbitterung verfasster Artikel drehte sich damals um den Sommerkongress 2014 "Suche zuerst Gottes Königreich". Damals gehörte ich noch nicht dazu und ich war auch nicht gewillt, meine Deckung fallen zu lassen und all das ungefiltert einfach runterzuschlucken. Heute bin ich Mitglied und immer noch nicht zufrieden mit den Antworten, die mir da geliefert werden. Zuviel wird auf die Zukunft verschoben. Im Paradies wird man schon erfahren, wie Gott dies oder das meinte, wie die Welt vor der Sintflut aussah oder warum Löwen verdammt nochmal die spitzen Zähne haben, wenn Raubtiere laut Jesaja weder jemals der Plan waren, noch im Paradies ihrer aktuellen Nahrungssuche nachgehen werden. Zum Zermahlen von Stroh sind die Beißer zumindest eher ungeeignet.

Da stand ich nun, ich armer Trottel. Frischer Papa, ohne Wunsch ein Zeuge zu sein, in einer Horde von über 15.000 Zeugen Jehovas. Oh, wie ich Menschenmengen doch liebte. Bitte mit ironischen Unterton lesen.

3 Tage lang wird auf so einem Kongress die "Wahrheit" verkündet, neues Verständnis vermittelt und auf eine herrliche, gemeinsame Zukunft eingeschworen. Aber man bekommt auch neue Anleitung, um die Menschen im Predigtdienstgebiet öfter anzutreffen und effektiver zu bekehren. Ein Introvertierter, der mit niemanden sprechen will, 3 Tage auf einem Kongress im Berliner Olympiastation mit bis zu 19.000 Leuten, deren Überzeugung ich nicht teile, die aber gerne über Gott reden, um mir Vorträge anzuhören, die mich nicht interessierten. Da kommt Freude auf. Die ersten Notizen zu meinem damaligen Beitrag stammen von dort. Muss toll ausgesehen haben, dass ein Ungläubiger sich Dinge während des Kongress aufschreibt, so wie es alle anderen auch machen. Nur die interessierten sich für das, was gesagt wurde, weil sie es für einen Liebesbeweis ihres Gottes sahen. Aber oft, war ich geistig gar nicht anwesend.

Es war aber auch starker Tobak, der geboten wurde:
  • Homosexuelle seien durch den neuen, biblischen Lebenwandel vor Geschlechtskrankheiten bewahrt worden. Logisch, weil Heteros ja keine Geschlechtskrankheiten bekommen können.
  • In einem fiktiven Spiel zwischen Satan und Gott steht es am Ende 0:6, da alle Versuche Satans fehlschlagen. So wurde z.B. vorgebracht, dass Satans System vielleicht mit viel Aufwand eine Krankheit besiegt und schon stehen zwei neue auf der Matte. Vermutlich ein hübsches Thema für den nächsten Sonntagsvortrag, haben wir doch gerade Pandemie. Diese Argumentation war natürlich bewusst manipulativ und einseitig präsentiert.
    Das ist kein hohler Vorwurf, wie man vielleicht denken könnte. Aber die Dezimierung möglicher Alternativen auf 1 oder 2 Varianten ist ein Merkmal solcher Argumentation. Man könnte sich zum Beispiel fragen, ob die neuen Krankheiten nicht auch auftauchen würden, wenn die Medizin sich null um die erste Krankheit gekümmert hätte. Ist das Bezwingen dieser ersten Krankheit dann immernoch so sinnfrei? Nach der Logik dürften wir einem mehrfach Kranken nicht helfen. Was, jemand hat Krebs und eine Erkältung? Völlig sinnlos, diesen Krebs zu bestrahlen oder zu operieren. Die Nase wird davon auch nicht freier. Was, jemand hat ein gebrochenes Bein und ist taub. Tja, Beinschiene wäre ja okay und Stützen sicherlich auch, aber total vertane Zeit. Denn der hört ja trotzdem nix.
    Man könnte sich aber auch fragen, woher die Krankheiten kommen. Selbst Satan wäre nicht so doof, die Menschen mit immer neuen Krankheiten zu quälen, um diese von seiner tollen Herrschaftsweise zu überzeugen. Und meines Wissens hat laut biblischen Verständnis nur einer die Macht, Dinge zu erschaffen.
  • Der Tod sei unnatürlich, da Menschen vor dem Altern und dem Tod Angst haben. Außerdem ist es ja wohl sinnfrei, warum der junge Mensch zwar Kraft aber keine Ahnung hat, der alte Mensch aber viel Ahnung und Erfahrung, aber das nicht mehr umsetzen kann. Das ist zwar korrekt, führt aber nicht zwangsläufig zu dem Schluss, dass es irgendwann mal anders gewesen sei.
Da war noch mehr, aber belassen wir es erstmal soweit. Doch auch heute, 7 Jahre nach dem Tag meines ersten Sommerkongresses, fehlt jede Form von Begeisterung. Es ist wie jeder Kongress quasi ein Atheisten-Hardcore-Survival-Spiel. Immer knapp an der Klippe lang. Sie haben glatte, sanfte Zungen (Sprüche 25:15), um Menschen mit einnehmenden Worten zu gewinnen. Und wenn man sich länger unterhält und unbedarft ist, hört sich das alles völlig logisch an. Zweifel an der Echtheit des Naturalismus bzw. der naturalistischen Methodik der Wissenschaft können aufkommen. Ich habe das auch verspürt. Aber es gibt ein "Heilmittel". Mehr lernen. Gegen gute Argumentation, und darin sind sie Meister, daraufhin werden sie geschult, hilft nur echte Wissenschaft.
Als ich das erste mal meinen Notizblock zückte, ging es gerade darum, welchem Druck Zeugen in dieser Welt ausgesetzt sind. Ob offen oder versteckt. Durch die Gesellschaft, die Schulkameraden, die Arbeitskollegen, ungläubige Ehepartner und Menschen im Predigtdienstgebiet. Nun besteht Einflussnahme ja auf beiden Seiten immer durch Empfänger, aber eben auch durch Absender. Und mir sind bis dato keine Vertreter der Evolutionsbiologie, des Naturalismus oder Humanismus bekannt, die an einem Samstag Morgen vor der Tür völlig Unbeteiligter stehen, um sie mit ihren Theorien zu beglücken. Mein Umfeld interessiert sich wenig bis gar nicht dafür, was ich glaube, selbst wenn ich mit oute, dass ich getaufter Zeuge bin. Die Welt da draußen ist tolerant. Ihr ist es Wurst. Den Druck, den Zeugen bei sich verspüren, den erzeugt nicht das Umfeld. Ich kann es auch nicht der Umgebung ankreiden, dass ich als Vegetarier dem Druck der Fleischlobby ausgesetzt bin oder ich als Nichttrinker von irgendwem zum Alkohol verleitet oder gezwungen werde. Oder zum Rauchen oder was auch immer. Ich habe die freie Entscheidung, ob ich Fleisch esse, Alkohol und Tabak konsumiere und welcher Religionsgemeinschaft ich angehören will. Den Druck, den dies erzeugt, habe ich damit selbst gewählt.
Mitlerweile ist Homosexualität in der Öffentlichkeit akzeptiert. Aber es liegen Jahrhunderte Verfolgung und Strafe hinter diesem Prozess. Da man aber im Allgemeinen davon ausgeht, dass zumindest bestimmte Anteile angeboren sind, ist es nicht mehr so leicht, einfach zu sagen: Die hätten sich das ausgesucht. Druck der dann auf diese Indivduen erfolgt, ist definitv ein äußerer. Entweder geächtet, weil sie es ausleben oder sich der "Norm" anpassen und die eigenen Gefühle unterdrücken.

Das ich auch bei den Online-Kongressen, wie sie jetzt wegen Corona stattfinden, keine Begeisterung aufbringe - trotz Taufe wohlgemerkt - mag meine Frau vermutlich befremden. Ich feiere die Lieder nicht, ich singe sie lediglich pflichtbewusst mit. Ich hab letzten Freitag (04.06.2020) meinen ersten Predigtdiensttreff geleitet und dabei ist auch das einfach nur die Erfüllung von Erwartungen. Oft wird von "geistigem Fortschritt" gesprochen. Aber man kann offenbar in den Rängen von "Gottes Organisation" auch aufsteigen, ohne an Gott zu glauben. Man muss einfach nur mitmachen, was von einem erwartet wird und seine innere Stimme unterdrücken.
Da sind wir wieder beim Druck. Ich habe mich der Sache ergeben, überzeugt bin ich nicht. Dennoch übt der von mir erwartete Aufwand Druck auf mich aus. Aber auch dieser Druck ist freiwillig, im Gegensatz zum Druck eines Homosexuellen, der seine Natur unterdrücken muss, solange er nicht sein Coming-Out hat. Ich habe die Wahl, zu sagen: "Das ist nicht meine Überzeugung. Ich will das nicht mehr." Jemand mit angeborenenen Prädistinierungen kann das nicht. Für ihn ist jede Änderung des Verhaltens, jede Anpassung Druck. "Unser" Normzustand ist nicht "seiner".

Wie ihr an meinen Rezensionen, besonders im Evolution-Schöpfung-Thema, sehen könnt, ist auch das intensive Studium der Wachtturm-Lektüre kein Garant dafür, bekehrt zu werden oder "in seinem Glauben gestärkt", wie es in Jehovas Organisation heißt. Im Gegenteil, ich bestärke mich immer wieder darin, dass diese Ideologie sich nur durch Unwissenheit und gute Rhetorik aufrecht erhalten lässt. Noch kein Artikel und kein Buch, dass ich von Kreationisten gelesen habe, hat einer eingehenden Prüfung standgehalten. Für etwas, das die Wahrheit sein soll, ein miserables Ergebnis. Die "Wahrheit" sollte nicht von einem Laien wie mir so leicht zu demontieren sein. Sie sollte sich auf mehr als auf Behauptung, Strohmannargumenten, halben Tatsachen und verkürzten Zitaten stützen. Aber ich merke auch, dass ich mich hier vermutlich in der gleichen Gesellschaft befinde, wie jene, die schon zum Frühstück die Relativitätstheorie widerlegen und gegen das Establishment einer kugelförmigen Erde antreten.

Mythen werden keine Wahrheit, auch wenn man sie wiederholt.

Allerdings bin ich gar nicht der Zwerg, der gegen die etablierte Meinung antritt. Ich bin ein Zwerg, der den etablierten wissenschaftlichen Konsens mit wissenschaftlichen Argumenten gegen Pseudowissenschaft verteidigt. Ich bin nicht als Nischenarbeiter für eine unpopuläte Meinung unterwegs oder für eine unterdrückte Theorie. Ich unterstütze hier ganz offen den Mainstream, den wissenschaftlichen Konsens. Nicht das die Big Player in ihren Labors meine Hilfe überhaupt benötigen. Vielleicht sind mein Halbwissen und meine Verallgemeinerungen auch kontraproduktiv. Ich wiederhole es ja gern nocheinmal. Ich habe nichts davon studiert und ich habe auch keinerlei wissenschaftliche Qualifikation. Mich begeistert aber eben nicht nur das Ergebnis einer Forschung, sondern auch der Weg dorthin.

Das ist der Grund, warum ich diesem Pfad folge.
Das ist der Grund, warum ich dies für die besseren Argumente halte.
Das ist der Grund, warum ich davon ausgehe, dass Wissenschaft funktioniert.
Das ist der Grund meiner Motivation, hier überhaupt zu schreiben.
Das ist der Grund, warum ich nicht irgendeinem Gott dankbar sein kann.
Das ist der Grund, warum ich mich mit den Verhältnis von Wissenschaft und Kirche befasse.
Das ist der Grund, warum ich mich mit Scheinargumenten befasse.

#1- Der ultimative Ratgeber für alles. Bastei Lübbe, Köln 2011, ISBN 978-3-7857-6055-0 (Hörbuch ISBN 978-3-7857-4024-8)

#2 - Das Geheimnis des perfekten Tages. Bastei Lübbe, Köln 2013, ISBN 978-3-431-03861-3 (Hörbuch ISBN 978-3-7857-4692-9)
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"If the biggest problem that you're having in the twenty-first century involves
what other people's genitals look like, and what they're doing with those genitals
in the presence of other consenting adults, you may need to reevaluate your
priorities." - Forrest Valkai


("Wenn das größte Problem, das du im 21. Jahrhundert hast, darin besteht, wie
anderer Leute Genitalien aussehen und was diese damit in Gegenwart anderer
Erwachsener mit deren Einverständnis machen, musst du möglicherweise deine
Prioritäten neu bewerten.")

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Re: Kritisches Denken

Beitragvon almafan » Sa 19. Jun 2021, 10:30

Dieter Nuhr und die Aufarbeitung des Sommerkongresses 2014 (Teil 2)

Ich habe mehrere Bücher der Wachtturm-Gesellschaft mit Jehovas Zeugen studiert, mehr Schriften und Videos allerdings auch noch zusätzlich ohne "Beirat". Ich bin in nahezu jeder Versammlung (Gottesdienst), ich beteilige mich sogar am Predigtdienst und ich helfe in den Versammlungen bei der Technik. Dadurch ist keine einzige Verheißung realer geworden und ich versuche Themen auszusparen, bei denen es sich so unglaublich falsch anfühlt, etwas meiner Sichtweise gegenläufiges zu erzählen. Ich schweige lieber, wenn das Thema Evolution oder Schöpfung auf den Plan tritt und ich weiß mitlerweile, dass im Grunde alle Äußerungen diesbezüglich einfach nur auf Unkenntnis und Konditionierung beruhen. Es hat einen Grund, warum gerade jetzt in der Zeit, in der durch Corona vermehrt Briefe für den Predigtdienst geschrieben werden, besonders die Briefe sich wie eine Kopie des Wachtturms lesen, dessen Schreiber nicht nur seltener am Briefeschreiben beteiligt ist, sondern die auch besonders in dieser Schiene drin stecken. Man könnte aber auch in Gesprächen ständig einen Bingo-Block zücken. Irgendeine Evergreen-Bibelstelle wird schon fallen.

Jehovas Zeugen bestimmen einen großen Teil meines Lebens. Das ist nun mal so. Aber sie bestimmen nicht über meinen Kopf. Das ist gut so.
Ich bin den Menschen dankbar, die mir bei meinen realen Problemen helfen. Sei es ein Umzug oder die Beschaffung irgendeines Gegenstandes.
Ich bin nicht einem Gott und seiner auserwählten, einzig wahren Religion dankbar, die mir eine Schuld (die Erbsünde) einreden möchte, damit ich irgendein Lösegeld von dieser Schuld als meinen Meister anerkenne.
Man sagt in den Versammlung sehr oft "Erfahrungen mit Jehova hat jeder von uns schon einmal gemacht." Nein. Nein ... ganz sicher nicht jeder.
Ich schließe mich da aus. Menschen helfen Menschen, Menschen freuen sich mit Menschen. Gott habe ich nie kennengelernt. Nicht beim Bibellesen, beim Studieren, in der Versammlung, bei der Saalrenovierung, beim Saalputz oder zu Besuch bei irgendwem. Auch nicht beim Betrachten der Natur oder irgendeines Dinges.
Das ist schade. Denn wenn er sich hätte zeigen wollen und mir unmissverständlich beibringen wollte, dass er nicht nur ist, sondern sich auch um mich kümmern möchte, hätte er mehr als genug Gelegenheiten gehabt. Dem Richter Gideon hat er auch sehr unmissverständlich beigebracht, dass er auf seiner Seite ist (Richter 6:17-21 und 36-40).

Holzwege

Mein ganzes Leben ist mitlerweile auf den Rhytmus von Versammlung und Predigtdienst eingestellt. Geeicht könnte man es auch nennen.
Immer wieder habe ich zuviele Zugeständnisse gemacht. Erst das "Amen" beim Gebet, dann in die Versammlung gehen, dann das Studium, dann das Mitsingen, dann das Beten, dann der Predigtdienst, dann die Taufe, dann die Technik, dann die Tagestextbesprechnung und nun auch die Leitung eines Predigtdiensttreffpunktes.
Wenn ein Zeuge diese Zeilen hier liest, denkt er, Satan habe sein Ziel bei mir erreicht, mich von Gott zu entfremden. Aber ich war Gott nie so nahe, wie in den letzten 7-8 Jahren. Das spricht entweder gegen die Auffassung, dass Gott existiert und ich ihm daher nicht nahe kommen kann oder dafür, dass Satan mehr Macht über mich haben kann als Gott. Beides nicht berauschend für einen, der Glauben entwickeln soll.

Also lebe ich mit diesem Aufsatz "Religion", der moralische und ethische Fragen einer kleinen Gruppe von Leuten überlässt, die irgendwo im Staate New York sitzen und die Deutungshoheit über 8.000.000 Follower haben. Denn selbstverständlich darf man auch gern was anderes glauben und auch seine Kritik äußern. Aber doch bitte nicht in der Versammlung. Das würde zu Spaltungen führen. Nicht, dass es das nicht schon früher gegeben hätte:

Bild
Als der Begründer Charles Taze Russell im Wachtturm lehrte, dass der Neue Bund ausschließlich ins kommende Zeitalter gehöre, spalteten sich die Freien Bibelforscher 1909 von Russells Organisation ab, da sie darin ein Abweichen von der biblischen Lehre sahen. Sein Nachfolger Joseph Franklin Rutherford organisierte die Bewegung zentralistisch und entdemokratisierte die Entscheidungswege. Dies führte zu einer weiteren Abspaltung, aus der die Ernsten Bibelforscher, die Laien-Heim-Missionsbewegung und die Kirche des Reiches Gottes entstanden.

Ulkig, jede dieser Gruppen fühlt sich im Recht. Ich kann es mit meinem begrenzten Wissen nicht beurteilen.
Aber das muss ich auch gar nicht. Der wissenschaftliche Konsens zeigt ganz, ganz deutlich, dass Gott in allen beschriebenen Theorien völlig irrelevant ist. Gott spielt in der Physik ebenso wenig eine Bedeutung, wie in der Chemie, der Biologie oder der Medizin. Natürlich steht es jedem frei, eine Krankheit wegzubeten oder zu seinem Voodooheiler zu gehen. Das ist noch nicht einmal Äpfel mit Birnen vergleichen. Aus rational-wissenschaftlicher Sicht, ist es irrelevant, was der Kranke glaubt, solange ihm von einer höheren Macht geholfen wird, wird der Placebo-Effekt in dieser "Therapie" helfen, eine reale Krankheit zu kurieren oder die Leiden zu verringern. Ebenso hilft es bei einem ausgeglichereren und glücklicheren Leben. Und auch hier spielt die Religion die dahintersteht eine untergeordnete, vernachlässigbare Bedeutung. Medizinische Forschungen konnten jedoch, entgegen einer Verlautbarungen aus gläubigen Kreisen, noch nie einen empirischen Wirkungszusammenhang, über diesen Placebo-Effekt hinaus, zwischen dem Beten von Fürbitten und der Genesung von Krankheiten herstellen (#1, #2, #3, #4, #5, #6).

Wie lebt man eigentlich so, als Jehovas Zeuge, mit der Überzeugung, dass die Evolution die Antwort auf unsere Herkunft ist und nicht die Schöpfung?
Erstaunlicherweise geht das ganz gut.
Unser Kreisaufseher (von Versammlung zu Versammlung reisende Instanz, der nach dem Rechten schauen soll) holte mich ja einmal ins Boot für einen seiner Predigtdiensttreffpunkte und fragte mich, wie ich mich denn fühle, zu verstehen, dass ich seit meiner Taufe zu "unserem" und nicht mehr nur zu "meinem" Gott beten kann. Immerhin bin ich erst seit meiner Taufe Mitglied in Gottes ausgewählter Organisation. Ich war von der Frage überrumpelt und konnte nichts "Erbauendes" erwidern. Es war ja nie "mein" Gott, wieso sollte es plötzlich "unser" Gott sein? Das war "deren" Gott.
Auch als Glaubensmensch hätte ich die Frage sicher nicht richtig beantwortet. Gott gehört niemandem. Ich hätte auch vor meiner Taufe zu "unserem" Gott beten können, denn gläubig wäre ich ja schon gewesen. Die Taufe bringt mich Gott ja nicht näher, sondern nur seinem irdischen Verein. Ob ich bete oder nicht, laut seiner Weltanschauung gibt es nur diesen einen Gott. Er ist also der Gott aller, ob sie an ihn glauben oder nicht. Ein Schwenk zu "unserem" Gott ist also völlig hinfällig. Gleichsam wäre er für einen Gläubigen "mein" Gott, denn das persönliche Verhältnis zu diesem, z.B. durch Gebete und Studium, kann man nur selbst herstellen und aufrechterhalten. Die Eltern können einen so wenig ins Paradies tragen, wie sie ebenso wenig das persönliche Verhältnis zwischen dem Gläubigen und Gott erzeugen können. Für persönliche Verhältnisse ist jeder selbst verantwortlich, ob nun zu Gott oder zu irgendwem oder irgendetwas. Man kann einem maximal "Wissen" vermitteln. Die Schlüsse daraus muss jeder für sich ziehen.
Er ist also immer "unser" Gott und zugleich "mein" Gott. Die Richtigkeit des Glaubenssystems und die persönliche Einstellung zu Gott vorrausgesetzt.

Ob man das hätte so sagen dürfen, bei einem Predigtdiensttreff, in der Versammlung, im Beisein von Ältesten, zu Besuch bei irgendeinem Zeugen? Hm ... Ich kann es euch nicht verraten.
Auf einem Kongress wäre es sicher nicht gut angekommen. Da freuen sich die Leute, dass sie sich gegenseitig mal wiedersehen und geeint ihre Lieder trällern können. Ich hatte 2014 niemanden, dem ich bei Kongressen in die Arme gefallen wäre und ich habe heute niemanden, den ich auch nur vermissen würde, wenn er nicht dort auftaucht. Ob es 600 Leute in Velten sind, 2.000 in Glauchau, 20.000 im Stadion oder 60-70 Kacheln aktuell in Zoom. Es ist für mich irrelevant.
Ich werde weiterhin meine Überzeugung haben, weiterhin diese stärken und ich werde gleichzeitig weiterhin in der Versammlung aktiv sein. Ich bin mir des Widerspruchs bewusst. Aber ich akzeptiere diesen besser als noch vor 7 Jahren, als ich das erste Mal über den Kongress schrieb. Diese Akzeptanz wird mal stärker freudig sein, mal eher mürrisch. Und das ist völlig okay so.

Die Erbsünde ist nach wie vor ein Aufsatz, eine eingeredete "Krankheit" um eine "Lösung" zu verkaufen. Die "Wahrheit" ist nach wie vor ein Label und nicht verankert in der Realität. Davon bin ich überzeugt und ich finde immer wieder Bestätigungen dafür.
Ich kann nicht ausschließen, im Gegensatz zu früher, dass ich im Grunde den falschen Lehren folge. Vielleicht stellt sich die Evolutionsforschung als der Scharlatan heraus, als den ihn uns die Gemeinde der Kreationisten immer hinstellen mag. Aber auch dann blieben all die vielen Forschungsergebnisse, die es im Sinne des Kreationismus umzudeuten gehört, damit daraus eine brauchbare Alternative wird. Das gilt für alle Erkenntnis, die sich in das jeweilige religiöse Konstrukt einbinden lassen muss.
Ich bin nun 37 Jahre alt. Das Ende der "letzten Tage" ist angebrochen und die Welt, die in Satans Macht liegt wird bald zusammenbrechen.

Jehovas Zeugen - Das Ende der Welt bis 2040! | Wahrheiten jetzt
https://m.youtube.com/watch?v=N1nqpxEOZL4
Heute ohne eingebettetes Video, davon gibt es hier genug. Und ich unterstütze nicht die weiteren Inhalte des Anbieters dieses Videos.


Okay, bis 2040 fließt noch viel Wasser die Elbe runter. Oder den Rhein, oder die Donau, oder den Nil, oder den Amazonas.
Innerhalb dieser Zeit muss wohl die alte Weltordnung zusammenbrechen und Gottes Reich auf Erden aufgerichtet werden. Das sind immerhin noch fast 20 Jahre. Der Durchschnittszeuge bleibt da ähnlich wage, aber rechnet in kürzeren Abschnitten. Gespräche habe ich geführt mit welchen, die denken, dass es in 2 Jahren durch ist. Das war im Sommer 2019. Hm ...

Kommen wir nocheinmal zurück zum Kongress:
Auf diesem wurde auch erwähnt, dass Agnostiker und Atheisten zwar den Wegen Babylon der Großen nicht mehr folgen. Dennoch sind sie auf dem falschen Weg, da sie Jehova nicht anbeten. Dies wird an mehreren Stellen der Bibel bekräftigt. Sowohl Psalm 14:1 als auch Psalm 53:1 zeigen deutlich, dass jeder, der Gott verleugnet, automatisch nur Schlechtes tut. Das widerspricht den Beobachtungen. Andersfalls sind außer den knapp 8 Millionen Zeugen alle Menschen böse. Sie sind alle Lügner, Okkultisten, Spiritisten, Irrlehrer, Mörder, Hurer und Verleumder. Auch Kinder und Babies. Aber da es Feuerwehr, Krankenhaus, Polizei und etliche Hilfsorganisationen hilft, ist Gottglaube kein zwingender Bestandteil für gute Handlungen. Und wie die Geschichte zeigt, ist es auch kein Garant dafür, dass Menschen nichts Schlechtes tun.
Wer Psalm 10:1-13 aufmerksam liest, wird feststellen, dass der böse Ungläubige mit missionarischen Feuereifer Jehovas Anhänger zu unterdrücken versucht. Gut, auch das widerspricht der Realität. Denn die große Mehrheit der Atheisten und Agnostiker ist völlig teilnahmslos, wenn es um Religion geht. Die, die dagegen eifern, haben ihre Gründe. Sie fühlen sich entweder angegriffen, da man ihren Glauben demonisiert, da sie früher selbst Mitglieder waren und sich nun von der Organisation Gottes verraten fühlen oder weil sie ihren Wissenschaftszweig verunglimpft sehen. Dann gibt es noch die, die sich gegen Manipulation und Indoktrinierung wehren. Und ich kann jeden einzelnen dieser Gründe nachvollziehen. Der Zeuge vor der Tür (oder aktuell dessen Brief im Briefkasten) ist unerwartet. Niemand wartet stundenlang daheim, dass endlich die Zeugen an der Tür klingeln.
Aber so ist das propagierte Schwarz-Weiß-Bild: Wer nicht in der Bibel forscht, gehört zu den Bösen (Psalm 10:4 und 1. Timotheus 6:3-5) oder zumindest zu den vom Teufel Verblendeten. Ein wirklich fruchtbarer Dialog kann so gar nicht stattfinden. Es unterminiert die Möglichkeit zu einem Dialog. Wenn ich etwas von vornherein ablehne, weil es nicht zu meinen Glaubensvorstellung passt (was ulkigerweise von Esoterikern und Kreationisten den Naturalisten vorgeworfen wird), dann kann ich nicht mit dem Finger auf andere zeigen und denen Engstirnigkeit attestieren.

Viele schießen bei der "keine Bibel = Bösewicht"-Argumentation auch über das Ziel hinaus und erklären freimütig, dass Hitler und Stalin ja auch Atheisten waren.
Ja, Hitler wurde zwar getauft, hasste aber den Religionsunterricht. Hitler blieb trotz Ablehnung der Amtskirchen, die er als Konkurrenz auf ideologischer und organisatorischer Ebene sich unterzuordnen suchte, zeitlebens Mitglied der römisch-katholischen Kirche. Rhetorisch bekannte er sich zu einem persönlichen Gott, den er als "Allmächtigen" oder "Vorsehung" bezeichnete und als in der Geschichte wirksame Macht verstand. Er habe das deutsche Volk geschaffen, zur Herrschaft über die Völker bestimmt und Einzelpersonen wie ihn selbst zu seinen Führern auserwählt. Damit übertrug er die biblische Erwählung des Volkes Israel auf das Deutschtum und integrierte sie in das rassistische Weltbild des Nationalsozialismus. Der Philosoph Hermann Schmitz charakterisiert Hitler in Adolf Hitler in der Geschichte (1999) als antichristlich. Zum Beleg zitiert er unter anderem Joseph Goebbels' Tagebucheintrag vom 8. April 1941: "Der Führer ist ein ganz auf die Antike ausgerichteter Mensch. Er haßt das Christentum, weil es alles edle Menschentum verkrüppelt hat." Gemäß dem NSDAP-Programm, das ein überkonfessionelles "positives Christentum" gegen den "jüdisch-materialistischen Geist" im Rahmen des "Sittlichkeits- und Moralgefühls der germanischen Rasse" bejahte, erklärte Hitler den politischen Antisemitismus zum Willen Gottes und sich zu dessen Vollstrecker: "So glaube ich heute im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu handeln: Indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn."
Diesen "Erlösungsantisemitismus" behielt er bis zu seinem Suizid unverändert bei und hob ihn immer wieder als Kern seines Denkens hervor. Aus dem Scheitern der "Los-von-Rom"-Bewegung Georg von Schönerers folgerte er: Der Nationalsozialismus müsse beide Großkirchen und ihre Lehren als "wertvolle Stützen für den Bestand unseres Volkes" respektieren, schützen und konfessionelle Parteipolitik bekämpfen. Gläubige Protestanten und Katholiken könnten ohne Gewissenskonflikte in der NSDAP mitwirken. Schönerers Kampf gegen die Kirche habe die Volksseele missachtet und sei taktisch falsch gewesen, ebenso Karl Luegers Judenmission, statt eine Lösung für die "Lebensfrage der Menschheit" anzustreben.
Also Hitler war für die Kirche aber gegen die Religion. Komisch, aber im Grunde waren ihm die Kirchen nur Mittel zum Zweck.

Und Stalin?
Nachdem seine Mutter Ketewan 1883 mit ihm (als einziges lebendes Kind aus der Ehe) vor der häuslichen Gewalt des Vaters floh, wuchs er bei ihren Verwandten auf. Seine mutter war streng religiös. Die ehrgeizige Ketewan war entschlossen, ihrem Sohn eine umfassende Schulbildung zu ermöglichen und ihre guten Beziehungen zum orthodoxen Klerus ermöglichten Stalin ab September 1888 den Besuch der kirchlichen Schule in Gori. Er verließ die Schule 1894 als bester Schüler und wurde für den Besuch des orthodoxen Tifliser Priesterseminars vorgeschlagen, damals die bedeutendste höhere Bildungsanstalt Georgiens und ein Zentrum der Opposition gegen den Zarismus. Nachdem Stalin im Alter von 17 Jahren das zweite Studienjahr des Seminars absolviert hatte, nahm er Kontakt zu geheimen marxistischen Zirkeln auf. Er besuchte eine Buchhandlung, in der er Zugang zu revolutionärer Literatur hatte. 1897 ließ ihn der Rektor des Seminars Hermogen einsperren, weil er verbotene Bücher gelesen hatte, unter anderem Charles Letourneaus Die literarische Entwicklung der Nationen und Victor Hugos Die Arbeiter des Meeres und 1793.
1897 wurde Dschughaschwili mit 18 Jahren in die erste sozialistische Organisation Georgiens aufgenommen, die Messame-Dassi-Gruppe. Im folgenden Jahr leitete Stalin einen Studienzirkel für Arbeiter. Zu dieser Zeit las er schon Werke von Plechanow und die ersten Schriften Lenins. 1898 trat er offiziell in die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands (SDAPR) ein. 1899 wurde er aus dem Priesterseminar ausgeschlossen, weil er aufgrund dieser politischen Tätigkeiten bei mehreren wichtigen Prüfungen gefehlt hatte. Trotzdem erhielt er in seinem Abgangszeugnis die Note "sehr gut" für sein Betragen. Statt Priester wurde Stalin Berufsrevolutionär.
Die Staatsdoktrin der Sowjetunion war atheistisch. Die Ausübung von Religionen war zeitweise verboten oder unterlag umfangreichen staatlichen Einschränkungen, so gab es z. B. Gesetze gegen das öffentliche Singen religiöser Lieder. Schon unter Lenin wurde formalrechtlich freie Religionsausübung gewährt, dabei aber die Kirchen enteignet. Sie galten als Vertreter der alten Ordnung und ihre Anhänger als Konterrevolutionäre gesehen. In der Folge kam es zu Massenhinrichtungen von Priestern der Russisch-Orthodoxen Kirche. Unter Josef Stalin wurden tausende Priester in Arbeitslager (Gulag) deportiert. Ebenso wurden in Zentralasiatischen Republiken, wo mehrheitlich Muslime lebten, die meisten Moscheen geschlossen und die Religionsausübung ebenfalls verboten. Während des Zweiten Weltkrieges wurde die strenge staatliche antireligiöse Haltung etwas gelockert. Einige Bischöfe und Priester wurden aus der Haft entlassen. Es wurden einige geistliche Hochschulen sowie Kirchen und Klöster wieder zugelassen. Nach der Machtübernahme von Nikita Chruschtschow wurde eine neue Welle des antireligiösen Kampfes ausgelöst.

Für diese und andere Despoten wurde allerlei Blut vergossen. Regime haben Gewalt angewendet. Und ja, die Verneinung der Gottexistenz ist die Gemeinsamkeit aller Atheisten. Es ist sogar der Grund der Benennung dieser Gruppe. Aber das ist das einzige. Nirgendwo gibt es gemeinsame heilige Bücher oder Glaubenssätze. Theologisch gesehen hat ein Zeuge Jehovas mehr mit einem islamischen Fundamentalisten zu tun, als ich mit einem Stalinisten. Die Kreuzfahrer und die Iquisitionen bestanden aus lauter Gläubigen. Ebenso Mohammeds Truppen, die die arabische Welt eroberten. Dennoch werfe ich diese Gruppen nicht in einen Topf.
Kann man überhaupt aus der Nichtexistenz eines übergeordneten Wesens einen Heilsplan entwickeln? Das Wort Atheist sagt nicht, was ich glaube, was ich denke, nach welchem moralischen Codex ich lebe, welche Dinge ich gut und welche ich schlecht finde. Es sagt nur eines aus, dass ich an eine Sache nicht glaube: an Gott.
Mir kann man den Holocaust und die stalinistischen Säuberungen genauso wenig anhängen, wie einem Bibelkreis irgendwelche Gräuel im vorderen Orient.

Das vergisst man allzu oft.

Was ist die Essenz dieses Textes?`
Dieter Nuhr ist nicht mein Gott.
Der Kongress 2014 und die Kongresse danach berühren mich nicht.
Ich bin weder Hitler, noch Stalin. Sondern einfach nur Atheist.

#1 - R. C. Byrd: Positive therapeutic effects of intercessory prayer in a coronary care unit population; in: South Med J. 81/7 (1988), S. 826–829; PMID 3393937.

#2 - M. W. Krucoff u. a.: Integrative noetic therapies as adjuncts to percutaneous intervention during unstable coronary syndromes: Monitoring and Actualization of Noetic Training (MANTRA) feasibility pilot; in: Am Heart J. 142/5 (2001), S. 760–769; PMID 11685160.

#3 - M. W. Krucoff u. a.: Music, imagery, touch, and prayer as adjuncts to interventional cardiac care: the Monitoring and Actualisation of Noetic Trainings (MANTRA) II randomised study; in: The Lancet 366/9481 (2005), S. 211–217; PMID 16023511.

#4 - K. S. Masters, G. I. Spielmans: Prayer and health: review, meta-analysis, and research agenda; in: J Behav Med. 30 (2007), S. 329–338. PMID 17487575.

#5 - K. S. Masters u. a.: Are there demonstrable effects of distant intercessory prayer? A meta-analytic review; in: Ann Behav Med 32 (2006), S. 21–26; PMID 16827626.

#6 - H. Benson u. a.: Study of the Therapeutic Effects of Intercessory Prayer (STEP) in cardiac bypass patients: a multicenter randomized trial of uncertainty and certainty of receiving intercessory prayer; in: Am Heart J 151, S. 934–942; PMID 16569567.
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"If the biggest problem that you're having in the twenty-first century involves
what other people's genitals look like, and what they're doing with those genitals
in the presence of other consenting adults, you may need to reevaluate your
priorities." - Forrest Valkai


("Wenn das größte Problem, das du im 21. Jahrhundert hast, darin besteht, wie
anderer Leute Genitalien aussehen und was diese damit in Gegenwart anderer
Erwachsener mit deren Einverständnis machen, musst du möglicherweise deine
Prioritäten neu bewerten.")

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