Evolution oder Schöpfung




Religion, Esoterik, Verschörungstheorien und andere Dinge.

Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Do 11. Feb 2021, 23:13

Video: Warum lebst du? - Energie & Entropie | Dinge erklärt - Kurzgesagt (10:10min)

Passend dazu ein neues Video vom funk-Mitglied Kurz gesagt.


https://m.youtube.com/watch?v=ukj00RbvZaQ

Veröffentlicht am 31.01.2021

Genau JETZT wandelst du auf einem schmalen Grat zwischen Leben und Tod. Du merkst es gar nicht, aber in deinem Körper geht’s ganz schön ab. Und diese ständige Aktivität darf keine Sekunde stillstehen.
Du kannst dir das vorstellen wie eine Treppenläuferspirale auf einer aufwärts fahrenden Rolltreppe. Die Spirale repräsentiert die Selbsterneuerung deiner Zellen, die Rolltreppe die Gesetze der Physik, die an deinem Körper nagen. Am Leben zu sein bedeutet, ständig in Bewegung zu sein, aber nirgends anzukommen. Erreichst du das Ende der Rolltreppe, geht’s nicht mehr weiter und du bist für immer und ewig tot.
Das ist irgendwie unheimlich. Wie kannst du dem entgehen, und wieso lebst du überhaupt?
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"If the biggest problem that you're having in the twenty-first century involves
what other people's genitals look like, and what they're doing with those genitals
in the presence of other consenting adults, you may need to reevaluate your
priorities." - Forrest Valkai


("Wenn das größte Problem, das du im 21. Jahrhundert hast, darin besteht, wie
anderer Leute Genitalien aussehen und was diese damit in Gegenwart anderer
Erwachsener mit deren Einverständnis machen, musst du möglicherweise deine
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von Anzeige » Do 11. Feb 2021, 23:13

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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » So 14. Feb 2021, 01:35

Video: Was kam vor der Geschichte? Der Ursprung der Menschheit | Dinge erklärt - Kurzgesagt


https://m.youtube.com/watch?v=M2PYkZ2Y_Ls

Am 11.01.2018 veröffentlicht

Menschen. Es gibt uns schon eine ganze Weile. Wenn wir an unsere Vergangenheit denken, sehen wir antike Weltreiche, die Pyramiden, solche Sachen. Aber das ist nur ein winziger Teil unserer Geschichte.
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Mi 17. Feb 2021, 15:09

Lassen wir außer Acht ... (Teil 1)

Dieser Text ist dem aufmerksamen Leser nicht ganz neu. Erstmals erschienen ist er im Dezember 2017 und seitdem habe ich ihn immer wieder gesucht und nach einiger Zeit gefunden. Warum? Nun, er ist lediglich eine Fußnote des Artikels Grundlagen: Gottesbeweise - Teil 1: Die klassischen Gottesbeweise.
Passenderweise möchte man sagen, denn der zu Grunde liegende Bibeltext aus dem Paulusbrief an die Hebräer "Denn jedes Haus wird von jemand erbaut; der aber alles erbaut hat, ist Gott." (Kapitel 3, Vers 4) reiht sich ein in die Argumentationsweise der klassischen Gottesbeweise. In diesem Fall dem kosmologischen Gottesbeweis, der aus der Existenz des Geschaffenen auf einen Erschaffer schließt. Dabei wird die unbewiesene Behauptung "Gott existiert!" durch die ebenfalls unbewiesene Behauptung "Das Universum wurde geschaffen!" gestützt.
Und weil ich diesen Text schon häufiger gesucht und ihn schon ein- oder zweimal verlinkt habe, dachte ich mir, es wäre sicher klug, ihn noch einmal separat aufzuarbeiten und zu veröffentlichen.

Der Bibelvers blieb mir nicht erst seit diesem denkwürdigen Tag im Kopf. Ich kannte ihn schon vorher und fand ihn schon immer argumentativ schwach. Aber an jenem Tag wurde mir diese Schwachheit auf einem völlig neuen Level bewusst.

Es trug sich so zu:
Mein damaliger Bibellehrer hatte mit mir das Buch "Was lehrt die Bibel wirklich" (Link hier: https://wol.jw.org/de/wol/publication/r10/lp-x/bh (Herausgegeben von der Wachtturm-Gesellschaft, seit 2005)) studiert. Denn anhand der Literatur der Wachtturm-Gesellschaft wird die Bibel systematisch, nach Themen gegliedert, betrachtet. In oben genanntem Buch geht es um die Grundlehren: Warum gibt es Leid auf Erden? Wer ist Gott? Warum gab Jesus sein Leben für uns? Was ist Gottes Königreich? Wie kann ich persönlich ein gutes Verhältnis zu Gott haben? Die letzten Kapitel führen unweigerlich zur Frage um Hingabe an Gott und die Taufe als öffentliches Zeichen, dass man nun der "wahren Religion" angehört. Außer man zieht für sich selbst die Notbremse und bricht das Studium ab. Die Situation überblickt man zu dem Zeitpunkt eh nicht und schon gar nicht, kann man in diesem frühen Stadium der "Ausbildung" darüber befinden, ob das jetzt alles stimmt oder nicht, was einem da beigebracht wird.

Es folgt nach dem Buch üblicherweise die Taufe und das zweite Buch "Bewahrt euch in Gottes Liebe" (Link hier: https://wol.jw.org/de/wol/publication/r10/lp-x/lv (Herausgegeben von der Wachtturm-Gesellschaft, ab 2008)). So weit war ich noch nicht, fand mein Bibellehrer und er hatte recht. Ich habe die mir vorgelegten Konzepte inhaltlich und logisch verstanden, aber es ist nicht... äh... ich sag mal... "in mein Herz gedrungen", wie man im Zeugen-Jargon sagt. Also hat er andere Ansätze versucht. Ein Anlauf war, mir zu erklären, wie ich mir Gott vorstellen könnte, wenn mir das Beten zu etwas Abstraktem wie einem Geistwesen nicht möglich sei. Ehrlich gesagt, war blühende Fantasie noch nie mein Problem. Sprechende, brennende Dornenbüsche, geteiltes Wasser, Feuersäulen oder ein himmlischer Wagen mit vier gekreuzten Rädern, die Augen dran haben, hätten auch mir einfallen können.
Ein weiterer Anlauf war, mir aufgrund der Broschüre "Das Leben - Reiner Zufall?" (Link hier: https://wol.jw.org/de/wol/library/r10/lp-x/alle-publikationen/brosch%C3%BCren/leben-reiner-zufall-lc) den Glauben an einen Schöpfer und die Schöpfung nahezubringen. Die Broschüre richtet sich an Laien und mein Bibellehrer war auf dem Gebiet nicht genug bewandert, um auf weiter gehende Fragen zu antworten. Irgendwann natürlich wurde auch der Kreisaufseher eingeladen. Kurzer Abriss zur Hierarchie:
  • Ein Interessierter studiert mit Zeugen eine Wachtturm-Publikation und/oder besucht regelmäßig die Gottesdienste.
  • Ein ungetaufter Verkündiger geht zudem in den Predigtdienst.
  • Ein getaufter Verkündiger hat sich für die "irdische Organisation Gottes" taufen lassen und an diese zwangsweise gebunden.
  • Hilfpioniere, Pioniere, Sonderpioniere und Missionare sind getaufte Verkündiger, die sich zeitweise oder dauerhaft ein Stundenziel für das Missionieren setzen und auch in den Gottesdiensten als solche bekanntgegeben werden. Es gibt keine Sanktionen bei Nichterfüllung.
  • Dienstamtgehilfen sind sowas wie Messdiener und arbeiten den Ältesten zu, übernehmen die Technik, den Mikrofondienst für das Kommentaregeben, leiten Predigdiensttreffpunkte oder übernehmen Leseaufgaben.
  • Älteste sind sowas wie die Priester der örtlichen Versammlung (Gemeinde), halten die Predigt, auch wenn sie es Vortrag nennen, und sind für seelischen und geistigen Beistand für einen Teil der jeweiligen Gemeindemitglieder zuständig, sowie für den Kontakt zum Zweigbüro (in Deutschland ist das Selters im Taunus).
  • Kreisaufseher sind Älteste, die innerhalb eines Kreises (zweitkleinste Verwaltungseinheit bei den Zeugen) die zugeordneten Gemeinden regelmäßig besuchen. Sie wechseln alle 3 Jahre den Kreis und sind dann für andere Gemeinden zuständig.
  • Über ihnen stehen noch Zweig- und Zonenaufseher, sowie die leitende Körperschaft. Das sind die 7-8 Männer, die entscheiden, was die Lehre beinhaltet und was nicht. Sie wähnen sich vom Heiligen Geist geleitet.
Nur zur Info für euch. Mein ranghöchster Besucher waren bisher Kreisaufseher. Drei mitlerweile. Der erste hörte sich meine Einwände an, warum ich zum Beispiel nicht davon ausgehe, dass der rote Faden der Königreichsbotschaft in der Bibel von den 42 von den Zeugen angenommenen Schreibern automatisch auf Gott schließen lässt. Der zweite warf obigen Bibeltext ein und führte fast einen Monolog. Mitlerweile gebe ich keine Paroli mehr, weil die geübte Rhetoriker sind. Es wäre Zeit- und Kraftverschwendung. Der dritte Kreisaufseher hat mir zur Taufe gratuliert. Mir ist bis heute nicht zum feiern zu Mute. Er fragte mich vor Kurzem, wie ich mich dabei fühle, endlich zu "unserem Gott" zu sprechen. Denn seiner Auffassung nach kann ich zwar zu "meinem Gott Jehova" beten. Aber erst durch die Taufe und die Aufnahme in die "weltweite Bruderschaft" teile ich mir mein Verhältnis zu Gott mit all den anderen "wahren Anbetern". Ich konnte nicht drauf antworten, denn wenn ich bete, ist da nichts, was ich fühle.

Gehen wir also zurück zum zweiten Kreisaufseher:

Hebräer 3:4: "Denn jedes Haus wird von jemand erbaut; der aber alles erbaut hat, ist Gott." (Elberfelder Bibel)

Anhand dieses Bibeltextes erklärte er mir, man müsse sich nur noch entscheiden. Denn: Egal, ob man an die Evolution oder an einen Schöpfer glaubt, alles läuft auf diesen Vers hinaus. Ich blieb stumm. Er erzählte über eine Begebenheit an der Tür. Irgendein Wohnungsinhaber habe irgendeine Formel verwendet und der Predigtdienstpartner habe ihn korrigiert. Aber es gehe ja nicht darum, jemanden mit Wissen an die Wand zu spielen, sondern Menschen für "die Wahrheit" zu gewinnen.
Er sprach über die Mausefalle, die nicht mehr reduzierbar sei, ohne in ihrer Funktion beeinträchtigt zu sein oder gar nicht mehr zu funktionieren. Und wenn so etwas einfaches, wie eine Mausefalle schon konstruiert ist, wäre es nicht logisch, wenn man die Entstehung des deutlich komplexeren Lebens dem Zufall zuschreibt.
Er erklärte mir auch, dass es sich bei der Evolution ja um keine Theorie im wissenschaftlichen Sinne handelt, ja nicht einmal um eine Hypothese. Dabei zitierte er seinen eigenen Kongressvortrag 2-3 Monate zuvor.
Die Mikroevolution sei zwar belegt, aber sie beweise nicht, dass es eine Makroevolution gibt.
Auch äußerte er sich dazu, dass es ja die wissenschaftliche Richtung des "Intelligent Design" gebe. Jene Wissenschaftler gebrauchen aber das Wort Designer an Stelle von Gott, um nicht gesellschaftlich ausgegrenzt zu werden und um ihre wissenschaftliche Reputation fürchten zu müssen.

Klingt eigentlich nach einer gelungenen Runde Kreationisten-Bingo:

Aber wir bekommen leider keine Reihe voll.

Vermutlich ist es so, wie im Artikel "Bleib auf dem Weg der Wahrheit" ein Artikel, der im sonntäglichen Wachtturm-Studium in den Gemeinden gemeinsam betrachtet wird (Link hier: https://www.jw.org/de/bibliothek/zeitschriften/wachtturm-studienausgabe-juli-2020/Bleib-auf-dem-Weg-der-Wahrheit/). Johannes, der letzte lebende Apostel machte sich Sorgen um den Einfluss von Irrlehren (Absatz 3). Die Wahrheit findet sich vollkommen zurecht nur in der Bibel. Absatz 7 stellt klar, dass es nur Wahrheit oder Unmoral gibt. Denn wie wir wissen, ist jeder, der nicht täglich in die Bibel schaut und betet, ein notorischer Fremdgeher, Vergewaltiger, Homosexueller, Mörder, Dieb und Glücksspieler. Adäquate Hilfe gibt es nur in den Wachtturm-Publikationen und bei den Ältesten der jeweiligen Versammlung. Zu den Irrlehren gehören natürlich nicht nur Gerüchte und böses Gerede von Abtrünnigen, also jenen, die mal Zeugen waren, jetzt aber nur noch verbale Angriffe auf die Zeugen machen, um die "im System Gefangenen" zu befreien oder schlecht zu reden. Ich weiß, dass ich wirke, als sei ich einer von ihnen, und wenn ich dies verneine, ändert es nichts an diesem Eindruck. Mir geht es aber nicht darum, mich irgendeiner Splittergruppe anzuschließen oder die wirklich wahre Religion herauszukehren. Denn so etwas gibt es meines Erachtens nicht.
Im Absatz 6 kommt Alexia (Name mutmaßlich geändert) zu Wort, die durch "menschliche Überlegungen wie die Evolutionstheorie oder philosophisches Gedankengut durcheinander" gebracht wurde. Aber sie wollte sich das nicht alles anhören, "ohne Jehova zu Wort kommen zu lassen". Also studierte sie das Buch "Das Leben - Wie ist es entstanden? Durch Evolution oder durch Schöpfung?" Das Buch wurde erstmals 1982 aufgelegt und herausgegeben von der Wachtturm-Gesellschaft. Ich habe es auch studiert und mit einer Liste inhaltlicher und fachlicher Fehler bis zu einem gewissen Punkt online gestellt. Eine erneute Aufarbeitung ist in Arbeit. Ich verwende dafür dann aber die Online-Version mit der Auflage von 1996. Das Buch war der Grund für diesen Thread und den gleichnamigen Thread im alten Forum von foren-city, das es nicht mehr gibt. Aber ich lehne mich mal ganz weit aus dem Fenster und behaupte, dass auch Alexia nur den schwammig präsentierten Schulstoff vorliegen hatte, der ihr durch das religiöse Elternhaus sowieso schon suspekt erscheinen muss, ob die "Irrlehre" nun zusagt oder nicht. Es hängt viel von der Vorbildung ab, ob man etwas annimmt oder ablehnt oder es zumindest kritisch hinterfragt. Das ändert natürlich nichts an der Wirklichkeit und an den wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Ich gab dem Kreisaufseher damals kein Kontra, aber im folgenden Beitrag arbeite ich seine Aussagen auf.
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Mo 22. Feb 2021, 10:06

Lassen wir außer Acht ... (Teil 2)

Lassen wir mal außer Acht,...
... dass der Bibelvers so seine Tücken hat. Denn ich kann nicht von jeder schiefen Hundehütte, auf den Erschaffer des Universums schließen, ja nicht einmal darauf, dass das Universum erschaffen wurde. Es ist das Argument der Uhrmacher-Analogie. Ich finde eine Uhr am Straßenrand und schließe daraus, dass sie jemand verloren hat und irgendwer sie gebaut hat. Sie ist nicht einfach so entstanden. Genauso wie Waldhütten. Ich gehe nicht davon aus, dass durch einen Sturm umgerissene Bäume diese gebildet haben. Auch Bücher oder auch nur ein einzelnes bedrucktes Blatt entsteht nicht dadurch, dass die Druckerei explodiert. Das ist alles logisch und nachvollziehbar, nur kann man davon eben nicht auf die Komplexität des Lebens schließen. Richard Dawkins nannte es "statistische Unwahrscheinlichkeit in kolossalem Maßstab". Was macht den Unterschied?
Der Erbauer des Hauses, um beim Bibeltext zu bleiben, kann in der Regel einfach bestimmt werden und er hatte einen Plan im Kopf. Der "Erschaffer" von z.B. Hämoglobin ist blind. Die Evolution hat kein Ziel und keinen Plan, aber Zufall ist es nunmal auch nicht. Zwar sind die Mutationen im Genmaterial zufällig, nicht zufällig aber sind die Kriterien, nach denen entschieden wird, welche Individuen ihr Genmaterial weitergeben können. Sie heißen: Überlebensvorteil und Reproduktionsvorteil.
Noch in einem weiteren Punkt hinkt der Vergleich von Haus und Leben. Leben spielt sich nach bestimmten Regeln ab:
  • Energie- und Stoffwechsel und damit Wechselwirkung mit ihrer Umwelt.
  • Organisiertheit und Selbstregulation (Homöostase).
  • Reiz, das heißt sie sind fähig, auf chemische oder physikalische Änderungen in ihrer Umwelt zu reagieren.
  • Fortpflanzung, das heißt, sie sind zur Reproduktion fähig.
  • Vererbung, das heißt, sie können Informationen (Erbgut) an ihre Nachkommen übermitteln.
  • Wachstum und damit die Fähigkeit zur Entwicklung.
Das alles trifft auf unbelebte Dinge nicht zu. Sie wechselwirken nicht, reagieren nicht auf Reize, organisieren und regulieren sich nicht selbst, pflanzen sich nicht fort, vererben nichts und wachsen nicht. Sie sind allein dem Zerfall verpflichtet.


Klassische Mausefalle aus Holz (mehr über Mausfallen hier: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Mausefalle). Man kann damit aber nicht alle Mäuse fangen: http://www.amazon.de/dp/B01DZX2WUE/

Lassen wir mal außer Acht...
... dass Häuser, Uhren, Mausefallen,... durch die Prägung und Bildung des Betrachters als erschaffen erkannt werden. Der Betrachter hat ein Vorwissen, dass es ihm erlaubt, zu sagen, dass diese Dinge gemacht wurden. Das Erkennen von Ordnung und Komplexität ist dafür nicht ausschlaggebend. Ein solches Vorwissen haben wir bei Dingen aus der Natur nicht, bzw. nie vollständig.
Kreationisten werden einwenden, dass bei der Suche nach Signalen von Außerirdischen (zum Beispiel durch das SETI-Programm) auch kein Erfahrungswissen vorliegt, sondern nach auffälligen Mustern gesucht wird. Der Astronom Seth Shostak vom SETI-Institut wiederum weist diesen Vergleich als fehlerhaft zurück. Komplexe Muster allein würden noch nicht Intelligenz nachweisen. Wesley R. Elsberry betont, dass SETI nur Signale detektieren würde, welche bestimmte Eigenschaften der menschlichen Kommunikation aufweisen, so wie sie auf Grund der Erfahrung mit menschlicher Kommunikation festgestellt wurden. Unter anderem zum Beispiel die Benutzung von elektromagnetischen Signalen im Radiowellenlängenbereich und bestimmte Arten der Codierung. Auch beansprucht SETI explizit nicht, unspezifische Intelligenz nachweisen zu können. Nur solche Signale von intelligenten Wesen, welche hinreichend ähnlich zur menschlichen Intelligenz sind, so dass unsere Erfahrung mit letzterer auch auf diese intelligenten Wesen zutrifft, können mit SETI nachgewiesen werden. Ergo wird wieder Vorwissen über die Entstehung von Signalen vorausgesetzt.
Man kann aus bestimmten Merkmalen eines Bildes oder dergleichen erkennen, ob dieses Kunstwerk von diesem oder jenem Künstler stammt, ob es eine Fälschung ist oder echt. Warum geht das? Weil man vergleichen kann mit anderen Werken, die diesem Künstler sicher zugeordnet werden können. Wenn ich Gott nun das "perfekt designte Auge" (... 040, 01.04.2018: Perfektion? - Aus Fehlern wird man klug! - Das menschliche Auge und EHEC im Lichte der Evolutionsforschung und was beta-globin über Artverwandtschaften verrät) zuschreibe und man dessen Merkmale mit Merkmalen anderer Dinge vergleichen möchte, die Gott sicher zugeordnet werden können... Welche Dinge sollen das sein? Wir müssen die unbegründete Vorannahme aufstellen, dass irgendwas um uns herum von ihm ganz sicher geschaffen wurde, um die anderen Dinge damit zu vergleichen und ihm zuschreiben zu können.

Lassen wir mal außer Acht,...
... dass Komplexität nicht automatisch einen komplexen Designer, sondern grundsätzlich nur die Unberechenbarkeit der Vorhersage bedeutet. Die Mausefalle ist weder sonderlich komplex, noch die einzige Lösung eine Maus zu fangen (siehe oben verlinkter Mausefallen-Eintrag bei Wikipedia) oder die Bauteile zusammen zusetzen (Käseschleuder geht auch) und spricht als Beispiel für Multifunktionalität, eine Möglichkeit zur Steigerung von Selektionsvorteilen.
Irreduzierbare Komplexität ist eines der vielen nicht zwangsläufig zusammenpassenden Konzepte des Intelligent Design. Nichtreduzierbares ist dann nichtreduzierbar, wenn durch die Reduktion ein System entsteht, dass nicht mehr funktionsfähig ist. Dieses System müsste demnach auf einen Schlag funktionstüchtig geschaffen worden sein. Ähnliche Einwände hatte selbst Darwin gegen seine eigene Theorie vorgebracht, als er im sechsten Kapitel, Schwierigkeiten der Theorie, seines Buches Die Entstehung der Arten auf die potentielle Verständnisschwierigkeit beim geneigten Leser aufmerksam machte.
"Ließe sich irgend ein zusammengesetztes Organ nachweisen, dessen Vollendung nicht möglicherweise durch zahlreiche kleine aufeinanderfolgende Modifikationen hätte erfolgen können, so müßte meine Theorie unbedingt zusammenbrechen. Ich vermag jedoch keinen solchen Fall aufzufinden."
- Charles Darwin

Das trifft aber nur zu, wenn man von einem direkten Weg ausgeht. Merkmale können aber auch auf einem Nebenweg durch andere Merkmale zur Funktionsreife gelangen. Ein gutes Beispiel sind Federn, die sich aus der Reptilienschuppe entwickelt haben. Sie sind nicht von Anfang an zum Fliegen "gedacht" gewesen, sondern als Wärmeisolator. Zu diesem Zweck nutzen wir sie noch heute in der Bettwäsche oder der Winterjacke. Und dafür reicht jede Mutation, die eine Auffächerung der Verästelung der Schuppe vorantreibt. Die Verbesserung von Flugeigenschaften ist dabei irrelevant. Zumal Flugsaurier, Fledermäuse und Flughörnchen ja sogar zeigen, dass Federn dafür nicht essentiell sind. Aber auch darüber schrieb ich schon (... 023, 29.12.2017: Was ist nicht reduzierbare Komplexität?).

Lassen wir mal außer Acht...
... dass Evolution nicht mit blindem Zufall gleichzusetzen ist. Sie folgt den Regeln der Mutation, Selektion, Adaption und Variation. Aus einer Katze wird nicht plötzlich ein Elefant. Wir sind ja nicht bei Pokemon.
Das Moment des Zufalls wird aufgrund nie vollständiger Datenlage nie komplett verschwinden. Der Zufall hat in der Evolution keine wesentlich andere Bedeutung als in jedem anderen Bereich der Wissenschaft. Selbst die Hiroshima-Bombe hatte keine exakt "design"-te Sprengkraft, sondern hätte bei einer zufällig anderen Verteilung der Hintergrund-Radioaktivität VOR ihrer Zündung ebenso gut auch 10% mehr oder weniger Sprengkraft haben können. Aber hätte das einen entscheidenden Unterschied für ihre Bedeutung gemacht?
Asiatische Mandelaugen hätte die Evolution nicht zwingend hervorbringen müssen, andererseits aber könnten ebenso gut auch wir alle - zufällig - solche Augen haben. Das ist die Kategorie Zufall in der Evolution. Aber dass unsere Augen ziemlich weit oben am Kopf sitzen und nicht etwa an den Knien, das ist kein Zufall, sondern gerade in der Evolutionstheorie zwingend. Im Gegensatz zum Kreationismus, denn einem Gott stünde es natürlich frei, die Augen an den Knien anzubringen.

Lassen wir mal außer Acht...
... dass Konstruktionen nicht automatisch auf eine hohe Intelligenz schließen lassen, ja noch nicht einmal auf ein Gehirn im klassischen Sinne. Denken wir dabei doch an wunderschöne Perlen, deren Perlmut im Grunde nur eine Abwehrummantelung für Dreck in einer ansonsten strunzdummen Muschel ist. Die kalkhaltige Muschel- oder Austernschale ist ebenfalls "designed", ebenso das Schneckenhaus. Alle 3 Arten haben gar kein zentrales Denkzentrum. Spinnennetze Zeugen von großer Kunstfertigkeit, Festigkeit, Leichtigkeit und Effizienz. Aber die Erbauer haben ein Hirn, dass nicht einmal so groß wie ein Stecknadelkopf ist. An Differentialgleichungen und Dichtkunst ist dabei ebensowenig zu denken, wie an Steuerrecht. Wie definieren wir also "intelligentes Design"? Was ist diese Intelligenz und ab wann wird sie gezählt?


Bill Nye: "Wir verstehen es aktuell nicht ... -> Daher: Wir werden damit fortfahren Wissen und
Beweise in überprüfbaren Erklärungen und Vorhersagen über das Universum zu sammeln und zu organisieren,
überprüfbare Erklärungen und Vorhersagen, so dass wir es eines Tages verstehen könnten."
Ken Ham: "Ich weiß es nicht ... -> Daher: Genesis."

Lassen wir mal außer Acht...
... dass auch in der Evolutionforschung nicht anders vorgegangen wird, wie in anderen wissenschaftlichen Disziplinen. Mit jedem neuen Experiment, mit jeder neuen Studie, mit jeder neuen Überlegung, mit jeder neuen Hypothese zu irgendeinem Detail wird immer auch das gesamte Theoriengebäude auf den Prüfstand gesetzt.
Es ist seltsam, dass in der Regel Fachfremde die Evolutionstheorie als unwissenschaftlich hinstellen. Was ist denn eine Theorie im wissenschaftlichen Sinne? Was ist denn eine Hypothese im wissenschaftlichen Sinne?
Eine Theorie ist im Allgemeinen eine durch Denken gewonnene Erkenntnis. Ihr entgegen steht die Praxis deren Erkenntnisgewinn in der Erfahrung liegt. In der Wissenschaft bezeichnet Theorie abweichend ein System wissenschaftlich begründeter Aussagen, das dazu dient, Ausschnitte der Realität und die zugrundeliegenden Gesetzmäßigkeiten zu erklären und Prognosen über die Zukunft zu erstellen. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird das Wort aber mit einer unbewiesen Behauptung gleichgesetzt.
Eine Hypothese wiederum ist spätestens seit Newton eine Annahme, die als logische Aussage formuliert sein muss, deren Gültigkeit aber bisher nicht bestätigt beziehungsweise verifiziert ist. Aber sie ist geeignet, Erscheinungen zu erklären. Hypothesen müssen anhand ihrer Folgerungen überprüfbar sein. Je nach Ergebnis ist sie danach bestätigt oder widerlegt. Wichtig ist es auch, bei der Formulierung einer Hypothese, die Bedingungen anzugeben, unter denen sie gültig sein soll.
Und betrachtet man diese, mit dem Brockhaus übereinstimmende Definition, so ist die Evolutionstheorie in der Tat eine wissenschaftliche Theorie. Ich habe dazu schon einmal eine 5-teilige Artikelserie verfasst, in denen Teil 2-4 die Brockhaus-Definition für eine wissenschaftliche Theorie anhand aktueller Forschung aufgezeigt wurde:
... 048, 27.09.2018: Rezension: Die DNA: Bibliothek des Lebens - Teil 1: Vorhersagen in geschichtlicher Forschung (2013)
... 049, 01.10.2018: Rezension: Die DNA: Bibliothek des Lebens - Teil 2: Experimentelle Evolutionsforschung - Richard Lenski und das E.Coli-Langzeitexperiment (2013)
... 050, 04.10.2018: Rezension: Die DNA: Bibliothek des Lebens - Teil 3: Sichtbare Evolution (2013)
... 051, 13.10.2018: Rezension: Die DNA: Bibliothek des Lebens - Teil 4: Mögliche Entwicklung und Vorläufer der DNA (2013)
Die Evolutionstheorie macht prinzipiell überprüfbare Aussagen, auch wenn diese sicherlich mitunter schwer oder kaum prüfbar erscheinen. Die Evolutionstheorie beschreibt Vorgänge, die man beobachten kann, live und im Fossilbericht. Die Evolutionstheorie macht Vorhersagen. Bei geschichtlichen Wissenschaften bedeutet das aber nicht automatisch, dass es sich um Zukunftsprognosen handeln muss. Es kann auch bedeuten: Wenn wir in dieser oder jener Gesteinsschicht buddeln, dann finden wir den gemeinsamen Vorfahren von soundso. Ähnlich läuft es in der Physik ja auch. Sie beschreibt keine Vorgänge, die noch nie waren, sondern sagt zum Beispiel aus, wenn wir da soundsoviel Strom reinstecken, dann passiert, dasunddas. Auch sie beschreibt Vorgänge, die ständig um uns herum stattfinden. Evolution erlaubt aber auch, wenn auch nur vage Blicke in die Zukunft. Wie differenzieren sich Arten, wenn sich ihr Lebensraum, zum Beispiel durch den menschgemachten Klimawandel, ändert? Welchen Einfluss hat der Kontinentaldrift? Welche Veränderungen sind bei bestimmten Lebewesen absehbar? Dabei ist natürlich zu beachten, dass Lebewesen viel stärker mit ihrer Umgebung wechselwirken, als unbelebte Dinge und von daher die zu beachtenden Parameter unglaublich komplex, ja vermutlich nicht überschaubar sind. Das macht Vorhersagen schwierig. Das ist beim Wetter ja kaum anders, aber dennoch deutlich weniger komplex.
Die Art und Weise, wie er diese Begriffe fast inflationär gebrauchte, zeigte mir jedoch, dass er sich weder mit der Thematik Evolution, noch mit den Begriffen Theorie und Hypothese ausreichend auseinander gesetzt hat. Er wiederholte im Grunde nur seine eigenen Worte aus einem Kongressvortrag ein paar Wochen zuvor. Vermutlich war der Satz auch in der Vorlage, also der vorzutragenden Disposition enthalten, ein Skript direkt von der Leitenden Körperschaft aus Brooklyn.

Wie habe ich denn auf die restlichen Punkte reagiert? Das ist tatsächlich zu viel,um.es in einem Rutsch zu veröffentlichen. Daher gibt es demnächst Teil 3.
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » So 28. Feb 2021, 00:54

Lassen wir außer Acht ... (Teil 3)

Lassen wir auch außer Acht...
... dass nach der Definition über Wissenschaftlichkeit von Theorien und Hypothesen nur "Pseudowissenschaft" gegen "Pseudowissenschaft" übrig bleibt. Unbewiesenes gegen Unbewiesenes. Denn Obacht: Der Kreationismus ist perse unwissenschaftlich. Er ist prinzipiell nicht überprüfbar. Warum?
Sobald man ein göttliches, heißt magisches Wesen annimmt, dass außerhalb der Grenzen von Zeit und Raum existiert, kann es mit den wissenschaftlichen Methoden nicht erfasst werden. Die Physik, Mathematik und Logik, die fundamentalsten Wissenschaften, die es gibt, beschreiben allesamt Vorgänge und Ereignisse innerhalb von Raum und Zeit. Chemie, Biologie, Geologie und wie sie alle heißen, greifen auf diese physikalischen und mathematischen Prozesse zurück. Übernatürliches lässt sich nicht naturwissenschaftlich fassen. Wenn aber dennoch jemand behauptet, es gäbe Gott und er habe seine Hilfe schon selbst verspürt, so muss er beweisen, dass er keiner selbstauferlegten Prophezeiung oder reinem Wunschdenken erliegt. Er muss nichts weniger tun, als die Grenzen empirischer Erfassbarkeit sprengen.
Alle biologischen Prozesse sind im Grunde chemische Prozesse. Viele geologische Prozesse übrigens auch. Jeder chemische Prozess ist eine Reaktion auf die fehlenden Elektronen in der äußeren Elektronenhülle. Jeder geologische Prozess ist gleichwohl dem Wirken von Gravitation und Elektromagnetismus geschuldet. Das heißt, alles läuft auf physikalische Prozesse hinaus. Jede Ebene hat lediglich ihre Betrachtungsweise, die bestimmte tieferliegende Prozesse zusammenfasst. Das Wachstum einer Pflanze ist nichts weiter als das Aneinanderreihen von chemischen Abläufen und im Grunde nur der Aufbau von Atomen in einer bestimmten Bauweise. Und alles in diesem Theoriengebäude lässt sich mathematisch beschreiben.
Ein omnipotentes, omnipräsentes Wesen, wie Gott es ja sein soll, sollte also zuallerst mathematisch beschreibbar sein, logisch erfassbar. Genau so grenzt man Wissenschaft von der bösen Schwester Pseudowissenschaft ab. Gott ist eine Hypothese mit mittelmäßigem Erklärungswert, aber keinerlei Überprüfbarkeit. Er kann für alles und nichts verantwortlich sein. Es gibt keine Grenzen und es gibt keine genaue Definition, wie er auf die physische, die einzig erlebbare Welt einwirkt und wie man das objektiv wahrnehmen soll.

Lassen wir auch außer Acht...
... dass wissenschaftliche Theorien allenfalls verifiziert bzw. bestätigt werden können, niemals aber bewiesen. Sie sind laut Erkenntnistheorie nie endgültig, weil sie immer nur ein momentanes Erklärungsmodell eines zu beobachtenden Vorgangs sind, basierend auf den vorliegenden Daten. Es kann neue Daten geben, die neue Erkenntnisse hervorbringen und neue Erklärungsmodelle benötigen. Dabei verschwindet in der Regel aber nicht die alte Theorie, denn innerhalb ihres Feldes hat sie ja bis dahin gute Erklärungen geliefert. Sie wird zum Spezialfall der neuen meist größeren Theorie.
Die Evolutionstheorie ist auch nicht aus dem Nichts entstanden, sondern ist das Zusammenführen vieler Ideen, die schon Leute vor Darwin hatten. Und Alfred Wallace Russel brachte sogar fast zeitgleich die gleiche Theorie heraus. Sie hat ihre Ecken und Kanten und vermutlich wird sie auf lange Zeit ein riesiges Puzzle aus vereinbaren Arbeitshypothesen und bestätigten Teilaspekten bleiben, aber sie wird permanent geprüft, komplettiert und umgedacht. Die Evolutionstheorie evolviert quasi.

Lassen wir auch außer Acht...
... dass viele Evolutionsforscher die Begriffe Mikroevolution (Veränderung innerhalb einer "Art") und Makroevolution ("Wandel" einer "Art" in eine andere) ungern nutzen, da sie einen Unterschied suggerieren, wie Evolution auf verschiedenen Ebenen abläuft. Der Artenübergang geschiet nicht sprunghaft. Es handelt sich immer um das Aufsummieren von kleinen Veränderungen. Es gibt keine genaue Grenze, wo eine biologische Art aus einem Vorläufer entsteht. Es ist nicht eins zu eins vergleichbar mit technischem Fortschritt, wo ganz klar gesagt werden kann, wann die ersten Dampfmaschinen zum Einsatz kamen, wann das Automobil aus der Kutsche "hervorgegangen" ist, wann der automatisierte Computer, den Rechenschieber und Abakus ersetzte. Gleichwohl zeigt technischer Fortschritt zuweilen, wie Evolution im Groben funktioniert. James Watt wird die Erfindung der Dampfmaschinen zugeschrieben, was nicht stimmt. Er hat aber ein Ventil entwickelt und weitere Verbesserungen an bestehenden Maschinen vorgenommen, so dass der Wirkungsgrad auf damals phänomenale 3% gesteigert werden konnte. Der Umbau von Vorhandenem und neue Teile an diesem haben die Gesamtfunktion positiv beeinflusst und der so umgerüsteten Maschine einen selektiven Vorteil gegenüber der Konkurrenz verschafft, weshalb sie häufiger gefragt wurde und die anderen Maschinen mit der Zeit verschwanden. Heute nutzen wir permanent weiterentwickelte Dampfmaschinen im Alltag, wovon die Dampflok und im weitesten Sinne das Auto vermutlich die berühmtesten Beispiele sind. Der moderne Sportwagen hat aber nicht mehr viel gemein mit den Dampfmaschinen des ausgehenden 16. Jahrhunderts. Dennoch gehören sie zu einem Stammbaum. Aber auch die Dampfmaschine ist ja nicht einfach so aufgeblobbt, sondern war eine Weiterentwicklung der frühen physikalischen Experimente mit Dampf (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Heronsball) und bereits bestehenden Maschinen, wie Mühlen, Schmieden, Kräne und Pumpen.
Nun hat die Natur keine gelenkte Idee, keine kapitalwirtschaftlichen Zwänge, sehr wohl aber müssen Dinge funktionieren, um zu bestehen. Von daher kann der Vergleich nicht vollständig vollzogen werden. Was wirtschaftlich von Interesse ist (großer Euter bei Kühen + stark gesteigerte Milchproduktion), ist in freier Wildbahn nicht lebensfähig (Kälber ersticken fast beim Trinken aus tiefsitzendem Euter + deutlich gesteigerter Energiebedarf, der durch Grasen nicht mehr gedeckt werden kann).
Nun kommt bei korrekter Betrachtung noch ein anderer Umstand zum Tragen: Eine Spezies besteht im biologischen Sinn nicht aus lauter gleichen Organismen, sondern - zumindest bei Vielzellern - aus lauter individuell verschiedenen Lebewesen, die sich untereinander fortpflanzen können. Schon eine räumliche Trennung zwischen Populationen kann bereits zu einer Auseinanderentwicklung führen. Bekanntes Beispiel sind wohl die Darwin-Finken (die wohl eher Drosseln oder Ammern sind), die Darwin auf den Galapagosinseln gefunden hat und die sich von den Festlandvögeln Südamerikas, wo sie wohl herstammten, unterscheiden.
Folglich sind "makroevolute" Vorgänge auch nur Aufsummierungen "mikroevoluter" Vorgänge über extrem große Zeitspannen. Vertreter des Kreationismus und Intelligent Design behaupten, ausreichende Nachweise für die Bauplan-Transformationen, die zur Entstehung neuer Gattungen geführt haben, würden noch ausstehen. Bisherige Befunde der Forschung zur "Makroevolution", wie die fossil dokumentierten Bauplan-Transformationen oder die durch Zell- und molekularbiologische Analysemethoden belegte Zellfusions-Prozesse oder die beobachteten Transformationen des Körperbaus von Insekten aufgrund mutierter Hox-Gene, akzeptieren sie nicht als Belege. Die Humanbiologin Eugenie C. Scott und der Philosoph Glenn Branch sehen darin ein argumentum ad ignorantiam (lat. für "Argument, das an das Nichtwissen appelliert") und verweisen ihrerseits auf die prinzipiell fehlende empirische Falsifizierbarkeit von Kreationismus und Intelligent Design.
Aber wie ihr seht, ist auch das ein Thema, dass seinen eigenen Artikel verdient.

Lassen wir auch außer Acht...
... dass Intelligent Design keine wissenschaftliche Theorie ist. Laut dem Kreisaufseher, gehe es ja darum Gott Designer zu nennen, um nicht auf Fachebene ausgegrenzt zu werden und um die wissenschaftliche Reputation zu fürchten.
Das ist teilweise richtig. Intelligent Design verbirgt hinter dem Designer tatsächlich eine wissenschaftlich klingendere Bezeichnung für Gott. Meist der christliche, denn ID, wie es abgekürzt wird, kommt aus den USA. Auch, wenn sie offiziell Abstand vom Kreationismus nehmen, ist man sich in der Wissenschaft ziemlich einig, dass das fachspezifische Vokabular lediglich dazu dient, die Trennung von Staat und Kirche zu unterwandern und diese kreationistische Lehre in den Schulunterricht der naturwissenschaftlichen Fächern unterzubringen.
Intelligent Design liefert keinerlei empirischen nachweisbaren Erkenntnisgewinn, ermöglicht keine Überprüfung der aufgestellten Konzepte auf wissenschaftlicher Basis, liefert keine verifizierbaren Vorhersagen. Kurz: Intelligent Design beschreibt nichts, erklärt nichts, liefert nichts. Es ist ein Schöpfungsglaube mit wissenschaftlich wirkendem Anstrich, der obendrein mit veralteten Argumentationen arbeitet.
Ihnen kommt zugute, dass etwa ein Drittel aller US-amerikanischen High-School-Biologielehrer gar keinen Abschluss in Biologie haben und demnach nie akademisch mit der Evolutionstheorie in Berührung kamen. Intelligent Design lebt im Grunde nur von unzureichendem Verständnis der wissenschaftlichen Arbeitsweise und evoluter Prozesse.

Der heutige Wissensstand in den Naturwissenschaften reicht nicht aus, um zu erklären, wie das Leben entstand. Wird für Lebewesen ein genetisches Programm, seine Funktionalität und seine Entwicklung als essenziell angenommen, dann ergibt sich für den Beginn des Lebens der Zeitpunkt, zu dem Moleküle als Träger des Programms und weitere Hilfsmoleküle zur Realisierung, Vervielfältigung und Anpassung dieses Programms erstmals so zusammentreten, dass ein die charakteristischen Eigenschaften des Lebens tragendes System entsteht. Das wir weder den Zeitpunkt, noch das erste Lebewesen kennen, bedeutet - wie bereits vielfach geschildert - nicht, dass wir hier einfach Gott ansetzen dürfen, auch wenn wir wöllten.

Mehr dazu und zu den 5 häufigsten Behauptungen von Kreationisten findet ihr hier:
... 047, 28.06.2018: Prägnante Antworten auf häufig gestellte kreationistische Behauptungen

Lassen wir das alles einmal außer Acht.

Lassen wir alles außer Acht, was in diesen Beiträgen zur Widerlegung der Aussagen dieses Kreisaufsehers geschrieben wurde.

Selbst dann finden wir einen Fehler.

Hier noch einmal der Bibeltext zur Erinnerung:
Hebräer 3:4: "Denn jedes Haus wird von jemand erbaut; der aber alles erbaut hat, ist Gott." (Elberfelder Bibel)

Die gesamte Argumentation des Mannes baut darauf auf, dass von einem Haus und dessen Erbauer auf das gewaltige Universum und dessen noch gewaltigeren Erschaffer geschlossen werden kann. So wie das Haus nicht von allein entsteht, kann es ja auch nur mit dem ganzen Universum sein.
Wir schließen vom Kleinen auf das Große?

Von der Mikroevolution wiederum lässt sich nicht auf die Makroevolution schließen, obwohl diese nach den gleichen Mechanismen abläuft und im Grunde nur eine Aufsummierung von mikroevoluten Veränderungen ist.
Man kann nicht vom Kleinen auf das Große schließen?

Angewandte, gutgeheißene Rhetorik, die man dem argumentativen Gegner aber verwehrt.

Man sollte halt erst die natürlichen Erklärungen durchprobieren, bevor man sich dem Übernatürlichem zuwendet:
https://www.der-postillon.com/2017/01/haleluja.html (Vorsicht: Satire!)

Wer nicht ganz konsequent ist, der ist ein Heuchler. Wer ganz konsequent ist, der ist ein Fanatiker."
- Bernd Ulrich
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Di 2. Mär 2021, 00:17

Panspermie - Bausteine, die vom Himmel fallen (Teil 2 - Geschichte der Hypothese)

Im Artikel Panspermie - Bausteine, die vom Himmel fallen (Teil 1 - Heidelberg-Initiative und Grundbegriffe) (zur Erinnerung gern anklicken, ist verlinkt) vom 23.12.2020 wurden berühmte Vordenker der Panspermie-Hypothese vorgestellt. Und eigentlich sollte die Artikelreihe zur Panspermie recht zusammenhängend sein. Wie ihr seht, haben sich zig Beiträge dazwischen geschmuggelt. Aber wie entwickelte sich die Hypothese der "Befruchtung" der Erde von außerhalb?

Der schwedische Physiker und Chemiker Svante Arrhenius war 1896 der Erste, der eine globale Erwärmung aufgrund der anthropogenen Kohlendioxid-Emission voraussagte (#1, #2). Er entdeckte auch die später experimentell bestätigte elektrolytische Dissoziation, nach der in wässrigen Lösungen freie, ungebundene Atome (mit einer entsprechenden Ladung) vorhanden sind.
1906 stellte er die erste theoretische Beschreibung der Panspermie auf, nach der das Leben durch Meteoriten auf die Erde gelangt ist, und Sporen zwischen den Planeten übertragen werden könnten (#3).

Erst 1963 wurden die Panspermie-Hypothesen wieder von Donald R. Barber aufgegriffen, der die Behauptung aufstellte, Mikroben wären von der Venus oder deren Atmosphäre zu uns gelangt. Er stützte sich dabei auf Auswertungen des Norman Lockyer Observatoriums in Sidmouth, einem Dorf der Grafschaft Devon im Südwesten Englands, direkt am Ärmelkanal. In diesem Observatorium will man bereits 1936 "bacteria from outer space" entdeckt haben (#4, #5).

Wieder verging fast ein ganzes Jahrzehnt, bis sich in den 70ern Francis Crick (1916-2004) und Leslie Orgel (1927-2007) mit der Thematik vertraut machten.
Ersterer war britischer Physiker und Molekularbiologe, forschte während der Kriegsjahre für die britische Admiralität an Radar und Seeminen, studierte nach dem Krieg Biologie, beschäftigte sich mit der Struktur des Hämoglobinmoleküls, ist aber wohl am ehesten dafür bekannt, dass er zusammen mit dem amerikanischen Biochemiker James Watson (* 1928) die Doppelhelixstruktur der DNA entdeckte. Zugespielt wurden den beiden wiederum Daten des neuseeländischen Physikers Maurice Wilkins (1916-2004), der diese aber auch nicht selbst erarbeitet, sondern die unveröffentlichten Daten der britischen Biochemikerin Rosalind Franklin (1920-1958) unerlaubt übernommen hatte. Ihr dazu, mit dem britischen Physiker und Doktoranden Raymond Gosling (1926-2015) erarbeiteter Forschungsartikel, wurde im April 1953 parallel zum Artikel von James Watson und Francis Crick veröffentlicht. Beide Artikel stimmten in ihrem theoretischen Modell zur Struktur der DNA demnach - das ist jetzt eher eine mittelgroße Überraschung - überein. Raymond Gosling war es übrigens auch, von dem die erste deutliche Röntgenabbildung der DNA veröffentlicht wurde.

Man könnte nun weiter über die Entdeckung der DNA sprechen, was definitiv auch eine spannende Artikelserie wäre, aber wir wollen Leslie Orgel nicht vergessen.
Der war britischer Chemiker und Mitbegründer der Ligandenfeldtheorie (#6). Als Chemiker war er besonders auf dem Gebiet der chemischen Evolution tätig. Neben dem Wiederaufgriff der Panspermie-Hypothese, schlug er zusammen mit Stanley Miller (1930-2007), einem der beiden Forscher des ursprünglichen Urey-Miller-Experiments (Artikel dazu später, #7), vor, dass Peptid-Nukleinsäuren (PNA) (#8), anstatt der Ribonukleinsäure (RNA) (#9), die ersten zur Autoreplikation (#10) fähigen präbiotischen Systeme (#11) auf der frühen Erde bildeten. Orgel entwickelte für die NASA-Sonde Viking, die zum Mars geschickt wurde, Analyseinstrumente mit und prägte in seinem Buch "The Origin of Life. Molecules and Natural Selection" (1973) den Begriff der Spezifizierten Komplexität, um zu beschreiben, was lebende Organismen von unbelebten Objekten unterscheidet (#12).

Francis Crick hat die von ihm aufgestellte Regel "Evolution is cleverer than you are" ("Die Evolution ist raffinierter als du es bist") nach seinem Kollegen und Freund Leslie Orgel als Orgels Regel (#13) benannt.

Aber auch der britische Astronom, Mathematiker und Schriftsteller Fred Hoyle (1915-2001) war ein großer Verfechter der Panspermie-Hypothese (#14). Auch Hoyle war Anfangs in der Radar-Forschung tätig, interessierte sich aber immer mehr für Kosmologie, verfasste seine erste Arbeit über Nukleosynthese, wurde später wegen weiterer origineller Ideen zu einer großen Bandbreite an Themen einer der führenden Astrophysiker seiner Zeit, war Mitarbeiter des Observatoriums auf dem Mount Wilson und Leiter der astrophysischen Abteilung in Cambridge.
Er war ein großer Verfechter der Panspermie-Hypothese und verband sie mit seiner Steady-State-Theorie des Universums, die von einem unendlichen Alter des Kosmos ausgeht und damit die Frage nach dem Ursprung des Lebens umgeht.
Die Ansicht eines statischen, unendlich alten Universums war eine Zeit lang die vorherrschende, wurde aber durch immer mehr Bestätigungen zum Urknall-Modell beiseite gelegt. Heute kaum vorstellbar, müsste sich diese Hypothese erst Fuß fassen. Mit der Attraktivität der Steady-State-Theorie schwand auch Hoyles Ansehen, da er nicht von dieser Theorie abweichen wollte. Auch die Tatsache, dass Hoyle als Autor verschiedener fantastischer Geschichten in Erscheinung trat, vermehrte nicht eben die wissenschaftliche Reputation seiner Vorstellungen, die immer mehr als Science Fiction angesehen wurden.

Sein Schüler und ehemaliger Mitarbeiter Chandra Wickramasinghe (* 1939), sri-lankischer Astrophysiker vertritt noch heute aktiv panspermistische Vorstellungen. Er promovierte 1963 bei Hoyle, wurde 1973 Professor für angewandte Mathematik und mathematische Physik an der späteren Cardiff University, baute dort eine Astrophysik-Arbeitsgruppe auf und war ab 2000 Direktor des Cardiff Centre for Astrobiology.
Er ist Spezialist für interstellaren Staub und publizierte erstmals 1974 die Theorie, dass interstellarer Staub und der Staub in den Schweifen von Kometen überwiegend organisch sei, was bisher nicht bestätigt werden konnte. Allerdings wurde die Existenz organischer Materialien in immer komplexerer Form im interstellaren Staub seitdem vielfach bestätigt.
Er vermutet nicht nur den Ursprung irdischen Lebens im Weltall, speziell in Kometen, sondern auch den Ursprung konkret benannter Infektionskrankheiten (2003 z.B. SARS).

1996 wurde von Brig Klyce schließlich die Cosmic-Ancestry-Version vorgeschlagen, eine Kombination von Hoyles Panspermia-Hypothese mit den ganzheitlichen Gaia-Auffassungen (#15) eines James Lovelock (* 1919, unabhängiger britischer Wissenschaftler mit Abschlüssen in Chemie, Medizin und Biophysik).

Jede Theorie der Panspermie stößt grundsätzlich auf fünf Probleme:
  • Das Leben muss irgendwo anders entstehen.
  • Das Leben muss in den interstellaren Raum gelangen.
  • Das Leben muss dort überleben.
  • Das Leben muss in den Einfangquerschnitt eines bewohnbaren Planeten geraten.
  • Das Leben muss dort unversehrt in die Biosphäre geraten.
Welche Gedanken sich Wissenschaftler gemacht haben, um diese Probleme zu erörtern, lest ihr im nächsten Beitrag.

#1 - Rahmstorf, Stefan; Schellnhuber, Hans-Joachim (2012): Der Klimawandel. Diagnose, Prognose, Therapie. 7., vollständig überarbeitete und aktualisierte Aufl. München: Beck (Beck'sche Reihe, 2366 : Wissen). Seite 29.

#2 - Svante Arrhenius: On the Influence of Carbonic Acid in the Air upon the Temperature of the Ground. In: Philosophical Magazine and Journal of Science Series 5, Volume 41, April 1896, pages 237-276. Abgerufen am 9. August 2019 (englisch).

#3 - Die von Svante Arrhenius aufgestellte Radio-Panspermie, beschrieb ging davon aus, dass die Sporen aus den äußeren Schichten der Erdatmosphäre entweichen und durch den Druck des Sonnenlichts in den interstellaren Raum transportiert werden. Der Sonnenwind war zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt.

#4 - Donald R. Barber: Invasion by Washing Water, in Perspective [Focal Press - London, 1963] Volume 5, pp 201-208.

#5 - Cosmic Genetic Evolution, Edited by Edward J. Steele, N. Chandra Wickramasinghe. Volume 106, Chapter Ten - Microbial transfers from Venus to Earth (Pages 123-132)

#6 - Die Kristall- und Ligandenfeldtheorie sind zwei unterschiedliche, aber sich gegenseitig ergänzende Theorien der Komplexverbindungen. Die Kristallfeldtheorie, häufig mit KFT abgekürzt, liefert ein qualitatives Verständnis und die Ligandenfeldtheorie erlaubt quantitative Voraussagen der Eigenschaften von Übergangsmetallsalzen oder -komplexen. Beide Theorien erklären Struktur, Farbe und Magnetismus dieser Substanzen.

#7 - Das Miller-Urey-Experiment (auch Urey-Miller-Experiment oder Miller-Experiment) dient der Bestätigung der Hypothese, dass unter den Bedingungen einer postulierten Uratmosphäre eine Entstehung organischer Moleküle (chemische Evolution), wie sie heute bei Lebewesen vorkommen, möglich ist.

#8 - Peptid-Nukleinsäure (engl. peptide nucleic acid, PNA, zu deutsch auch kurz PNS) ist ein Analogon der Nukleinsäuren RNA und DNA, in dem das Zucker-Phosphat-Rückgrat durch ein Pseudopeptid (ein Peptid ist eine organische Verbindung, mehr Erklärungen folgen andernorts) ersetzt ist.

#9 - Ribonukleinsäure (kurz RNS; englisch RNA für ribonucleic acid) ist ein Biomolekül, dass bei bestimmten Virentypen (RNA-Viren, Retroviren) sowie den hypothetischen urzeitlichen Ribozyten Träger der Erbinformation ist, also die materielle Basis der Gene.

#10 - Autoreplikation (gr. auto- "selbst" und lat. replicare "erwidern") bezeichnet die Fähigkeit eines Systems, mit entscheidendem Anteil äußerer Hilfe, eine Kopie von sich selbst anzufertigen. Die Selbstreplikation dagegen bezeichnet eine vollständig autonome Vervielfältigung ohne äußere Hilfe, wobei allerdings Energie und Material immer von außen kommen, weil es - unter anderem nach dem Energieerhaltungssatz - keine Reproduktion aus dem Nichts geben kann.

#11 - Präbiotische Systeme sind replikative Systeme, die aber noch keine Lebenssysteme im heutigen Sinn darstellen.
Die präbiotische Entstehung der komplexen organischen Moleküle kann in drei Schritte unterteilt werden:
  1. Entstehung einfacher organischer Moleküle (Alkohole, Säuren, Heterozyklen wie Purine und Pyrimidine) aus anorganischen Stoffen.
  2. Entstehung der Grundbausteine (Einfachzucker, Aminosäuren, Pyrrole, Fettsäuren, Nukleotide) komplexer organischer Moleküle aus einfachen organischen Molekülen.
  3. Entstehung der komplexen organischen Moleküle aus den Grundbausteinen.

#12 - Der Begriff der Spezifizierten Komplexität darf nicht mit dem gleichfalls so genannten Konzept des Intelligent Design-Befürworters William Dembski verwechselt werden, nach dem bestimmte Muster (hier Lebensformen) zu spezifiziert und komplex seien, um ohne intelligenten Akteur (Gott) entstanden zu sein.

#13 - Man darf Orgels Regel "Evolution is cleverer than you are" (auch Orgel's rule oder Orgel's second rule) keinesfalls als ein empirisches Gesetz auffassen, sondern als Suchstrategie für biologisch-naturalistische Fragestellungen.
Es bedeutet nicht, dass die Evolution bewusste Motive oder Methoden hat, sondern dass Menschen, die sagen "Evolution kann das nicht" oder "Evolution kann das nicht", einfach keine Vorstellungskraft haben (Argumentum ad ignorantiam = Argumente aus Unwissenheit) aus einem Fakt, für den derjenige keine natürliche Erklärung kennt, zieht dieser den Fehlschluss, dass der Fakt grundsätzlich nicht natürlich erklärt werden kann. Nicht der Prozess der natürlichen Auslese selbst ist intelligent, klug oder zielgerichtet, sondern die Produkte der Evolution sind genial.
Sie macht auch deutlich, dass viele pseudowissenschaftliche Einwände gegen die Evolutionstheorie von einer stillschweigenden, der Orgelschen Regel entgegengesetzten und unbegründbaren Annahme ausgehen, wonach menschliche Planung (oder allgemeiner auch Planung durch eine menschenähnliche "Intelligenz") der biologischen Evolution oder natürlichen Mechanismen grundsätzlich überlegen wäre.

#14 - Jennifer Rieger: Panspermie-Theorie – Was das Weltall mit der Entstehung des Lebens zu tun hat. In: Deutschlandfunkkultur.de. 21. November 2019, abgerufen am 11. Dezember 2019 (deutsch).

#15 - Die Gaia-Hypothese besagt, dass die Erde und ihre Biosphäre wie ein Lebewesen betrachtet werden könne, da die Biosphäre (die Gesamtheit aller Organismen) Bedingungen schafft und erhält, die nicht nur Leben, sondern auch eine Evolution komplexerer Organismen ermöglichen. Die Erdoberfläche bildet demnach ein dynamisches System, das die gesamte Biosphäre stabilisiert. Diese Hypothese setzt eine bestimmte Definition von Leben voraus, wonach sich Lebewesen insbesondere durch die Fähigkeit zur Selbstorganisation auszeichnen.
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Fr 5. Mär 2021, 10:34

Video: Wie wurden wir Menschen? Mirko Drotschmann und Harald Lesch - Geschichte der Menschheit (11:14min)


https://m.youtube.com/watch?v=hwK6o9cCcPU

Videobeschreibung:

Am 21.02.2019 veröffentlicht

Seit etwa 300.000 Jahren gibt es Menschen auf der Erde. Doch wie wurden wir, was wir heute sind? Die erste Abspaltung der menschlichen Entwicklungslinie, die bis zum Homo Sapiens führen wird, spaltet sich vermutlich vor über sechs Millionen Jahren ab. Aus dieser Linie geht zunächst die Gattung "Homo", also Mensch hervor. In Afrika richten sich die Vormenschen auf, stellen sich auf die Hinterbeine. Die Arme sind jetzt frei und die Hände können umfangreich eingesetzt werden. So entwickeln die Vormenschen erste Werkzeuge. Ein weiterer großer Schritt hin an die Spitze der Nahrungskette stellt der kontrollierte Einsatz von Feuer als Wärmequelle, Schutz gegen Raubtiere oder zur Verarbeitung von Fleisch dar. Die ältesten Überreste einer Feuerstelle von Menschenhand sind fast 800.000 Jahre alt. Mit der Entwicklung hin zum Homo sapiens geht auch das Wachstum des Gehirns einher. Der Mensch besitzt im Vergleich zu anderen Säugetieren ein ungewöhnlich großes Gehirn, was auf der einen Seite einen hohen Energieverbrauch, jedoch auch enorme geistige Fähigkeiten mit sich bringt. Der Drang des Homo Sapiens, neue Gegenden zu erkunden, führt ihn Tausende von Kilometer aus seinem Heimatkontinent hinaus. Im Norden trifft er auf den Neandertaler. Der Neandertaler stirbt rund 4.000 Jahre nach Ankunft des Homo sapiens aus. Doch das Erbgut des Neandertalers ist auch heute noch zu 1 bis 4% in unseren Genen vorhanden.
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Mi 10. Mär 2021, 00:58

Vince Ebert: "Evolution" - 3Sat Festival 2014 (44:00min)

Der deutsche Kabarettist, Vortragsredner Moderator und Autor Vince Ebert studierte von 1988 bis 1994 Physik an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg mit einem Schwerpunkt in experimenteller Festkörperphysik und mit Astronomie als Nebenfach und schloss sein Studium mit einem Diplom ab. Bei Powerpoint-Präsentationen für eine Unternehmensberatung entdeckte er hier sein kabarettistisches Talent. 1998 unternahm Vince Ebert erste kabarettistische Gehversuche auf verschiedenen Kleinkunstbühnen. Der Rest ist Geschichte: Größere Bühnen, Shows und Soloprogramme. Auftritte im Fernsehen, eigene Sendungen und Co-Moderationen.

In dem 2014 veröffentlichten Programm "Evolution" geht es darum, wie bei allen anderen Shows von ihm, Wissen humoristisch an den Mann zu bringen. Dabei macht er keinen Hehl daraus, dass er Atheist ist.


https://m.youtube.com/watch?v=dH3i30chxB8

Nicht alle Witze zünden. Manche sind flach, manche zu gestelzt. Aber insgesamt ist es eine interessante 3/4 Stunde.

Aussicht auf kommende Artikel bietet ja das Inhaltsverzeichnis für die Beiträge 101-200. Darunter steht ja, was bald erscheinen wird.
In Bearbeitung befindet sich der 3. Teil zur Panspermie, die Rezensionen zum Unterredungsbuch und zu "Gottes ewigem Vorsatz..."-Buch, sowie zu insgesamt 8 JW.ORG-Artikeln. Nicht alles steht unter dem Inhaltsverzeichnis, aber ich werde es zu gegebener Zeit aktualisieren.

(Am 19.2. waren 8512 Klicks bei den Chuck Norris Witzen und 8364 hier. Es trennten noch 158 Klicks. Wird knapp bis Ende März. Sehr knapp. Vom 11.2. - 19.2. wuchs der Chuck Norris Thread um 3 Klicks, der Evo-Thread aber um 34. Nehmen wir ein gleichbleibendes Wachstum an, werden nach aktueller Rechnung bis genau zum 31.3. beide Threads auch genau gleich auf sein. Aber was sagt schon eine Statistik aus, die vor einem Monat erstellt wurde?
Heute sind es 8523 Klicks bei Chuck Norris und 8423 hier. Es trennen also noch genau 100 Klicks. Dadurch ergibt sich eine ganz andere Wachstumsrate und plötzlich wird der Wechsel erst Ende April / Anfang Mai stattfinden. Statistik ist spannend, aber vielleicht kommt es ja doch anders als man denkt.)
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Di 16. Mär 2021, 17:34

Video: Adam, Eva und die Evolution - Kreationismus auf dem Vormarsch | SWR (28:29)

Eine kurze Dokumentation zum Thema Evolution oder Schöpfung habe ich in der Online-Bibliothek des SWR gefunden. Da diese Inhalte aber nicht eingebettet werden können, habe ich mich auf YouTube umgesehen.

Adam, Eva und die Evolution - Kreationismus auf dem Vormarsch | SWR

https://m.youtube.com/watch?v=2Bao92gCShM

Auf Planet-Schule.de ist das Ganze in 6 Kapitel unterteilt, die man separat anklicken kann und zur entsprechenden Stelle im Video gelangt.

Die Kapitel wären:
- Das Schöpfungsmuseum in den USA
- Kreationismus in Deutschland
- Belege für die Evolutionstheorie
- Der Vatikan, Satan und die Sintflut
- Kreationismus in der Schule
- Glaube vs. Ideologie

Sie kann in der Kürze natürlich keine umfassende Sicht auf das Thema oder den jeweiligen Teilbereich geben. Diese Dokumentation ist daher als recht leichte Einstiegskost in die Debatte zu verstehen.
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Mi 24. Mär 2021, 09:36

Der Fall Charles Robert Darwin gegen Gott

Zuviel Fernsehen ist nicht gesund, daher folgt ein Text.

Fangen wir ganz einfach an:
Gibt es diesen Fall überhaupt?
Gibt es Darwin gegen Gott?

In zeitgenössischen Karikaturen wurde Charles Darwin oft als Affe dargestellt. Eine scheinbar legitime Vorgehensweise, wenn man sich intellektuell nicht zu helfen weiß.
Darwins Werk "Die Entstehung der Arten" erschütterte das Weltbild des Menschen. Seit Jahrtausenden wird erzählt und auch verinnerlicht, man sei eine gottgewollte, von den übrigen Wesen abgegrenzte Schöpfung. Die Bibel spricht davon, dass der Mensch im Bilde Gottes erschaffen wurde (1. Mose 1:27). Und zack: Jetzt ist er zum haarlosen Affen degradiert, der nicht mal richtig klettern kann. Von Tarzan mal abgesehen.
Für viele ist das die größte Beleidigung. Schwerwiegender als der Stoß aus dem Zentrum des Universums, wie Kopernikus, Galileo und Kepler es propagierten.


Bereits im Sommer 1837 zeichnete Darwin eine Art Stammbaum des Lebens, der bereits Grundzüge der berühmten Theorie zeigt.

Schon als Kind verbrachte Darwin seine Zeit in Shrewsbury bei Birmingham am liebsten mit dem Sammeln von Mineralien und dem Beobachten von Pflanzen und Tieren. Nach dem Abbruch eines Medizinstudiums wechselte er auf Drängen seines Vaters zur Theologie, doch nebenbei beschäftigte er sich weiter intensiv mit naturwissenschaftlichen Themen.
Im Dezember 1831 startete Darwin die von ihm bereits langersehnte Forschungsreise auf dem Vermessungsschiff "HMS Beagle", auf der er erste Bruchstücke der Erkenntnisse sammelte, die er später zu seiner Evolutionstheorie zusammenfügte. Die Reise führte ihn fast fünf Jahre lang unter anderem nach Südamerika, zu den Galapagos-Inseln und nach Neuseeland. Der detailversessene Jungforscher sammelte massenhaft geologische, zoologische und fossile Proben, seine Notizen umfassten am Ende weit über 1.000 Seiten.
Nach und nach etablierte er sich als Wissenschaftler mit Büchern zu seinen geologischen Entdeckungen.
Waren individuelle Besonderheiten einer Pflanzenart, die bei regelmäßigem Auftreten als Varietät bezeichnet wurden, wirklich das "Lustspiel eines Schöpfers", wie es noch sein botanischer Mentor John Stevens Henslow (1796-1861) zu erklären versuchte?

Er erkannte die Zusammenhänge. Während Carl von Linne (1707-1778) die bis heute gültigen Grundlagen von Systematik und Taxonomie entwickelte, verstand Darwin "wie unendlich verwickelt und eng verknüpft die Beziehungen der Lebewesen zueinander und zu den äußeren Lebensbedingungen sind". Nur ein Zusammenhang blieb Darwin noch verborgen. Er musste für sich einräumen: "Die Gesetze, denen die Vererbung unterliegt, sind größtenteils unbekannt." Aber zur gleichen Zeit, als "Die Entstehung der Arten" erschien, kreuzte Gregor Mendel (1822-1884, mährisch-österreichischer Priester des Augustinerordens) im Kloster Altbrünn (heute im tschechischen Brno) verschiedene Varietäten von Erbsen und entdeckte so die Grundprinzipien der Vererbung.

Auch 160 Jahre nach dem Erscheinen von Darwins Hauptwerk ist die Arbeit der Naturforscher nicht zu Ende.

Die Debatte über diesen Mann und seine Idee der Entwicklung der Arten geht aber weit über die Evolutionsbiologie hinaus.
Darwin hat gezeigt, dass der Mensch nicht das Zentrum der Schöpfung ist und schon gar nicht ihr Zweck. Seine Theorie betrachten viele als die größte Beleidigung überhaupt. Nicht nur für uns, sondern - und das wiegt noch schlimmer - auch für Gott.

Freud schrieb, sie zerstöre unsere „narzisstische Illusion“. Wie wollen wir eine Sonderstellung in der Natur behaupten, wenn wir von affenähnlicjen Vorfahren abstammen? Wie, wenn wir das Ergebnis eines ungerichteten und ziellosen, mithin also blinden Evolutionsprozesses sind?
Darwins Theorie bietet nicht nur bis heute eine plausible und naturwissenschaftliche Erklärung für die biologische Vielfalt in der Natur und die Stellung des Menschen darin. Er hat einen Wandel der Weltsicht angestoßen, mit unüberschaubaren philosophischen Auswirkungen. Nicht nur im viktorianischen England galt dies als Gotteslästerung. Deshalb erregt Darwin bis heute die Gemüter.

Es wird gegenüber gestellt: Kirche und Wissenschaft. Was will ich sein? Was will ich glauben? Bin ich ein gewolltes Kind eines liebevollen Gottes oder das zufällige Produkt eines blinden Idioten namens Natur?
Im westlichen Kulturkreis entscheiden sich nach wie vor 1/4 bis 1/2 aller Menschen für das erste Bild. Entweder in der Gestalt, dass Gott alles so erschaffen hat, wie es heute ist oder dass Gott sich der Evolution bedient.
"Ich fühle aufs Allertiefste, dass der ganze Gegenstand zu tief ist für den menschlichen Intellekt", schrieb Charles Darwin im Mai 1860. "Ein Hund könnte ebenso gut über den Geist Newtons spekulieren. Lasst einen jeden Menschen hoffen und glauben, was er kann."

Heute sieht man immer klarer, dass es nicht darum geht, sich entscheiden zu müssen, ob der Vorfahre ein "Affe" oder Adam war. Vielmehr sind immer mehr Menschen davon überzeugt, dass dies gar keine gleichberechtigten Alternativen sind. Und das wohl zu Recht.

Für die Naturwissenschaft ist Gott prinzipiell entzogen und damit auch nicht wirklich interessant. Kein naturwissenschaftliches Phänomen ist dadurch besser erklärbar, dass man die Lösung Gott nennt. Die Evolutionstheorie ist Teil der Naturforschung und kann nur innerhalb dieser Grenzen beurteilt werden. Anders ausgedrückt: Religion und Wissenschaft sind zwei getrennte Welten. Es gibt eine erfassbare Welt und eine "geglaubte". Solange sich Kirchen auf die biblische Schöpfungserzählung berufen, müssen sie sich auch daran messen lassen, wie sich dies mit naturwissenschaftlich feststellbaren Fakten und Theorien vereinbaren lässt. Für Naturwissenschaftler besteht gar kein disziplinäres Interesse an einer solchen Vereinigung. Bei der Betrachtung der Evolutionstheorie sollte es daher seltener werden, den Widerspruch Darwin / Gott zu propagieren, als vielmehr darum nachvollziehbare Forschung zu betreiben. Darwin hat uns von der Annahme eines Schöpfers emanzipiert.

Es ist leichter neue Wahrheiten zu entdecken, als sie zur allgemeinen Anerkennung zu bringen.
- Jean-Baptiste de Lamarck, 1744-1829,
französischer Botaniker, Zoologe und Entwicklungsbiologe)

Die Theorie der natürlichen Auslese und Zuchtbildung hat Generationen von Naturforschern geprägt und gilt als eine der bedeutsamsten Ideen der abendländischen Kultur, die eine in sich geschlossene Weltanschauung präsentiert.
Doch kaum ein anderer Naturforscher wird so grundlegend missverstanden wie Darwin. Oft wird er auf die Worte "survival of the fittest" reduziert, die noch nicht mal von ihm stammen, sondern von Herbert Spencer (1820-1903, englischer Philosoph und Soziologe).

Dieser war auch der erste, der die Evolutionsprozesse auf die Gesellschaft anwandte und damit die Vorstufen des Sozialdarwinismus schuf. Aber zur Übertragung auf menschliche Sozialsysteme taugt Darwins Selektionstheorie nicht. Sie macht keine moralischen Vorgaben und liefert keine Gebrauchsanweisung für den Menschen, soziale Ungerechtigkeit als naturgegeben rechtfertigen zu wollen. Der klassische naturalistische Fehlschluss ist es, aus der Natur auf menschliche Normen und Werte zu schließen. Die Natur schreibt nicht vor, wie wir uns verhalten sollen. Sie sagt uns nicht einmal, was wir lassen sollten.

Wie gern, schrieb Darwin einmal an seinen Freund Hooker, lebte er noch 20 Jahre, um seine Theorie verbessern und modifizieren zu können. 20 Jahre hätten wohl nicht gereicht. Immerhin: "Es ist ein Anfang, und das bereits zählt etwas!", schrieb Darwin und wusste doch: "Es wird ein langer Kampf werden, noch lange nachdem wir tot und vergangen sind."
Wie recht er hatte: Seine auf naturwissenschaftlichen Fakten fußende Theorie der Evolution setzte sich erst im 20.Jahrhundert in weiten Kreisen der westlichen Welt durch.

Erweitert wurde diese Theorie aus Erkenntnissen der Paläontologie, der Genetik und der Biosystematik in den 30ern und 40ern.
In dieser modernen Fassung eint Darwins Theorie die gesamten Lebenswissenschaften, also sämtliche biologische Disziplinen inklusive der Medizin.

Nichts in der Biologie gibt Sinn, außer im Lichte der Evolution.
- Theodosius Dobzhansky (1900-1975,
russisch-US-amerikanischer Genetiker, Zoologe und Evolutionsbiologe)


Die simpelste, Demut lehrende Botschaft, ist: Das Leben auf der Erde hat sich autonom und ohne göttliches Zutun entwickelt.

Deshalb ist die auf ihn zurückgehende Evolutionstheorie das am tiefsten greifende und machtvollste Gedankengebäude, das in den letzten 200 Jahren erdacht wurde.
Von der Bibel abgesehen, dürfte wohl kein anderes Buch als Darwins "Über die Entstehung der Arten" einen größeren Einfluss auf das Denken in der westlichen Welt gehabt haben. Und wohl kein zweiter Naturforscher dürfte je einen derart bleibenden Beitrag zu einer derart breit gefächerten Wissenschaftsdisziplin geliefert haben wie Darwin zur Biologie.

Darwin ist für die Biologie das, was Newton und Einstein für die Physik sind und Kopernikus und Kepler für die Astronomie. Er gehört zu den ganz großen Namen der Geschichte.

Katalogisiert sind etwa 1-1,5 Millionen Arten, von denen ca. die Hälfte Pflanzen sind und weiterer großer Teil Insekten. Vermutlich gibt es heute aber über 20 Millionen rezente Arten und wer weiß wie viele fossile.
Damit bleibt auch heute gültig, was Darwin in seinem Jubiläumswerk geschrieben hat, dass nämlich "bei der Entstehung der Arten noch vieles ungeklärt bleibt; wir müssen unsere große Unwissenheit hinsichtlich der gegenseitigen Beziehungen der heutigen und noch mehr der früheren Erdenbewohner offen bekennen."

Der letzte Satz in Darwins Werk liest sich heute wie eine Antwort auf die Kreationisten, die am wörtlichen Verständnis der Schöpfungsgeschichte des Alten Testaments festhalten:

Es ist eine erhabene Idee, dass der Schöpfer den Keim alles Lebens, das uns umgibt, nur wenigen oder gar nur einer einzigen Form eingehaucht hat und dass [...] aus einem so schlichten Anfang eine unendliche Zahl der schönsten und wunderbarsten Formen entstand und noch weiter entsteht.

Folgendes muss man sich vor Augen führen:
Ausgerechnet ein studierter Theologe (Darwin) hat die Schöpfungsgeschichte entzaubert. Mithilfe des Sohnes eines Priesters (Linne) und eines Augustiner-Ordensbruders (Mendel).

Albert Einstein mag zwar als Person und mit seiner Formel E=mc² viel präsenter sein als Charles Darwin. Aber wer macht sich denn schon Gedanken über die Relativitätstheorie? Wen kümmert denn genau ihr Inhalt? Die Evolutionstheorie hingegen drang schon von ihrer Veröffentlichung weit über die Grenzen der biologischen oder naturwissenschaftlichen Forschung hinaus und beschäftigte Menschen fast aller Schichten. Für nicht wenige im 19. Jahrhundert lieferte sie eine Art biologische Begründung der kapitalistischen Ordnung. Und in den inzwischen fast 160 Jahren, die die Evolutionstheorie in der Welt ist, war sie Auslöser für viele Fragen, wichtige Fragen, die uns bis heute beschäftigen: Was ist der Mensch? Wohin entwickelt er sich? Wohin soll er sich entwickeln? Auch die Frage, welche Rolle der Naturwissenschaft in der Gesellschaft zukommen soll, wird ausgehend von der Evolutionstheorie diskutiert.

Kommt im Werbeslogan das Wort Evolution vor, weiß jeder sogleich, dass das beworbene Produkt das Neueste und Beste sein soll. Hier ist von der Theorie natürlich nicht viel mehr als das Wort und die Idee einer Entwicklung übrig geblieben, die obendrein allein als Fortschrittsentwicklung gedacht wird. Dort, wo kaum oder kein Wissen oder Interesse für die Sache besteht, können religiöse Fundamentalisten darauf hoffen, mit ihren Behauptungen von den angeblichen Irrtümern der Evolutionstheorie zu punkten. Dazu ziehen sie sich oft auf Leugnung der wesentlichen Annahmen nach Darwin zurück - oder auf ungeklärte Detailfragen, die in einen falschen Zusammenhang gestellt werden.
Wer im Internet nach Antworten auf solche Detailfragen sucht, landet schnell auf Seiten von Leuten, die einem klarmachen wollen, warum Evolution nicht stattgefunden hat.

Die Kreationisten sind zwar sehr aktiv, wenn es darum geht, ihre Anschauungen unter die Leute zu bringen. Und natürlich fragt man sich, wie es sein kann, dass ein ganzes "Creation Museum" gebaut wird wie im US-Bundesstaat Kentucky, in dem vermittelt wird, dass die Erde erst 6000 Jahre alt sein soll. Aber die gute Nachricht ist doch, dass die seriösen Wissenschaftler mittlerweile erkannt haben, dass sie dagegenhalten und gleichermaßen präsent sein müssen. Und so gibt es auch viele gute und allgemein verständliche Darstellungen der Evolution, im Internet, in Bildungssendungen des Fernsehens, in Schulbüchern. Wer sich da informiert und sich die Punkte mit gesundem Menschenverstand betrachtet, braucht den Kreationisten wirklich nicht zu glauben.

(Dieses Thema hat einen Sprung hingelegt (8516 Klicks) und holt damit Chuck Norris (8526 Klicks) in den nächsten Tagen ein.)
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"If the biggest problem that you're having in the twenty-first century involves
what other people's genitals look like, and what they're doing with those genitals
in the presence of other consenting adults, you may need to reevaluate your
priorities." - Forrest Valkai


("Wenn das größte Problem, das du im 21. Jahrhundert hast, darin besteht, wie
anderer Leute Genitalien aussehen und was diese damit in Gegenwart anderer
Erwachsener mit deren Einverständnis machen, musst du möglicherweise deine
Prioritäten neu bewerten.")

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