Evolution oder Schöpfung




Religion, Esoterik, Verschörungstheorien und andere Dinge.

Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Mi 23. Dez 2020, 00:35

Rezension - Vortrag 8/00 Nr. 133-X "Der Ursprung des Menschen - Ist es wichtig, was man glaubt?" (Teil 2 - Ohne Pelzmantel. Wie der Mensch sein Fell verlor)

Das waren nach aktuellem Erinnerungsvermögen die Fragen:
Warum hat der Mensch so ein großes Gehirn?
Warum hat der Mensch kein Fell, wie die Affen?
Warum geht der Mensch aufrecht?
Warum hat der Mensch so eine komplexe Sprache?

Auf alle Fragen, soll eine Evolutionsbiologin gesagt haben, dass die Wissenschaft offenbar nicht wisse, warum die Dinge so stehen. Dass weder Namen noch Quellen korrekt angegeben werden, liegt nicht zwangsläufig an Unseriösität, sondern, dass es als Vortrag verfasst ist. Man hätte auf Anfrage beim Vortragsredner aber vermutlich auch nichts genaueres erfahren, da in der Disposition, an die er sich recht straff halten muss, wohl auch nichts genaueres drin steht.
Das aus dem Unwissen der Evolutionsbiologin heraus jedwede andere, auch fantastische Erklärung plötzlich bestätigt ist, halte ich zwar trotzdem für ein Gerücht, da - ich schrieb es schon mehrfach - die Richtigkeit einer Sache nicht von der Falschheit einer anderen abhängt, sondern von ihrer Prüfbarkeit an der Realität. Dennoch wird es oft hochgehalten.
Das große Hirn und die komplexe Sprache kann man kreationistisch ja vielleicht noch mit der Gottähnlichkeit des Menschen (in seinem Bilde erschaffen) "erklären", aber unser (Nicht-)Fell und der aufrechte Gang sind doch recht willkürliche Kriterien. Zumal es Gott in seiner unendlichen Barmherzigkeit schnurz sein kann, wie dicht unser Rücken behaart ist oder ob wir auf zwei oder vier Füßen laufen. Das ist für seinen Heilsplan irrelevant. Wenn wir körperliche Ähnlichkeit mit ihm oder den Engelsgeschöpfen haben sollen, bliebe wieder der Beweis aus, da keine einzige bisherige Engelssichtung dem kritischen Blick der Wissenschaft stand hielt. Sehr wohl gibt es Bilder von Gott und den Engeln, aber es liegt nahe, dass wir uns hier nur Wesen nach unserem Bilde geschaffen haben, wie es doch eigentlich umgekehrt sein soll.

Auf die erste Frage antwortet ja schon ein Beitrag:
... 072, 20.09.2020: Video: Zufall Mensch? Der kleine Schritt zum großen Gehirn | MDR DOK (44:41 min)

Wahrscheinlich ermöglichte erst die neue Lebensweise mit viel tierischer, also energiereicher Nahrung das rasante Gehirnwachstum beim Menschen. Homo ergaster (vor ca. 1,6 Millionen Jahren) konnte sich bereits ein gut doppelt so großes Gehirn leisten wie Schimpansen. Unseres beträgt mehr als das Dreifache. Aber die nackte Haut bot auch neue Voraussetzungen für unsere soziale und kulturelle Evolution. Die Hominiden konnten nun nicht mehr Fellzeichnungen oder Haarsträuben benutzen, um anderen etwas zu signalisieren. Stattdessen erfanden wir Körperbemalung, Schmuck, Tätowierungen, wir verfeinerten unsere Mimik - und vor allem entwickelten wir Sprache.

Kümmern wir uns also lieber um die Fragen 2-4:


Lucys Skelett (Nachbildung)

Wie kam es, dass der Affe "Mensch" noch vor der letzten großen Eiszeit seinen Pel ablegte und nicht wieder anzog?

Zwei Hypothesen sind in Fachkreisen zum Fellverlust des Affen "Mensch" in Diskussion:
Der Umzug des Homo ergaster vor ca. 1,6 Millionen Jahren vom Wald in die Savanne, wo in der heißen Sonne Antilopen gejagt wurden, macht das Fell als Wärmeisolation überflüssig, ja gerade kontraproduktiv. An den Knochen erkannten Forscher, dass er viel wanderte, rannte und von der Jagd lebte. Die Regenwälder gingen durch klimatische Veränderungen in dieser Zeit immer weiter zurück. Es entstand ein weitläufiges Savannengebiet mit knapperem Nahrungsangebot und weit auseinanderliegenden Wasserstellen. Durch die Anpassung an die neuen Lebensumstände musste der Homo ergaster ausdauernd laufen und seine Körpertemperatur gut regulieren können. Ein schweißnasses Fell hemmt deutlich die Kühlwirkung und es droht Hitzestau. Bis zu zwölf Liter kann ein Mensch am Tag schwitzen und dadurch seinen Körper auch über eine längere Zeit der Anstrengung und Belastung hinweg kühlen. Wir haben also eine im Tierreich einzigartige Regulierung der Körpertemperatur entwickelt und sind so vielen Tieren in Sachen Ausdauer um einiges voraus. Allerdings nimmt die UV-Strahlung zu, was der Schwachpunkt dieser Hypothese ist. Vor ungefähr 1,2 Millionen Jahren taucht die dunkle Hautfarbe auf, die besser mit der Strahlung klarkommt. Schimpansen tragen unter ihrem schwarzen Fell hellrosige Haut, wie vermutlich auch die Vormenschen, also insbesondere die Australopithecinen, auch noch.
Die andere und favorisierte Position ist, mit weniger Haaren gibt es weniger Ungeziefer. Es verringern sich die Blutsauger (Läuse, Zecken, Flöhe), die potentiell schwere Krankheiten übertragen. Außerdem kostet "Lausen" Zeit, die man für ändere Dinge, wie die Jagd oder das Sammeln aufwenden kann. Menschen begannen mit der Zeit sozial zu leben, Verbände zu gründen und sesshaft zu werden. Für viele Parasiten hätte dies beste Bedingungen zur Ausbreitung geboten. Demnach bietet die nackte Haut einen Reproduktionsvorteil, da sie hygienischer ist und die Übertragungsmöglichkeiten von Krankheiten reduziert.

Die heute noch vorhandene Restbehaarung hat laut Wissenschaft unterschiedliche Gründe. Das Kopfhaar schützt das hitzeempfindliche Hirn vor allzu viel Sonneneinstrahlung, die Scham- und Achselbehaarung hilft bei der Verteilung von Pheromonen, jenen Botenstoffen, die Sexualpartner anlocken sollen.

Für Wale, Delfine und Seekühe ist der Fellverlust geklärt und auch der Grund eindeutiger: Ein Fell erhöht den Wasserwiderstand. Den Wärmeverlust gleichen diese Tiere durch eine Speckschicht aus, den sogenannten "Blubber". Bei Landsäugetieren, wie Elefanten, Nashörnern und Nilpferden geht es um die ständige Überhitzungsgefahr, denn große Tiere haben im Verhältnis zu ihrer Masse weniger Oberfläche zur Verfügung als kleinere Tiere, um überschüssige Körperwärme abzugeben.

Aber so ein Fell hat auch Vorteile:
So können Tiere mit Fell tags und nachts aktiv sein, da Haare vor Kälte gleichsam wie vor zu viel Sonneneinstrahlung schützen. Damit sind die Tiere weniger von den Temperaturunterschieden abhängig. Auch können viele Tiere über ihr Fell kommunizieren. Das Aufstellen der Haare kann ein Zeichen für Angriff, Verteidigung oder Angst sein. Das Einzige, was uns Menschen davon noch als Relikt geblieben ist, ist die Gänsehaut.
Die Beherrschung des Feuers und die Erfindung der Kleidung macht den Verlust des Fells mehr als Wett. Trotz Fellverlust fanden die Menschen unterschiedliche Möglichkeiten mit anderen Individuen zu kommunizieren. So kam es zu Körperbemalungen, dem Tragen von Schmuck, dem Verfeinern von Mimik und natürlich der Entwicklung von Sprache. Es scheint also, dass der Mensch sich im Laufe der Evolution nicht nur in seinen geistigen und körperlichen Fähigkeiten steigerte, sondern sich ebenso im Bereich der Körperbehaarung immer weiter optimierte.

Wahrscheinlich liegen die Anfänge der schwindenden Haarpracht aber auch noch weiter zurück. Denn anders als die Australopithecinen (zu denen auch die berühmte "Lucy" gehört) besaß der Frühmensch Homo ergaster vor ungefähr 3 Millionen Jahren ähnliche Körperproportionen wie wir. Vor allem aber lange Beine. Dass er ausgiebig wanderte und rannte, besagen unter anderem Belastungsspuren an seinen Knochen. In der recht heißen und trockenen Graslandschaft der Savanne dürfte er bereits Wild nachgestellt haben. Bei dieser Lebensweise wäre ein Fell hinderlich gewesen. Forscher haben nämlich berechnet, dass sich der Körper damit bei Ausdauerbelastung in der afrikanischen Savanne zu sehr aufgeheizt hätte, mit der Folge Hitzschlag. Felltragende Tiere haben zwar auch Schweißdrüsen, doch dieser Schweiß ist eher schaumig-klebrig. Werden die Haare dadurch nass, behindert das sogar die Wärmeabfuhr.
Der Mensch sondert dagegen einen wässrigen Schweiß ab, bei Bedarf bis zu zwölf Liter am Tag. Hierfür vermehrte sich eine Sorte Schweißdrüsen stark, die bei Tieren nur einen kleinen Anteil ausmacht. Weil diese Flüssigkeit bei uns direkt auf der Haut verdunsten kann, ergibt sich ein enormer Kühlungseffekt. Bei heißem Wetter könnte ein Mensch, so ergab eine Kalkulation, ein Pferd im Marathon besiegen.

Es bleibt: Entweder ist es ein Vorteil, weil Parasiten weniger Chancen haben oder weil die Klimaanlage dann besser läuft.

Wobei man nicht grundsätzlich von einem "Wenn-dann" ausgehen kann. Neue Merkmale entstehen nicht weil, irgendwas gefordert wird, sondern weil sie in jener Situation begünstigt sind. Die Giraffe hat keinen langen Hals, um an hohen Bäumen zu knabbern, sondern ihr langer Hals begünstigt diese Futtermethode. Begünstigungen führen wiederum zu verändertem Verhalten und damit zu anderen Wechselwirkungen als sie andere Individuen ausüben.

Aber wozu der weiche, pigmentlose Flaum, der sich über den gesamten Körper verteilt? Handelt es sich dabei nur um ein nutzlos gewordenes Überbleibsel menschlicher Evolution? - Mitnichten, meinen Isabelle Dean und Michael Siva-Jothy von der Universität Sheffield in Großbritannien: In einem Experiment mit 19 männlichen und zehn weiblichen Studierenden konnten sie zeigen, dass das Vellushaar - aus dem sich im Laufe der Pubertät zum Teil das deutlich kräftigere Terminalhaar herausbildet - weit mehr ist als eine unliebsam gewordene Laune der Natur.

Um den Beweis anzutreten, wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zunächst ein Arm rasiert. Danach setzte das Forscherteam Bettwanzen auf die nackten und behaarten Arme der Probanden und beobachtete, wie lange die Tiere herumkrabbelten bevor ihre Mundwerkzeuge zum Biss ansetzten. Die Studierenden mussten während dieser Prozedur wegschauen und sollten jeweils Bescheid geben, wenn sie etwas auf ihrem Arm spürten.
Wie zu erwarten, benötigten die Bettwanzen auf den behaarten Armen länger, um eine geeignete Bissstelle zu finden. Auch spürten die Versuchspersonen das Krabbeln der kleinen Blutsauger auf dem unrasierten Arm eher als auf der glatten Haut.

Aus diesem Ergebnis ziehen die Forscher den Schluss, dass die feinen Körperhaare auch heute noch der Parasitenabwehr dienen.

Wenige sind im Stande, von den Vorurteilen der Umgebung abweichende Meinungen gelassen auszusprechen; die meisten sind sogar unfähig, überhaupt zu solchen Meinungen zu gelangen.
Albert Einstein, deutscher Physiker und Nobelpreisträger (1879-1955)
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Do 7. Jan 2021, 16:32

Rezension - Vortrag 8/00 Nr. 133-X "Der Ursprung des Menschen - Ist es wichtig, was man glaubt?" (Teil 3 - Laufburschen. Wie der Mensch den aufrechten Gang lernte)

Zur Erinnerung, dass waren vermutlich die gestellten Fragen in dem Vortrag:
Warum hat der Mensch so ein großes Gehirn?
Warum hat der Mensch kein Fell, wie die Affen?
Warum geht der Mensch aufrecht?
Warum hat der Mensch so eine komplexe Sprache?

Frage 1 und 2, sowie im Ansatz Frage 4 wurden bereits erörtert. Beantworten wir nun folgende Frage:

Wie kam es, dass der Affe "Mensch" seine Vorderfüße nicht mehr zum Laufen verwendete?

Eines der ältesten menschenähnlichen anatomischen Merkmale ist die Gestalt des Amboss im Mittelohr, die bereits für Australopithecus africanus (vor ca. 3 - 2 Millionen Jahren) und Paranthropus robustus (vor ca. 1,8 - 1,2 Millionen Jahren) belegt ist und sich vermutlich schon bei deren letztem gemeinsamen Vorfahren von der Gestalt des Amboss bei den Schimpansen unterschied. (#1)
Die Brustwirbelsäule bestand bereits beim 3,3 Millionen Jahre alten Fossil DIK 1-1, einem jugendlichen Australopithecus afarensis, wie bei den meisten späteren Hominini aus 12 Wirbeln und nicht, wie bei den meisten Schimpansen, aus 13 Wirbeln. (#2)
Anhand der Skelettmerkmale zahlreicher Fossilfunde konnte belegt werden, dass sich der aufrechte, zweibeinige Gang (Bipedie) in der Familie der Menschenaffen deutlich früher entwickelte als die starke Vergrößerung des Gehirns. (#3)
Der aufrechte Gang hat sich aber sehr wahrscheinlich mehrfach entwickelt. Möglich war dies, weil bereits im mittleren Miozän - vor rund 10 Millionen Jahren - bei den Vorfahren der Menschenaffen die zuvor arborikal-quadrupede (vorwärts geneigt und vierbeinig über Ästen schreitende) Fortbewegungsweise in eine suspensorische (unter den Ästen hangelnde) Fortbewegungsweise übergegangen war, was eine allmählich fortschreitende Umgestaltung von Armen, Beinen und Rumpfskelett zur Voraussetzung hatte. Diese Umgestaltung, die bei vielen Primaten-Arten des Miozäns nachweisbar ist, gilt wiederum als bedeutende Voranpassung für den späteren Übergang zu einer bodenlebenden, zweibeinig-aufrechten Fortbewegungsweise. Die markantesten Veränderungen am Fuß betrafen Bau und Zusammenspiel der Zehen- und Mittelfußknochen, die ursprünglich ein Greiforgan waren. (#4, #5)


Populäre aber unzureichende Darstellung von Veränderungen des Körperbaus im Verlauf der Hominisation

Der Knochenbau der berühmten Australopithecus "Lucy" ließ vermuten, dass diese Gattung bereits über größere Strecken aufrecht ging. Bestätigt wurde das durch 1979 gefundene Fußspuren, die 3,6 Millionen Jahren alt sind. (#6)
Durch ein biomechanisches Experiment konnte 2010 auch die Frage geklärt werden, ob er eher wie ein Schimpanse aus der Hüfte lief oder aufrecht, wie der moderne Mensch. Das Abdruckprofil des heutigen Menschen zeigt sich darin, dass Zehen und Ferse annähernd gleich tief in den Boden gedrückt werden, beim Schimpansen drücken die Zehen tiefer als die Ferse.
Demnach ist der aufrechte Gang älter als die Gattung Homo. Doch gab es vor 2 Millionen Jahren neben den aufrecht gehenden Arten nahe Verwandte, deren Knochenbau in erster Linie eine Anpassung ans Klettern zeigt. (#7)

Ältestes fossiles Zeugnis für einen, dem modernen Menschen vergleichbaren Fuß, mit Längs- und Quergewölbe ist ca. 3,2 Millionen Jahre alt. Wie die gerade, nicht-gebogene Form des Knochens und noch erkennbare Ansatzstellen der Muskeln belegen, war seinerzeit der Übergang von einem für das Klettern im Geäst optimierten Greiffuß mit leicht gebogenem Mittelfußknochen zu einem als "Stoßdämpfer" beim aufrechten Laufen fungierenden Fußgewölbe bereits weit fortgeschritten. (#8)
Auch die bei Laetoli (Tansania) freigelegten 1,51 bis 1,53 Millionen Jahre alten und Homo erectus zugeschriebenen Fußspuren liefern einen weiteren direkten Beweis für eine Form der aufrechten, zweibeinigen Fortbewegungsweise, die sich kaum von unserer unterscheidet. Analysen ergaben relativ kurze Zehen, einen parallel aufstellten Zeh (bei Affen z.B. ist er oportun wie der Daumen), einen wenig nach oben gewölbten Fuß und eine Verlängerung des Gewichts beim Laufen von der Ferse zum Ballen. (#9)

Warum es den aufrechten Gang beim Menschen überhaupt gibt, brachte einige Hypothesen hervor, von denen ich die populärsten hier nur kurz anreißen möchte:
  • Möglicherweise hat er sich schon auf dem Baum entwickelt, um auf diese Weise zum Beispiel die Früchte am Ende dünner Zweige besser erreichen zu können. Beobachten kann man das heute bei Orang-Utans auf Sumatra.
  • Im Zusammenhang mit der Nahrung steht auch der Hypothese, dass es dem Transport der Nahrung galt, wenn man zumindest zeitweise die Vorderläufe zum Halten von Essen nutzt und zweibeinig läuft. Beobachten kann man das bei Schimpansen.
  • Die Savannen-Hypothese gilt als widerlegt, wird aber besonders in Schul- und älteren populärwissenschaftlichen Büchern vertreten. Der Mensch verlagerte durch Klimawandel oder andere Einflüsse seinen Lebensraum vom Wald in die Savanne, wo Kletterkünste seltener gefragt war.
  • Das thermoregulatorische Modell, nach dem ein höher gelagertes Hirn zum Schutz vor Überhitzung mehr frischen Wind abbekommt, wurde ebenfalls ad acta gelegt. Möglicherweise hatte das Klima dennoch Einfluss auf die Entwicklung der Bipedi.
  • Die bereits widerrufene Verhaltenshypothese leitete sich aus dem Sozialverhalten der frühen männlichen Menschenaffen ab. Die monogam gewordenen Vorfahren hätten tagsüber ihre Familien allein gelassen, um Nahrung herbei zu schaffen. Und das geht über lange Strecken am Besten, wenn man zwei Gliedmaßen ständig frei hat. Sie wurde mangeks fossiler Überlieferung sofort kritisiert und es wurde dargelegt, dass monogame Primaten in der Regel keinen unterschiedlichen Entwicklungen durchlaufen. Das sei bei Polygamie zu erwarten, was auch erklärt, warum Australopithecus afarensis-Männer fast doppelt so schwer waren, wie die Mädels. Außerdem lebten sie in größeren Gruppen, was ebenfalls nicht zu monogamen Wesen passt.
  • Die Wat-Theorie erklärt die Zweibeinigkeit aus dem Waten in niedrigem Wasser, z.B. zum Muschelsammeln oder Fischfang. So kann man auch heute Bonobos, Flachlandgorillas und Nasenaffen dabei beobachten.
Ja, keine dieser Theorien ist belegt oder überhaupt aus dem Status einer Hypothese hinaus entwachsen. Aber es zeigt, dass es durchaus Ansätze und Ideen dazu gibt. Es lässt sich zumindest nicht einfach weglächeln.

Auf die Sprachentwicklung gehen wir als nächstes ein.

Wer recht erkennen will, muss zuvor in der richtigen Weise gezweifelt haben.
Aristoteles, griechischer Philosoph (384-322 v.Chr.)

Quellen:

#1 - Rolf M. Quam et al.: Early hominin auditory ossicles from South Africa. In: PNAS. Band 110, Nr. 22, 2013, S. 8847-8851, doi:10.1073/pnas.1303375110

#2 - Carol V. Warda et al.: Thoracic vertebral count and thoracolumbar transition in Australopithecus afarensis. In: PNAS. Band 114, Nr. 23, 2017, S. 6000-6004, doi:10.1073/pnas.1702229114

#3 - Zur Übersicht siehe: W. E. H. Harcourt-Smith, Leslie C. Aiello: Fossils, feet and the evolution of human bipedal locomotion. In: Journal of Anatomy. Band 204, Nr. 5, 2004, S. 403-416, doi:10.1111/j.0021-8782.2004.00296.x, PMC 1571304 (freier Volltext).

#4 - Winfried Henke, Hartmut Rothe: Stammesgeschichte des Menschen. Springer Verlag, Berlin 1999, S. 55

#5 - Peter J. Fernández, Carrie S. Mongle, Louise Leakey et al.: Evolution and function of the hominin forefoot. In: PNAS. Band 115, Nr. 35, 2028, S. 8746-8751, doi:10.1073/pnas.1800818115.

#6 - Mary Leakey et al.: Pliocene footprints in the Laetoli beds at Laetoli, northern Tanzania. In: Nature. Band 278, 1979, S. 317-323, doi:10.1038/278317a0

#7 - Leoni Georgiou et al.: Evidence for habitual climbing in a Pleistocene hominin in South Africa. In: PNAS. Online-Vorabveröffentlichung vom 30. März 2020, doi:10.1073/pnas 1914481117.
Evidence of fossil hominin locomotion. Auf: eurekalert.org vom 30. März 2020.

#8 - Carol V. Ward, William H. Kimbel und Donald C. Johanson: Complete Fourth Metatarsal and Arches in the Foot of Australopithecus afarensis. In: Science. Band 331, Nr. 6018, 2011, S. 750-753, doi:10.1126/science.1201463

#9 - "The Ileret prints show that by 1.5 Ma, hominins had evolved an essentially modern human foot function and style of bipedal locomotion." Matthew R. Bennett et al.: Early Hominin Foot Morphology Based on 1.5-Million-Year-Old Footprints from Ileret, Kenya. In: Science. Band 323, 2009, S. 1197-1201, doi:10.1126/science.1168132. - In: New Scientist vom 23. Mai 2009, S. 24, wies Richard Leakey darauf hin, dass die Zuordnung der Spuren zu Homo erectus nicht zwingend sei, da zur gleichen Zeit und in den gleichen afrikanischen Biotopen auch Paranthropus boisei und Homo habilis vorkamen.
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Mi 13. Jan 2021, 14:06

Rezension - Vortrag 8/00 Nr. 133-X "Der Ursprung des Menschen - Ist es wichtig, was man glaubt?" (Teil 4 - Hör mir zu! Wie der Mensch das Sprechen lernte)

Zur Erinnerung, dass waren vermutlich die gestellten Fragen in dem Vortrag:
Warum hat der Mensch so ein großes Gehirn?
Warum hat der Mensch kein Fell, wie die Affen?
Warum geht der Mensch aufrecht?
Warum hat der Mensch so eine komplexe Sprache?

Frage 1, 2 und 3, sowie im Ansatz Frage 4 wurden bereits erörtert. Wir trotzdem nochmal auf Frage 4 ein:

Wie kam es, dass eine differenzierte Sprache entwickelte?

FOXP2. Kennt ihr nicht? Kein Problem, erklär ich euch. Dieses, auch bei Vögeln, Primaten und Neandertalern anzutreffende Gen, ist relevant für den Spracherwerb und die Lautäußerungen. Daraus entwickelte sich die Theorie, dass eine Mutation dieses Gens vor einigen 100.000 Jahren zur Entwicklung der menschlichen Sprache geführt habe (#1). Es unterstützt sowohl das Längenwachstum als auch die Verästelung von Neuriten (#2) im sich entwickelnden Gehirn.

Bild
Schemazeichnung einer myelinisierten Wirbeltier-Nervenzelle.

Dem gegenüber steht der anatomische und feinmotorische Ansatz, laut dem die einzigartige Kontrolle über die Zunge und ihre Bewegungen, die Sprechfähigkeit hervor brachten. Eine Fähigkeit, die andere Primaten nicht aufweisen.
Die Theorie, dass die Größe des Nervus hypoglossus, der für die Kontrolle der Zungenbewegungen verantwortlich ist, die Entwicklung der Sprache voran trieb, ist verworfen, nachdem ein Fachteam aufzeigen konnte, dass die hypoglossalen Nervenkanäle von sowohl nichtmenschlichen Primaten als auch Australopithecinap im Rahmen der Werte von modernen Menschen lagen. Die Größe des Nervus hypoglossus scheint nicht mit der Kontrolle über die Zunge zusammen zu hängen (#3).
Dennoch gibt es einige anatomische Besonderheiten, die die Lautbildung begünstigen. Während z.B. Ziegen, Hunde und Großkatzen ihren Kehlkopf temporär absenken können, um lautstarke Töne von sich zu geben, ist eine permanente Absenkung des Kehlkopfes außer beim Menschen nur bei einigen Rehspezien bekannt. Dem Menschen bislang einzigartig ist jedoch, dass sich Kehldeckel und Gaumensegel nicht berühren. Dies begünstigt die Artikulation (#4).
Auch hier ist erkennbar, dass es sich um Abstufungen handeln kann, die jeweils selektive Vorteile für die Informationsvielfalt und -weitergabe mit sich brachten und so der jeweiligen Art insgesamt halfen, das Überleben zu sichern.

Das allein dieser anatomische Aspekt gilt, zweifeln wiederum andere Wissenschaftler an, da die Umgestaltung des menschlichen Sprachtrakts lange Zeit gedauert haben müsse und dadurch bereits sehr frühe Vorfahren des modernen Menschen über Sprachfähigkeit verfügt hätten.
Offenbar ist die Fähigkeit des Erlernens lautgebundener Kommunikation von den Elterntieren nicht an anatomische Merkmalen von Menschen oder Primaten gebunden, wie das Beispiel der Wale oder Vögel zeigt.

Obwohl eine endgültige Antwort noch aussteht, versucht man dennoch mit statistischen Methoden den Ursprungszeitpunkt menschlicher Sprache zu erfassen, ausgehend, bzw. zielsetzend die heutige Komplexität und Diversität zu erreichen. Eine Berechnung von 1998 kommt auf 100.000 Jahre bis zur ersten Auseinanderentwicklung der Sprachen (#5).
2012 nahm man die Phonemen (klar unterschiedliche Laute) in weltweiten Sprachen in Relation mit afrikanischen Sprachen, um greifbar zu machen, wie lange afrikanische Sprachen bereits existieren müssten, um die vorhandene Anzahl an Phonemen zu besitzen, und kam auf 350.000 - 100.000 Jahre für die afrikanischen Sprachen (#6). 2011 kam man für Südafrika auf 80.000 - 160.000 Jahre (#7). Linguisten sind nicht so zufrieden mit der Methode, da die heutige Verteilung der Phoneme nicht zweifelsohne ein Indikator für eine lange Historie der jeweiligen Sprachen ist (#8).

Anhänger des genetischen Ansatzes leiten aus der Gleichheit der entsprechenden Sequenz beim Neandertaler ab, dass auch dieser der Sprache mächtig war (#9). Eine Studie aus dem Jahr 2002 bescheinigt dem Neandertaler, trotz nicht abgesenktem Kehlkopf, einen ähnlichen Vokalraum wie beim modernen Menschen (#10).

Die Produktion von Steinwerkzeugen und anderen kulturellen Gegenständen setzt neben der gleichzeitg erfolgenden synchronischen Verständigung (zu einem Zeitpunkt auf mehreren Räumen/Populationen) auch die diachronische Verständigung (sprachlichen Erscheinungen über die Zeit hinweg im Mittelpunkt, generativ) voraus. Arbeit erfordert kognitive Dispositionen (also eine Verknüpfung zu einer Aufteilung von Arbeitsschritten und -abläufen). Dies kann nur im Rahmen einer kommunikativer Austauschformen, die ohne Sprache nicht denkbar sind, geschehen. Die Überlieferung und Aneignung von Werkzeugen sowie die Weitergabe entsprechender Fähigkeiten erfordert das Medium der Sprache. Die Sprachentwicklung wiederum ist ohne gesellschaftliche Formierung in Arbeits- und Handlungssystemen undenkbar. Eine Besonderheit menschlicher Sprache im Unterschied zu den Tiersprachen besteht aus, dass mit ihr Begriffe variantenreich und kreativ kombiniert werden können. Je komplexer und differenzierter die Sprache wird,desto feiner kann wiederum die Umwelt wahrgenommen und verarbeitet werden. Das führt soweit, dass ein Wort, in welcher menschlichen Sprache auch immer, auch anstelle des tatsächlichen Gegenstandes oder Ereignisses stehen kann und dennoch verstanden wird, um was es geht. Die Abstrahierung dieses Konzeptes führte zur Schrift und damit zur dokumentierten Menschheitsgeschichte.

Sprache wächst und wandelt demnach mit der Gesellschaft, in der sie gesprochen wird. Der Sprachschatz der Neandertaler mag aufgrund ihrer begrenzten Eingriffsmöglichkeiten in die sie umgebende Umwelt auch entsprechend geringer und variantenärmer ausgefallen sein, als der Wortschatz des modernen Menschen. Das trifft aber wohl auf alle sprechenden Homoni zu,die zu dieser Zeit gelebt haben.

Immer wieder wurde Kritik geübt, dass die philosophischen und linguistischen Abhandlungen zum Ursprung der Sprache rein spekulativ seien, da es ganz grundsätzlich an Mitteln der Hypothesenüberprüfung fehle. Und ja, man muss sich eingestehen, dass es sehr schwer ist, etwas zu erforschen, dass nicht in Sedimentschichten eingekapselt werden kann.

Die theoretischen Erklärungsansätze bezüglich der Entstehung von Sprache und der Art des abgelaufenen Prozesses unterscheiden sich erheblich. Ergebnisse der Zoosemiotik (griech. von zoon: "Tier" und Semiotik als allgemeiner Lehre der Zeichen untersucht, wie Tiere Zeichen bilden und verwenden), die Vergleichsmöglichkeiten zwischen Humansprachen und Tiersprachen bereitstellt, bilden eine Grundlage der jeweiligen Theorien und sind auch Gegenstand der Biolinguistik (#11).

Über die Art des Vorganges streiten sich die Vertreter der Naturlauttheorie und der Nachahmungstheorie. Letztere gehen davon aus, dass die Menschen zunächst Laute nachahmten, um sich zu äußern. Die Naturlauttheoretiker gehen davon aus, dass die Spezies Mensch sich ursprünglich nur der Ausrufewörter (drücken eine bestimmte Empfindung, Bewertungs- oder Willenshaltung des Sprechers aus oder übermitteln eine an den Empfänger gerichtete Aufforderung oder ein Signal der Kontaktaufnahme oder -vermeidung) bediente.
Die Annahme, dass alle menschlichen Sprachen einen gemeinsamen Ursprung in einer einzigen Quellsprache haben, heißt Monoglottogenese (oder Monogenese) und beinhaltet die Vermutung einer einzigen Proto-Welt-Sprache (z.B. die Welt vor der biblischen Sprachverwirrung beim Turmbau zu Babel). Die Polygenese wiederum geht davon aus, dass sich mehrere Sprachen zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten auf der Welt ausgebildet und verbreitet haben. Auf diese Weise entstanden Ursprachen, aus denen die heutigen Sprachen hervorgingen.

Das Thema Sprache wird sich wohl passend zum Turmbau nochmal aufgerollt und als eigene Artikelserie erscheinen.

Ihr seht: Die Wissenschaft bietet sehr wohl Ideen, Hypothesen und brauchbare Theorien zu den vier im Vortrag genannten Fragen. Vielleicht mögen sie den Kreationisten in euch nicht zufriedenstellen. Aber Magie ist nun wirklich keine plausiblere Alternative.

Und wenn wir schon beim Sprechen und Hören sind:
Der Mensch hat es so gern, wenn man über ihn spricht, dass ihn sogar eine Unterhaltung über seine Fehler entzückt.
Andre Maurois, französischer Schriftsteller (1885-1967)

Quellen:

#1 - W. Enard u. a.: Molecular evolution of FOXP2, a gene involved in speech and language. In: Nature. Nr. 418/2002, S. 869-872,PMID 12192408.

#2 - Der zugrunde liegende Begriff Neurit fasst den einzigen Fortsatz eines Neurons, mit dem es eine Erregung vom Zellkörper fort (efferent) an ausgewählte Zellen weiterleiten kann, gleich ob dieser Nervenzellfortsatz in einer Umhüllung verläuft oder nicht.
In der Umhüllung durch Gliazellen wird ein Neurit auch als Achsenzylinder oder Axon bezeichnet; Axon plus Gliahülle bilden gemeinsam eine Nervenfaser. Ein Axon wird myelinisiert genannt, wenn diese Hülle als Myelinscheide ausgebildet ist, so bei markhaltigen Nervenfasern. Da die allermeisten Neuriten im Verlauf von Glia umhüllt werden, können die Bezeichnungen Neurit und Axon nahezu synonym verwendet werden.

#3 - David DeGusta, W. Henry Gilbert & Scott P. Turner: Hypoglossal canal size and hominid speech.

#4 - Philip Lieberman: Toward an Evolutionary Biology of Language. Harvard University Press, 2006, ISBN 0-674-02184-3

#5 - Johanna Nichols: The origin and dispersal of languages: Linguistic evidence. In: Nina Jablonski und Leslie C. Aiello, eds. (Hrsg.): The Origin and Diversification of Language (= Memoirs of the California Academy of Sciences. Nr. 24.). California Academy of Sciences, San Francisco 1998, S. 127-70.

#6 - C. Perreault & S. Mathew: Dating the origin of language using phonemic diversity. In: PLoS ONE. Band 4, Nr. 7, 2012, doi:10.1371/journal.pone.0035289PMC 3338724 (freier Volltext).

#7 - Atkinson, Quentin: Phonemic Diversity Supports a Serial Founder Effect Model of Language Expansion from Africa. In: Science Magazine. Nr. 332, 2011, S. 346–349.

#8 - Keith Hunley, Claire Bowern, und Meghan Healy: Rejection of a serial founder effects model of genetic and linguistic coevolution. Proceedings of the Royal Society B. 2. Januar 2012.

#9 - J. Krause u. a.: The derived FOXP2 variant of modern humans was shared with Neandertals. In: Current Biology. Nr. 17/2007, S. 1908-1912, PMID 17949978.

#10 - Louis-Jean Boë, Jean-Louis Heim, Kiyoshi Honda, Shinji Maeda: The potential Neandertal vowel space was as large as that of modern humans. doi:10.1006/jpho.2002.0170.

#11 - Was ist Biolinguistik?

Die Biolinguistik versteht sich als ein interdisziplinäres Forschungsgebiet, in dem die Verbindung zwischen Biologie und Linguistik im Mittelpunkt steht. Genutzt werden insbesondere Erkenntnisse aus den Kognitionswissenschaften und der Ethologie, der Neurobiologie und der Genetik, der Anthropologie, vergleichenden Psychologie und der theoretischen Linguistik, um die Evolution menschlicher Sprache zu verstehen. Die Sprachfähigkeit des Menschen wird "als biologische Eigenschaft aufgefasst, die es - ähnlich wie andere biologische Eigenschaften - mit Hilfe der biologischen Methoden zu untersuchen gilt"

Weitere Informationen zur Sprachentwicklung beim Kindern:

Sprache macht den Menschen
Max-Planck-Gesellschaft, 19. Februar 2016
https://www.mpg.de/9966424/sprachentwicklung-kinder-ueberblick
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"If the biggest problem that you're having in the twenty-first century involves
what other people's genitals look like, and what they're doing with those genitals
in the presence of other consenting adults, you may need to reevaluate your
priorities." - Forrest Valkai


("Wenn das größte Problem, das du im 21. Jahrhundert hast, darin besteht, wie
anderer Leute Genitalien aussehen und was diese damit in Gegenwart anderer
Erwachsener mit deren Einverständnis machen, musst du möglicherweise deine
Prioritäten neu bewerten.")

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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Sa 16. Jan 2021, 00:28

Video: Odyssee des Schreibens (1/3): die Ursprünge der Schrift | Doku | ARTE (51:18)

Ich schrieb in der letzten Rezension ja bereits über die Entstehung der Sprache. Darauf aufbauend wurde natürlich die Schrift entwickelt. Deutlich später.


https://m.youtube.com/watch?v=4OhYHzj1LJU

Premiere am 18.11.2020

Schreiben ist heute für die meisten etwas Selbstverständliches. Die Schrift ermöglicht es, über Zeit und Raum hinweg mit anderen Menschen zu kommunizieren. Ohne die Erfindung des Alphabets hätte die moderne Welt unmöglich entstehen können. Doch wer kam auf diese geniale Idee? Die erste Folge der Dokumentationsreihe nimmt die Zuschauer mit auf eine historische Entdeckungsreise: Von Ägypten über Australien bis nach China ergründet sie die Entwicklung der Schrift – von den ersten Zeichen bis zu den Buchstaben, die heute allgegenwärtig sind. Die Schrift spielte in der Entwicklung von Hochkulturen eine äußerst wichtige Rolle – eine bahnbrechende Erfindung, die nunmehr 5.000 Jahre alt ist. Ohne die Schrift wären das Entstehen moderner Gesellschaften und technische Innovationen nicht möglich gewesen. Einer der bedeutendsten Meilensteine der Menschheitsgeschichte war die Entstehung des Alphabets. Archäologen vermuten seinen Ursprung in Ägypten, wo sie einige simple, in Stein gehauene Symbole fanden.

An zahlreichen Orten kamen zu verschiedenen Zeiten erste Formen von Schrift auf, die auch Gemeinsamkeiten aufzeigten: Das Bild ging der Schrift voraus und entwickelte sich weiter zum Schriftzeichen. So resultieren heute zum Beispiel der erste Buchstabe unseres Alphabets A aus dem Abbild eines gedrehten Stierkopfes und das M aus dem welligen Symbol für Wasser. Wie die Buchstaben sich entwickelt haben, ist heute allerdings nur den wenigsten bekannt.

Dokureihe von David Sington (F 2020, 52 Min)

Re-Upload von Doku Nick
Alternativ in der ARTE-Mediathek:
https://www.arte.tv/de/videos/RC-020387/vom-schreiben-und-denken-die-saga-der-schrift/

Teil 2 und 3 dieser Dokumentation folgen.

(8506 Klicks bei den Chuck Norris Witzen und 8255 hier. Es fehlen noch 251 Klicks trennen noch.)
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Mo 18. Jan 2021, 14:32

Video: Odyssee des Schreibens (2/3): Imprimatur | Doku | ARTE (51:01)


https://m.youtube.com/watch?v=281ghKZr2E8

Am 19.11.2020 veröffentlicht

Die Geschichte der Menschheit wurde stark von den Wechselbeziehungen zwischen Europa, Asien und der arabisch-islamischen Welt geprägt. Die Schriftsysteme dieser drei großen Kulturräume spiegeln ihre Gegensätze wider und greifen auf sehr unterschiedliche Techniken zurück. Die zweite Folge der Dokumentationsreihe beschäftigt sich mit dem Einfluss, den Schreibgeräte und ‑materialien auf die Entwicklung einer Kultur haben. Die Verwendung von Feder oder Pinsel, Papyrus, Pergament oder Papier bestimmte lange Zeit, wer in einer Gesellschaft lesen und schreiben konnte – bis die Erfindung des Buchdrucks die Karten neu verteilte. Welche Rolle spielte das Schreiben bei der Entwicklung der Zivilisationen? Seit es Schrift gibt, nutzen die großen Imperien der Geschichte sie für Kommunikation und Verwaltung. Darüber hinaus wurde die Weitergabe von Informationen schnell zu einem wichtigen Faktor für das Aufblühen von Kultur und Wissenschaft. Die Erfindung des Papiers ließ in China und später in der islamischen Welt Gelehrsamkeit und Bildung gedeihen – bis in Europa die bahnbrechende Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg für weitere Umwälzungen sorgte. Buchdrucker, Kalligrafen und Handwerker bewahren jahrtausendealte Techniken und machen den Siegeszug der Schrift für die Zuschauer erlebbar. Die Dokumentation verdeutlicht die zentrale Rolle von Schreibtechniken im Ringen um Einfluss zwischen Europa, China und der arabisch-islamischen Welt.

Dokureihe von David Sington (F 2020, 52 Min)

Re-Upload von Doku Nick
Alternativ in der ARTE-Mediathek:
https://www.arte.tv/de/videos/RC-020387/vom-schreiben-und-denken-die-saga-der-schrift/

Teil 3 folgt.
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Di 19. Jan 2021, 11:07

Video: Odyssee des Schreibens (3/3): eine neue Ära | Doku | ARTE (52:45)


https://m.youtube.com/watch?v=lTLbLE6wR_c

Am 20.11.2020 veröffentlicht

Im 20. Jahrhundert setzten Reformer und Revolutionäre die Schrift zu politischen Zwecken ein: Atatürk, Stalin und Mao. Sie alle versuchten mit unterschiedlichem Erfolg eine Schriftreform durchzusetzen. Was geschieht mit der Identität und Geschichte eines Volkes, wenn sich seine Art zu schreiben verändert? Die Schrift entwickelte sich aus einem gemeinsamen Ursprung und nahm im Laufe der Geschichte ganz unterschiedliche Formen an. Heute erobern digitale Technologien die Welt. Werden die neuen globalen Kommunikationsformen auch eine universelle Art des Schreibens hervorbringen? Die Schrift eines Kulturkreises hatte schon immer maßgeblichen Einfluss auf das Denken und das Bewusstsein ihrer Mitglieder. Wenn die Schrift sich verändert – verändert sich dann auch der Mensch?

Dokureihe von David Sington (F 2020, 53 Min)

Re-Upload von Doku Nick
Alternativ in der ARTE-Mediathek:
https://www.arte.tv/de/videos/RC-020387/vom-schreiben-und-denken-die-saga-der-schrift/
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Do 21. Jan 2021, 23:14

Panspermie - Bausteine, die vom Himmel fallen (Teil 1 - Heidelberg-Initiative und Grundbegriffe)

Damit Leben entsteht, müssen die richtigen Zutaten zur richtigen Zeit am richtigen Ort in der richtigen Zusammensetzung zusammen finden.
So ein oft gehörter Einwand von kreationistischer Seite.
Und sowas geht ja nicht in einer lebensfeindlichen Umgebung.

Leben fällt ja nicht vom Himmel. Oder etwa doch?

Dieser wahrlich existenziellen Frage widmen sich Wissenschaftler der "Heidelberg Initiative for the Origins of Life". Sie gehen noch einen Schritt weiter und untersuchen die Bedingungen, unter denen Leben entstehen kann.

Es betrifft mal wieder die großen Fragen:
Wie entstand das Universum? Wie entstand die Erde? Wie entstand das Leben? Gibt es das auch woanders oder sind wir allein in den Weiten des Alls?
Wissenschaftler auf der ganzen Welt versuchen sich diesen Rätseln zu nähern und erringen in der Regel Teilantworten. Und lange Zeit gab es eine klare Trennung der Zuständigkeiten: Für das Weltall und die Planeten sind Astronomen und Physiker verantwortlich, für das Leben Biologen und Chemiker. Aber neuere Forschungsfelder zwingen dazu, diese Trennung aufzugeben und Spezialwissen zusammen zu werfen.

In Heidelberg hat man sich zum Beispiel zusammen gesetzt. Die obige Initiative, gegründet vom Direktor am Heidelberger Max-Planck-Institut für Astronomie, Thomas Henning, vereint Forscher aus Chemie, Physik den Geowissenschaften und den Biowissenschaften.
Auslöser war die Entdeckung von immer mehr Gesteinsplaneten bei anderen Sternen. Mitlerweile ist klar, dass es von denen mehr gibt, als von jupiterähnlichen Gasriesen, die anfangs deutlich leichter zu entdecken waren. Allein in unserer Milchstraße sind es Hochrechnungen nach mehrere Milliarden. Es erscheint plausibel, anzunehmen, dass es auf irgendeinem - ja wohl auf mehreren - ebenfalls Leben geben könnte oder zumindest Umweltbedingungen herrschen, die die Entstehung von Leben, wie wir es kennen, begünstigen.

Und genau da setzt die Arbeit der Heidelberger an:
Es geht nicht nur darum, wie Leben auf der Erde entstanden sein könnte, sondern wie ganz allgemein die Bedingungen sein müssen, damit so etwas passiert. Eben auch auf extrasolaren Planeten.

2017 gab es eine Veröffentlichung vom Institut in Zusammenarbeit mit der McMaster University aus Kanada. Es gab Lob und Kritik. Letzteres von angestammten Origin-of-life-Wissenschaftlern. Was verstehe immerhin ein Astronom von Biomolekülen, selbst wenn er sich mit Astrochemie auskennt? Astronomen können aber durchaus zu den Fragen beisteuern, welche Bedingungen wohl geherrscht haben, als sich die ersten Lebensmoleküle bildeten oder deren Vorformen und warum es passierte.

Doch was ist eigentlich Panspermie?

Panspermie ist die Hypothese, die besagt, dass sich einfache Lebensformen über große Distanzen durch das Universum bewegen und so die Anfänge des Lebens auf die Erde brachten. Dabei leitet sich das Wort aus dem Altgriechischen ab, "pan" für alles und "sperma" für Samen. Grob übersetzt der "All-Samen". Entweder in seiner Bedeutung "Same aus dem Weltall" oder "Der Same für alles".
Die Vertreter dieser Hypothese versuchen damit den scheinbaren Widerspruch zwischen der Komplexität des Lebens auf der einen Seite und der vergleichsweise kurzen Zeit für seine Entstehung auf der anderen Seite zu lösen. Von den meisten Wissenschaftlern wird die Panspermie jedoch bisher als reine Spekulation betrachtet, da bislang nur auf der Erde Leben nachgewiesen werden konnte.

Überlegungen dazu gab es bereits durch den griechischen Philosophen Anaxagoras (499-428 v.u.Z), die durch Aristoteles (384-322 v.u.Z) Überlegungen zur spontanen Lebensentstehung wieder in Vergessenheit gerieten. Für die Juden, die Christen und die Muslime stellte sich in den darauffolgenden Jahrhunderten diese Frage nicht.
Erst mit Charles Darwins (1809-1882) Begründung der biologischen Evolutionstheorie (1859) und Louis Pasteurs (1822-1895) Experimenten zur Frage der Urzeugung (generatio aequivoca, 1884) ergab sich für die Wissenschaft erstmals sehr deutlich das Problem, wie die ersten Lebewesen auf der Erde entstanden.
Ernst Heackel formulierte 1866 die Auffassung der primären Urzeugung, Archigonie oder Autogenie. Die Panspermie hatte ebenfalls sehr berühmte Vordenker:

Der Schwede Jöns Jakob Berzelius (1779-1848) führte die chemische Symbolsprache mit den Buchstaben für die chemischen Elemente ein und bestimmte erstmals eine Vielzahl der Atommassen von Elementen genau. Er entwickelte ein erstes Modell zum Verständnis der Elektrolyse und zu Stoffumsetzungen durch die Annahme einer positiven und einer negativen Ladung in jedem Teilchen und stellte damit die Chemie auf wissenschaftliche Füße.
Beinahe wäre dieser Naturwissenschaftler aber nie geworden, da er sich bis zur Teilnahme an den elektrischen Versuchen seines Stiefbruders Kristofer Ekmarck kein sonderliches Interesse für Naturwissenschaft hatte. 1802 schrieb er seine Dissertation "Effekte von galvanischer Elektrizität" und wies nach, dass der damals modische Galvanismus keinen praktischen medizinischen Nutzen zeigte. Für diese Dissertation begann er schon mit elektrochemischen Experimenten und baute dafür eine Volta'sche Säule (Batterie). Berzelius’ Veröffentlichung zur Elektrochemie beeinflusste auch Humphry Davy, der 1806 erfolgreich elektrochemische Experimente durchführte, welche diesem, zur Enttäuschung von Berzelius, eine viel höhere Anerkennung eintrugen. Und er gebrauchte erstmals den Begriff "organische Chemie".

Der bereits erwähnte Franzose Louis Pasteur war Chemiker, Physiker, Biochemiker und Mitbegründer der Mikrobiologie, der entscheidende Beiträge zur Vorbeugung gegen Infektionskrankheiten durch Impfung geleistet hat. Eine seiner ersten Arbeiten war die Entwicklung der Stereochemie, mit der er auf die Asymetrie von Molekülen schließen konnte. Mit dieser konnte er nachweisen, dass an der Gärung, entgegen der konkurrierenden Hypothese sie sei rein chemisch (vertreten durch Justus Liebig und Jöns Jakob Berzelius), Lebewesen beteiligt waren. Gleichzeitig galt damit die seit der Antike diskutierte Frage, ob unter Alltagsbedingungen Leben spontan entstehen kann, als entschieden. Bei seinen Studien entdeckte er auch Mikroorganismen, die für ihre Stoffwechselprozesse keinen Sauerstoff benötigen. Eine praktische Umsetzung seiner Arbeiten war ein Verfahren zur Haltbarkeitmachung flüssiger Lebensmittel, die Pasteurisierung.
1863 gelang es ihm, zwei Körperflüssigkeiten zu konservieren, ohne sie zu erhitzen: Urin und Blut. Er gewann sie direkt aus den Venen beziehungsweise der Harnblase von Tieren. Solange er sie nur keimfrei gemachter Luft aussetzte, veränderten sie sich nicht. Das war auch ein wesentlicher Beitrag zum aseptischen Arbeiten.
1877 wurde Pasteur vom britischen Wissenschaftler Henry Charlton Bastian herausgefordert, der sponatane Lebensenstehung in sterilem Urin beobachtet hatte. Die Untersuchungskommision trat nie zusammen. Auf Bastians Protest hin untersuchten Pasteurs Mitarbeiter Jules Joubert und Charles Chamberland den Aufbau des Eyperiments und stießen dabei auf erstaunlich hitzeresistente Mikroorganismen.
In einer unveröffentlichten Notiz von 1878 spekulierte Pasteur darüber, dass die spontane Entstehung von Leben doch möglich sein müsse, weil sie am Anfang des Lebens gestanden haben müsse (#1).

Der deutsche Arzt Hermann Richter (1808-1876) machte sich durch seine vielseitige medizinschriftstellerische Tätigkeit bekannt, bemühte sich um eine zeitgemäße Medizinalreform, suchte Therapien auf eine naturwissenschaftliche Basis zu stellen und veranlasste 1872 die Gründung des deutschen Ärztevereinsbundes.

Der britische Physiker William Thomson, 1. Baron Kelvin, besser bekannt als Lord Kelvin (1824-1907) hat bahnbrechende Ideen auf den Gebieten der Elektrizitätslehre und der Thermodynamik vorangetrieben. Die Einheit Kelvin wurde nach ihm benannt, mit der er im Alter von 24 Jahren die thermodynamische Temperaturskala einführte. Außerdem war er der erste, der das Kraftlinien-Konzept von Michael Faraday mathematisch formulierte. Die Theorien von Thomson aus den 1850er Jahren waren von wesentlichem Einfluss auf James Clerk Maxwells eigene dynamische Theorie der Elektrizität und des Magnetismus, einschließlich von Licht als elektrodynamischer Erscheinung. Aber Thomson lehnte dessen Theorie lange Zeit ab, ebenso das Atom-Konzept und war Gegner der Ideen Ernest Rutherfords zur Radioaktivität.
Er redete auch bei der Evolutionstheorie mit und schätzte 1862 das Alter der Erde auf 25-400 Millionen Jahre, wobei 98 Millionen Jahre der wahrscheinlichste Wert sei. 1869 erklärte er, dieser Zeitraum sei zu kurz für die von Darwin angenommenen Mechanismen und schlug vor, das Leben habe mit einem Meteoriten die Erde erreicht. Die Entstehung des Lebens grenzte er später auf 24,1 Millionen Jahre ein. Zu diesem Ergebnis kam er aufgrund der noch vorhandenen Erdwärme, von der niemand zu dem Zeitpunkt wusste, dass sie durch radioaktive Prozesse gespeist wird. Als später Messungen des radioaktiven Zerfalls zu höheren Werten führten, revidierte er seine Meinung nicht.
Er hob seine thermodynamischen Berechnungen über die "vagen Beobachtungen" von Geologen, wie etwa Darwin, der abschätzte, dass es ca. 300 Millionen Jahre gedauert haben müsse, bis ein 500 Fuß (ca. 130 Meter) hohes Kalkstein-Kliff im Süden Englands durch das Meer abgetragen wurde (#2). Der Lord bezweifelte dieses Ergebnis auch, weil er 1862 als dauerhafteste Energiequelle für die Sonnenstrahlung die von Helmholtz vorgeschlagene Freisetzung gravitativer Bindungsenergie vermutete. Unter der Annahme, dass die Sonnenmasse stark zum Zentrum hin konzentriert sei, wäre ihr Alter unter 100 Millionen Jahren (#3). Den radioaktiven Zerfall, den Ernest Rutherford 1904 als Quelle der Erdwärme noch zu seinen Lebzeiten Lord Kelvins vorschlug, wollte er nicht annehmen. Die Entdeckung der Kernfusion, die die Energieabgabe der Sonne über geologische Zeiträume erklärte, erlebte er nicht mehr.

Der deutsche Physiologe und Physiker Hermann Ludwig Ferdinand Helmholtz (1821-1894), war einer der einflussreichsten Naturwissenschaftler seiner Zeit und leistete wichtige Beiträge zur Optik, Akustik, Elektrodynamik, Thermodynamik und Hydrodynamik. Beispielsweise gelangte Helmholtz zu Beginn seiner wissenschaftlichen Arbeit durch physiologische Untersuchungen über Gärung, Fäulnis und die Wärmeproduktion der Lebewesen (die er hauptsächlich auf Muskelarbeit zurückführte) zur Ausformulierung des Energieerhaltungssatzes, also eines elementaren Gesetzes der Physik. Er wies den Ursprung der Nervenfasern süß Ganglienzellen nach, entwickelte den Augenspiegel, maß die Nervenleitgeschwindigkeit bei Fröschen (#4, #5), verhalf der additiven Theorie Thomas Youngs des Farbensehens zum Durchbruch, wobei er zeigte, dass drei Grundfarben - im Gegensatz zu Young, der sechs annahm - zur Erzeugung aller anderen genügen, vermutete drei Arten von Farbrezeptoren, erfand 1851 das Ophthalmometer und 1857 das Telestereoskop, entwickelte eine mathematische Theorie zur Erklärung der Klangfarbe durch Obertöne, die Resonanztheorie des Hörens und darauf basierend "Die Lehre von den Tonempfindungen als physiologische Grundlage für die Theorie der Musik" (1863), stellte die Wirbelsätze auf, untersuchte Wirbelstürme, Gewitter und Gletscher und begründete damit die wissenschaftliche Meteorologie, erfand die Helmholtz-Spule und den Helmholtz-Resonator. u.s.w.
Zu den herausragendsten späteren Leistungen von Helmholtz zählen die drei Abhandlungen über die "Thermodynamik chemischer Vorgänge" (1882/1883). Hier wandte Helmholtz die Hauptsätze der Thermodynamik auf die Elektrochemie an. Er führte den Begriff der freien Energie ein, mittels der sich voraussagen lässt, ob eine chemische Reaktion nach Gesetzen der Thermodynamik (Gibbs-Helmholtz-Gleichung) möglich ist.

All diese klugen Köpfe führten der Panspermie-Hypothese vergleichbare Gedanken an, oft aber nicht immer mit dem Postulat der Ewigkeit des Lebens verbunden, was letztendlich einer der Kritkpunkte wurde.

#1 - Louis Pasteur: Sur l’origine de la vie. Unvollständige Wiedergabe in Pasteur Vallery-Radot (Hrsg.): Œuvres de Pasteur. Band 7: Mélanges scientifiques et littéraires. Masson, Paris 1939, S. 30 f. Vollständigere Version in Patrice Pinet: Pasteur et la philosophie. Harmattan, Paris 2004, S. 63 f.

#2 - Heuel-Fabianek, B. (2017): Natürliche Radioisotope: die "Atomuhr" für die Bestimmung des absoluten Alters von Gesteinen und archäologischen Funden. Strahlenschutz Praxis, 1/2017, S. 31-42.

#3 - William Thomson: On the Age of the Sun’s Heat. In: en:Macmillan's Magazine. 5, 1862, S. 388-393.

#4 - Henning Schmidgen: Die Helmholtz-Kurven. Auf der Spur der verlorenen Zeit. Merve Verlag, Berlin 2009.

#5 - Franziska Roeder, Ein Mikroskop für die Zeit, Magisterarbeit an der Humboldt-Universität zu Berlin, 2011.

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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » So 24. Jan 2021, 23:50

Fossil aus Namibia hilft bei der Lösung von Darwins Dilemma (Link)

Das als "Kambrische Explosion" bekannte Evolutionsereignis ist seit Langem Gegenstand wissenschaftlicher Spekulation und das unvollständige Allgemeinwissen dazu bietet Kreationisten Vorschub. Das scheinbar plötzliche Erscheinen neuer Tierstämme verwirrte bereits Darwin. Deshalb wird dieses Ereignis auch gern "Darwins Dilemma" genannt. Heute bezweifeln Paläontologen, dass eine Artenexplosion stattfand. Den plötzlichen Fossilienreichtum des Kambriums sehen die Wissenschaftler als Konsequenz der Entwicklung von harten Schutzpanzern, die sich besser erhalten als die weichen Körper der Ediacara-Organismen (#1). Ein gut erhaltenes Fossil aus dem späten Ediacarium liefert nun erstmals einen handfesten Beweis.

Fossil aus Namibia hilft bei der Lösung von Darwins Dilemma
https://www.derstandard.at/story/2000123304069/fossil-aus-namibia-hilft-bei-der-loesung-von-darwins-dilemma

#1 - Als Ediacara-Fauna werden die Makrofossilgesellschaften aus der Zeit des ausgehenden Proterozoikums vor etwa 580-540 Millionen Jahren bezeichnet. Es handelt sich um Abdrücke in Schelfsedimenten, die nach dem berühmtesten Fundort, in den südaustralischen Ediacara-Hügeln, benannt wurden.
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Mi 3. Feb 2021, 09:32

Ist James Cameron eigentlich Darwinist? (Link)

Diese Frage stellte sich Thomas Heams auf der englischsprachigen Website von Sylvestre Huet.
Und der deutschsprachige Wissenschaftler Georg Hoffmann von IMAU - University Utrecht war so frei es, mit Erlaubnis des Urhebers zu übersetzen und am 28. Dezember 2009 auf scienceblog.de erneut zu veröffentlichen.
Besprochen wird eine etwas andere Filmbetrachtung zu Avatar - Aufbruch nach Pandora, der Film, der vor Avengers- Endgame der konmerziell erfolgreichste Film war.

https://scienceblogs.de/primaklima/2009/12/28/ist-james-cameron-eigentlich-darwinist/
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Di 9. Feb 2021, 01:02

Wie wahrscheinlich ist deine Existenz?
Ich habe eine wirklich gelungene Infografik zur statistischen Wahrscheinlichkeit, dass gerade DU (genau, du, ich schreibe dir) existierst. Es ist eher unterhaltsam als hundertprozentig mathematisch korrekt. Man hätte sicher ohne weiteres noch etliche Variablen einfügen können. Aber es ist spannend, eine Zahl zu sehen, die angibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit jeder von uns auf diesem Planeten lebt.
Die berechnete Wahrscheinlichkeit ist laut Autor Ali Binazir die gleiche wie die, dass "2 Millionen Menschen an einem Tisch sitzen und Würfel mit einer Billion Seiten werfen, und dabei alle die gleiche Zahl erwürfeln."

Klickt, wie gewohnt, auf das Bild, um es zu vergrößern.


(8508 Klicks bei den Chuck Norris Witzen und 8320 hier. Es trennen noch 188 Klicks.)
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