Rezension: "Vergewissert euch aller Dinge; haltet an dem fest, was vortrefflich ist" (1974) - Teil 4: Mutation und Evolutionsglaube
Das Buch geht nun auf die Bedeutung und die scheinbare Fehlinterpretation von Mutationen ein:
https://www.jw.org/finder?wtlocale=X&docid=1101965060&srctype=wol&srcid=share¶graph=71
(Springt genau zum gleich besprochenen Absatz.)
Das erste Zitat beschreibt im Grunde den Wirkmechanismus der Evolution. Schädliche Mutationen werden von der Selektion ausgesiebt. Was an diesem Zitat nun gegen Evolution und für einen Schöpfer spricht, erschließt sich mir nicht.
Das zweite Zitat setzt negative und positive Mutationen auch noch in ein einigermaßen plausibles Verhältnis und bekräftigt dass erste Zitat. Ja, deutlich mehr Mutationen sind schädlich für den Organismus, als nützlich. Aber, Obacht: Die allermeisten Mutationen sind neutral und haben keine Folgen für den Organismus.
Und auch das dritte Zitat zaubern keinen Gott aus dem Hut. Ja, die meisten Vorgänge bei der Replikation von DNA sind fehlerfrei. Mehrere Prüfverfahren und Reparatureinheiten sorgen für eine geringe Fehlerquote. Da es aber Mutationen gibt, ist klar, dass sie eben nicht fehlerfrei arbeiten. Krebs ist eine solche Mutation. Sie ist für den Wirt natürlich schädlich, für das mutierte Zellgewebe aber positiv, denn sie vermehren sich rasanter als die umgebenden Zellen. Das würden sie nicht tun, wenn die Mutation schlecht für sie wäre. Von daher sind die Begriffe positiv und negativ vermutlich nicht so gut geeignet, die Folgen einer Mutation wertfrei wiederzugeben.
Aber auch das vierte Zitat lässt, trotz seiner Auslassungszeichen, die sicherlich wieder relativierendes und erhellendes Material enthalten hätten, erkennen, dass es nicht etwa um einen Evolutionsgegner geht, sondern um einen Teil der wissenschaftlichen Diskurse, die ein lebendiges Forschungsfeld mit neuen Ideen nähren. Da auch jetzt, fast 60 Jahre nach dem verstümmelten Zitat, Mutationen als Triebkraft der Evolution betrachtet werden, weil sie für neues Genmaterial im Gesamtpool sorgt, scheinen Forscher irgendwie Spaß, Begeisterung oder schlicht Bestätigung für ihre absurde Idee zu haben, Lebewesen würden durch Veränderung im Erbgut auch selbst Veränderungen unterworfen sein.
Das bereits verlinkte das E.Coli-Langzeitexperiment und ich mache es hier wieder:
... 049, 01.10.2018: Rezension: Die DNA: Bibliothek des Lebens - Teil 2: Experimentelle Evolutionsforschung - Richard Lenski und das E.Coli-Langzeitexperiment (2013)
Durch was sonst haben sich die E.Coli-Organismen an ihre mangelhafte Umgebung angepasst, als durch zufällige Veränderung ihres Erbgutes? Gemeinhin als Mutation bekannt. Ich werde an späterer Stelle ausführlicher auf diese Forschung eingehen. Im Moment genügt dieser Ausschnitt.
Aufgrund der selektiven und kontextverzerrten Auswahl der Zitate vermutlich namhafter Wissenschaftler wird der Eindruck erweckt, als hätten wir es bei der Evolutionstheorie mit einem Fantasiegebilde zu tun, das Dogmen gleich von einer weltverschwörerischen Organisation in die Köpfe der Menschen genietet wird. Ein von Forschung und Vernunft losgelöstes Machwerk.
Wie sonst könnte dann der Zitatmarathon unter der Teilüberschrift "Warum an die Evolution geglaubt wird" gerechtfertigt sein?
Alle Zitate, die angeführt werden haben eines gemeinsam: Sie sind alt. Selbst das neueste ist zum Erscheinungsjahr des Buches 24 Jahre alt. Das ist grundsätzlich ja nicht gleich falsch, zeigt aber, dass man lieber keine zeitgenössischen Zitate verwenden möchte, da die Quellenlage und der Forschungsstand wohl ein anderer sind. Die ersten zwei Zitate kreiden zudem an, was sie selbst ausführen. Sie stützen ihre Argumente nicht auf Beweise, sondern auf Autoritäten. All die angesprochenen Forschungsfelder sind Teil der Evolutionsforschung. Zell- und Genforschung verraten viel über den Verwandschaftsgrad von Arten. Besonders die Phylogenetik, also die Wissenschaft, die sich mit den Teilen der DNA befasst, die nicht von uns selbst stammt, sondern von Viren und Bakterien eingewebt wurde, hat in den letzten Jahren deutlich zu der Bestätigung gängiger Ahnenlinien geführt, aber auch einige Ideen über Bord geworfen.
Das ist hier in diesem Thread vermutlich eher eine mittelgroße Überraschung, aber die gemeinsame Abstammung des Menschen und des Affen (besonders des Schimpansen) gehört nicht zu den umgestoßenen Thesen.
Aber es ist in sofern klar, dass es schwer ist, einer Theorie zu folgen, die so sehr gegen das Fest zementierte Weltbild gottgleicher Wesen auf Erden (ja nur ein wenig geringer, aber doch sowas von deutlich über den fliegenden Geschöpfen des Himmels, den Geschöpfen der Meere und jedes kriechende Tier, dass sich auf der Erde regt) geht.
Dass die Erde sich dreht? Okay.
Dass die Erde nicht der Mittelpunkt des Universums ist? Geschenkt.
Aber, dass wir mit dem Affen im Zoo verwandt sind? No way.
Gehen wir zum Abschluss noch einmal auf die 1974 noch feststehende Chronologie ein. Wenn wir uns noch einmal gedanklich zum 1. Teil zurück begeben, erinnern wir uns vielleicht noch an folgendes Zitat:
Wie kommt man 1974 zu so einer Aussage?
Voweg sei gesagt, dass man in modernen Publikationen lieber "von einigen tausend Jahren" spricht, um weniger Angriffsfläche zu bieten. Ab und an lässt man sich sogar auf "einige Millionen Jahre" ein.
Schauen wir uns mal an, was das Büchlein über die Chronologie so alles zu sagen hat.
Link dazu hier: https://wol.jw.org/de/wol/d/r10/lp-x/1101965039#h=57:0-81:214
Vor der rot markierten Stelle wird von der Eroberung Babylons durch Cyrus im Jahre 539 v.u.Z. rückwarts bis Adams Erschaffung gerechnet. Da nimmt man auch noch geschichtswissenschaftliche Quellen herzu. Für den Befreiungserlass der Juden unter König Cyrus (537 v.u.Z) und die Zerstörung Jerusalems (607 v.u.Z.) komischerweise nicht (Daniel 9:1-2 und Esra 1:1-3, Jesaja 25:11-12, 29:10, 2. Chronika 36:20-21). Dann geht es durch Hesekiel 4:1,2,4-6 nochmal 390 Jahre zurück. Und so weiter... Könnt ihr komplett auch selbst nachvollziehen.
Kurzum wir sind etwa 6000 Jahre von der Erschaffung Adams entfernt.
Das Wort "Tag" hat verschiedene Bedeutungen. Das können wir in sofern nachvollziehen, da der Tag bei uns auch einen 24-Stundentag oder die hellere "Hälfte" eines solchen Tages ist (im Gegensatz zur dunklen Nacht). Da in 2. Mose 20:11 von der Schöpfungswoche in Tagen gesprochen wird und Gott seither am 7. Tage ruht, die Schöpfung aber nicht jede Woche auf's Neue beginnt, dürfte was anderes als "Tag" im 24-Stunden-Sinn gemeint sein.
Kurz vor dem Ende des 6. Tages erschuf Gott Adam und Eva. Dann ruhte er sich aus. Das heißt sein Ruhetag ist bisher nahezu 6000 Jahre schon im Vollzug.
Aber es kommt ja noch die Tausenjahrherrschaft des Christus, an deren Ende der zu diesem Zeitpunkt gebundene Satan zur Schlussprüfung wieder freigelassen und anschließend vernichtet wird (Offenbarung 20:4-6, Matthäus 12:8, Offenbarung 20:1-3, 7-10, 14-15).
Obacht jetzt kommt der Grund, warum unser Universum 1974 laut Wachtturm-Gesellschaft noch nicht einmal 49.000 Jahre alt gewesen sein soll:
Begründet mit 2. Mose 20:8-11, 4. Mose 14:34 (Ein-Tag-für-ein-Jahr-Regel) und Hes 4:6 (ebenso).
Ohne jeden Beweis für diese jungkreationistische Behauptung wird hier seitenlang erklärt, dass es ja wohl gar keine Beweise für positiv selektierbare Mutationen gebe, entgegen der empirischen Quellenlage, die erklärt, dass es so ist.
Da ich in nächster Zeit noch weitere Rezensionen über Wachtturm-Publikationen verfassen werde, kommen wir vielleicht mal der Frage nach, wann die Glaubensgemeinschaft den Junge-Erde-Kreationismus ad acta gelegt hat.
Also entgegen dem Motto des Buches:
Das Buch geht nun auf die Bedeutung und die scheinbare Fehlinterpretation von Mutationen ein:
https://www.jw.org/finder?wtlocale=X&docid=1101965060&srctype=wol&srcid=share¶graph=71
(Springt genau zum gleich besprochenen Absatz.)
Das erste Zitat beschreibt im Grunde den Wirkmechanismus der Evolution. Schädliche Mutationen werden von der Selektion ausgesiebt. Was an diesem Zitat nun gegen Evolution und für einen Schöpfer spricht, erschließt sich mir nicht.
Das zweite Zitat setzt negative und positive Mutationen auch noch in ein einigermaßen plausibles Verhältnis und bekräftigt dass erste Zitat. Ja, deutlich mehr Mutationen sind schädlich für den Organismus, als nützlich. Aber, Obacht: Die allermeisten Mutationen sind neutral und haben keine Folgen für den Organismus.
Und auch das dritte Zitat zaubern keinen Gott aus dem Hut. Ja, die meisten Vorgänge bei der Replikation von DNA sind fehlerfrei. Mehrere Prüfverfahren und Reparatureinheiten sorgen für eine geringe Fehlerquote. Da es aber Mutationen gibt, ist klar, dass sie eben nicht fehlerfrei arbeiten. Krebs ist eine solche Mutation. Sie ist für den Wirt natürlich schädlich, für das mutierte Zellgewebe aber positiv, denn sie vermehren sich rasanter als die umgebenden Zellen. Das würden sie nicht tun, wenn die Mutation schlecht für sie wäre. Von daher sind die Begriffe positiv und negativ vermutlich nicht so gut geeignet, die Folgen einer Mutation wertfrei wiederzugeben.
Aber auch das vierte Zitat lässt, trotz seiner Auslassungszeichen, die sicherlich wieder relativierendes und erhellendes Material enthalten hätten, erkennen, dass es nicht etwa um einen Evolutionsgegner geht, sondern um einen Teil der wissenschaftlichen Diskurse, die ein lebendiges Forschungsfeld mit neuen Ideen nähren. Da auch jetzt, fast 60 Jahre nach dem verstümmelten Zitat, Mutationen als Triebkraft der Evolution betrachtet werden, weil sie für neues Genmaterial im Gesamtpool sorgt, scheinen Forscher irgendwie Spaß, Begeisterung oder schlicht Bestätigung für ihre absurde Idee zu haben, Lebewesen würden durch Veränderung im Erbgut auch selbst Veränderungen unterworfen sein.
Das bereits verlinkte das E.Coli-Langzeitexperiment und ich mache es hier wieder:
... 049, 01.10.2018: Rezension: Die DNA: Bibliothek des Lebens - Teil 2: Experimentelle Evolutionsforschung - Richard Lenski und das E.Coli-Langzeitexperiment (2013)
Durch was sonst haben sich die E.Coli-Organismen an ihre mangelhafte Umgebung angepasst, als durch zufällige Veränderung ihres Erbgutes? Gemeinhin als Mutation bekannt. Ich werde an späterer Stelle ausführlicher auf diese Forschung eingehen. Im Moment genügt dieser Ausschnitt.
Aufgrund der selektiven und kontextverzerrten Auswahl der Zitate vermutlich namhafter Wissenschaftler wird der Eindruck erweckt, als hätten wir es bei der Evolutionstheorie mit einem Fantasiegebilde zu tun, das Dogmen gleich von einer weltverschwörerischen Organisation in die Köpfe der Menschen genietet wird. Ein von Forschung und Vernunft losgelöstes Machwerk.
Wie sonst könnte dann der Zitatmarathon unter der Teilüberschrift "Warum an die Evolution geglaubt wird" gerechtfertigt sein?
Alle Zitate, die angeführt werden haben eines gemeinsam: Sie sind alt. Selbst das neueste ist zum Erscheinungsjahr des Buches 24 Jahre alt. Das ist grundsätzlich ja nicht gleich falsch, zeigt aber, dass man lieber keine zeitgenössischen Zitate verwenden möchte, da die Quellenlage und der Forschungsstand wohl ein anderer sind. Die ersten zwei Zitate kreiden zudem an, was sie selbst ausführen. Sie stützen ihre Argumente nicht auf Beweise, sondern auf Autoritäten. All die angesprochenen Forschungsfelder sind Teil der Evolutionsforschung. Zell- und Genforschung verraten viel über den Verwandschaftsgrad von Arten. Besonders die Phylogenetik, also die Wissenschaft, die sich mit den Teilen der DNA befasst, die nicht von uns selbst stammt, sondern von Viren und Bakterien eingewebt wurde, hat in den letzten Jahren deutlich zu der Bestätigung gängiger Ahnenlinien geführt, aber auch einige Ideen über Bord geworfen.
Das ist hier in diesem Thread vermutlich eher eine mittelgroße Überraschung, aber die gemeinsame Abstammung des Menschen und des Affen (besonders des Schimpansen) gehört nicht zu den umgestoßenen Thesen.
Aber es ist in sofern klar, dass es schwer ist, einer Theorie zu folgen, die so sehr gegen das Fest zementierte Weltbild gottgleicher Wesen auf Erden (ja nur ein wenig geringer, aber doch sowas von deutlich über den fliegenden Geschöpfen des Himmels, den Geschöpfen der Meere und jedes kriechende Tier, dass sich auf der Erde regt) geht.
Dass die Erde sich dreht? Okay.
Dass die Erde nicht der Mittelpunkt des Universums ist? Geschenkt.
Aber, dass wir mit dem Affen im Zoo verwandt sind? No way.
Gehen wir zum Abschluss noch einmal auf die 1974 noch feststehende Chronologie ein. Wenn wir uns noch einmal gedanklich zum 1. Teil zurück begeben, erinnern wir uns vielleicht noch an folgendes Zitat:
Länge jedes der sieben Schöpfungs"tage" etwa 7000 Jahre
Wie kommt man 1974 zu so einer Aussage?
Voweg sei gesagt, dass man in modernen Publikationen lieber "von einigen tausend Jahren" spricht, um weniger Angriffsfläche zu bieten. Ab und an lässt man sich sogar auf "einige Millionen Jahre" ein.
Schauen wir uns mal an, was das Büchlein über die Chronologie so alles zu sagen hat.
Link dazu hier: https://wol.jw.org/de/wol/d/r10/lp-x/1101965039#h=57:0-81:214
Vor der rot markierten Stelle wird von der Eroberung Babylons durch Cyrus im Jahre 539 v.u.Z. rückwarts bis Adams Erschaffung gerechnet. Da nimmt man auch noch geschichtswissenschaftliche Quellen herzu. Für den Befreiungserlass der Juden unter König Cyrus (537 v.u.Z) und die Zerstörung Jerusalems (607 v.u.Z.) komischerweise nicht (Daniel 9:1-2 und Esra 1:1-3, Jesaja 25:11-12, 29:10, 2. Chronika 36:20-21). Dann geht es durch Hesekiel 4:1,2,4-6 nochmal 390 Jahre zurück. Und so weiter... Könnt ihr komplett auch selbst nachvollziehen.
Kurzum wir sind etwa 6000 Jahre von der Erschaffung Adams entfernt.
Das Wort "Tag" hat verschiedene Bedeutungen. Das können wir in sofern nachvollziehen, da der Tag bei uns auch einen 24-Stundentag oder die hellere "Hälfte" eines solchen Tages ist (im Gegensatz zur dunklen Nacht). Da in 2. Mose 20:11 von der Schöpfungswoche in Tagen gesprochen wird und Gott seither am 7. Tage ruht, die Schöpfung aber nicht jede Woche auf's Neue beginnt, dürfte was anderes als "Tag" im 24-Stunden-Sinn gemeint sein.
Kurz vor dem Ende des 6. Tages erschuf Gott Adam und Eva. Dann ruhte er sich aus. Das heißt sein Ruhetag ist bisher nahezu 6000 Jahre schon im Vollzug.
Aber es kommt ja noch die Tausenjahrherrschaft des Christus, an deren Ende der zu diesem Zeitpunkt gebundene Satan zur Schlussprüfung wieder freigelassen und anschließend vernichtet wird (Offenbarung 20:4-6, Matthäus 12:8, Offenbarung 20:1-3, 7-10, 14-15).
Obacht jetzt kommt der Grund, warum unser Universum 1974 laut Wachtturm-Gesellschaft noch nicht einmal 49.000 Jahre alt gewesen sein soll:
Vernünftigerweise sind alle Schöpfungs"tage" gleich lang, so, wie Wochentage gleich lang sind"
Begründet mit 2. Mose 20:8-11, 4. Mose 14:34 (Ein-Tag-für-ein-Jahr-Regel) und Hes 4:6 (ebenso).
Ohne jeden Beweis für diese jungkreationistische Behauptung wird hier seitenlang erklärt, dass es ja wohl gar keine Beweise für positiv selektierbare Mutationen gebe, entgegen der empirischen Quellenlage, die erklärt, dass es so ist.
Da ich in nächster Zeit noch weitere Rezensionen über Wachtturm-Publikationen verfassen werde, kommen wir vielleicht mal der Frage nach, wann die Glaubensgemeinschaft den Junge-Erde-Kreationismus ad acta gelegt hat.
Also entgegen dem Motto des Buches:
Was Not tut, ist nicht der Wille zu glauben, sondern der Wille zu entdecken, also genau das Gegenteil.
Bertrand Russell, englischer Philosoph (1872-1970)