Evolution oder Schöpfung




Religion, Esoterik, Verschörungstheorien und andere Dinge.

Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Fr 12. Okt 2018, 23:05

Rezension: Die DNA: Bibliothek des Lebens - Teil 4: Mögliche Entwicklung und Vorläufer der DNA (2013)

In den letzten drei Artikeln konnte klar aufgezeichnet werden, dass die Evolutionstheorie eine wissenschaftliche Theorie ist, wie sie im zitierten Brockhaus definiert wurde. Ihre Wirkmechanismen lassen sich in kurzen Zeiträumen beobachten. Sie lassen sich reproduzieren. Und die Evolutionstheorie trifft auch wissenschaftliche Vorhersagen.
Anschließend soll eine kurze Abhandlung darüber erfolgen, wie sich DNA gebildet und entwickelt haben könnte.

Die RNA-Welt-Hypothese

Ein Erklärungsmodell ist die RNA-Welt-Hypothese, die besagt, dass RNA-Moleküle die Vorläufer der Organismen und der DNA sind. Die Hypothese lässt sich ableiten aus der Fähigkeit der RNA zur Speicherung, Übertragung und Vervielfältigung genetischer Informationen, sowie aus ihrer Fähigkeit, als Ribozyme Reaktionen zu katalysieren.
Da die RNA ein bereits sehr komplexes Molekül ist, wurden alternative und ergänzende Hypothesen zur Entwicklung des Lebens auf der Erde entwickelt. Diese schließen insbesondere eine mögliche Rolle von Proteinoiden, Peptid-Nukleinsäuren (kurz PNA), Threose-Nukleinsäuren und Glycerol-Nukleinsäuren ein. Sie werden als mögliche Vorgänger der RNA angesehen, da sie chemisch einfacher gebaut sind. Für Peptid-Nukleinsäuren konnte nachgewiesen werden, dass sie sich selbst replizieren und als Vorlage der RNA dienen können. Eine Entstehung von Peptid-Nukleinsäuren in der Ursuppe gilt als möglich. Auch die in der Ursuppe vermuteten polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe werden als mögliche Vorgänger der RNA angesehen.

Proteinoide

Proteinoide sind proteinähnliche Polymere aus Aminosäuren, die im Gegensatz zu heutigen Proteinverbindungen auch außerhalb von Lebewesen entstanden sein können. Im Miller-Urey-Experiment wurden Aminosäuren in einer hypothetischen Ursuppe erzeugt. Darauf aufbauend entstehen Proteinoide bei Temperaturen um 140 °C, in Anwesenheit von Katalysatoren (mögliche Katalysatoren Phosphat oder Amidincarbodiimid) bereits ab 70 °C. Daraus können sich aufgrund hydrophober Effekte sphärische Proteinkomplexe (Mikrosphären) bilden, die zwei Eigenschaften von Lebewesen aufweisen, wie eine proteinbasierte Biomembran und eine Aufspaltung in Tochtersphären als Entsprechung einer Zellteilung.

Peptid-Nukleinsäure

Dies sind Nukleinsäure, in dem das Zucker-Phosphat-Rückgrat durch ein Pseudopeptid ersetzt ist. Das Rückgrat besteht dabei oft aus Aminoethylglycin-Einheiten, die über neutrale Amid-Bindungen (anstelle der geladenen Phosphodiester-Bindungen der DNA) miteinander verbunden sind.

Threose-Nukleinsäuren

Threose ist ein Monosaccharid aus der Gruppe der Tetrosen. Es gibt zwei Stereoisomere, die D-Threose und die L-Threose.
Threose ist namensgebend für den Deskriptor (ein Präfix vor dem systematischen Substanznamen, der die Konfiguration oder die Stereochemie des Moleküls beschreibt) threo-, der als halbsystematischer Namenszusatz genutzt wird, um ähnlich konfigurierte Moleküle zu kennzeichnen.
Bei der Oxidation von Threose, beispielsweise mit Salpetersäure, entsteht Weinsäure (Die Alkalisalze der Weinsäure vermögen in alkalischer Lösung Kupfer(II)-Ionen zu binden und dadurch in Lösung zu halten (Fehlingsche Lösung, zum Nachweis von Reduktionsstoffen)). Bei der Reduktion, zum Beispiel mit Natriumborhydrid, entsteht Threit (einem einfach gebauten Zuckeralkohol).

Glycerol-Nukleinsäuren

Glycerol (von griechisch glykeros für süß, auch Glyzerin genannt ist ein Zuckeralkohol und der einfachste dreiwertige Alkohol, ein Triol. Glycerol ist in allen natürlichen Fetten und fetten Ölen (z.B. Pflanzenölen) chemisch gebunden als Fettsäureester vorhanden und spielt eine zentrale Rolle als Zwischenprodukt in verschiedenen Stoffwechselprozessen.

Schematisches Beispiel für die säurekatalysierte Umesterung eines natürlichen Triglycerids (drei Glycerole) (oben) in Fetten und Ölen. Der blau markierte Fettsäurerest ist gesättigt, der grün markierte ist einfach, der rot markierte dreifach ungesättigt. Bei der Gleichgewichtsreaktion wird Clycerol abgespalten und es entsteht FAME (unten), ein Gemisch von Fettsäuremethylestern, im Beispiel drei verschiedene

Wegen seiner wasserbindenden Eigenschaften ist Glycerol in Kosmetikartikeln als Feuchtigkeitsspender enthalten und dient als Lebensmittelzusatzstoff E 422 zur Feuchthaltung, etwa für Datteln, Kaugummi oder Zahnpasta, aber auch als Süßungsmittel. Es hält Blumen und Weihnachtsbäume länger frisch und Leder in Schuhcremes und Lederpflegemitteln glatt und geschmeidig.
Clycerol verwendet die Industrie als Frostschutzmittel, Schmierstoff und Weichmacher, als Reakant bei der Herstellung von Kunststoffen, Microchips und Farbstoffen, sowie nach der Reaktion mit konzentrierter Salpetersäure und konzentrierter Schwefelsäure zu Glyceroltrinitrat (besser bekannt als "Nitroglycerin") als Explosivstoff. Weitere Anwendungsgebiete: als Nährmedium für Biogasanlagen und Fermentationssubstrat in der industriellen Biotechnologie, als Kraftstoffzusatz, als Futtermittel für Wiederkäuer, Schweine und Hühner, zur Behandlung von Hirnödemen, als Abführmittel, zur Aufrechterhaltung der menschlichen Hirn- und Organfunktionen während einer künstlichen Absenkung der Körpertemperatur für langwierige, schwierige Eingriffe (biologisches Vorbild der graue Laubfrosch Hyla versicolor) und zur Diagnose eines Morbus Meniere.

Die meisten tierischen und pflanzlichen Fette und Öle sind Triacylclyceride aus dreiwertigen Alkoholglycerin der mit -OH dreifach mit Fettsäuren verestert. Diese Verbindung dient als Energiespeicher. Ähnlich aufgebaut sind Phosphoglyceride, die statt der dritten Fettsäure eine Phosphatgruppe verestern und an diese ein Rest gekoppelt ist, wie Cholin im Lecithin. Dieses Molekül hat einen polaren und einen apolaren Bereich, was die Bildung einer Membran (z.B. Zellmembran) ermöglicht.

Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe

Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe oder polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (kurz PAK) bilden eine Stoffgruppe von organischen Verbindungen, die aus mindestens zwei verbundenen aromatischen Ringsystemen bestehen, die stets in einer Ebene liegen. Der einfachste PAK ist Naphthalin. Fluoren ist ebenfalls ein PAK, da beide Ringe durch die zusätzliche Methyleneinheit starr miteinander verbunden sind. Kein PAK ist Biphenyl, hier sind die beiden Benzolringe nicht anelliert (Anfügung eines weiteren Ringes an einen oder mehrere schon vorhandene Ringe).

Diese ringförmigen Kohlenwasserstoffe können zusätzlich Substituenten (häufig Methylgruppen) tragen. In einer erweiterten Bezeichnung werden auch Derivate mit Heteroatomen (vorrangig Sauerstoff und Stickstoff) in Form von Aldehyd-, Keto-, Carboxy- und Nitrogruppen, aber auch Heteroaromaten zu den PAK gezählt. Dadurch ergibt sich ein großer Variantenreichtum innerhalb der PAK; mehrere hundert Verbindungen sind bekannt.

Die alternative Hypothese der Panspermie stellt eine weitere mögliche Erklärung der Entstehung der komplexen Formen unseres Lebens dar. Diese weitgehend als reine Spekulation betrachtete Theorie besagt, dass sich einfache Lebensformen über große Distanzen durch das Universum bewegten oder gebracht wurden und so die Anfänge des Lebens auf die Erde markierten. Da allerdings die Frage nach der Entstehung des Lebens hierdurch einfach nur von der Erde an irgendeinen anderen Ort im Universum verschoben wird, bietet diese Hypothese letztlich keinerlei grundlegende Erklärung an.
Solche Hypothesen sind auch mit einer gehörigen Portion Spekulation verbunden, aber im Gegensatz zu Gott zumindest einer wissenschaftlichen Prüfung zugänglich.

Feststellen lässt sich übrigens auch, dass Technik, die immer wieder als gelenkter Prozess die Analogie zur Natur von Kreationisten verstanden und dargestellt wird, ebenfalls einem Wandel unterworfen ist. Wobei der Mensch hier die Rolle der Mutation, Selektion, Adaption, Variation und des genetischen Drifts übernimmt, indem er entscheidet, wie sich etwas verändert, ob es sich durchsetzt oder zufällig verloren geht (z.B. Krieg). Er verwendet bei der Entwicklung neuer Techniken nicht neu erschaffene Materie, sondern bereits vorhandenes Material und Wissen und baut darauf auf (#1).

Fazit: Für die Entstehung und Entwicklung der DNA als Informationsspeicher des Lebens gibt es überprüfbare Erklärungen. Auf einige Modelle werde ich zu einem späteren Zeitpunkt eingehen.

#1 - Die Speichergrößen im Wandel der Zeit Hier im Forum unter "Kind der 80er Jahre"
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Do 3. Okt 2019, 22:32

(Die beiden Texte Grundlagen: Die 5 Säulen der Evolution - Teil 1: Eine Übersicht (veröffentlicht am 22.10.2018) und Grundlagen: Die 5 Säulen der Evolution - Teil 2: Mutation (veröffentlicht am 22.03.2019) werden noch einmal generalüberholt und erst dann veröffentlicht, wenn die Artikelserie vollständig ist.)

Woher kommt Gott?

Diese Frage hatten wir eigentlich schon in einem deutlich früheren Artikel erörtert. Damals lediglich in einer Fußnote. Da diese Frage in einem aktuelleren Wachtturm erneut gestellt und selbstverständlich auch biblisch beantwortet wird, möchte ich die Gelegenheit nutzen, auch über diesen Text, beziehungsweise Gedanken zu sinnieren.

Ich zitiere einmal aus dem Wachtturm 1/2019, der seit einiger Zeit nicht mehr monatlich erscheint:
WOHER KOMMT GOTT?

Über diese Frage haben sich schon viele Menschen Gedanken gemacht. Man könnte sie auch so ausdrücken: Wenn das Universum eine Ursache oder einen Schöpfer gehabt haben muss, wem verdankt dann Gott seine Existenz?

Nach allgemeiner wissenschaftlicher Auffassung hatte das Universum einen Anfang. Dieser Grundgedanke kommt schon gleich im ersten Vers der Bibel zum Ausdruck: „Im Anfang erschuf Gott die Himmel und die Erde“ (1. Mose 1:1).

Das Universum kann sich nicht selbst erschaffen haben. Von nichts kommt nichts! Hätte es vor dem Anfang des Universums nichts gegeben, gäbe es heute kein Universum. Es war – so unbegreiflich das auch erscheint – eine unendliche, immaterielle erste Ursache nötig. Diese erste Ursache ist Gott, ein unvorstellbar mächtiges und weises Geistwesen (Johannes 4:24).

Die Bibel sagt über Jehova: „Ehe selbst die Berge geboren wurden oder du darangingst, . . . die Erde und das ertragfähige Land hervorzubringen, ja von unabsehbarer Zeit bis auf unabsehbare Zeit bist du Gott“ (Psalm 90:2). Gott hat also schon immer existiert. Und irgendwann, „im Anfang“, erschuf er dann das Universum (Offenbarung 4:11).

- Wachtturm, 1/2019, Titel: "Wer ist Gott?", Seite 4, Artikel "Wie heißt Gott?", grauer Kasten, Copyright 2018 Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania.© Verlag: Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft, Selters/Ts.

In den davor und danach kommenden Artikeln dieses Wachtturms wird ebenfalls auf seine Schöpfermacht Bezug genommen, ohne zu klären, warum man irgendeine Existenz Gott zuschreiben sollte. Aber im Grunde erklärt der erste Satz des dritten Absatzes die zur Erkenntnis erhobene Behauptung, dass Universum könne ja nicht aus nichts entstanden sein.

Das trifft auch die meisten Kernaussagen zu Entstehungshypothesen des Universums, denn diese gehen von einer ungeheuer großen, ungeheuer dicht komprimierten Energiequelle aus, die dann im "Urknall" zu expandieren begann. Woher diese Energie kam, ist Teil mehr spekulativer Wissenschaft, da man über Dinge vor Zeit und Raum per Definition der Physik nichts sagen kann. Da kann man gern Gott hinstellen, aber eben nur, weil einen keiner widerlegen kann.

Aber auch dann erklärt dieser Absatz nicht wirklich, woher Gott kommt, was ja die selbst gestellte Frage der eigenen Überschrift ist. Denn der zitierte Psalm 90:2 ergibt keinen Sinn, wenn es gar keine Zeit in der in unserem Universum zugeordneten Maßeinheit gegeben hat, da sie erst durch Materie überhaupt "spürbar" wird. Ohne Materie gibt es nichts, was werden oder vergehen kann.
Mal ganz abgesehen davon, dass dieser Bibeltext genauso unbelegt ist, wie die Existenz des Wesens, das damit bewiesen werden soll.

Man könnte jetzt Krümel kacken und einen Beweis unendlicher Macht einfordern. Er wird nie erbracht werden können. Nicht mal von Gott selbst. Egal, was er anstellt, es wäre immer endlich. Endlich viel Kraftaufwand, endliche Wirkung, endlicher Radius.
Und ebenso wird vom Höchsten selbst nie bewiesen werden können, dass er unendlich lange schon existiert und nicht etwa doch einen Anfang hatte. Da selbst sein Sohnemann ein Anfangsdatum hat, egal, wie weit es in der "Vergangenheit" liegen mag, kann dieser uns gleichfalls nicht belegen, sein Papa wäre tatsächlich der "Alte an Tagen".
Aber das alles würde eine etwaige Diskussion nicht wirklich weiter bringen und zu keinem Ergebnis führen. Gott macht es nicht begreiflicher und leider nicht realer.

Bleiben wir aber noch einmal kurz beim dritten Absatz:
Warum sollte das Universum nicht aus nichts entstanden sein können? "Von nichts kommt nichts!" funktioniert ja im Grunde nur in dem uns bekannten Universum. Nichts geschiet ohne Ursache. Dabei ist dieser universal klingende Satz noch nicht einmal für unser Universum bewiesen. Der radioaktive Zerfall scheint ein Ereignis ohne bestimmbare Ursache. Warum zerfallen Elemente und woher weiß man, welches Isotop das nächste ist. Es ist ja maximal der statistische Wert der Halbwertszeit als Angabe möglich, ohne Aussagen darüber treffen zu können, welches Atom in der zu messenden Probe das nächste oder überhaupt auch nur Teil des Zerfalls ist oder ob es erst in einigen Jahren dran ist.
Da es solche Spezialfälle in unserem Universum zu geben scheint, warum dann nicht in anderen Universen oder dem "Raum" drumherum, wo unsere Logik nicht die bestehende sein muss, auch oder gerade erst recht?

"Von nichts kommt nichts!" ist bereits eine Logik, was heißen würde, dass diese, so sie denn stimmt, älter wäre als das Universum selbst. Sonst würde sie nicht greifen, um den Anfang des Universums zu beschreiben. Denn entstand die Logik, wie wir sie kennen, erst, als das Universum seinen Anfang nahm, können ihre Vernunftsätze nicht schon vorher gegolten haben. Somit wären Ereignisse ohne Ursache möglich oder Ursachen ohne Ereignisse. Es wäre dann sogar möglich, dass es für alles eine Ursache gibt, aber dennoch Ereignisse ohne Ursache sind. Denn die Dualität der Aussage, ob etwas eine Ursache hat oder nicht, ist dann nicht mehr gegeben.

Wir wissen es nicht und es ist anmaßend, darüber irgendwelche unbeweisbaren Behauptungen aufzustellen.
Wie man es dennoch, wenn auch reichlich schwadronierend, erklären könnte, zeigte ich ja bereits in der Fußnote #5 des Beitrages "... 063, 15.04.2018: Rezension: Fragen junger Leute: Schöpfung oder Evolution?"
#5 - Wer hat Gott erschaffen?

Alles hat ja einen Anfang und ein Ende. Anders ist das für uns nicht vorstellbar, was aber keineswegs bedeutet, dass es anders nicht sein kann. Albert Einstein hat mit seiner Relativitätstheorie rechnerisch nachgewiesen, dass die Zeit keine feststehende Größe ist, sondern eine relativ von Masse und Geschwindigkeit eines Körper abhängige. Je schneller und massereicher etwas ist, desto langsamer vergeht die Zeit für dieses Objekt. Das nennt sich Zeitdilatation. Dies betrifft sowohl die Gleichzeitigkeit von Ereignissen, die an verschiedenen Orten stattfinden, als auch die Zeitdauer zwischen zwei Treffen zweier Beobachter, die sich zwischen diesen Treffen relativ zueinander bewegen. Da es kein absolut ruhendes Koordinatensystem gibt, ist die Frage, welcher Beobachter die Situation korrekt beurteilt, nicht sinnvoll. Man ordnet daher jedem Beobachter seine so genannte Eigenzeit zu. Ferner beeinflusst die Anwesenheit von Massen den Ablauf der Zeit, so dass diese an verschiedenen Orten im Gravitationsfeld unterschiedlich schnell verstreicht.

Dies hat man experimentell später mit zwei Atomuhren in einem Experiment nachgewiesen. Dabei platzierte man eine von zwei absolut gleich laufenden Atomuhren in einer Concorde, die andere ließ man am Boden zurück. Nach einer mehrstündigen Überschallflugzeit der Concorde konnte man tatsächlich eine Abweichung der beiden Uhren feststellen, wenn auch nur wenige Millionstel Sekunden. In der Concorde war weniger Zeit vergangen als auf der sich langsamer bewegenden Erde.

Da Gott geistig und nicht materiell ist, ist er der Zeit, die er ja auch geschaffen haben soll, nicht unterworfen. Das bedeute wieder nicht, dass es in dieser geistigen Welt (klassisch als "Der Himmel" bezeichnet) keine Gegenstände geben kann, sondern nur, dass diese nicht aus der Materie bestehen, die die Zeit für Ihre Existenz benötigt. Wenn es aber diese Zeit dort nicht geben kann, dann ist dort auch kein Anfang und kein Ende, sondern eben Ewigkeit.

Bei solchen Überlegungen setzt freilich der eigene Geist aus. Aber so kann man vermutlich die zeitlose Existenz Gottes erklären, die keinen Anfang und kein Ende kennt.

Aber damit beschreibt man auch nur die Kleider eines Kaisers, der wohlmöglich gar nicht existiert (eine treffende Analogie zu "Des Kaisers neue Kleider").

Es gibt keinen Beweis, dass Gott existiert und noch weniger, dass er das Universum erschaffen hat.
Es gibt ja nicht einmal gesicherte Aussagen über die Zustände oder Energien vor dem Urknall. Nirgends steht, dass das Universum aus dem Nichts entstanden.
Bleibt abschließend nur noch zu sagen, dass der Text aus dem Wachtturm nicht das beantwortet, was seine Überschrift als Frage aufwirft.

Nach diesem kurzen Combobreaker geht es demnächst weiter mit den Säulen der Evolutionstheorie.
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Fr 13. Dez 2019, 21:56

Satire: Mehrheit der Affen bezweifelt, dass der Mensch von ihnen abstammt (Link)

Unter folgendem Link hat das Satire-Onlineportal Postillon über die Artverwandtschaft von Men und Affe geschrieben:

https://www.der-postillon.com/2019/05/affen-menschen.html?m=1

Interessante Parallelen, die da gezogen werden.
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Sa 7. Mär 2020, 23:33

Rezension: Vortrag - w08 1. 2. 5 - Thema: Zu wissen, dass wir Menschen von Gott erschaffen wurden, bringt inneren Frieden

Vorträge gibt es in jeder Versammlung unter der Woche und am Wochenende. Die "Sonntagsversammlung" beginnt nach Lied und Gebet mit einem 30 minütigen Vortrag, der auch mal von Rednern anderer Versammlungen gehalten wird. Nach einem weiteren Lied folgt die Besprechung des wöchentlichen Wachtturmartikels. Abgeschlossen wird jene Versammlung mit einem letzten Lied und dem Abschlussgebet.
Die aktuelle Rezension betrifft eine Disposition zu einem Vortrag. Dispositionen sind sowas wie Vorlagen, an denen sich der dann vorgetragene Beitrag zu orientieren hat.
Die Vortragsthemen können von allen Versammlungsbesuchern an der Anschlagtafel für die nächsten Wochen vorab begutachtet werden. Man legt Wert auf Offenheit und optimale innere Vorbereitung aller Anwesenden.
Die vorliegende Disposition ist ein Teil des Wachtturmartikels vom 1. Februar 2008 "Woher kommen wir?"

https://wol.jw.org/de/wol/d/r10/lp-x/2008081#p12

Aus den Bibeltexten Apostelgeschichte 17:24, 25 und Offenbarung 4:11 soll der Gedanke der Schöpfung belegt werden, selbstverständlich ohne tatsächlich als Beleg gelten zu können, sondern lediglich als Behauptung. Darum soll es aber ausnahmsweise mal nicht gehen. Denn im Grunde widerlegt man solche und ähnliche Bibelverse immer gleich. Nämlich damit, zu zeigen, dass es eben Behauptungen und keine Belege sind.
Es geht darum, wie diese Antwort echte innere Ruhe gibt oder ob das überhaupt der Fall ist und ob man das Argument auch umkehren kann.

Ja, wie dargelegt, kann die konsequente Umsetzung des Glaubens an einen Schöpfer, sinnstiftend und zufriedenstellend sein. Der innere Friede rührt dann daher, dass Gott alle Menschen, unabhängig von Hautfarbe oder Herkunft oder Bildungsgrad gleich lieb hat. Vorausgesetzt, sie lieben auch ihn. Das beugt Vorurteilen und Voreingenommenheit vor, da Gott keine "Menschenrasse" oder Nation bevorzugt. Vor Gott sind alle gleich. Oder sagen wir es empirisch korrekter: Für der Idee "Gott" sind alle gleich.
Wer auf den Schöpfer hört, hat natürlich auch eine bis zu 3.000 Jahre feststehende Doktrin, was Verlässlichkeit in dieser wankelmütigen, schnelllebigen Welt suggeriert. Außerdem kann man seine Sorgen bei Gott abladen und sie durch das Beten nachweislich sogar oft besser einordnen oder relativieren. Das hilft bei der Problembewältigung. Und daher entsteht dann wohl auch der Eindruck, Gott hätte einen gesegnet oder durch eine schwere Zeit getragen.
Außerdem diszipliniert man sich selbst, wenn man über sich ein allmächtiges Wesen vermutet, dass straft und belohnt und alles sieht und weiß, auch wenn es sonst keiner sieht oder weiß.

Ja, das sind alles gute Leistungen. Hervorragend möchte man sagen.

Selbstverständlich könnte man nun auch negieren und sagen: Da ein allmächtiger Gott im Rücken gedacht wird, ist auch schon so mancher Krieg in seinem Namen geführt worden. Oft in einer Vehemenz, wie sie fanatischer nicht sein kann. Und auch andere negative Entwicklung kann man so beschreiben. Aber das wäre nicht tiefgründig genug.
Man kann auch einwenden, dass gute Sitten und moralisches Verhalten lediglich aus der Angst vor Strafe durch Gott entstehen. Die Menschen, die dann danach handeln, sind nicht wirklich nett oder freundlich, weil sie das aus tiefstem Herzen wollen, sondern um ein omnipotentes Wesen nicht zu verärgern oder es zu erfreuen. Aber auch das ist nicht wirklich stichhaltig. Insbesondere Gleichgläubigen gegenüber sind Gläubige wohlgesonnen. Das erklärt sich aus altruistischen Verhaltensweisen durch Gruppenzugehörigkeit. Gruppen bieten Schutz und Geborgenheit. Dazu muss aber jeder etwas beitragen. Ein einheitlicher Wertekanon ist da natürlich hilfreich.

Kann man aber stattdessen auch aus der Evolutionstheorie und dem Naturalismus positive, lebensbejahende Aspekte interpolieren? Kann die Naturwissenschaft inneren Frieden geben?

Zu realisieren - nicht nur schlicht zu wissen - dass "jede Familie [...] auf Erden ihren Namen" (Epheser 3:15) einer immer wieder stattfindenden Befruchtung einer Eizelle durch ein Spermium verdankt und dass man dabei nur einer unter Millionen war, lässt jede spätere Prüfung und jedes Bewerbungsgespräch erblassen. Man kann dankbar sein. Nur wem? Denn alle, die einem geholfen haben, ja maßgeblich daran beteiligt waren, dass man heute überhaupt ist, die Homies aus Vorschwangerschaftstagen, sind nicht mehr (#1).

Das "jede Familie [...] auf Erden" ihr Dasein einer ziemlich kleinen Truppe von frühen Menschenaffen und später auch einem erneuten Engpass an Menschen in der frühen Geschichte des Homo Sapiens verdankt, die sich in unwirtlichem, teils feindlichem Gebiet mit anderen Menschengattungen messen mussten und dabei als "Sieger" hervorgingen, kann ebenfalls Vorurteile abbauen. Wir stammen alle von weniger als 1.000 Individuen ab, die vermutlich die globalen Auswirkungen einer vulkanischen Katastrophe überlebt gaben. Egal, welche Hautfarbe oder Herkunft oder Bildungsgrad jemand hat. Er hat gemeinsame Vorfahren und mahnt uns, friedlich miteinander umzugehen.
  • Es ist ein glücklicher Zufall, dass ich in einer Zeit aufgewachsen bin, wo ich theoretisch auf alles Wissen der Menschheit zugreifen könnte.
  • Es ist ein glücklicher Zufall, dass ich in einer Gegend lebe, in der relativer Frieden herrscht. Und es ist ein trauriger Zufall, dass meinem Gegenüber das vielleicht nicht vergönnt ist.
  • Es ist ein glücklicher Zufall, dass ich für ein paar hundert Moneten ein qualitativ hochwertiges Zuhause haben kann, mit mehr Komfort als noch 200 Jahre zuvor selbst die reichsten Könige nicht haben konnten. Und es ist ein trauriger Zufall, dass mein Gegenüber vielleicht in einem zugigen Verschlag wohnt.
  • Es ist ein glücklicher Zufall, dass ich nur in den nächsten Laden gehen muss, um für relativ wenig Geld Berge an Speisen und Getränken zu erwerben. Fast mühelos. Ich muss weder über Stock und Stein, noch durch unwirtliche Gegenden stundenlang marschieren, um dann meine Tagesration Reis oder Hirse für horende Preise zu erstehen. Und ich muss nicht jagen und nicht bebauen. Das machen andere für mich, deren Arbeit durch Maschinen und Arbeitsteilung deutlich einfacher geworden ist, als noch vor 70 Jahren. Und es ist ein trauriger Zufall, dass mein Gegenüber vielleicht noch mit den gleichen Methoden wie seine Urahnen dem Boden etwas zu Essen abringt.
  • Es ist ein glücklicher Zufall, dass ich mir überhaupt einen Kopf darum machen kann, was ich heute anziehe und welche Tasche ich mitnehme. Ich habe 6 Paar Schuhe und ich weiß, dass das in unserer Gegend wenig ist. Und ich weiß auch, dass ich dennoch mehr Schuhe habe als die meisten Menschen der Erde. Und es ist ein trauriger Zufall, dass mein Gegenüber vielleicht nicht mehr Kleidung sein Eigen nennt, als die die er gerade am Leib trägt.
  • Es ist ein glücklicher Zufall, dass ich in einem Land mit hohem Bildungsstandard lebe. Ich oder meine Kinder können kostenfrei unterrichtet werden, weil Schulen staatlich getragen werden. Und es ist trauriger Zufall, dass mein Gegenüber vielleicht nie eine Schule von innen sehen wird.
  • Es ist ein glücklicher Zufall, dass ich in dem Teil der Erde lebe, wo Kinder tagüber in der Schule sind und nicht auf dem Feld oder für irgendeinen Warlord am Maschinengewehr. Es ist ein trauriger Zufall, dass mein Gegenüber dieses Glück nicht hat und vielleicht auf Leute aus seinem eigenen Dorf schießen musste, um sein eigenes Leben zu retten.
  • Es ist ein glücklicher Zufall, dass ich zu den Gewinnern des Arm-Reich-Gefälles gehöre. Und es ist ein trauriger Zufall, dass mein Gegenüber vielleicht zu den Verlierern zählt.
Ich bin mir bewusst, dass ich hier auf äußerst drastische Weise ein Unterschied erzielt habe. Und ich bin mir bewusst, dass ich hier sehr zweifelhafte, gar schreckliche Entwicklungen aufliste. Alles Dinge, die bei Treue zu einem moralischen Wertekanon nicht möglich wären, sofern der Wertekanon selbst nicht irgendwelche drakonischen Strafen für irgendwelche Verbrechen gibt.

Wie auch immer diese Auflistung von euch aufgefasst wird, fest steht, ich hatte keinen Einfluss darauf, in welchem Land ich geboren werde und aufwachse. Ich hatte keinen Einfluss darauf, wie dieses Land zum Zeitpunkt meines Erscheinens sein würde. Ich hatte keinen Einfluss darauf, dass vor vielen Generationen der Bruder oder die Schwester meines Vorfahren an Diphterie oder einer anderen tödlich verlaufenden Krankheit verstorben ist und er glücklicherweise nicht.
Egal, was in meinem und vor allem vor meinem Leben passiert ist: Es war Zufall, den ich maximal lenken kann, nicht vorgeben.

Zu wissen, dass mein Start ins Leben offenbar keinem Masterplan von irgendwelchen mächtigen Entitäten entspringt oder von den Sternen voreingegeben ist, sondern ein wohlgelenkter Zufall ist und abhängig davon war, dass meine Urahnen sich den harten Lebensbedingungen ihrer Umgebung anpassten und durch zeitlich und räumlich zufällig verteilte Mutationen begünstigt wurden, beflügelt eine demütige Einstellung.
Welch ein Glück, dass irgendwer vor mir durch eine kleine Änderung im Erbgut in der Lage war, Lactose bis ins hohe Alter aufzuspalten, um so mit der Milch eine neue Nahrungsquelle zu erschließen. Durch ihn bin ich in der Lage, Käse in allen Variationen zu verkosten. 70-80 % der Menschheit können das nicht.
Welch ein "Glück", dass Europäer den militärischen Nutzen von Schießpulver besser erkannten und umsetzten, als der Rest der Welt. Ich wäre heute nicht in der günstigen Position, in der ich heute bin, wenn China oder das osmanische Reich darin effizienter gewesen wären.
Welch ein Glück, dass der Typ, der vor abertausenden Jahren den aufrechten Gang erfunden hat, dadurch einen, wie auch immer gearteten Vorteil gegenüber seinen vierbeinigen Kollegen hatte. Wir alle nutzen seine Errungenschaft, denn was wäre der moderne Mensch ohne freie Hände?

Die Welt nachhaltig und konsequent so zu betrachten, wirkt sich ebenso darauf aus, wie wir unsere Probleme wahrnehmen. Wenn wir uns - um den scherzhaften Einwurf zu erlauben - gewahr darüber werden, an welcher Stelle die Erde im Sonnensystem steht, bemerkt man, dass alle Probleme der Erde im wahrsten Sinne des Wortes "Dritte-Welt-Probleme" sind.
Zu wissen, dass diese "unsere" Erde nur einer von ca. 400 Milliarden möglichen Planeten in unserer Milchstraße ist und es etwa 150 Milliarden Galaxien gibt, macht die Möglichkeit von Leben in den Weiten des Alls zu einem rein statistischen Problem. Nachprüfen können wir es vermutlich nicht. Aber selbst, wenn wir allein wären, ist es nicht gerade demütig, anzunehmen, dieses riesige, unvorstellbar große Universum ist allein dafür da, Gottes Macht für uns Menschen hier unten zu demonstrieren.
Wir leben in einem winzigen Winkel im Universum, in einer recht unscheinbaren Galaxie, bei einem unscheinbaren, ja durchschnittlichen Stern auf einem tektonisch aktiven Steinklumpen auf dem bisher ca. 99% aller jemals hervorgetretenen Arten bereits wieder ausgestorben sind.

Wir sind Gäste auf diesem wunderschönen Planeten, nicht Herrscher. Wir sind von ihm abhängig, nicht umgekehrt. Wir sind für unser Handeln verantwortlich, nicht irgendeiner "von oben". Uns wird wohl kein Außenstehender retten. Wir müssen die Probleme selbst anpacken.
Das zu begreifen und dann auch umzusetzen, ist definitiv demütig. Und es hilft den Blick auf Lösungsfindungen zu konzentrieren, nicht auf Schuldfragen oder Aufschieben. Vielleicht ist das weniger von der gewünschten Ruhe.

"Echte" innere Ruhe und "echter" innerer Frieden, wie er im Wachtturm betont wird, wirkt dagegen, wie ein Label oder eine Marketing-Floskel. Wer sagt denn, was "echt" ist? Wie sieht "unechte" innere Ruhe und "unechter" innerer Frieden aus? Kann man dann überhaupt von innerer Ruhe und innerem Frieden sprechen?
Kann man Ungläubigen oder Andersgläubigen diese inneren Gefühle absprechen, weil sie sich nicht auf die Bibel stützen oder keine Zeugen Jehovas sind?

Bei solchen Vorträgen zeigt sich leider wieder einmal, dass man mit folgendem Zitat schon nicht zu weit weg ist.
Man ist schlecht beraten, wenn man nur mit Leuten zusammenarbeitet, die nie widersprechen.
Ludwig Rosenberg, deutscher Gewerkschafter (1903-1977)

#1 - Spermien

Man muss wissen, dass Spermien keine Einzelkämpfer sind und die befruchtungsfähigen eine kleine Armee um sich scharen, die anderen den Weg versperren oder eben Wegsperren wegräumen, die fremde befruchtungsfähige Spermien angreifen oder diese verteidigen, die Vorbohrungen an der Eizellhülle machen, etc. Sie haben Ihr Leben geopfert, damit du nun diesen Satz lesen kannst.
Naja, nicht ganz. Meine Spermienkollegen haben sicher nicht gewusst, dass ich diesen Satz mal verfasse. Im Grunde soll ich mich doch bitte vermehren. Ihr Einsatz wäre sonst in zweiter Generation vergebens.
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Do 26. Mär 2020, 01:17

Video: Dinge erklärt - Kurzgesagt: Was ist Leben? Ist der Tod real?


https://m.youtube.com/watch?v=b9TiWLDAPqk


Am 24.01.2018 veröffentlicht

Was ist der Unterschied zwischen dir und einem Stein? Das sieht auf den ersten Blick aus wie eine einfache und ziemlich dumme Frage. Aber selbst die schlauesten Leute auf der Welt wissen nicht, wo wir die Grenzen zwischen lebendigen und toten Dingen ziehen müssen. Das hat überwältigende Konsequenzen: Was ist Leben eigentlich? Und gibt es den Tod überhaupt? Lasst uns das untersuchen!

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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Mo 27. Apr 2020, 07:08

Ist die Evolutionsbiologie eine Naturwissenschaft? - Das klassische Schema nach Hempel und Oppenheim (Link)

Der Geschäftsführer der religiösen Studiengemeinschaft WORT UND WISSEN Reinhard Junker stellt die Evolutionstheorie zugunsten des Intelligent Design in Frage. Er behauptet die Evolutionstheorie sei als Ganzes nicht naturwissenschaftlich,so dass Kritik an ihr nicht gleich Kritik an der Naturwissenschaft an sich bedeutet. Dabei bezieht er sich auf das Hempel-Oppenheim-Schema, das bei komplexen Problemstellungen im Grunde nur im Labor gilt, und lässt dabei den unvorhersehbaren Zufall außer Acht.

Junkers Argumentation wurde von Martin Neukamm, Mitglied der AG-Evolutionsbiologie genauer angeschaut:

Ist die Evolutionsbiologie eine Naturwissenschaft? 

Entgegnung auf einen Beitrag von Reinhard Junker


http://www.ag-evolutionsbiologie.net/html/2019/evolutionsbiologie-naturwissenschaft.html

Mehr Informationen finden sich in den Quellenangaben des verlinkten Artikels.
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Do 30. Apr 2020, 09:18

Genetik: Der Mensch ist keine Maus - und auch nicht zwangsläufig ein Schwein und noch nicht einmal ein Affe!

Ich habe bereits einen ähnlichen Artikel Januar 2018 verfasst und online gestellt, in der es um die aktuelle Forschung zu Verwandtschaften in der Genetik ging:

... 024, 02.01.2018: Genetik: Der Mensch ist keine Maus!

Machen wir es erst kurz und dann mit einer langen Erklärung rund: Der Mensch hat gemeinsame DNS-Basispaarketten von cirka 40 Proteinen Länge mit anderen Säugetieren und Lebewesen. Anhand der Übereinstimmung dieser Basispaarketten (kurz BP) kann man eine Verwandtschaft ableiten. So stimmen die Basispaarketten mit Schimpansen zu 98,7% und mit Schweinen zu 90% überein. Interessant ist auch, dass der Mensch zu 75% der Basispaarketten mit den Fadenwürmern übereinstimmt und zu 60% mit der Taufliege.

Aber wie komme ich heute (also am Tag der Niederschrift, nicht der Veröffentlichung) darauf, den Mensch mit dem Schwein zu vergleichen? Kritiker der Evolutionstheorie führen immer wieder eine scheinbar enge genetische Verwandtschaft von Mensch und Schwein zu Felde, wenn mit genetischer Forschung die Theorie Darwins untermautert werden soll. Die Genetik, so die Kernaussage des Kritikers spreche damit eben nicht für eine Verwandtschaft von Mensch und Affe und widerlege somit den angenommenen Stammbaum. Sie zeige vielmehr, dass das Schwein mit uns enger verwandt sei, dass aber von Evolutionisten nicht beachtet wird. Oder: Die Verwandschaft der Gene sagt demgemäß nichts über die Abstammung aus.
Obige Auflistung zerlegt natürlich dieses Argument ganz standfest, wird aber leider zu selten verwendet.


Nicht unser Bruder, nicht unser Cousin: Hausschwein (Sus scrofa domesticus)

Der Kulturwissenschaftler Thomas Macho widmet dennoch ein Buch dem Vierbeiner: "Schweine. Ein Portrait von Thomas Macho." ist der doppeldeutige Titel, des Buches, dass die über 8000-jährige Kultur- und Gemeinschaftsgeschichte von Mensch und Schwein unter die Lupe nimmt.
Molekularbiologische Untersuchungen an Haus- und Wildschweinen zeigten, dass sich während der Jungsteinzeit die Domestikation in vielen Gebieten der Erde unabhängig voneinander vollzog. Die Daten machen deutlich, dass bereits domestizierte Schweine aus dem Nahen Osten nach Europa eingeführt wurden. Nach etwa 500 Jahren wurden diese jedoch durch Tiere ersetzt, die von europäischen Wildschweinen abstammen. Die genetischen Untersuchungen zeigten, dass die aus dem Nahen Osten stammenden genetischen Linien allmählich durch die einheimischen Hausschwein-Linien ersetzt wurden.

Bereits im Alten Ägypten und in Mesopotamien zeigt sich eine soziale Differenzierung bei dem Verzehr von Schweinefleisch. Darauf weisen beispielsweise Funde im altägyptischen Dorf Kom el-Hisn hin, das während des Baus der Chephren-Pyramide um 2550 v. Chr. zu Nahrungsmittellieferungen an diese rund 100 Kilometer weiter südliche liegende Baustelle verpflichtet war. Die Einwohner von Kom el-Hisn zogen dafür Rinder auf, aßen selbst aber nur wenig Rindfleisch. Lediglich die Knochen von alten Mutterkühen und kranken Kälbern wurden in den archäologischen Fundstellen dieses Dorfes gefunden. Fleisch, das von den Dorfbewohnern verzehrt wurde, stammte überwiegend von Schweinen. Das Verhältnis gefundener Rinderknochen zu gefundenen Schweineknochen beträgt 1:25, dass heißt für jeden gefundenen Rinderknochen werden 25 Schweineknochen gefunden. Man ist heute der Überzeugung, dass in Kom El-Hisn Schweine in Herden gehalten wurden, die ihr Futter in den Marschen des Nildeltas und den Abfällen des Dorfes fanden.
Dass das Dorf Rinder liefern musste, seine Schweine jedoch behalten durfte, liegt an der spezifischen Natur dieses Haustieres. Rinder waren ebenso wie Ziegen und Schafe in der Lage, in der ariden Region auf dem Weg nach Süden ausreichend Nahrung zu finden. Schweine dagegen hätten weder Futter noch den Schatten, auf den sie angewiesen waren, auf dieser Wegstrecke gefunden. Ähnlich zeigen die überlieferten Dokumente der 3. Dynastie von Ur (2114 bis 2004 v. Chr.), dass die zentrale Verwaltung dieses mesopotamischen Reiches zehntausende von Schafen und Kühen von ihren Untertanen einforderte und an Tempel und das Heer weiter verteilte. Schweine dagegen finden keine Erwähnung. Es ist jedoch gesichert, dass Schweine gehalten wurden: Sowohl in Ägypten als auch Mesopotamien finden sich bis 2000 v. Chr. zahlreiche Belege für eine Schweinezucht, sofern die Dörfer in einer Region liegen, in der ausreichend Regen fiel, um eine Landbewirtschaftung ohne künstliche Bewässerung zu ermöglichen. Funde im Tell Halif, einer archäologischen Fundstelle, die heute im Süden Israels liegt, legen außerdem nahe, dass die Zahl der gehaltenen Schweine in Zeiten schwacher staatlicher Kontrolle anstieg.

Insgesamt ging die Zahl der gehaltenen Schweine ab 2000 v. Chr. jedoch stark zurück: Zunehmende Desertifikation machte es immer schwieriger, Schweine in Herden zu halten. Schweine finden sich noch in ärmeren Gebieten der nun größeren Städte, wo sie sich von den Abfällen der Menschen ernährten; über die Zeit bildete sich ein Ernährungsmuster, bei dem sich der Verzehr von Schweinefleisch auf die untersten Bevölkerungsschichten begrenzte. Schweine galten im Nahen Osten zunehmend als unrein, was sich unter anderem auch darin manifestiert, dass in den Religionen des Nahen Ostens Schweine, anders als Schafe, Ziegen und Rinder, nicht als Tempelopfer in Frage kamen. Die Speisegesetze, wie sie vermutlich im 8. Jahrhundert v. Chr. im 3. und 5. Buch Mose festgelegt wurden und so die Basis der Jüdischen Speisegesetze legten, haben darin ihren Ursprung. Diese Speisegesetze bestimmten wiederum die des Islam.


Der Opa allerheutigen Hausschweine: Wildschwein (Sus scrofa)

Hausschweine liefen im Mittelalter oft frei in den Städten und Dörfern umher und suchten sich auf den Straßen aus dem Unrat ihr Fressen zusammen. Schlachtzeit für Schweine waren gewöhnlich die Monate November und Dezember, und das Fleisch wurde durch Pökeln, Dörren und Räuchern haltbar gemacht. Dieses Fleisch musste bis mindestens Ostern reichen; der Speck wurde noch im nächsten Sommer verwendet.

Kühe, Schafe und Ziegen werden seit Jahrtausenden über lange Distanzen getrieben, weil sie einen natürlich entwickelten Herdentrieb haben, der dies ermöglicht. Sie benötigen außerdem nur Weide und Wasser, um während dieses Viehtriebs Nahrung zu finden. Der Trieb von Schweinen über lange Strecken ist anspruchsvoller, weil die Tiere Schatten benötigen und weniger einfach in Herden zusammengehalten werden können. Der Schweinetrieb ist entsprechend historisch seltener.

Vom Wesen her passen Mensch und Schwein eigentlich gut zusammen. Das Schwein ist dem Menschen ähnlicher, als ihm lieb ist. Beide sind intelligente, verspielte, kommunikative und stressanfällige Wesen und beide fressen von Natur aus alles, sind überwiegend aber auf Pflanzen ausgerichtet. Viele Schweinerassen können auch ähnliche Herz- und Kreislaufkrankheiten entwickeln wie der Mensch. Sie werden deshalb auch als Labor- und Versuchstiere gehalten. Physiologisch sind sich Schwein und Mensch sehr ähnlich. Das betrifft nicht nur die ähnlichen Krankheitsausprägungen, sondern zum Beispiel auch die Struktur und Beschaffenheit von Fleisch und Fettgewebe. In der Gerichtsmedizin werden beispielsweise Stich- und Schussverletzungen an frischgeschlachteten Schweinen nachgestellt.

So viel Ähnlichkeit provoziert Ambivalenz. Das Schwein symbolisiert in Geschichte und Mythologie sowohl Glück und Fruchtbarkeit genauso wie Unreinheit und Tod.
In China und Südostasien gelten Schweine und im Jahr des Schweins geborene Menschen (z.B. Jackie Chan) als tolerant, edelmütig, ehrlich und vertrauenswürdig. In den westlichen Industriestaaten zählt allein das Fleisch. Es produziert keine Milch, keine Wolle und ist als Lastentier nicht einzusetzen, ist wie kaum ein anderes Tier ein Opfer der technisch optimierten Massentierhaltung und -schlachtung. Allein in Deutschland werden jährlich 60 Millionen Schweine geschlachtet. Die Hälfte des schweizer Fleischkonsums geht auf Kosten des Schweins.
Ein lebendes Schwein interessiert nicht. Das war nicht immer so. Noch bis vor weniger als hundert Jahren waren Schweine Abfallverwehrter, ergänzt mit Wurzeln, Nüssen, Eicheln und anderen Leckerbissen, die sie sich vor allem in den schattigen Wäldern fanden.
Schweine fühlen sich im Wald heimisch. Verständlich, sind doch die direkten Vorfahren, die Wildschweine, nach wie vor Waldbewohner. Außerdem ist der Wald kühler, denn Schweine können nicht schwitzen und bekommen schnell einen Sonnenbrand. Sich in Schlamm und Dreck zu wälzen ist also nicht eklig, sondern vernünftig. Schweine sind gute Läufer und leidenschaftliche Schwimmer.
Trotzdem gilt das Schwein nicht zuletzt deswegen im Judentum und Islam als unrein. Schweinehirten dürften folglich in früheren Zeiten nicht heiraten oder den Tempel betreten. Jesus trieb eine Dämonenhorde in Schweine, die dann wie von Sinnen einen Abhang herunterstürzen (Markus 5:1-20).

Die Theorie, dass die Trichinellose der ausschlaggebende Grund für das Verbot des Schweinefleischverzehrs war, gilt heute einhellig als überholt. Sie kam nach 1859 auf, als Wissenschaftler den Zusammenhang zwischen Trichinella spiralis und rohem oder nicht durchgekochtem Schweinefleisch bewiesen. Es ist nicht gesichert, dass dieser Parasit im antiken Palästina überhaupt existierte, und wegen der langen Dauer zwischen dem Verzehr von infiziertem Schweinefleisch und einer Erkrankung gilt es als weitgehend ausgeschlossen, dass dieser Schluss gezogen wurde und zu dem Verbot führte. Dagegen ist vorstellbar, dass das Schwein wegen seiner Eigenart als Allesfresser, der auch vor Kadavern nicht haltmacht, verbunden mit den ortsüblichen Begräbnissitten (nur in Leichentüchern und ohne Sarg) als Leichenfresser in Verruf kam, so dass Menschen, die Schweinefleisch aßen, sich des indirekten Kannibalismus schuldig machen konnten. Weiterhin wird vermutet, dass das Schwein wegen der zunehmenden Entwaldung des Vorderen Orients immer mehr zum Nahrungskonkurrenten des Menschen wurde, da es nicht wie die Wiederkäuer von Gras leben kann und zudem viel mehr Wasser und Schatten benötigt als diese.

Für das Judentum entwickelten sich die Speisegesetze zu einem identitätsstiftenden Merkmal.

Für die germanischen Völker war insbesondere der Eber ein heiliges Tier. Der Wagen des Gottes Freyr wird vom Eber Gullinborsti gezogen. Das Schwein ist ein Zeichen für Wohlstand und Reichtum, da es als Symbol der Fruchtbarkeit und Stärke gilt. Als Glücksbringer hat es sich in Deutschland bis heute gehalten. "Schwein haben" ist eine Redensart und bedeutet "Glück haben".


Ziehen zwar keinen germanischen Götterwagen, sehen aber niedlich aus: Wollschweinferkel

Untersuchungen an der Pennsylvania State University haben ergeben, dass Schweine mit einem Joystick im Maul an einem Monitor Erkennungsaufgaben sehr gut lösen können. Man geht davon aus, dass ihre kognitiven Fähigkeiten durchaus mit denen mancher Primaten vergleichbar sind.

Nach diesem langen Text also nochmal zur Quintessenz: Nein, Schweine sind uns trotz aller Ähnlichkeit nicht die nächsten Verwandten.

Jetzt ist der Mensch also nachweislich weder Maus, noch Schwein. Ist er wenigstens ein Affe?

Schimpansen sind unsere nächsten Verwandten im Tierreich, doch eigentlich handelt es sich dabei um eine Gattung: Pan. Diese umfasst zwei Arten: den Gemeinen Schimpansen (Pan troglodytes) und den Bonobo (Pan paniscus), auch Zwergschimpanse genannt.
Das Erbgut des Gemeinen Schimpansen war bereits bekannt. 2015 hat ein internationales Forscherteam auch den genetischen Code des Bonobo entschlüsselt. Der Vergleich des Genoms beider Affenarten mit dem des Menschen überraschte.

Kay Prüfer vom Max Planck Institute for Evolutionary Anthropology in Leipzig berichtet davon, dass manche Sequenz des Erbgutes des Bonobo mehr dem des Menschen gleicht, als dem seines nahen Verwandten.

Seit der Entschlüsselung des Genoms des Gemeinen Schimpansen im Jahr 2005 war bereits klar, dass jener genetisch gesehen unser nächster Verwandter ist. Sie stehen uns in der Entwicklungsgeschichte der Primaten deutlich näher als die beiden anderen Vertreter der Menschenaffen, Gorilla und Orang-Utan. Das bestätigte auch die Untersuchung des Genoms des Gorilla Anfang 2015. Die Vergleiche zeigten, dass sich der Mensch vom Schimpansen genetisch betrachtet lediglich um 1,3% unterscheidet, der Gorilla dagegen um 1,75%. Vom Schimpansen ausgehend wird die Verwandtschaft noch deutlicher: Sein nächster Verwandter ist nicht etwa der Gorilla, sondern der Mensch.
Es gibt sogar Wissenschaftler, die Schimpansen nicht als eigene Gattung betrachten, sondern als Vertreter der Gattung Homo zugehörig, da die Trennung nur traditionell und religiös bedingt sehen.

Schimpansen sind in Äquatorialafrika weit verbreitet, der Bonobo lebt dagegen ausschließlich südlich des Flusses Kongo. Sie unterscheiden sich äußerlich und vor allem in ihrem Verhalten. Unter männlichen Schimpansen gibt es häufig aggressive Rangkämpfe, die es bei Bonobos nicht gibt. Die Männchen sind nicht einmal dominierend. Zudem sind sie sehr verspielt und haben, ähnlich dem Menschen, ein aktives Sexleben, das nicht allein der Fortpflanzung dient.

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Die beiden Affenarten unterscheiden sich genetisch vom Menschen beide nur um 1,3% untereinander nur um 0,4%. Das spiegelt, so die Forscher, die stammesgeschichtliche Entwicklung wider: Mensch und Pan trennten sich vor 6 Millionen Jahren, Schimpanse und Bonobo dann vor etwa 1,5 - 2,5 Millionen Jahren.
Eine weitere Überraschung: 3% des menschlichen Genoms ähneln dem des Bonobo beziehungsweise dem des Schimpansen deutlich mehr, als die gleichen 3% des Genoms beider Affen untereinander. Weitere Untersuchungen sollen nun zeigen, ob diese Erbanlagen im Zusammenhang mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden im Verhalten der drei Spezies stehen.

Quelle:
Kay Prüfer (Max Planck Institute for Evolutionary Anthropology in Leipzig) et al.: Nature, doi:10.1038/nature11128 © wissenschaft.de – Martin Vieweg

Apropos: Schweine müssten im Mittelalter gelegentlich auch vor Gericht erscheinen, etwa wegen des Vorwurfs, Kinder angeknabbert zu haben. Die Tiere wurden wie Menschen abgeurteilt und oft mit dem Tod durch Erhängen bestraft.
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Do 7. Mai 2020, 06:45

Rezension: Antworten auf 10 Fragen junger Leute, Frage 9 "Soll ich an die Evolution glauben?" (2016) (Teil 1)

Die kurze Antwort auf Frage 9 lautet: Nein.

Aber es ist vernünftiger und wissenschaftlich valider, sich mit ihr auch gern kritisch auseinander zu setzen, als mit Themen, wie dem Mann im Mond, dem Osterhasen oder eben Kreationismus.

Das mag jetzt schroff und polemisch klingen, wenn ich diese Themen über einen Kamm schere, aber tatsächlich sind da Paralellen zu entdecken. Immerhin handelt es sich bei den handelnden Personen (beim Kreationismus handelt Gott), um abstrakte Figuren, die aus alten Anekdotensammlungen zusammen gesetzt sind, die irgendwem Gutes tun, und die empirisch nicht nachweisbar sind.

Über Glauben an Evolution habe ich ja bereits einen Artikel vor über zwei Jahren in diesem Thread verfasst:

... 029, 17.01.2018: Grundsatzartikel: Ich glaube nicht an die Evolution!

Und damit könnte ich den heutigen Beitrag beenden, aber der zu rezensierende Text hat ja noch mehr auf Lager. Einiges davon habe ich schon behandelt. Aber es ist gut, sich immer wieder mit den Argumenten des Kreationismus zu beschäftigen, um Fehler und Fallstricke in diesen zu erkennen und auch den eigenen Standpunkt zu reflektieren. Und wie ihr an der Überschrift seht, wird diese Textanalyse ein Mehrteiler.
Der aktuelle Text stammt aus einer Broschüre mit dem Namen "Antworten auf 10 Fragen junger Leute" und ist ebenfalls von der Wachtturm-Gesellschaft herausgegeben. Es ist eine Kurzform der in den 90ern und frühen 2000ern herausgegebenen 2 Bücher "Fragen junger Leute" Band 1 (letzte Neuauflage aktuell 2011) und Band 2 (letzte Neuauflage aktuell 2008).

Namensgebend geht es in der Broschüre um 10 Themen, die junge Menschen so bewegen und die allesamt mit der Bibel beantwortet werden. Als da wären: Wer bin ich? Warum denke ich so viel über mein Aussehen nach? Wie kann ich mit meinen Eltern klarkommen? Wie kann ich meine Fehler in Ordnung bringen? Was, wenn ich in der Schule gemobbt werde? Wie komme ich gegen Gruppenzwang an? Wie kann ich zu Sex nein sagen? Was sollte ich über sexuellen Missbrauch wissen? Soll ich an die Evolution glauben? Was bringt mir die Bibel?
Für diesen Thread interessant ist lediglich eben die Frage bzw. Thema 9.

Link zur Broschüre in Watchtower Online-Bibliothek:
https://wol.jw.org/de/wol/d/r10/lp-x/1102015829

Die Überschrift ist ja, wie oben gezeigt, unglücklich gewählt, entspricht aber dem Verständnis eines Kreationisten, dass die Evolution / Evolutionstheorie einer vorgefassten Meinung, einem Dogma oder einer Glaubenslehre entspricht. Wissenschaftliche Theorien entsprechen aber keinem Glauben und sei letzterer für den Glaubenden noch so gut begründet. Sie sind stetiger Erkenntnisgewinn durch empirische Prüfung, Bestätigung oder Falsifizierung.
Ich würde die Evolutionforschung ist Grundlagenforschung, deren Erkenntnisse vielleicht einmal Anwendung finden. Zum Beispiel kann der Verwandtschaftsgrad von Viren und Bakterien der medizinischen Forschung Aufschluss darüber geben, wie man bestimmte Erkrankungen, ausgelöst durch ähnliche Erreger, bekämpfen kann. Der Verwandtschaftsgrad hat in der Medizin noch eine weitere Bedeutung. Teste ich ein Medikament an Blumen, ist über die Wirksamkeit beim Menschen noch nicht viel gesagt. Anders sieht es da aus, wenn an Mäusen getestet wird, da diese über 90% verwandte Gene aufweisen (hier genauer beschrieben). Noch besser sind Affen, deren engster Vertreter, der Schimpanse, zu uns nur noch einen genetischen Unterschied von 1,3% hat. Überboten wird das nur vom Menschen selbst, der zu seinen Artgenossen immer einen genetischen Verwandtschaftsgrad von über 99,9% hat.

Beginnen wir nun aber mit der beliebten Textanalyse.
Wenn die Evolutionstheorie stimmt, hat das Leben keinen tieferen Sinn. Wenn der Schöpfungsbericht wahr ist, kann man zufriedenstellende Antworten auf Fragen über das Leben und die Zukunft finden.

Auch hier ist der Text in mitlerweile gewohnter Manier maximal tendenziös und man weiß genau, wo die Reise hingehen wird, selbst wenn man den Verfasser und Herausgeber nicht kennen würde.
Die Evolutionstheorie wird einzig mit Verlust oder Mangel assoziiert. Nur der Schöpfungsbericht gibt zufriedenstellende Antworten. Auch wenn dieser Einwurf höchst subjektiv ist: Ich höre und lese die Antworten der Bibel nun schon über 7 Jahre. Zufrieden bin ich mit Ihnen nicht. Bestimmte Fragen werden gar nicht gestellt oder man gibt sich mit damit zufrieden, es nicht zu wissen. Schlimmer noch, man erklärt es für irrelevant. Woher kommt Gott? Wie funktioniert ein Wunder? Wie hat Gott hier oder da eingegriffen? Wie wechselwirkt er mit der Welt? Wie hat er alles erschaffen? Es gibt dazu offenbar keine Bibelstellen. Also wird nicht weiter gefragt. Bin ich der einzige, der damit nicht zufrieden ist?

Woran erkenne ich einen Segen von Gott in meinem Leben? Oder begebe ich mich bei einer immer subjektiven Prüfung in den klassischen Bestätigungsfehler? Auch darüber schrieb ich schon:

... 014, 26.01.2018: Kann ich meinem Hirn trauen? - Über die Fallen der selektiven Wahrnehmung (ursprünglich in Evolution oder Schöpfung veröffentlicht)

Im Grunde drückt dieser Vergleich aber auch eher eine Sehnsucht aus, als das es ein echtes Argument darstellt. Das Leben soll gefälligst einen tieferen Sinn haben. Es soll einfache Erklärungen geben, für die Probleme auf der Welt und einfache Lösungen sowieso.
Ein omnipotenter, liebevoller Schöpfer bietet Geborgenheit und Orientierung. Ein mächtiges, böses, hinterlistiges Wesen, wie der Teufel, bietet ein gemeinsames Feindbild und eine simple Erklärung, warum es Leid auf Erden gibt. Der Mensch kann einen nicht unerheblichen Teil seiner eigenen Schuld auf jemand anderen abwälzen. Durch die Erbsünde und das Loskausopfer Jesu wird der Wunsch gestillt, dass eben in einer paradiesischen Welt nicht alles nach 70 oder 80 Jahren vorbei ist und man bis ins hohe Alter fit bleibt. Hier sind ganz viele Wünsche Väter des Gedanken Gott. Aber es sind halt keine Beweise, lediglich Behauptungen.

Der verwirrte Alex im darauffolgenden Beispiel, hat ähnlich wie sein Lehrer vermutlich nicht genug Verständnis von wissenschaftlicher Arbeit. Der Lehrer würde die Evolutionstheorie nicht als Tatsache, sondern als Erkenntnismodell für ein zu beobachtenden und erdgeschichtlich nachweisbaren Prozess in der Natur beschreiben und wenn er gut ist, auch ein paar Beispiele bringen. Aber auch über den Kenntnisstand amerikanischer Biologielehrer hatte ich schon einen Artikel verfasst:

... 003, 05.10.2017: Das Vorrücken der Kreationisten

Die Evolution kann als bewiesen gelten, dieser Begriff wird in Wissenschaftskreisen aber vermieden. Die Beobachtungen, Experimente und Berechnungen bestätigen die erweiterte, synthetische Evolutionstheorie. Mehr geht in der Wissenschaft nicht.
Auch wenn ich diesen Vergleich ganz sicher nicht zum ersten Mal bemühe: Die Relativitätstheorie ist ebenfalls nicht bewiesen. Die verlässliche Anwendung in Atomkraftwerken bestätigt aber, dass sie wohl stimmt. Die Quantenmechanik ist auch nur eine Theorie. Das ich meinen Text aber auf einem elektronischen Gerät verfasse und ihr ihn elektronisch lest, bestätigt diese Theorie. Ich muss weder die ganz Kleinen Teile des Universums höchst persönlich sehen, noch miterleben, wie ein Stern entsteht und wieder vergeht, um darauf vertrauen zu können, dass die Theorien, die diese Vorgänge beschreiben, korrekt sind. Das liegt am Selbstreinigungsprozess der Wissenschaft. Spätestens, wenn jemand eine Theorie auf einer anderen aufbauen will, wird ein Fehler auftauchen.

Ich halte die Evolutionstheorie also nicht dadurch für richtig, weil sie in Schulbüchern steht. Sie wird seit 160 Jahren ausgiebig unter die Lupe genommen. Sie ist falsifizierbar verfasst. Dass heißt, wenn es den schlagenden Gegenbeweis gibt, dann wird sie umgedacht oder verworfen werden müssen. Und der Wissenschaftler, der das fertig bringt, wird in die Geschichtsbücher eingehen, der eine neue Ära der Wissenschaft eingeleitet hat. Aber offenbar ist das nicht der Fall. Und so forschen die Beteiligten eben in Teil- und Fachgebieten an der Erweiterung unseres Verständnisses über die natürlichen Prozesse um uns herum. Ich find das Spitze.

Dazu im nächsten Beitrag mehr.
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Fr 8. Mai 2020, 08:16

Rezension: Antworten auf 10 Fragen junger Leute, Frage 9 "Soll ich an die Evolution glauben?" (2016) (Teil 2)

Wie unter der nächsten Teilüberschrift "Moment mal!" herauskristallisiert wird, bin ich ebenfalls dafür, selbst zu prüfen, warum man von einer Sache überzeugt ist. Ironischerweise entstand meine feste Überzeugung, dass die Evolutionstheorie, die Vorgänge der Entwicklung des Lebens besser erklären kann, aus einem Buchstudium des Buches "Leben - Wie ist es entstanden? Durch Evolution oder Schöpfung" (1982, herausgegeben von der Wachtturm-Gesellschaft). Ich hatte in meinem alten Forum schon mal angefangen, es zu rezitieren und habe auch in diesem Forum schon mehrere Berichte dazu verfasst, bevor ich den Thread mit der aktuellen Themensammlung neustartete. Mit jeder neuen Betrachtung festigt sich mein Weltbild, dass eben nicht nur aus einer Quelle stammt. Die kritische Auseinandersetzung mit dem Buch wird in diesem Forum wieder folgen. Nur noch nicht so bald.

Den Bibelvers aus dem Hebräerbrief (3:4) habe ich auch schon mehrmals erwähnt und besprochen. Zum Beispiel hier:

... 018, 13.12.2017: Grundlagen: Gottesbeweise - Teil 1: Die klassischen Gottesbeweise
(Siehe dazu auch die längere Fußnote #1 - Lassen wir all das außer Acht in dem verlinkten Artikel)

BEHAUPTUNG: „Alles im Universum ist das Ergebnis eines zufälligen Urknalls.“
1. Wer oder was hat den Urknall verursacht?
2. Was ergibt mehr Sinn: Dass alles ohne Ursache entstanden ist oder dass jemand die Ursache für alles ist?

Wie so oft, wenn etwas nicht recht verstanden wird, werden Dinge durcheinander gebracht und vermengt oder absichtlich impliziert. Dann entstehen so naive Fragen wie: "Wie erklärt die Evolution denn die Entstehung des Universums?" (Antwort: Gar nicht. Evolution bedingt Materie, die interagiert, also kann sie nicht erklären, was vor ihr lag. Und das muss sie auch nicht können. Genauso wenig, wie ein Literaturwissenschafter Atomphysik studieren muss, um einen Stift zu halten.)
Wenn man sich die Wunder in der Bibel nicht erklären kann oder gar nicht erst nach einem Lösungsansatz sucht, weil man voraussetzt, dass der Mensch es eh nicht begreifen kann, was ist dann so schlimm daran, wenn wir die Antwort auf Frage 1 vermutlich nie finden werden? Was ist so schlimm an der Antwort "Keine Ahnung."?
Ergibt sich daraus - weil ich diese Frage nicht beantworten kann - dass es diesen zufälligen Prozess nicht gab/gibt und daher alles der Plan eines allmächtigen Wesen war/ist? Wo ist die Brücke, die von dem Ereignis, dass selbst nur indirekt nachweisbar ist, auf Gott schließen muss?
Und die 2. Frage ist wieder eine ganz persönliche. Es wird nicht nach dem Sinn gefragt. Sinnsuche ist Sehnsucht, nicht Wissenschaft. Und natürlich hat die Entstehung des Universums eine Ursache. Nur können wir, da die Physik und die uns bekannte Logik erst mit dem Universum beginnen, nicht die gleichen Kausalketten ziehen, wie bei Alltagserfahrungen 14 Milliarden Jahre nach dem "Big Bang". Nur weil wir die Ursache nicht kennen, heißt es nicht, es gäbe keine oder wir müssten sie mit Gott ersetzen.

BEHAUPTUNG: „Der Mensch stammt vom Tier ab.“
3. Angenommen, der Mensch stammt tatsächlich vom Tier ab, zum Beispiel vom Affen. Warum gibt es dann einen so großen Unterschied zwischen dem Intellekt der Menschen und dem der Menschenaffen?
4. Warum sind selbst die „einfachsten“ Lebewesen so unglaublich komplex?

"[...] zum Beispiel vom Affen"? Gibt es eine Lotterie, wo man sich den Vorfahren aussuchen kann? Klingt wie "Nehmen wir an, du bist der Sohn deines Vaters und nicht deines Cousins ..."
Und nein, der Mensch stammt nicht vom Affen ab. Er hat mit diesem gemeinsame Vorfahren, wie sowohl Genetik als auch Phylogenetik bestätigen. Auch die Morphologie und einige intellektuelle, sowie soziale Verhaltensweisen sind sich ähnlich. Kann man hier auch gern nachlesen:

https://www.dw.com/de/affe-und-mensch-wo-ist-der-unterschied/a-5675012

Auf die Idee, Affe und Mensch hätten starke Ähnlichkeiten, kam ja nicht erst der oft verfluchte britische Pfarrerssohn und Forscher in seinem 1859 veröffentlichten Buch.


Diese bekannte Darwin-Karikatur erschien am 22. März 1871 im Magazin The Hornet und trug den Titel "A venerable Orang-Outang. A contribution to unnatural history".

Bereits im 2. Jahrhundert nach Christus stellte der griechische Arzt Galen (zw. 128 und 131 bis zw. 199 und 216) fest, dass der Mensch dem Affen "von den Eingeweiden, den Muskeln, Arterien, Venen, Nerven und der Skelettform her am stärksten ähnelt". Als einer der ersten ordnete Linné (schwedischer Naturforscher, 1707 - 1778) den Menschenaffen und den Menschen in die Ordnung der Primaten ein, jedoch in unterschiedliche Familien. Vor rund 25 Jahren kamen dann die ersten genetischen Untersuchungen zu dem hohen, heute allgemein anerkannten und vielfach bestätigten Verwandsvhaftsgraden zwischen Orang-Utans, Gorillas, Schimpansen und uns.

Und ja es gibt deutliche anatomische Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten.

  • Der Mensch hat eine hohe Stirn, der Affe eine flache.
  • Affen haben große Augenwülste, Menschen nicht.
  • Beide haben dicht beieinander liegende Augen.
  • Das Nasenbein, dass beim Menschen vorhanden ist, fehlt bei den Menschenaffen vollkommen.
  • Das Hinterhauptloch ist beim Menschen aufgrund des aufrechten Ganges weiter vorn, als bei den schnauzlastigen Menschenaffen.
  • Mensch und Menschenaffe besitzen 32 Zähne und die Zahnkronen der Backenzähne dieselbe Anzahl von Höckern und Furchen. Die Zahnreihe des Menschenaffen ist u-förmig angeordnet. Die dabei entstehenden Lücken vorne rechts und links füllen die stark ausgeprägten und herausragenden Eckzähne. Die Zahnreihe des Menschen ist v-förmig angeordnet, wobei keine Lücken entstehen.
  • Der Kiefer des Menschenaffen ist kräftig und groß, der des Menschen ist eher kurz und schmal.
  • Der Mensch besitzt ein vorstehendes Kinn, der Menschenaffe ein fliehendes.
  • Der Mensch und fast alle Menschenaffen besitzen 5 Zehen mit Nägeln. Der Daumen kann allen Zehen gegenübergestellt werden.
  • Der Fuß des Menschen ist ein Standfuß. Er hat keine Greiffunktion.
  • Die Arme des Menschen reichen nur zur Hüfte, die des Menschenaffen bis zu den Knien.
  • Dagegen sind die Beine des Menschen vergleichweise lang.
  • Der Mensch hat einen breiten und flachen Brustkorb, der Menschenaffe einen schmalen und tiefen.
  • Das Becken des Menschen ist stark verbreitert und nach vorn geneigt. Es hat die Funktion die Eingeweide als "Schüssel" zu tragen. Zudem ist beim menschlichen Becken der Geburtskanal aufgrund der größeren Schädel vergrößert. Der Menschenaffe besitzt im Vergleich zu dem des Menschen keine Schüsselform, sondern eine Schaufelform.
  • Die Oberschenkelknochen des Menschenaffen sind nach außen gerichtet, wodurch er "O-Beine" besitzt. Bei dem Menschen hingegen sind die Knochen nach innen gerichtet ("X-Beine").
  • Beide Lebewesen besitzen 5 Hirnteile.
  • Im Gegensatz zu vielen anderen Arten haben beide die Möglichkeit des räumlichen Sehens.
  • Das Gehirnvolumen des Affen beträgt mit 400 cm3 jedoch nur ein Viertel dem des Menschen mit 1600 cm3.
  • Die Wirbelsäule des Menschen hat eine doppel-s-förmige Form. Der Menschenaffe vergleichsweise hat nur eine einfach-s-förmige Wirbelsäule. Dadurch ist es ihm nicht möglich sich vollkommen aufzurichten.
Der Mensch hat einen aufrechten Gang wohingegen der Menschenaffe überwiegend auf allen Vieren läuft. Er kann zwar auch kurze Strecken auf zwei Beinen laufen, durch seine anatomischen Verhältnisse ist es ihm jedoch nicht möglich dauerhaft aufrecht zu gehen. Der aufrechte Gang beim Menschen ist durch die doppel-S-förmige Wirbelsäule (richtet Oberkörper auf), die vollständig durchgestreckten Knie und die senkrecht zueinander gestellten Beine möglich.
Auch die meisten anderen Unterschiede rühren daher, beziehungsweise ermöglichten den aufrechten Gang. Es ist in der Evolutionbiologie schwer Ursache und Wirkung strikt zu trennen. Ist der aufrechte Gang Ursache für die anatomischen Veränderungen oder das Ergebnis dieser? Es gibt in der Morphologie von Lebewesen nicht diese strikte Trennung. Die anatomische Veränderung bedingt neue Verhaltensweisen und Bewegungsabläufe genauso, wie neue Verhaltensweisen und Bewegungsabläufe die Morphologie ändern können (über Generationen hinweg versteht sich).

Aber es gibt ja nicht nur die Morphologie und Anatomie. In den letzten Jahrzehnten ist die Zellforschung zu erstaunlichen, immer wieder den Verwandschaftsgrad bestätigenden Ergebnissen gekommen.
  • Ein Chromosomenpaar des Menschen ähnelt im Bandenmuster sehr stark den zwei Einzelchromosomen des Schimpansen.
  • Beim Vergleich der b-Ketten des Hämoglobins fällt auf, dass bei Schimpanse und Mensch eine vollständige Übereinstimmung vorliegt, bei Mensch und Gorilla ein Austausch und bei Mensch und Orang-Utan drei unterschiedliche Aminosäuren.
  • Mithilfe eines Präzipitintests kann man die Ähnlichkeit von Serumeiweißstoffen nachweisen. Dabei fällt auf, dass der Schimpanse dem Menschen in 85 Prozent der Eiweißstoffe übereinstimmt, der Gorilla in 64 Prozent und der Orang-Utan in nur noch 42 Prozent.
  • Der Schimpanse wird von denselben Parasiten, wie der Mensch befallen (Filzlaus, Kopflaus, Madenwürmer). Der Gorilla, welcher hinsichtlich des Genoms weiter vom Menschen entfernt ist, als der Schimpanse, hat lediglich unter Filzläusen zu leiden.
  • Menschenaffen besitzen wie Menschen die Blutgruppen A, B und 0. Desweiteren haben auch Menschenaffen den Rhesusfaktor, hat er doch auch seinen Namen von dem gleichnamigen Affen, bei dem diese Eigenschaft entdeckt wurde.


Übersetzung: Kreationismus - Die Idee, dass wir mehr mit Dreck gemeinsam haben, als mit Affen.

Wir können uns natürlich auch mit dem Verhalten und Sprache von Mensch und Menschenaffe beschäftigen.
  • Menschen unterscheiden sich von vielen anderen Lebewesen durch ihr vorausschauendes Handeln und ihr Aufzeigen von Mitgefühl.
  • Menschenaffen haben mit dem Menschen gemeinsam, dass sie Mitgefühl zeigen. Dies wurde dadurch bewiesen, dass erwachsene Schimpansen (Männchen und Weibchen) verwaiste Jungtiere adoptieren.
  • Menschenaffen benutzen, wie der Mensch Werkzeuge, um sich das Leben in der Wildnis zu erleichtern. Diese dienen vor allem der Nahrungsbeschaffung.
  • Menschenaffen zeigen vorausschauendes Handeln. Besonders bei der Jagd wird deutlich, dass eine Koordination der Affen untereinander vorliegt. Während einige die Beute in den Bäumen verfolgen, schneiden andere den Weg auf dem Boden ab. Die Beute wird anschließend gemeinschaftlich geteilt.
  • Auch zwischen Menschenaffen kann es zu großen Auseinandersetzungen kommen. In Uganda wurde die Beobachtung gemacht, dass eine Schimpansengruppe eine andere Gruppe ihrer Artgenossen angreift, um sich Lebensraum zu sichern. (Siehe auch: ... 033, 02.02.2018: Konkurrenz - Teil 2: Ist Krieg Menschenwerk? - Die Schimpansen von Gombe)
  • Bei längerer Beobachtung von Menschenaffen fällt auf, dass diese oft gleiche mimische Ausdrücke aufzeigen. So ist das Lachen dem eines Menschen sehr ähnlich. Jedoch verwenden Affen diese Mimik auch um andere Gefühle als der Mensch auszudrücken.
  • Viele Gemeinsamkeiten existieren auch bei der Jugendentwicklung. Der Affe braucht, wie der Mensch, eine sehr lange Zeit um das Erwachsenenstadium zu erreichen. Die Affeneltern kümmern sich meist aufopferungsvoll um ihren Nachwuchs.
  • Der Wortschatz der Menschenaffen beträgt 100-300 Begriffe, der des Menschen beinhaltet 20.000 bis hin zu 250.000 Wörter.
  • Generell bedienen sich die Menschenaffen in freier Wildnis einer Kommunikation bestehend aus Mimik, Gestik und Lauten.
  • Der Grund weshalb sie keine Lautsprache verwenden haben anatomische Ursachen. Im Vergleich zum Homo sapiens haben Menschenaffen eine dünnere Zunge, der Kehlkopf liegt höher, der Rachenraum ist kleiner und der Unterzungennerv ist nur halb so groß. Dies alles bedingt, dass der Menschenaffe keine Vokale formen kann.
  • Demnach verständigt er sich mit Zeichensprache, die ähnlich der von Taubstummen ist. Der Menschenaffe lernt sie durch Zuschauen und Nachahmen und geben sie an ihre Nachkommen weiter (Traditionsbildung).
  • Die Kommunikation des Menschens in Form einer komplexen Silbensprache ist ein Merkmal, dass ihn als Lebewesen unter allen anderen einzigartig macht.


Schimpansen-Mama mit Tragling

Ja, auch die lange Aufzählung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen Mensch und Menschenaffe hat die Frage nach dem unterschiedlichen Intellekt nicht zwangsläufig beantwortet.
Wie wir bei den Verhaltensweisen gesehen haben, verwenden auch Menschenaffen Werkzeuge. Sie nehmen einen simplen Stock zum Terminen"löffeln" oder Steine, die sie erst nach Beschaffenheit untersuchen, um dann Nüsse oder Schalenfrüchte aufzuknacken.
Die ältesten Steinwerkzeuge, die Menschen zugeschrieben werden, sind abgerundete Flussgerölle, geringfügig bearbeitet und fanden sich im Norden von Tansania. Da der relativ gut erhaltene Schädel eines Olduvai Hominid (OH 5) in der gleichen Bodenschicht und in unmittelbarer Nähe zu den Werkzeugen, wurden diese ihm zugeschrieben. Da aber in einer benachbarten Fundstelle Knochen einer anderen Art, deren Zähne im Unterkiefer kleiner waren, kam auch diese Art für die Verwendung der Steinwerkzeuge in Frage. Zusammen mit anderen Funden wurde dieser Kiefer der neuen Art Homo habilis ("geschickter Mensch") zusammengefasst.
Wie Funde in der Nähe der Knochen und der Werkzeuge zeigen, wurden diese verwendet, um Fleisch von Knochen zu trennen, sowie zum Öffnen hartschaliger, pflanzlicher Nahrung. (#1) Schlag- und Schnittspuren auf Tierknochen belegen die Verwertung von Fleisch, auch wenn bislang nicht eindeutig erwiesen ist, ob es sich um Jagdbeute oder Aasverwertung (sogenanntes "Svavenging") handelt (#2, #3, #4, #5).
Die ersten Hütten passen wohl auch in diese Zeit, so hat man niedrige Steinkreise entdeckt, (in Olduvai, im Norden Tansanias z.B.) die das Fundament einer Hütte darstellen könnten. Dazu passt, dass im Innern dieser Einfassung zahlreiche zerlegte beziehungsweise bearbeitete Knochen entdeckt wurden,aus denen das Knochenmark entnommen war (#6).

Über was für ein Alter reden wir hier eigentlich, für diese Steinwerkzeuge und für die Steinkreise?
Die Oldowan-Kultur, der beide Funde zugeordnet werden und die mit dieser "Innovation" das Early Stone Age einleuteten, wird auf einen Zeitraum von 2,6 - 1,5 Millionen Jahre vor unserer Zeit datiert. Möglicherweise gibt es aber auch Kulturen älteren Datums, die solche Werkzeuge bereits verwendeten (#7, #8).
Aber bereits das zeigt, dass Menschen genauso angefangen haben.
Der aufrechte Gang wird als Anpassung an die zunehmende Versteppung in Folge einer Klimaveränderung gesehen. Die Zunahme der Staubablagerung, die bei Versteppung zwangsläufig passiert, fällt zusammen mit den ältesten Knochenfunden des Homo erectus, der neben dem zweibeinigen Gang auch weitere Merkmale des modernen Menschen aufweist, wie lange Beine und kurze Arme, ein kleiner Kiefer und ein größeres Hirn.
Aus knapp 18.500 Individuen vor 1,2 Millionen Jahren entwickelten sich die 3 Abstammungslinien des Homo floresiensis, dessen letzte Vertreter vor ca. 60.000 Jahren auf der indonesischen Insel Flores ausstarben, sowie der Homo heidelbergensis, der als Vorfahre des Neandertalers und des sogenannten Denisova-Mensch eingeordnet wird, und vor ca. 800.000 Jahren die Urtyp des Homo sapiens.

Man darf sich aber nicht vorstellen, weil der Mensch stufenweise aus den einfachen Werkzeugen Stück um Stück bessere herstellte und beim ultimativen Ding, dem Handy, angekommen ist, dass er nicht evolviere.
  • Die Blutgruppe B entwickelte sich erst nach der Anhebung des Meeresspiegels, nachdem die ersten Menschen Amerika erreichten, weshalb alle Ureinwohner Amerikas ausschließlich die Blutgruppe 0 haben.
  • Seit dem Mittelalter verkleinert sich der Unterkiefer aufgrund ernährungsbedingtem Mangel an faserreicher Nahrung. Eine Reduzierung der Weisheitszähne wird parallel beobachtet (#9).
  • Die Veränderung der Hautfarbe durch unterschiedliche Melaninbildung in der Folge von Wanderungen in Regionen mit unterschiedlicher Anpassung an Sonnenstrahlung (Ultraviolettstrahlung) ist ein weiteres neues Merkmal des Homo sapiens.
  • Ein vorteilhaftes Merkmal war die mehrfach unabhängig in den vergangenen 10.000 Jahren entstandene Laktosetoleranz, das heißt die Verträglichkeit von Milch im Erwachsenenalter (#10, #11). Vor allem Europäer und Asiaten auf der Nordhalbkugel (Ausnahme Chinesen) haben mit einem hohen Anteil in der Bevölkerung die dafür zugrundeliegende genetische Mutation. Sie ermöglichte Menschen bei der Sesshaftwerdung, sich eine zusätzliche, wertvolle Nahrungsquelle zu erschließen.
  • Malariaresistenz liegt bei heterozygoter Sichelzellenanämie vor. In dieser Form ist die Krankheit ein Selektionsvorteil (#12, ich hatte schon mal darüber geschrieben).
  • Die Anpassung an Lebensbedingungen in großer Höhe wie im Himalaja, den Anden und Ostafrika erfolgte mehrfach unabhängig durch genetische Veränderungen der Sauerstoffverarbeitung im Blut bzw. der Bildung von roten Blutkörperchen. Die regional leicht unterschiedlichen Mutationen zählen zu den physiologisch jüngsten evolutionären Anpassungen der Menschheit (#13, #14).

Ja, die Textbetrachtung ist wirklich recht lang geworden. Aber sie ist noch nicht fertig.

#1 - Quelle: Friedemann Schrenk: Die Frühzeit des Menschen. Der Weg zum Homo sapiens. München 1997, S. 77.
(Link mit Leseprobe: https://www.chbeck.de/schrenk-fruehzeit-menschen/product/27076845)

#2 - Quelle: Grahame Clark: The stone Age hunters. Thames and London, London 1967, S. 26 f.

#3 - Quelle: Robert J. Blumenshine: A landscape taphonomic model of the scale of prehistoric scavenging. In: Journal of Human Evolution 18, 1989, S. 345-371.

#4 - Quelle: Robert J. Blumenshine, Marie M. Selvaggio: On the Marks of Marrow Bone Processing by Hammerstone and Hyenas: Their Anatomical Patterning and Archaelogical Implications. In: Desmond J. Clark (Hrsg.): Cultural Beginnings - Approaches to Understanding Early Hominid Life-Ways in the African Savanna. Bonn 1991, S. 17-32.

#5 - Quelle: Robert J. Blumenshine: Carcass Consumption Sequences and the Archaelogical Distinction of Scavenging and Hunting. Journal of Human Evolution 15, 1986, S. 639-659.

#6 - Fiorenzo Facchini: Die Ursprünge der Menschheit. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2006, S. 179.

#7 - Sonia Harmand et al.: 3.3-million-year-old stone tools from Lomekwi 3, West Turkana, Kenya. In Nature. Band 521, 2015, S. 310-315, doi:10.1038/nature14464

#8 - Ewen Callaway: Oldest Stone Tools raise questions about their creators. In: Nature. Band 520, 2015, S. 421, doi:10.1038/520421a

#9 - Quelle: Schwächen des Homo sapiens: Wie die Evolution den Menschen piesackt. auf: spiegel.de, 16. Mai 2012.

#10 - Quelle: D. M. Swallow: Genetics of lactase persistence and lactose intolerance. In: Annual Review of Genetics. Band 37, 2003, S. 197–219, doi:10.1146/annurev.genet.37.110801.143820PMID 14616060.

#11 - Quelle: Elizabeth Weise: Sixty percent of adults can't digest milk.

#12 - Quelke: J. I. Malowany, J. Butany: Pathology of sickle cell disease. In: Seminars in diagnostic pathology. Band 29, Nummer 1, Februar 2012, S. 49–55, ISSN 0740-2570PMID 22372205.

#13 - Quelle: L. G. Moore: Human genetic adaptation to high altitude. In: High Alt Med Biol. Band 2, Nr. 2, 1983, S. 257–279, doi:10.1089/152702901750265341PMID 11443005 (annualreviews.org).

#14 - Quelle: Hillary Mayell: Three High-Altitude Peoples, Three Adaptations to Thin Air. In: National Geographic News. National Geographic Society, 24. Februar 2004, abgerufen am 1. September 2013.
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"If the biggest problem that you're having in the twenty-first century involves
what other people's genitals look like, and what they're doing with those genitals
in the presence of other consenting adults, you may need to reevaluate your
priorities." - Forrest Valkai


("Wenn das größte Problem, das du im 21. Jahrhundert hast, darin besteht, wie
anderer Leute Genitalien aussehen und was diese damit in Gegenwart anderer
Erwachsener mit deren Einverständnis machen, musst du möglicherweise deine
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Re: Evolution oder Schöpfung

Beitragvon almafan » Sa 9. Mai 2020, 13:52

Rezension: Antworten auf 10 Fragen junger Leute, Frage 9 "Soll ich an die Evolution glauben?" (2016) (Teil 3)

Ich muss das letzte Zitat aus dem zu analysierenden Text abermals hier zeigen, denn wir haben uns Frage 4 nicht vorgenommen.

BEHAUPTUNG: „Der Mensch stammt vom Tier ab.“
3. Angenommen, der Mensch stammt tatsächlich vom Tier ab, zum Beispiel vom Affen. Warum gibt es dann einen so großen Unterschied zwischen dem Intellekt der Menschen und dem der Menschenaffen?
4. Warum sind selbst die „einfachsten“ Lebewesen so unglaublich komplex?

Was heißt eigentlich komplex? Und warum hat diese Frage etwas mit der Abstammung des Menschen vom Affen (beziehungsweise einem gemeinsamen Vorfahren) zu tun?

Über Komplexität und irreduzierbare Komplexität schrieb ich schon:
... 006, 09.11.2017: Grundlagen: Was bedeutet Komplexität?
... 023, 29.12.2017: Was ist nicht reduzierbare Komplexität?

Also fragt die Wachtturm-Gesellschaft eher nach, warum sind "einfache" Lebewesen so kompliziert aufgebaut, nicht komplex. Der erläuterte Pfad der irreduziblen Komplexität führt ja nur dahin, es nicht nur nicht zu wissen, sondern zu erklären, dass alle bekannten Entstehungsmechanismen in allen erdenklichen und nicht erdenklichen Kompositionen zu den damals gegebenen Umständen, die wir teils nicht kennen, nicht stattgefunden haben. Wer will solch eine Beweislast tragen?
Aber gehen wir dem Gedankengang nach, ist es im Grunde eher die Frage, wie selbst "einfaches" Leben entstanden sein soll.

In der Wissenschaft unterscheidet man zwischen Biogenese und Abiogenese.
Bis zum 19. Jahrhundert glaubte man allgemein auf Grund der Beobachtung, dass Maden oder Schimmelpilze scheinbar spontan auftraten, wenn organische Stoffe sich selbst überlassen werden, dass die spontane Entstehung von Leben aus toter Materie ein alltäglicher Prozess sei. Dies wurde im 19. Jahrhundert insbesondere durch Louis Pasteur widerlegt, indem er zeigte, dass die Organismen, von denen bis dahin geglaubt wurde, sie entstünden spontan aus toter Materie, in Wirklichkeit aus biologischen Vorläuferorganismen entstanden sind. Man hat auch bis heute nie beobachtet, dass Leben neu entstanden ist.

Die Spontanzeugung ist ein Hirngespinst."
- Louis Pasteur (französischer Chemiker, Physiker,Biochemiker, 1822-1895)


Andere Forscher kamen zu eben diesem Ergebnis: Alles Lebende entsteht aus Lebendem. Allerdings so erkannte auch Pasteurs in einer seiner letzten Notizen, muss das Leben ja irgendwann mal entstanden sein. Leben aus unbelebter Materie muss prinzipiell möglich sein.
Das Standardmodell der Kosmologie, nach dem zu Beginn des Universums noch nicht einmal Materie existierte, setzt voraus, dass Leben irgendwann entstanden sein muss, da es nicht schon immer da gewesen sein kann.

1871 schrieb Darwin an Joseph Dalton Hooker, dass das Leben in einem "warmen, kleinen Teich, in dem alle Arten von Ammoniak und Phosphor-Salzen, Licht, Hitze, Elektrizität usw. vorhanden waren," begonnen haben könnte und "dass ein Protein-Verbund chemisch geformt wurde und noch komplexeren Veränderungen unterworfen war. Heutzutage würde so etwas sofort verschlungen oder absorbiert, was nicht der Fall war, bevor die lebenden Kreaturen entstanden." Das wir aktuell also die Lebensentstehung nicht beobachten können, liegt also, so sehen es auch heutige Forscher daran, dass bereits vorhandenes Leben das selbst verhindere.
Zu den Bemühungen, Leben aus Nicht-Lebendigem zu erschaffen, zählen der Zellversuch von J.B Burke mit Radiumbestrahlung, der aber nur mikroskopisch kleine, explodierende Glasblasen erzeugte, oder die Produktion von Cyansäure durch Pflüger. Das Urey-Miller-Experiment bestätigte die Hypothese von Alexander Iwanowitsch Oparin,indem es einige der organischen Komponenten des Lebens aus einer Atmosphäre von Methan, Ammoniak und Wasserdampf produzierte. 2002 wurde ein Poliovirus künstlich hergestellt und seitdem noch weitere Viren synthetisch produziert (#1, #2). Allerdings erfüllen Viren nicht alle Standardkriteren der Definition von Leben. Sie reagieren nicht auf Reize, sie sind ataxisch (bewegen sich nicht selbst), ihnen fehlt die Fähigkeit oder der Mechanismus zum Wachstum oder zur Reproduktion und sie besitzen keine Zellen. Da Viren und Bakterien aber "molekulare Maschinen" mit unterschiedlicher Komplexität sind, wird erwartet, dass mit ausgereifterer Technik theoretisch auch Bakterien hergestellt werden könnten. Möglicherweise wird der vollständige Ablauf der Entstehung von Leben nie komplett im Labor reproduziert werden können, da dafür Ressourcen notwendig sind, die im Labor nicht zur Verfügung stehen (Zeitspannen von einigen Millionen Jahren und ein ausreichend großer Lebensraum).

Aber zu sehr möchte ich hier nicht ins Detail gehen. Das wird wohl mal eine eigene Artikelserie werden.

BEHAUPTUNG: „Die Evolution ist bewiesen.“
5. Haben Menschen, die davon überzeugt sind, die Fakten selbst geprüft?
6. Wie viele Leute halten die Evolutionstheorie für erwiesen, nur weil ihnen gesagt wurde, dass alle intelligenten Leute sie als eine Tatsache betrachten?

Danach folgen Abwandlungen der Uhrmacher-Analogie. Dazu habe ich auch schon was verfasst:
... 031, 20.01.2018: Grundlagen: Uhrmacher-Analogie - Was ist Leben?
Natürlich fallen Holzhäuser nicht vom Himmel und explodierende Druckereien bekommen kein Wort zustande. Aber genau das ist der Fehler, den viele machen. Sie setzen Evolution und Zufall gleich. Der Zufallsmoment wird nie verschwinden, egal wieviel wir wissen werden. Aber das Mutationen geschehen, wissen wir. Das Selektion stattfindet, wissen wir. Das Variation im Erbgut besteht, wissen wir. Das Mutation adaptiert werden, wissen wir. Wo Mutationen, die vererbt werden können auf Selektion trifft, findet per Definition Evolution statt. Zwangsläufig.
Und sei das Ergebnis noch so erstaunlich. Es heißt nicht, dass es nicht einen Weg dorthin gibt, der nicht Magie heißt.

Zwar sind die Mutationen im Genmaterial zufällig. Nicht zufällig aber sind die Kriterien, nach denen entschieden wird, welche Individuen ihr Genmaterial weitergeben können. Sie heißen: Überlebensvorteil und Reproduktionsvorteil. Aber lest am Besten den verlinkten Text zur Uhrmacher-Analogie.

Die Gegenfrage, die sich aus den beiden Fragen 5 und 6 ergeben ist, wurde der Kreationismus, den man propagieren will, mal von den Glaubenden geprüft? Was können diese als Beweis oder Bestätigung für ihre Behauptungen vorbringen? Alles, was ich bisher rezensiert habe, kann man als lose Sammlung von Behauptungen bloßstellen oder es ist prinzipiell nicht nachweisbar, weil es durch den Rückgriff auf Übernatürliches erzählt wird. Nichts davon hatte auch nur annähernd Konsistenz. Und sie zeugen in der Regel von der Unkenntnis evolutionärer, biologischer, chemischer und physischer Vorgänge und Wirkungsweisen, sowie dem Verständnis für wissenschaftliche Arbeitsweisen.

Das setzt sich im Grunde im weiteren Text an die jungen Leute so fort. Laut Römer 12:1 soll man den Verstand gebrauchen. Und genau das machen die Forscher, die immer wieder neues über die Natur herausfinden und uns mitteilen wollen. Ihren Nichtglauben an Gott mit damit gleich zu setzen, dass sie ihren Verstand nicht gebrauchen, halte ich aufgrund der Stichhaltigkeit und Nachweisbarkeit ihrer Theorien und Arbeitshypothesen für sehr gewagt.
Es folgen weitere Uhrmacher-Analogien und kosmologische Gottesbeweise. Und dann der mehrfach gelesene Einwurf, dass die Uneinigkeit der Forschenden das gesamte Konzept untragbar machen. Ein weiterer Beweis dafür, dass man wissenschaftliche Arbeit nicht versteht, zu der Diskussion einfach dazugehört. Wenn sich alle Forscher einig wären, dann gebe es erst recht Grund dafür, es als Doktrin zu bezeichnen. Wissenschaft lebt vom Diskurs.
Und zwei Sachen gibt es dabei zu betrachten:
Das Gerüst, die Theorie als solches, wird aufgrund der überwältigenden Fachliteratur über all die empirischen Daten nicht angezweifelt. Wohl aber Einzelaspekte, wie wann was wo passiert ist. Logisch, man versucht mit einer unvollständigen Ahnengallerie eine Abstammung für bis zu 3 Milliarden Jahre Lebewesen aus mehr als 100.000.000 Arten abzuleiten. Dass es da Uneinigkeit gibt, wird wohl jedem klar sein, der Vorschläge für ein simples Familenfotoalbum von allen Familienmitgliedern haben will. Jeder wird etwas anderes gewichten, aber jeder weiß, dass es um ein Fotoalbum geht.

Und ich schrieb dies ebenfalls mehrfach: Es ist völlig legitim, ja sogar erfrischend diese und andere Theorien und Gedankengebäude zu hinterfragen. Skepsis ist oft der Weg zu neuer Erkenntnis.
Komischerweise kommt dieser Vorschlag immer wieder aus einer Ecke, in der ein einzelnes Buch über alles erhoben wird und das nicht ernsthaft angezweifelt werden darf.

Man wird überrascht sein, wenn man den gleichen skeptischen Maßstab beim seiner kreationistischen Sichtweise anlegt, wie man sie von Vertretern der Evolutionstheorie fordert.

Diese Textanalyse hat dir gefallen. Freu dich, das ist der Auftakt zu einer Reihe von Rezensionen. Dank der Online-Bibliothek der Wachtturm-Gesellschaft ist es einfacher denn je, deren Texte zu prüfen.

#1 - Scientists build polio virus from scratch. (Memento vom 29. März 2005 im Internet Archive) Auf: cbc.ca vom 12. Juli 2002

#2 - Scientists make artificial virus out of DNA. (Memento vom 21. April 2005 im Internet Archive) Auf: cbc.ca vom 14. November 2003
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