Der niedergeschriebene Urlaubsbericht vom Urlaub auf dem Winterberg bei Bad Schandau und in Oybin. Die folgenden Ereignisse begeben sich zwischen Sonntag, dem 23.06.2013, und Freitag, dem 28.06.2013 (Winterberg), beziehungsweise zwischen Freitag, dem 28.06.2013, und Sonntag, dem 30.06.2013 (Oybin).
Almafan:
Unerbittlich weckt mich dieses Geräusch am Morgen. In einer Stunde, in der jeder halbwegs vernünftige Mensch noch schläft. Ausnahmen sind da nur die Bäcker, die die Brötchen zum Abtransport fertig machen und die Kraftwerker und Wasserwerkler, die sich auf die Ablösung freuen. Doch diese Gedanken, kommen mir an jenem Morgen nicht in den Sinn. Wie auch, ich bin ja müde.
Wir schreiben den 23.06.2013.
Ein Tag, wie jeder andere, sollte man meinen. Aber dem ist nicht so. Denn heute ... (Trommelwirbel) ... fahren wir in den Urlaub. Hui.
Doch im Moment will keine Reiselust aufkommen. Also bei mir. Meine Kleine hat jetzt bereits ein breites Grinsen aufgelegt. "Raus aus dem Berufsstress" stand in ihrem Gesicht, ganz fett geschrieben. In meinem stand: "Noch 5 Minuten Mutti." Verständlich, es war erst 5:30 Uhr. Aus den 5 Minuten wurden dann aber doch 20. Das wohligwarme Bett verlässt man ja auch nicht zu nachtschlafender Stunde.
Dennoch: Irgendwie müssen wir es in die Waagerechte geschafft haben. Denn wir duschen, ziehen uns an, packen, was noch nicht gepackt ist, und gehen die To-Do-Liste bis zum letzten Punkt durch. Katzen füttern, Katzenklo machen, dreckiges Geschirr abwaschen, Wäsche wegräumen. All das will erledigt sein. Denn wer will schon in einen Berg voll Arbeit zurückkehren?
Vlindertje:
Urlaub zu haben, bedeutet für mich nicht nur einfach mal nicht auf Arbeit zu müssen. Für mich bedeutet es, wie sicherlich für manch anderen auch, etwas zu entdecken, etwas zu erleben, am Besten unterwegs zu sein. Darüber hinaus sehe ich Urlaub immer als eine Gelegenheit, meinem Mann - ja, ich sage Mann, auch wenn ich noch keinen Ring an meinem Finger trage, da ich genau so ihm gegenüber empfinde - näher zu kommen, aber auch Gott. Mitten in der Natur, beim gemeinsamen Wandern darin und dem Bewundern , was das eigene Auge sieht, das Ohr hört, die Nase riecht, gepaart mit Momenten der Stille, tiefgründigen Gesprächen und dem Lesen, gelingt mir dies am Besten und ich genieße diese Zeit immer sehr. Es gibt mir mehr, als einfach mal Nichts zu tun. Es erfüllt mein Herz mit Freude, meinen Geist mit Denkanstößen, meinen Tatendrang mit guten Vorsätzen, meine intensive Beziehung zu meinem Mann wächst und sie bringt mich meinem Gott und Schöpfer näher.
Almafan:
Für die Versorgung der Katzen ist gesorgt. Mein Bruder übernimmt diese ehrenvolle Aufgabe. Waren schließlich auch mal seine Katzen. Für den Fall, dass es nicht regnen sollte, ist auch ein Gießkannenservice, repräsentiert durch meine Schwester, zur Stelle. Nur eine halbe Woche zuvor haben wir den beiden bei einer kleinen Garteneinweihungsparty mit einer Menge Grillwürsten, selbstgemachten Salat und Quark, die Betreung von Haus, Hof und Vieh schmackhaft gemacht. Mit Speis und Trank auf dem Tische überredet es sich leichter.
Doch der Tag birgt noch die ein oder andere Tücke. Im Stress - und besonders dann, wenn dieser früh auftaucht - werde ich muffelig. An dem Tag geht es aber noch. Zudem fällt auch noch das Frühstück aus, weil wir keine Zeit mehr haben. Es ist bereits 7:07 Uhr und wir müssen zum Zug. "Rennen" am frühen Morgen. Es wird immer besser. Nebenbei noch mal schnell an den Geldautomaten, um genug Bares mitzuführen. Trickbetrüger und Taschendiebe wollen ja auch ernährt werden.
Auf dem Weg zum Bahnhof bemerken wir, dass es letzte Nacht wohl geregnet hat. Die Platten auf dem Gehweg und die Pflastersteine der Straße sind noch nass. Ein Blick nach oben verrät, dass es wohl heute nicht viel besser wird. Die Gießkanne wird heute sicher ruhen dürfen. 7:29 fährt der Zug Richtung Dresden ab. Geschafft. Die erste Etappe der Reise ist angebrochen und wir haben kein Mitglied verloren. Gut, wir sind nur zu zweit. Aber so was kann passieren. Eine erste kleine und recht leicht zu meisternde Hürde ist der Schienersatzverkehr zwischen Löbau und Bautzen. Diese altehrwürdigen Städte sind seit ein paar Tagen schon vom Nabel des Dampfrosses abgeschnitten. Ich weiß nicht mehr genau, ob das Hochwasser etwas damit zu tun hatte. Aber ich vermute es stark.
Viel größer ist die Sorge um den baldigen Hungertot. Frühstens in 2 Stunden wird es in Dresden etwas zu Beißen geben. Wie soll ein Mensch das nur aushalten? Ich meine, ein verwöhnter Mensch aus dem priviligierten Mitteleuropa. Ohne Essen, seit einem halben Tag. Das ist die harte Realität in einer McDonalds-geschwängerten Umwelt. Ein Ding der Unmöglichkeit. ... Beschäftige ich mich zu viel mit Lebensmitteln? Bin ich zu theatralisch? Nein. Aus meinem Beruf als Supporter habe ich gelernt, es gibt nichts, was zu absurd ist, dass Leute nicht darüber jammern könnten.
Doch endlich naht meinem Magen frohe Botschaft. 9:21 Uhr: Wir sind in Dresden. Hier gibt es in der Bahnhofshalle einen Bäcker mit gar wenig Auswahl, aber das stört nicht. Je eine Quarktasche und ein geteiltes Buttercroissant. Mein Hüftgold frohlockte über die neuen Freunde. Das sind immerhin alles Kalorien, die wir bei der bevorstehenden Bergtour verbrennen werden. So schlimm kann es also nicht sein. Und nach diesem gar köstlichem Mahle ging es in die S-Bahn nach Schöna. Schon auf der Fahrt dahin eröffnete sich uns ein Blick in die Welt, die wir die nächsten 5 Tage nicht mehr verlassen sollten: Die sächsische Schweiz. Und auch wenn der Dialekt nicht jedermanns Sache ist, so sprechen sie hier doch kein Schwyzerdütsch. Herrlich. Einmal in den Bergen und die Leute verstehen können. Wo hat man sowas noch?
Allerdings endstationiert der Zug nach Schöna schon in Bad Schandau. Aber hier übernimmt eine tschechisch personalisierte Deutsche Bahn, deren Endhaltepunkt Decin bereits auf der anderen Seite der Grenze liegt.
Vlindertje:
Am Urlaubsort - Schmilka-Hirschmühle - angekommen, empfängt uns erst einmal strömender Regen. Bei der Elbüberfahrt mit einer Fähre, habe ich ein Foto gemacht, was dieses, unser Urlaubswetter, wunderbar eingefangen hat und mich irgendwie an ein fremdes Land erinnert, wie ich es in Büchern gelesen habe. Kurz bevor unsere Fähre dann an der gegenüberliegenden Seite anlegte, flog ein Graureiher ganz dicht an uns vorbei, welcher zuvor am Ufer saß.

Almafan:
Die Ankunft in Schmilka fällt auf kurz vor 11 Uhr. Wir sind am Bahnhof Schmilka-Hirschmühle. Und außer besagtem Bahnhof, findet sich hier nicht viel. Der Ort liegt nämlich auf der anderen Seite der Elbe. Bis jetzt eben, hat es nur leicht genieselt. In Dresden konnte man sogar kurz diese helle Feuerscheibe am Himmel sehen. Hier in Schmilka aber regnet es. Und es regnet stark. Mit trocknen Socken kommen wir oben nicht mehr an. Ja, richtig. Wir sind trotz eleganter Überfahrt mit einer Fähre nicht am Ziel. Nun gut, wären wir selbst geschwommen, wären nasse Socken unsere geringste Sorge.
Vlindertje:
Da das Mittagessen lockt und wir mit unseren Rucksäcken gern in unsere Unterkunft, dem Berghotel+Restaurant Großer Winterberg, auf dem großen Winterberg ankommen möchten, wandern wir, trotz des ströhmenden Regens, eifrig bergauf. Noch nicht sehr weit gelaufen, kommen uns drei pitschnasse Wanderer, in kurzer Kleidung, total durchnäßt und Eis essend, entgegen. Ein wirklich herrlicher Anblick. Als ob strahlender Sonnenschein wäre.
Obwohl die Schuhe meines Mannes schon total durchnäßt sind, sind wir froh, unsere Regenschirme zu haben und nachdem wir uns eine wasserdichte Wanderkarte von 1:30000 gekauft haben, kann es ja hinauf gehen.
Almafan:
Am anderen Ufer angekommen - und ich meine damit nicht die sexuelle Orientierung - müssen wir uns erst einmal sortieren. Wo sind wir? Wo wollen wir hin? Und kostet es extra? Eine Karte sollte Abhilfe schaffen. Also müssen wir an einem Sonntag ein Geschäft finden, dass diese auch verkauft. Wir finden eines. Fragt man sich: Wenn das so einfach war, wofür dann noch eine Karte? Aber wir kennen uns eben nicht aus und ein Einzelfall hat selten großen Einfluss auf eine doppelblind-randomisierte, placebokontrollierte Statistik. Und dieser Einzelfall eben kann auf Glück beruhen. Und da er eben höchstwahrscheinlich ein zufälliges Ereignis darstellt, ist eine Karte die bessere Wahl. In einem kleinen Laden, der mehr aussieht wie eine Bude auf dem Rummel, entscheiden wir uns für eine regenfeste Übersichtskarte, die die ganze sächsische Schweiz im Maßstab 1:30.000 abbildet. Die Dame versichert uns, man erkenne darauf jeden Weg. Kurz nachdem wir die Rummelbude verlassen haben, kommen uns erste Zweifel, ob wir nicht doch hätten besser einige Detailkarten kaufen sollen. Wir wagen es dennoch.
Vlindertje:
Schon der Anfang des Weges, wir nehmen den Bergsteig, denn er scheint der Kürzeste zu sein, wird uns klar, daß der Aufstieg anstrengend werden würde und wir auch ohne Reisegepäck ermattet oben ankommen würden.
Almafan:
Schmilka kennt im Grunde nur 2 Straßen. Eine Straße führt von der Grenze nach Bad Schandau, bzw. in die umgekehrte Richtung und die andere in das Wandergebiet rund um den Winterberg. Bereits im Ort beginnt der Aufstieg. Nach dem Ort trennt sich der Weg. Die Straße führt zu den größeren Gasthäusern, wie dem Restaurant & Berghotel Großer Winterberg, dem Kuhstall und dem Zeughaus. Das erstgenannte sollte unser Ziel sein. Wir haben uns schon vor der Fahrt, am davorigen Abend sogar schon für den Aufstieg über den Bergsteig entschieden. Offiziell benötigt man für den Weg rund 1 Stunde. Auf der Webseite http://www.wanderwege.de steht "Der Bergsteig ist der kürzeste und damit steilste Aufstieg von Schmilka zum Großen Winterberg. Er ist im unteren Teil auf grobem Steinpflaster, im oberen Teil auf vielen Holztreppen zu begehen." Ja, viele Holztreppen. Wie uns einige Tage später gesagt wird, handele es sich um rund 550 Stufen. Zum Vergleich: Um in den sechsten Stockwerk eines Neubaus zu kommen, überwindet man etwa 100 Stufen. Und nein, von den Holztreppen wussten wir vorher nicht. Wir haben uns aufgrund von Google-Maps und Open Streetview dazu entschieden. Diese Webseite habe ich gerade eben erst, für diesen Reisebericht herausgesucht.

Vlindertje:
Nach Stunden, 1,5 der Zahl nach, um genau zu sein, des bergauf Laufes und zig Treppen steigens, kommen wir dann doch noch rechtzeitig zum Mittag an. Unsere Aufnahme in die Herberge erscheint uns etwas chaotisch, aber so lange alles irgendwie glatt geht und wir unsere Informationen, wenn auch nach mehrmahligen nachfragen, erhalten und verstehen, dann ist ja alles okay.
Almafan:
Auf die offizielle Stunde kommen bei unserem anfänglich gemächlichem Tempo noch einmal 20 Minuten hinzu. Denn erst 12:20 Uhr haben wir unsere Bleibe auf dem Winterberg erreicht. Man weiß nicht genau, was die Sachen mehr befeuchtete: Der unaufhörliche, in seiner Stärke aber variable Regen oder der eigene Schweiß, durch die Anstrengungen der Gipfelfahrt. Aber wir haben es geschafft, lassen uns ein Zimmer zuweisen. Heute scheinen wenige einen Plan von irgendwas zu haben und die Bude ist gerammelt voll. Nachdem wir also unsere schmucke, kleine Suite betreten haben, wird erst einmal geschaut, was es alles an Komfort gibt. Oder eher nicht. Ein Doppelbett, ein Kleiderschrank und eine gekachelte Ecke mit Waschbecken und Abstellplatz für die Zahnbürste. Spartanisch möchte man sagen. Damit verkennt man aber, dass Spartaner äußerst unwahrscheinlich Zahnbürsten überhaupt nur kannten. Sind wir eben Nobel-Spartaner. In so einem Urlaub merkt man eigentlich auch erst, was man alles nicht braucht. Fernseher, Internet, Terminplaner, Playstation und Häkelgarn können getrost zu Hause bleiben. Auf einem Wanderurlaub sind Schuhe und Beine entscheidend. Und die sollte man auch nach dem ersten Aufstieg nicht wegschmeißen. Spätestens zum Abstieg wird beides wieder gebraucht.

Vlindertje:
Das Mittagessen stärkt uns sehr und unser Zimmer ist einfach, aber gemütlich. Die Toilette ist eine halbe Etage tiefer, die Duschen eineinhalb. Das einzige, was als etwas stöhrendes zu erwähnen ist, ist ein Geräusch, gleich einer Lüftungs- oder Kühlungsanlage, welches wir von der Außenseite der Küche, oder eher Lagerräume, bis ins Zimmer hören.
Almafan:
Was wir aber erstmal brauchten, waren Opfer für das Mahlwerk im Munde: Essen. Im Restaurant ist Hektik. Da wir hier Vollpension gebucht haben, steht es uns zu, in allen Restaurants und Gasthäusern, die denselbem Chefs gehören, kostenfrei ein Mittagessen pro Nase einzunehmen. Getränke sind außen vor. Wir erfragen insgesamt drei mal, das Prozedere, wie man sich in den anderen Gaststätten als Vollpensionist ausweist, bevor wir es verstanden haben. Die dazugehörige Mittagskarte, eine Art Stempelpass, erhalten wir aber erst am nächsten Tage. Wie gesagt, im Restaurant herrscht Hektik. Wir erfahren, dass Aufgrund des Hochwassers nur die "kleine Karte" gilt, man habe Besorgungsschwierigkeiten. Wir haben trotzdem Hunger: Meine Kleine entscheidet sich für die Knoblauchnudeln mit Oliven und Paprika, ich esse gefüllte Zucchini mit Reis. Außerdem esse ich, was meine Kleine nicht schafft, gleich mit. Aber das war ja zu erwarten. Erst nachdem ich die Getränke bezahlt habe, erfahre ich, dass ich auch auf das Zimmer anschreiben kann. Für die nächsten Tage weiß ich bescheid.
Vlindertje:
Nach einer entsprechenden Pause, beschließen wir, uns doch noch einmal zu bewegen. Nachdem wir uns die Wanderkarte abermals angesehen und draußen die Beschilderungen der verschiedenen Wandermöglichkeiten studiert haben, entscheiden wir uns - wir wollen ja von der Strecke her nicht übertreiben - für den 1,5 Stunden langen Weg zum Kuhstall.
Unsere Strecke beginnt bergab und uns wird klar, daß wir da wieder hoch wollen und müssen. Wir wandern fleißig weiter, denn unsere Anstrengung wird mit vielen wunderschönen Augenblicken und Schöhnheiten der natur belohnt. Zuerst mit der Beobachtung kleiner Dinge, wie das Leben auf sogenanntem "Totholz" oder auch dem Glänzen der Regentropfen auf dem Gras, wenn die Sonne, die doch noch heraus gekommen ist, darauf strahlt. Nach ein paar weiteren Schritten werden die Sandsteinbrocken am Wegesrand zu Felsen und schon stehen wir selbst auf so einem Felsplateau. Weitere Steilwände sind zu sehen. Wälder breiten sich unter unseren Füßen aus und Berge erheben sich in der Ferne. Wie wunderbar!

Doch zum Kuhstahl gehts bergab - viele, viele Stufen bergab. Nachdem wir diese geschafft haben und einige Zeit gewandert sind, beschließen wir dann doch, ohne den Kuhstall erreicht zu haben, umzudrehen. Der Wald erscheint uns dunkel und wir haben für den Abstieg schon 2 Stunden benötigt. Das Wetter hält sich zwar stabil, aber wenn wir für den Rückweg 3 Stunden benötigen würden, dann wäre es schon 20 Uhr. Wir haben ja noch ein paar Tage Zeit den Kuhstall noch einmal anzugehen.
Es geht also zurück, an der Stelle vorbei, wo hinter uns ein Ast zu Boden fiel und wir uns dabei total erschrocken haben, weiter die vielen, vielen Stufen hinauf. Zu unserer Überraschung sind wir auf dem Rückweg schneller, wenn auch wieder einmal total erschöpft.
Almafan:
Wie gewohnt dauert unser Mittagessen stundenlang. Wir bereden auch, ob wir unseren Füßen einen weiteren Marsch zumuten wollen. 15:11 Uhr geht es nochmal raus. Wir haben uns und unsere Füße überreden können. Mit leichterem Marschgepäck, das Groß ist im Zimmer geblieben, geht es auf die Tour zum Kuhstall. Wir wissen ja noch nicht, dass der Weg vom kleinen Winterberg zum Kuhstall über weitere gefüllte fantastillionen Stufen wieder nach unten führt. Außerdem haben uns die Beschilderung zu der Erkenntnis gebracht, dass zwischen einer 1/4 Stunde und 20 Minuten in der Realzeit gut weitere 20 Minuten passen. Auch mit flottem Schritt. Es ist 17:06 Uhr. Und obwohl wir uns sicherer sind, als jemals zuvor "kurz vor dem Kuhstall" zu sein, geben wir auf und kehren um. Wir werden uns in den folgenden Tagen sicher ärgern, wenn wir die Route nocheinmal gehen und feststellen, dass wir wirklich kurz davor waren und unsere Ahnung, dass "nur noch die Stufen dahinten" uns vom Ziel trennen, sich bewahrheitet. 18:26 Uhr sind wir wieder auf dem großen Winterberg. Und wie an den Zeiten zu erkennen ist, waren wir schneller, obwohl wir alle Stufen beim kleinen Winterberg wieder nach oben gegangen sind. Netterweise wurden wir für unsere Anstrengungen von einer rotweißen Mietze empfangen und beschmust.

Bereits 1 Stunde später sitzen wir wieder in der Gastronomie und haben Abendbrot bestellt: Meine Kleine mampft nun einen Berg Kartoffelauflauf mit Hirtenkäse überbacken und ich hab mir Krautnudeln mit Schinkenspeck bestellt. Ob wir das alles abwandern können, was wir uns hier drauffuttern? Die Waage wird es bei der Rückankunft zeigen.
Vlindertje:
Dieses mal nehmen wir unsere Bücher und Schreibutensilien zum Abendessen mit. Im Gasthaus ist sehr wenig los und dementsprechend ist es sehr entspannend dort zu verweilen. Wir sitzen lange und suchen eine Definition für "begründeten Glauben" zu finden. Am Ende fällt der Gedanke: "Glaube wird stärker durch Erfahrung." Vor allem bei kleinen, alltäglichen Dingen ist dies ja so, dann wird es bei großen Dingen des Lebens kaum anders sein.
Wenn wir schon mal beim Thema "Glauben" sind, erörtern, lesen und hinterfragen wir die in der Bibel aufgezeichneten Berichte über Pontius Pilatus im Umgang und im Gespräch mit Jesus, sowie das Verhalten der damaligen Juden in Bezug auf Jesus und Blutschuld. Ein sehr spannendes Gespräch und dies, obwohl mein Mann kein Gläubiger ist.
Unser Gespräch ging auch darum, wie Glaube entsteht. Gestärkt wird Glaube durch Erfahrung. So weit haben wir es schon erörtert. Wie Glauben entsteht, ist da schon was anderes. Wir kommen zu dem Schluß, daß dies durch eigene Öffnung für eine Möglichkeit ist geschieht. Eine ablehnende Haltung kann keinen Glauben hervorrufen. Es muß die Bereitschaft da sein, etwas als eine Option, als eine Möglichkeit anzunehmen und sich dieser dann fragend zu widmen. Das der Mond keine glänzende Scheibe ist, ist heute Wissen, aber dennoch kann ich mich diesem versperren und dem, der mir von dieser faszinierenden Kugel - Mond - erzählen will, nicht zuhören oder ich kann mich der Idee öffnen und gespannt zuhören und diese durch Hinterfragen kennen lernen.
Almafan:
Unterdessen dauert das Abendessen, zum Dessert gibt es für mich Vanilla-Milchreis - nachdem ich den Kartoffelauflauf der kleinen auch noch aufgegessen habe. Nebenher gibt es noch ein tiefgründiges Gespräch über Glauben, die Bibel, Gott, Jesus, Pontius Pilatus und die Hohepriester der Juden. Meine Kleine ist auf einer Selbstfindungssuche und formuliert die erste große These des Abends: "Der Glaube wächst durch Erfahrungen." Also war der Abend nicht nur für den Magen erfüllend und bereichernd. Gegen 21:35 Uhr beschließen wir, die Gaststube zu verlassen und in unser Zimmer einzukehren. Aber erst gegen 22:30 Uhr gehen alle Lichter aus. Wir werden, nach diesem anstrengenden Tag wohl schnell einschlafen.
Almafan:
Unerbittlich weckt mich dieses Geräusch am Morgen. In einer Stunde, in der jeder halbwegs vernünftige Mensch noch schläft. Ausnahmen sind da nur die Bäcker, die die Brötchen zum Abtransport fertig machen und die Kraftwerker und Wasserwerkler, die sich auf die Ablösung freuen. Doch diese Gedanken, kommen mir an jenem Morgen nicht in den Sinn. Wie auch, ich bin ja müde.
Wir schreiben den 23.06.2013.
Ein Tag, wie jeder andere, sollte man meinen. Aber dem ist nicht so. Denn heute ... (Trommelwirbel) ... fahren wir in den Urlaub. Hui.
Doch im Moment will keine Reiselust aufkommen. Also bei mir. Meine Kleine hat jetzt bereits ein breites Grinsen aufgelegt. "Raus aus dem Berufsstress" stand in ihrem Gesicht, ganz fett geschrieben. In meinem stand: "Noch 5 Minuten Mutti." Verständlich, es war erst 5:30 Uhr. Aus den 5 Minuten wurden dann aber doch 20. Das wohligwarme Bett verlässt man ja auch nicht zu nachtschlafender Stunde.
Dennoch: Irgendwie müssen wir es in die Waagerechte geschafft haben. Denn wir duschen, ziehen uns an, packen, was noch nicht gepackt ist, und gehen die To-Do-Liste bis zum letzten Punkt durch. Katzen füttern, Katzenklo machen, dreckiges Geschirr abwaschen, Wäsche wegräumen. All das will erledigt sein. Denn wer will schon in einen Berg voll Arbeit zurückkehren?
Vlindertje:
Urlaub zu haben, bedeutet für mich nicht nur einfach mal nicht auf Arbeit zu müssen. Für mich bedeutet es, wie sicherlich für manch anderen auch, etwas zu entdecken, etwas zu erleben, am Besten unterwegs zu sein. Darüber hinaus sehe ich Urlaub immer als eine Gelegenheit, meinem Mann - ja, ich sage Mann, auch wenn ich noch keinen Ring an meinem Finger trage, da ich genau so ihm gegenüber empfinde - näher zu kommen, aber auch Gott. Mitten in der Natur, beim gemeinsamen Wandern darin und dem Bewundern , was das eigene Auge sieht, das Ohr hört, die Nase riecht, gepaart mit Momenten der Stille, tiefgründigen Gesprächen und dem Lesen, gelingt mir dies am Besten und ich genieße diese Zeit immer sehr. Es gibt mir mehr, als einfach mal Nichts zu tun. Es erfüllt mein Herz mit Freude, meinen Geist mit Denkanstößen, meinen Tatendrang mit guten Vorsätzen, meine intensive Beziehung zu meinem Mann wächst und sie bringt mich meinem Gott und Schöpfer näher.
Almafan:
Für die Versorgung der Katzen ist gesorgt. Mein Bruder übernimmt diese ehrenvolle Aufgabe. Waren schließlich auch mal seine Katzen. Für den Fall, dass es nicht regnen sollte, ist auch ein Gießkannenservice, repräsentiert durch meine Schwester, zur Stelle. Nur eine halbe Woche zuvor haben wir den beiden bei einer kleinen Garteneinweihungsparty mit einer Menge Grillwürsten, selbstgemachten Salat und Quark, die Betreung von Haus, Hof und Vieh schmackhaft gemacht. Mit Speis und Trank auf dem Tische überredet es sich leichter.
Doch der Tag birgt noch die ein oder andere Tücke. Im Stress - und besonders dann, wenn dieser früh auftaucht - werde ich muffelig. An dem Tag geht es aber noch. Zudem fällt auch noch das Frühstück aus, weil wir keine Zeit mehr haben. Es ist bereits 7:07 Uhr und wir müssen zum Zug. "Rennen" am frühen Morgen. Es wird immer besser. Nebenbei noch mal schnell an den Geldautomaten, um genug Bares mitzuführen. Trickbetrüger und Taschendiebe wollen ja auch ernährt werden.
Auf dem Weg zum Bahnhof bemerken wir, dass es letzte Nacht wohl geregnet hat. Die Platten auf dem Gehweg und die Pflastersteine der Straße sind noch nass. Ein Blick nach oben verrät, dass es wohl heute nicht viel besser wird. Die Gießkanne wird heute sicher ruhen dürfen. 7:29 fährt der Zug Richtung Dresden ab. Geschafft. Die erste Etappe der Reise ist angebrochen und wir haben kein Mitglied verloren. Gut, wir sind nur zu zweit. Aber so was kann passieren. Eine erste kleine und recht leicht zu meisternde Hürde ist der Schienersatzverkehr zwischen Löbau und Bautzen. Diese altehrwürdigen Städte sind seit ein paar Tagen schon vom Nabel des Dampfrosses abgeschnitten. Ich weiß nicht mehr genau, ob das Hochwasser etwas damit zu tun hatte. Aber ich vermute es stark.
Viel größer ist die Sorge um den baldigen Hungertot. Frühstens in 2 Stunden wird es in Dresden etwas zu Beißen geben. Wie soll ein Mensch das nur aushalten? Ich meine, ein verwöhnter Mensch aus dem priviligierten Mitteleuropa. Ohne Essen, seit einem halben Tag. Das ist die harte Realität in einer McDonalds-geschwängerten Umwelt. Ein Ding der Unmöglichkeit. ... Beschäftige ich mich zu viel mit Lebensmitteln? Bin ich zu theatralisch? Nein. Aus meinem Beruf als Supporter habe ich gelernt, es gibt nichts, was zu absurd ist, dass Leute nicht darüber jammern könnten.
Doch endlich naht meinem Magen frohe Botschaft. 9:21 Uhr: Wir sind in Dresden. Hier gibt es in der Bahnhofshalle einen Bäcker mit gar wenig Auswahl, aber das stört nicht. Je eine Quarktasche und ein geteiltes Buttercroissant. Mein Hüftgold frohlockte über die neuen Freunde. Das sind immerhin alles Kalorien, die wir bei der bevorstehenden Bergtour verbrennen werden. So schlimm kann es also nicht sein. Und nach diesem gar köstlichem Mahle ging es in die S-Bahn nach Schöna. Schon auf der Fahrt dahin eröffnete sich uns ein Blick in die Welt, die wir die nächsten 5 Tage nicht mehr verlassen sollten: Die sächsische Schweiz. Und auch wenn der Dialekt nicht jedermanns Sache ist, so sprechen sie hier doch kein Schwyzerdütsch. Herrlich. Einmal in den Bergen und die Leute verstehen können. Wo hat man sowas noch?
Allerdings endstationiert der Zug nach Schöna schon in Bad Schandau. Aber hier übernimmt eine tschechisch personalisierte Deutsche Bahn, deren Endhaltepunkt Decin bereits auf der anderen Seite der Grenze liegt.
Vlindertje:
Am Urlaubsort - Schmilka-Hirschmühle - angekommen, empfängt uns erst einmal strömender Regen. Bei der Elbüberfahrt mit einer Fähre, habe ich ein Foto gemacht, was dieses, unser Urlaubswetter, wunderbar eingefangen hat und mich irgendwie an ein fremdes Land erinnert, wie ich es in Büchern gelesen habe. Kurz bevor unsere Fähre dann an der gegenüberliegenden Seite anlegte, flog ein Graureiher ganz dicht an uns vorbei, welcher zuvor am Ufer saß.

Almafan:
Die Ankunft in Schmilka fällt auf kurz vor 11 Uhr. Wir sind am Bahnhof Schmilka-Hirschmühle. Und außer besagtem Bahnhof, findet sich hier nicht viel. Der Ort liegt nämlich auf der anderen Seite der Elbe. Bis jetzt eben, hat es nur leicht genieselt. In Dresden konnte man sogar kurz diese helle Feuerscheibe am Himmel sehen. Hier in Schmilka aber regnet es. Und es regnet stark. Mit trocknen Socken kommen wir oben nicht mehr an. Ja, richtig. Wir sind trotz eleganter Überfahrt mit einer Fähre nicht am Ziel. Nun gut, wären wir selbst geschwommen, wären nasse Socken unsere geringste Sorge.
Vlindertje:
Da das Mittagessen lockt und wir mit unseren Rucksäcken gern in unsere Unterkunft, dem Berghotel+Restaurant Großer Winterberg, auf dem großen Winterberg ankommen möchten, wandern wir, trotz des ströhmenden Regens, eifrig bergauf. Noch nicht sehr weit gelaufen, kommen uns drei pitschnasse Wanderer, in kurzer Kleidung, total durchnäßt und Eis essend, entgegen. Ein wirklich herrlicher Anblick. Als ob strahlender Sonnenschein wäre.
Obwohl die Schuhe meines Mannes schon total durchnäßt sind, sind wir froh, unsere Regenschirme zu haben und nachdem wir uns eine wasserdichte Wanderkarte von 1:30000 gekauft haben, kann es ja hinauf gehen.
Almafan:
Am anderen Ufer angekommen - und ich meine damit nicht die sexuelle Orientierung - müssen wir uns erst einmal sortieren. Wo sind wir? Wo wollen wir hin? Und kostet es extra? Eine Karte sollte Abhilfe schaffen. Also müssen wir an einem Sonntag ein Geschäft finden, dass diese auch verkauft. Wir finden eines. Fragt man sich: Wenn das so einfach war, wofür dann noch eine Karte? Aber wir kennen uns eben nicht aus und ein Einzelfall hat selten großen Einfluss auf eine doppelblind-randomisierte, placebokontrollierte Statistik. Und dieser Einzelfall eben kann auf Glück beruhen. Und da er eben höchstwahrscheinlich ein zufälliges Ereignis darstellt, ist eine Karte die bessere Wahl. In einem kleinen Laden, der mehr aussieht wie eine Bude auf dem Rummel, entscheiden wir uns für eine regenfeste Übersichtskarte, die die ganze sächsische Schweiz im Maßstab 1:30.000 abbildet. Die Dame versichert uns, man erkenne darauf jeden Weg. Kurz nachdem wir die Rummelbude verlassen haben, kommen uns erste Zweifel, ob wir nicht doch hätten besser einige Detailkarten kaufen sollen. Wir wagen es dennoch.
Vlindertje:
Schon der Anfang des Weges, wir nehmen den Bergsteig, denn er scheint der Kürzeste zu sein, wird uns klar, daß der Aufstieg anstrengend werden würde und wir auch ohne Reisegepäck ermattet oben ankommen würden.
Almafan:
Schmilka kennt im Grunde nur 2 Straßen. Eine Straße führt von der Grenze nach Bad Schandau, bzw. in die umgekehrte Richtung und die andere in das Wandergebiet rund um den Winterberg. Bereits im Ort beginnt der Aufstieg. Nach dem Ort trennt sich der Weg. Die Straße führt zu den größeren Gasthäusern, wie dem Restaurant & Berghotel Großer Winterberg, dem Kuhstall und dem Zeughaus. Das erstgenannte sollte unser Ziel sein. Wir haben uns schon vor der Fahrt, am davorigen Abend sogar schon für den Aufstieg über den Bergsteig entschieden. Offiziell benötigt man für den Weg rund 1 Stunde. Auf der Webseite http://www.wanderwege.de steht "Der Bergsteig ist der kürzeste und damit steilste Aufstieg von Schmilka zum Großen Winterberg. Er ist im unteren Teil auf grobem Steinpflaster, im oberen Teil auf vielen Holztreppen zu begehen." Ja, viele Holztreppen. Wie uns einige Tage später gesagt wird, handele es sich um rund 550 Stufen. Zum Vergleich: Um in den sechsten Stockwerk eines Neubaus zu kommen, überwindet man etwa 100 Stufen. Und nein, von den Holztreppen wussten wir vorher nicht. Wir haben uns aufgrund von Google-Maps und Open Streetview dazu entschieden. Diese Webseite habe ich gerade eben erst, für diesen Reisebericht herausgesucht.

Vlindertje:
Nach Stunden, 1,5 der Zahl nach, um genau zu sein, des bergauf Laufes und zig Treppen steigens, kommen wir dann doch noch rechtzeitig zum Mittag an. Unsere Aufnahme in die Herberge erscheint uns etwas chaotisch, aber so lange alles irgendwie glatt geht und wir unsere Informationen, wenn auch nach mehrmahligen nachfragen, erhalten und verstehen, dann ist ja alles okay.
Almafan:
Auf die offizielle Stunde kommen bei unserem anfänglich gemächlichem Tempo noch einmal 20 Minuten hinzu. Denn erst 12:20 Uhr haben wir unsere Bleibe auf dem Winterberg erreicht. Man weiß nicht genau, was die Sachen mehr befeuchtete: Der unaufhörliche, in seiner Stärke aber variable Regen oder der eigene Schweiß, durch die Anstrengungen der Gipfelfahrt. Aber wir haben es geschafft, lassen uns ein Zimmer zuweisen. Heute scheinen wenige einen Plan von irgendwas zu haben und die Bude ist gerammelt voll. Nachdem wir also unsere schmucke, kleine Suite betreten haben, wird erst einmal geschaut, was es alles an Komfort gibt. Oder eher nicht. Ein Doppelbett, ein Kleiderschrank und eine gekachelte Ecke mit Waschbecken und Abstellplatz für die Zahnbürste. Spartanisch möchte man sagen. Damit verkennt man aber, dass Spartaner äußerst unwahrscheinlich Zahnbürsten überhaupt nur kannten. Sind wir eben Nobel-Spartaner. In so einem Urlaub merkt man eigentlich auch erst, was man alles nicht braucht. Fernseher, Internet, Terminplaner, Playstation und Häkelgarn können getrost zu Hause bleiben. Auf einem Wanderurlaub sind Schuhe und Beine entscheidend. Und die sollte man auch nach dem ersten Aufstieg nicht wegschmeißen. Spätestens zum Abstieg wird beides wieder gebraucht.

Vlindertje:
Das Mittagessen stärkt uns sehr und unser Zimmer ist einfach, aber gemütlich. Die Toilette ist eine halbe Etage tiefer, die Duschen eineinhalb. Das einzige, was als etwas stöhrendes zu erwähnen ist, ist ein Geräusch, gleich einer Lüftungs- oder Kühlungsanlage, welches wir von der Außenseite der Küche, oder eher Lagerräume, bis ins Zimmer hören.
Almafan:
Was wir aber erstmal brauchten, waren Opfer für das Mahlwerk im Munde: Essen. Im Restaurant ist Hektik. Da wir hier Vollpension gebucht haben, steht es uns zu, in allen Restaurants und Gasthäusern, die denselbem Chefs gehören, kostenfrei ein Mittagessen pro Nase einzunehmen. Getränke sind außen vor. Wir erfragen insgesamt drei mal, das Prozedere, wie man sich in den anderen Gaststätten als Vollpensionist ausweist, bevor wir es verstanden haben. Die dazugehörige Mittagskarte, eine Art Stempelpass, erhalten wir aber erst am nächsten Tage. Wie gesagt, im Restaurant herrscht Hektik. Wir erfahren, dass Aufgrund des Hochwassers nur die "kleine Karte" gilt, man habe Besorgungsschwierigkeiten. Wir haben trotzdem Hunger: Meine Kleine entscheidet sich für die Knoblauchnudeln mit Oliven und Paprika, ich esse gefüllte Zucchini mit Reis. Außerdem esse ich, was meine Kleine nicht schafft, gleich mit. Aber das war ja zu erwarten. Erst nachdem ich die Getränke bezahlt habe, erfahre ich, dass ich auch auf das Zimmer anschreiben kann. Für die nächsten Tage weiß ich bescheid.
Vlindertje:
Nach einer entsprechenden Pause, beschließen wir, uns doch noch einmal zu bewegen. Nachdem wir uns die Wanderkarte abermals angesehen und draußen die Beschilderungen der verschiedenen Wandermöglichkeiten studiert haben, entscheiden wir uns - wir wollen ja von der Strecke her nicht übertreiben - für den 1,5 Stunden langen Weg zum Kuhstall.
Unsere Strecke beginnt bergab und uns wird klar, daß wir da wieder hoch wollen und müssen. Wir wandern fleißig weiter, denn unsere Anstrengung wird mit vielen wunderschönen Augenblicken und Schöhnheiten der natur belohnt. Zuerst mit der Beobachtung kleiner Dinge, wie das Leben auf sogenanntem "Totholz" oder auch dem Glänzen der Regentropfen auf dem Gras, wenn die Sonne, die doch noch heraus gekommen ist, darauf strahlt. Nach ein paar weiteren Schritten werden die Sandsteinbrocken am Wegesrand zu Felsen und schon stehen wir selbst auf so einem Felsplateau. Weitere Steilwände sind zu sehen. Wälder breiten sich unter unseren Füßen aus und Berge erheben sich in der Ferne. Wie wunderbar!


Doch zum Kuhstahl gehts bergab - viele, viele Stufen bergab. Nachdem wir diese geschafft haben und einige Zeit gewandert sind, beschließen wir dann doch, ohne den Kuhstall erreicht zu haben, umzudrehen. Der Wald erscheint uns dunkel und wir haben für den Abstieg schon 2 Stunden benötigt. Das Wetter hält sich zwar stabil, aber wenn wir für den Rückweg 3 Stunden benötigen würden, dann wäre es schon 20 Uhr. Wir haben ja noch ein paar Tage Zeit den Kuhstall noch einmal anzugehen.
Es geht also zurück, an der Stelle vorbei, wo hinter uns ein Ast zu Boden fiel und wir uns dabei total erschrocken haben, weiter die vielen, vielen Stufen hinauf. Zu unserer Überraschung sind wir auf dem Rückweg schneller, wenn auch wieder einmal total erschöpft.
Almafan:
Wie gewohnt dauert unser Mittagessen stundenlang. Wir bereden auch, ob wir unseren Füßen einen weiteren Marsch zumuten wollen. 15:11 Uhr geht es nochmal raus. Wir haben uns und unsere Füße überreden können. Mit leichterem Marschgepäck, das Groß ist im Zimmer geblieben, geht es auf die Tour zum Kuhstall. Wir wissen ja noch nicht, dass der Weg vom kleinen Winterberg zum Kuhstall über weitere gefüllte fantastillionen Stufen wieder nach unten führt. Außerdem haben uns die Beschilderung zu der Erkenntnis gebracht, dass zwischen einer 1/4 Stunde und 20 Minuten in der Realzeit gut weitere 20 Minuten passen. Auch mit flottem Schritt. Es ist 17:06 Uhr. Und obwohl wir uns sicherer sind, als jemals zuvor "kurz vor dem Kuhstall" zu sein, geben wir auf und kehren um. Wir werden uns in den folgenden Tagen sicher ärgern, wenn wir die Route nocheinmal gehen und feststellen, dass wir wirklich kurz davor waren und unsere Ahnung, dass "nur noch die Stufen dahinten" uns vom Ziel trennen, sich bewahrheitet. 18:26 Uhr sind wir wieder auf dem großen Winterberg. Und wie an den Zeiten zu erkennen ist, waren wir schneller, obwohl wir alle Stufen beim kleinen Winterberg wieder nach oben gegangen sind. Netterweise wurden wir für unsere Anstrengungen von einer rotweißen Mietze empfangen und beschmust.

Bereits 1 Stunde später sitzen wir wieder in der Gastronomie und haben Abendbrot bestellt: Meine Kleine mampft nun einen Berg Kartoffelauflauf mit Hirtenkäse überbacken und ich hab mir Krautnudeln mit Schinkenspeck bestellt. Ob wir das alles abwandern können, was wir uns hier drauffuttern? Die Waage wird es bei der Rückankunft zeigen.
Vlindertje:
Dieses mal nehmen wir unsere Bücher und Schreibutensilien zum Abendessen mit. Im Gasthaus ist sehr wenig los und dementsprechend ist es sehr entspannend dort zu verweilen. Wir sitzen lange und suchen eine Definition für "begründeten Glauben" zu finden. Am Ende fällt der Gedanke: "Glaube wird stärker durch Erfahrung." Vor allem bei kleinen, alltäglichen Dingen ist dies ja so, dann wird es bei großen Dingen des Lebens kaum anders sein.
Wenn wir schon mal beim Thema "Glauben" sind, erörtern, lesen und hinterfragen wir die in der Bibel aufgezeichneten Berichte über Pontius Pilatus im Umgang und im Gespräch mit Jesus, sowie das Verhalten der damaligen Juden in Bezug auf Jesus und Blutschuld. Ein sehr spannendes Gespräch und dies, obwohl mein Mann kein Gläubiger ist.
Unser Gespräch ging auch darum, wie Glaube entsteht. Gestärkt wird Glaube durch Erfahrung. So weit haben wir es schon erörtert. Wie Glauben entsteht, ist da schon was anderes. Wir kommen zu dem Schluß, daß dies durch eigene Öffnung für eine Möglichkeit ist geschieht. Eine ablehnende Haltung kann keinen Glauben hervorrufen. Es muß die Bereitschaft da sein, etwas als eine Option, als eine Möglichkeit anzunehmen und sich dieser dann fragend zu widmen. Das der Mond keine glänzende Scheibe ist, ist heute Wissen, aber dennoch kann ich mich diesem versperren und dem, der mir von dieser faszinierenden Kugel - Mond - erzählen will, nicht zuhören oder ich kann mich der Idee öffnen und gespannt zuhören und diese durch Hinterfragen kennen lernen.
Almafan:
Unterdessen dauert das Abendessen, zum Dessert gibt es für mich Vanilla-Milchreis - nachdem ich den Kartoffelauflauf der kleinen auch noch aufgegessen habe. Nebenher gibt es noch ein tiefgründiges Gespräch über Glauben, die Bibel, Gott, Jesus, Pontius Pilatus und die Hohepriester der Juden. Meine Kleine ist auf einer Selbstfindungssuche und formuliert die erste große These des Abends: "Der Glaube wächst durch Erfahrungen." Also war der Abend nicht nur für den Magen erfüllend und bereichernd. Gegen 21:35 Uhr beschließen wir, die Gaststube zu verlassen und in unser Zimmer einzukehren. Aber erst gegen 22:30 Uhr gehen alle Lichter aus. Wir werden, nach diesem anstrengenden Tag wohl schnell einschlafen.