Schlüssel der Welt




Unterhaltungsliteratur in ihren verschiedenen Formen, wie beispielsweise Romane, Erzählungen, Kurzgeschichten, Berichte, Märchen und Sagen

Re: Schlüssel der Welt

Beitragvon Nikita LaChance » So 3. Apr 2011, 12:16

Kapitel LI

Sie war noch nicht lange hier, aber dennoch reichte der kurze Moment, um sich vollkommen Fehl am Platz vor zu kommen.
So recht wusste sie nicht, wo sie gerade steckte. Allerdings interessierte sie dies auch recht wenig.
Sie hatte lediglich ein Ziel.
Den ersten Schlüssel finden!
Ob sie es wirklich schaffen könnte, ihn zu finden und auch noch alle anderen Schlüssel zu deaktivieren, bezweifelte sie immer wieder. Ebenso wie die Entscheidung ihre Freunde zurück zu lassen.
Dieser Gedanke allerdings verflog schnell wieder, als sie einen starken Schlüssel spürte, der auf sie zukam.
Für einen Moment überlegte sie, dass sie vielleicht wieder weglaufen sollte. Doch dann blieb sie einfach stehen und wartete.
Irgendwann würde man sie eh einholen. Und einer Auseinandersetzung konnte sie auf Dauer nicht entgehen.
Verschüchtert wartete sie auf den Schlüsselmeister.


Angestrengt starrten Jim und Barry die Straße entlang. Erkennen konnten sie nicht wer auf sie zukam. Doch es war ein starker Meister und die Magie vertraut.
„Sollten wir nicht weg?“ kam von Adrian. Er hatte ein wenig Angst vor dem was sie nun erwarten würde.
Mica schüttelte nur den Kopf.
„Wir würden nicht weit kommen! Und er hat unsere Spur bereits aufgenommen!“ meinte er.
Jentrix war egal, wer oder was recht bald vor ihm und den anderen auftauchen würde. Er wollte, dass Kayleigh zurück kehrte. Und da dies wahrscheinlich nicht so schnell geschehen würde, so wollte er seinen Frust wenigstens in einer Schlägerei ablassen.
Dearon schwieg. Er ahnte was in seinem Kumpel vor sich ging. Und auch wusste er, dass, egal wo hin sie gehen würden, immer wieder irgendwer sich ihnen in den Weg stellen würde. Selbst wenn Kayleigh nicht mehr bei ihnen war. Noch waren ein paar Meister hier, wenn auch ohne Schlüssel!


„Das läuft wie am Schnürchen!“ bemerkte Millard mit hämischen Grinsen. Allerdings hatte er dies nur so vor sich hin gesagt und seine Männer verstanden nicht, was er damit meinte.
Also musste er es ihnen erklären.
„Ein Meister! Direkt vor uns!“ meinte er nur zu ihnen und ging los.
Was er den anderen nicht verriet war, dass er womöglich soeben den Schlüssel gefunden hatte, den er seit einer Weile schon verfolgte.
Er schritt immer schneller.
„Direkt vor uns!“ bedeutete leider nicht, dass sie nur knapp fünf Meter oder dergleichen laufen müssten. Es waren schon ein paar Meter mehr, die zwischen Millards Bande und dem Schlüssel lagen.
Aber zumindest war der Schlüsselmeister noch in der Stadt und wenn sie sich beeilten, so würden sie ihn diesmal auch erwischen.


Sebastian hatte lange gesucht und irgendwann eine Spur aufgenommen.
Würde er jemanden erklären müssen, wie er dies geschafft hatte, könnte er wohl keine plausible Antwort geben. Es war wie ein feines Netz aus Licht, so hatte er es als Kind einmal seinem Vater versucht zu erklären. Und in diesesm Netz gab es einen Strang der heller als die anderen leuchtete und dies wäre dann die richtige Spur.
Sein Vater hatte über diese Erklärung nur geschmunzelt.
Und genauso war es wieder. Er verfolgte einen feinen, nur für ihn sichtbaren, Faden aus Licht.
Und der führte ihn von einer Tür durch die nächste.
Kurz verlor er die Spur wieder.
Doch dann bemerkte er den Druck in seinem Magen und wusste, dass er zumindest einen weiteren Schlüssel und seinen Meister gefunden hatte. Und wie er so darüber nachdachte, fiel ihm auf, dass die Spur genau zu diesem Schlüssel führte.
Er hatte also gefunden, was er suchte.

„Was machst du hier?“ wollte er erschrocken wissen.
Er hatte sie gesucht und nun gefunden.
Vor ihm stand Kayleigh und sah ihn genauso erschrocken an, wie er es tat.
Er wirkte ein klein wenig so, als habe er sie nicht hier erwartet.
„Was machst du hier?“ wiederholte er seine Frage und ging näher auf sie zu.
„Ähm …?“ Sie wusste nicht, was sie ihm antworteten sollte. Sie erkannte nicht, wer der Mann vor ihr war. Aber er kam ihr bekannt vor.
„Wo sind die anderen? Wo sind die Jungs?“ wollte er wissen.
Sie musterte ihn noch einmal von oben bis unten.
„Bastiano?“ wollte sie wissen.
Er riss die Augenbrauen hoch. Er hatte vergessen, dass er ja wieder jünger geworden war.
Er nickte, allerdings verbesserte er sie.
„Sebastian!“
Sie nickte irritiert.
Doch als er sie noch einmal nach ihren Begleitern fragte, ignorierte sie seine Frage einfach und wollte wissen, warum er hier sei.
„Es ist zu gefährlich für dich, allein unterwegs zu sein!“ meinte er besorgt und sah sich noch einmal um.
„Es ist gefährlicher, wenn man bei mir ist!“ gab sie zu verstehen und wollte gehen.
Sie hatte keine Lust auf ein Gespräch oder einer Standpauke, zu der die Sache vermutlich ausarten würde. Sie wollte den ersten Schlüssel finden. Allein, denn das wäre sicherer. Für alle anderen!

Doch sie war kaum einen Schritt gegangen, als sie den nächsten Schlüssel spürte.
Sie hatte ihn nicht früher gespürt, da sie so auf Sebastians Magie fixiert gewesen war. So als habe seine Magie, die des anderen Schlüssels überdeckt.
Und auch der Schlüsselmeister war stark. Wie sie. Wie Sebastian. Vielleicht sogar stärker.


Seine Schritte wurden immer schneller. Er rannte schon beinahe. Vor ihm der Meister und seine magischen Schlüssel.


Alle warteten angespannt auf das Kommende. Dass sie noch immer auf dem Fussweg standen und sich die Japaner um sie herum drängten, machte die ganze Sache nicht angenehmer.
Doch als Adrian erkannte, wer da auf sie zukam, atmete er erleichtert auf.

„Was machst du hier?“ kam sofort als Frage, „Wo ist Kayleigh?“
Adrian sah seinem Gegenüber verschüchtert ins Gesicht.
„Sie ist … weg!“ gab er dann zu.
Der Mann vor ihm blickte an ihm vorbei und dann wieder auf ihn.
„Wo ist sie hin?“ wollte er leicht erzürnt wissen.
„Dad! Es tut mir leid!“ Adrian wurde immer leiser.
Hätte er nicht von den magischen Türen, die einen mitunter jünger machen konnten, gewusst, so hätte er im ersten Moment geglaubt, dass nun jüngere Doppelgänger seines Vaters und seiner Tante vor ihm stünden.
Allerdings den alten Mann bei ihnen kannte er nicht.
Jim aber schien ihn zu kennen, denn auch er entspannte sich und nickte ihm zu.
Barry bedachte die Neuankömmlinge mit einem fragenden Blick. Er versuchte herauszubekommen, welcher der drei der Meister war.
Und dann landeten seine Augen bei dem Alten.
„Wer bist du?“ wollte er wissen.
„Thomas!“ antwortete Jim.
Die anderen sahen ihn irritiert an. Und Jim musste ihnen erklären, woher er den alten Mann kannte.
„Er hatte mir damals das Buch gegeben und die Geschichte erzählt!“ gab Jim zu, „Allerdings war ich da noch ein Kind!“
Thomas nickte zustimmend. Er wollte nicht anfügen, dass er Jim nicht nur ein Buch und irgend eine Geschichte gegeben. Vielmehr war es die Geschichte seiner Familie.

„Schön und gut!“ platzte es aus Jentrix heraus und alle Augen richteten sich auf ihn, „Können wir jetzt Kayleigh holen!“
Nun hatten sie endlich den ersten Meister gefunden, bzw. er sie, und Kayleigh war verschwunden.
Doch Thomas müsste es möglich sein, die Türen wieder zu öffnen.
Aber er antwortete nicht. Nachdenklich sah er sich um.

Meryl blickte Jim irritiert an. Sie war sich nicht sicher, ob er wirklich ihr vor vierzehn Jahren verschwundener Mann war und wenn ja, ob er sie wiedererkannte.
Sie wusste nicht was sie sagen sollte.
Richard allerdings reagierte. Er hatte nicht nur seinen Sohn wiedergefunden. Er hatte nun auch seinen Schwager vor sich. Nur wusste er nicht, an wem er zuerst seinen Frust auslassen sollte.
Sollte er Adrian weiter Vorwürfe machen, dass er hatte seine Schwester gehen lassen oder sollte er Jim dafür anschreien, dass er ohne ein Wort seine Familie verlassen hatte.
Doch bevor harte Worte fielen, kam beinahe beiläufig von Dearon, dass es dazu keine Zeit gäbe.
„Wir sollten lieber nach Kayleigh suchen!“ meinte er. Jentrix stimmte ihm zu.
„Wer hat die Stadt versiegelt?“ wollte Thomas wissen und richtete sich damit direkt an Jim. Alle anderen waren ihm unbekannt.
„Kayleigh!“ seufzte er.
„Ja, und wegen ihr kommen wir nicht weg!“ protestierte Barry.
Doch Thomas verfiel wieder in nachdenkliches Schweigen.
„Vigilius ist in Vancouver!“ kam von Mica. Eine Nachricht, die Thomas aufhören lies.
Aber er reagierte nicht wirklich darauf.
„Ich bring euch hier weg!“ meinte er nur.
Richard war dagegen. Er ahnte, dass Thomas nicht nach Kayleigh suchen würde. Er wollte sie einfach nur alle wieder loswerden. Lautstark protestierte er.
„Ihr seid hier nicht sicher!“ antwortete Thomas nur. Unbeeindruckt von Richards Wutausbruch.
„Und Kayleigh?“ wollte nun auch Jentrix wissen.
Wieder reagierte Thomas nicht.
Er drängte sich an den Männern vorbei und ging auf die nächstbeste Tür zu.

„Wo willst du hin?“ wollte Barry sofort wissen. Eine Frage, die auch Richard beantwortet haben wollte.
„Ich bring euch weg von hier!“ kam nur in bedrücktem Ton von Thomas.
Noch einmal beschwerten sich alle, dass sie lieber nach Kayleigh suchen sollten.
„Sie wollte euch in Sicherheit bringen!“ wusste Thomas, „Ich hätte das auch getan!“
Er griff nach der Klinke.
„Wo genau?“ fragte er dann.
„Was?“
„Wo genau ist Vigilius?“ wollte er dann wissen.
„Wieso fragst du nach deinem Sohn?“ Richard war schon wieder kurz davor auszurasten, „Wir sollten lieber nach Kayleigh suchen!“
Jim aber nannte Thomas die Adresse des Wohnhauses in Vancouver. Er ahnte, was Thomas wirklich vorhatte.
Es ging ihm weniger um Vigilius, als vielmehr darum alle in Sicherheit zu bringen.
„Was ist mit Millard?“ interessierte Dearon.
Thomas wusste nicht, was er meinte.
„Der Typ, der Kayleighs Mutter getötet hat!“ erklärte Dearon ihm und erntete ein „Aha!“ von Thomas.
„Gehört er zur Familie?“
Sofort fiel Jim ihm ins Wort.
„Er gehört nicht zur Familie! Er ...“ begann er lautstark.
„Aber wieso ist er dann so … stark?“ warf Dearon sofort ein.
Thomas sah zwischen beiden hin und her.
„Er …“ Thomas schien nicht zu wissen, wie er antworten sollte. „Er ist durch Zufall Meister geworden!“
„Wie kann man durch Zufall Meister werden?“
Doch die Frage blieb unbeantwortet.
Thomas öffnete die Tür und dahinter war die Wohnung in Vancouver zu erkennen.
„Ihr solltet erst einmal zurück!“ meinte Thomas und machte den Weg frei.
Keiner bewegte sich vom Fleck. Schließlich war Thomas nicht der erste, der sie auszutricksen versuchte.


Je mehr Vigilius in dem Buch las, umso frustrierter wurde er.
Er wollte endlich raus. Raus aus der Wohnung und aus der Stadt.
Er wollte endlich etwas machen.
„Was passiert eigentlich genau, wenn Millard die Magie stiehlt?“ wollte Chan von ihm wissen und zog seine Aufmerksamkeit wieder auf sich, „Ich meine was passiert dann mit Kayleigh oder …. diesem Thomas?“
Eigentlich war dies eine gute Frage, dachte er sich. Das Buch zumindest wusste keine klare Antwort.
„Kayleigh könnte sterben!“ kam dann nur von ihm und beide Mädchen sahen ihn entsetzt an.
„Wieso?“ Alexias kaum hörbare Frage.
„Kayleigh ist ein Schlüssel. Sie ist kein normaler Meister!“ war Vigilius überzeugt, „Millard stiehlt den Schlüsseln ihre Magie. Und bei Kayleigh könnte es dann sein, dass er ihre Lebensenergie raubt!“
„Und Thomas?“ kam von Chan.
Beide Mädchen saßen rechts und links neben Vigilius und sahen ihn ein wenig erwartungsvoll an. Auch in ihnen wuchs der Wunsch irgendetwas zu tun.
„Thomas könnte vielleicht das selbe passieren!“ meinte er dann etwas leiser, „Ich weiß nicht genau, wo mein Vater seine Magie her hatte und ob es vielleicht so ist wie bei Kayleigh!“
Er wusste es wirklich nicht. Er wusste noch nicht einmal, wie der erste Schlüssel aussah oder wo Thomas ihn versteckt haben könnte.

„Kannst du nicht einen Schlüssel machen und ihr hinterher gehen?“ wollte Alexia wissen.
Vigilius sah sie verwundert an.
„Thomas hat Schlüssel geschaffen und auch Jim. Kayleigh vielleicht auch. Also müsstest du es doch auch können!“ war ihre Überzeugung.
Etwas beschämt gab er zu, dass er selbst noch nie einen Schlüssel geschaffen hatte. Er war nicht stark genug dafür gewesen. Und nun, nachdem Kayleigh ihm alle Schlüssel genommen und die Magie gelöscht hatte, war er sich sogar sicher, dass er nun kein Meister mehr wäre.
„Ich bin ein einfacher Mensch!“ seufzte er. Allerdings klang dies bei ihm ein wenig hilflos und auch vorwurfsvoll.
Die Mädchen sagten nichts dazu.

Dann ging die Tür auf und die drei zuckten erschrocken zusammen.
„Hast du das nicht bemerkt?“ war sofort Alexias Frage, woraufhin sogar Vigilius irritiert aufsah.
Er hatte keinen Schlüssel bemerkt, was ihn zusätzlich noch schockierte und seine Annahme, er sei nun nur noch ein normaler Mensch.

„Ihr seit zurück?“
Die Mädchen sprangen sofort auf und kamen auf die Wohnungstür zu, durch die soeben Mica, Jim, Barry, Jentrix, Dearon und Adrian kamen. Aber sie waren nicht allein.
Drei andere traten ebenfalls in die Wohnung.
Und als der letzte von ihnen eintrat, riss Vigilius die Augen weit auf.
„Vater?“ Mit ihm hatte er nicht gerechnet.
Der alte Mann nickte ihm nur zu und drehte sich wieder zur Tür.
„Wo ist Kayleigh?“ war Vigilius nächste Frage. Doch keiner wollte ihm wirklich antworten.
„Ihr habt sie allein gelassen?“ schimpfte er dann und sprang auf.
Er wollte zur Tür, wo sein Vater stand. Aber noch ehe er dort ankam, hatte sein Vater die Wohnung wieder verlassen und die Tür verschlossen.
Er kam sich verraten vor. Selbst sein Vater wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben, dachte er sich.
Auch die anderen waren nicht wirklich erfreut darüber, dass Thomas sie so schnell wieder verlassen hatte.
Nur tun konnten sie nichts dagegen.


Millard hatte endlich sein Ziel erreicht. Vor ihm der Schlüssel, den er nun schon seit längerem verfolgte.
Allerdings waren es zwei Schlüsselmeister, die er mitbekam. Zwei sehr starke.
Mit einem Schmunzeln im Gesicht ging er die letzten Schritte.

„Ah, wie niedlich!“ meinten seine Männer sogleich.
Sie waren ihrem Anführer hinterher gerannt. Sie wollten den Kampf nicht verpassen.
Vor sich konnten sie ein junges Mädchen und einen knapp Vierzigjährigen sehen. Beide schienen mehr als erschrocken.
Doch die Aufmerksamkeit des Mädchens war auf Millard gerichtet, so als würde sie die Männer nicht für voll nehmen. Anders als der Vierzigjährige. Er sah unruhig zwischen den Männern und Millard hin und her.

Der war sichtlich amüsiert, baute sich drohend vor beiden auf und forderte die Schlüssel der beiden.
Aber keiner der beiden regte sich.
Dann bemerkte Millard etwas. Es war wie ein kleiner Stromschlag. So als würde man einen Weidezaun anfassen.
„Tja, Kleine! Das klappt nicht!“ lachte er dann.
Der Mann neben den Mädchen warf ihr kurz einen fragenden Blick zu. Allen Anschein nach hatte er nicht mitbekommen, was gerade geschehen war.
Das Mädchen war nicht begeistert. In ihren Augen war Furcht zu sehen. Aber auch Trotz.
„Die Schlüssel bitte!“ Es war mehr ein Befehl.
Nikita LaChance
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Re: Schlüssel der Welt

Beitragvon Nikita LaChance » So 3. Apr 2011, 12:17

Kapitel LII

Millard wartete, anfangs amüsiert über die beiden Meister vor ihm. Doch als keiner der beiden Anstalten machte seiner Forderung nachzukommen, wurde er ungeduldig und jähzornig.
Er wiederholte seinen Befehl.
Aber wieder keine gewünschte Reaktion.
Das Mädchen vor ihm musterte ihn kurz und dann seine Männer. Der Typ neben ihr schien sich ein wenig unsicher zu sein, was genau er tun sollte. Immer wieder versuchte er Blickkontakt zu dem Mädchen herzustellen, so als wolle er eine Antwort von ihr.
„Ich will die Schlüssel!“ schrie Millard und wutentbrannt zog er die Waffe aus seinem Hosenbund.
Das Mädchen zuckte erschrocken zusammen.

„Kayleigh, wir sollten hier weg!“ flüsterte der Mann neben ihr und zog an ihrer Jacke.
Aber sie starrte auf die Waffe vor ihr.
Millard spannte den Hahn und zielte.
„Ich will die verdammten Schlüssel!“
Warum er nicht einfach abdrückte, war sogar seinen Männern unklar.
Für einen Moment wusste noch nicht einmal Millard selbst, weswegen er nicht einfach handelte. Aber er wollte mehr über die Schwarzhaarige wissen, denn ihr hatte er schon vor vierzehn Jahren gegenübergestanden. Ja, sie sogar getötet.
Doch nicht nur das machte sie so interessant für ihn. Das Mädchen war stärker als alle Meister, die er bisher getroffen hatte und er wollte wissen, wieso.

Dann schien sich das Mädchen noch einmal zu konzentrieren, sah Millard in die Augen und grinste plötzlich.
Noch einmal bemerkte er das Kribbeln in seinen Fingerspitzen. Doch es wuchs immer mehr an.
Und ehe er es sich versah, wurde er von einer Druckwelle umgestoßen. Auch seine Männer stürzten.

„Los jetzt!“ rief sie nur und sie griff nach ihren Begleiter und rannte mit ihm zusammen davon.
„Was war das?“ wollte er von ihr wissen.
Sie antwortete nicht, versuchte einen Fluchtweg zu finden.
Doch wohin sollte man fliehen, wenn einen der Verfolger überall wiederfindet?


Thomas versuchte die Spur aufzunehmen.
Er wusste nicht, wo er suchen sollte. Und dass im Moment viele Schlüssel auf einmal auf Reisen waren, mehr als sonst, erschwerte es ihn kurz den richtigen Weg zu finden.
Er stand still, mitten auf dem belebten Fußweg einer riesigen Metropole Europas.
„Irgendwann muss sie hier gewesen sein.“ dachte er sich, „Wenn auch nur ganz kurz!“
Und dann spürte er einen schwachen Druck in der Magengegend.
Es waren nicht die Schlüsseljäger, die er angelockt hatte.
Es war vielmehr so, als hätte jemand die Magie gebündelt und hätte sie von sich geschleudert.
Er konzentrierte sich und dann konnte er die Spur wieder sehen.
Thomas drehte sich um und ging durch die Tür, durch die er vor wenigen Minuten erst getreten war und lies die kommenden Jäger einfach ungeachtet stehen.


Sie waren durch mehrere Türen gerannt und versuchten ein wenig Abstand zwischen sich und Millard mit seiner Bande zu bringen.
Lange würden sie ihnen nicht entrinnen, das war ihnen klar.
Als sie endlich stehen blieben, wollte Sebastian wissen, was Kayleigh zuvor getan hatte.
Sie zuckte nur kurz mit den Schultern und versuchte zu Atem zu kommen.
Nicht nur, dass es sie anstrengte immer neue Durchgänge zu öffnen, so war sie nun schon seit vielen Stunden auf den Beinen und hatte bis jetzt noch nicht einen Bissen zu sich genommen.
Doch dafür war keine Zeit.
„Ich wünschte es gäbe diesen komischen Raum!“ murmelte sie nachdenklich vor sich hin.
Sebastian sah sie fragend an.
„Der Raum, der tausend Türen?“
Sie nickte leicht atemlos.
„Der ist nur Erfindung!“ Er klang selbst ein klein wenig enttäuscht.
„Tja, dann brauchen wir einen neuen Plan!“ meinte sie.
Sebastian fragte sich, was denn genau ihr eigentlicher Plan gewesen war.

Es waren nur sehr wenige Minuten vergangen, und schon war Millard wieder bei ihnen.
Wieder stand er vor ihnen und er und seine Männer schienen ebenfalls recht atemlos.
„Ich lenk die Kerle ab!“ flüsterte Sebastian Kayleigh zu und ehe sie antworten konnte, ging er von ihr weg.
Für einen Moment irritiert sah nicht nur Kayleigh ihm hinterher.

Millard sah zwischen beiden hin und her und kam dann zum Schluss, dass er sich um das Mädchen kümmern würde, während drei seiner Männer dem Mann hinterher sollten.
„Aber wenn er durch eine Tür geht und verschwindet?“ kam als berechtigte Frage.
Millard sah zu dem Mädchen hinüber und grinste kurz.
„Er wird nicht weit weg sein, solange sie hier ist!“ Dem war er sich sicher.

Sebastian stürmte los und drei Männer folgten ihm. Es war ein glücklicher Zufall, dass er mit Kayleigh in einer Art Lagerhaus gelandet waren. So hatte er genügend Platz und auch Türen, durch die er gehen konnte.
Er wollte nicht fliehen. Er wollte die Männer in die Irre führen und sie von Kayleigh weg locken.
Wie weit er mit seinem Plan allerdings kommen würde, wusste er nicht.

Auch Kayleigh versuchte einen Plan auszuhecken. Sie wusste nur nicht so genau wie sie dabei vorgehen sollte.
Vor ihr stand noch immer Millard mit seinen Männern. Sie warteten darauf, dass irgendetwas passierte.
Erst einmal müssten die Schläger von Millard verschwinden, ehe Kayleigh sich mit ihm auseinander setzten könnte. Vermutlich war dies auch Sebastian Plan gewesen.
„Was ist, Kleine? Keine Kraft mehr?“ spottete Millard, um endlich eine Reaktion von ihr zu bekommen.
Aber sie antwortete ihm nicht.
„Dein Schlüssel!“ forderte er und hob seine Waffe.
„Feigling!“ platzte es aus Kayleigh heraus und verdutzt sah Millard sie an.
Seine Männer sahen zwischen beiden hin und her. Warteten auf einen Befehl.
„Glaubst du, dass du mich so fertig machen kannst?“ wollte sie von ihm wissen. Sie versuchte ihre Angst zu verbergen.
Wütend blickte Millard sie an.
„Macht sie fertig!“ befahl er seinen Männern und sie stürmten sofort auf sie zu.
Kayleigh konnte ihm noch nicht einmal sagen, wie feige diese Reaktion von Millard doch war.
Aber vermutlich erhoffte er sich so, dass seine Männer ihr so zusetzten würden, dass er nicht selbst einzugreifen müsste.


„Wir müssen doch irgendetwas tun können!“ Jentrix war aufgebracht. Bis jetzt hatte sich keiner so wirklich Gedanken darüber gemacht, wie man Kayleigh nun helfen könnte.
Oder zumindest hatte keiner ein Wort darüber verloren, seit Thomas sie in der Wohnung abgesetzt hatte.
„Beruhig dich erst mal!“ kam von Barry. Er hatte wieder seinen ernsten Ton angeschlagen. Es missfiel ihm ebenfalls, dass er nun fest saß. Vor allem hatte er so lange nach dem ersten Schlüssel gesucht gehabt, obwohl er schon vergessen hatte, warum eigentlich. Nun aber war nicht nur der erste Schlüssel außer Greifweite.
Jim hatte das Buch Vigilius weggenommen und versuchte darin Antworten zu finden. Gemeinsam mit Richard, der die ganze Geschichte im Buch nicht verstand, und Mica saß er auf der Couch, von der sie Vigilius vertrieben hatten.
Adrian musterte ihn mit verwundertem Blick. Niemand schien sich mehr an ihm zu stören. Man ignorierte ihn sogar weitestgehend.
Alexia hatte neben Adrian Platz genommen und neben ihr Chan, die eingenickt war.
Dearon surfte durch das Internet, weil er einen Anhaltspunkt über Kayleighs Aufenthalt suchte. Doch er wusste nicht wirklich, wonach er suchen sollte. So klickte er sich mehr durch eine Vielzahl von Nachrichten aus aller Welt.
Und in fast allen das selbe. Kämpfe und Verletzte. Und lang Vermisste, die endlich wieder irgendwo aufgetaucht waren.
Aber keinen Anhaltspunkt von Kayleigh.

Jentrix lief im Zimmer auf und ab, was allerdings nur einen genervten Blick der anderen als Antwort hatte.
Alle waren angespannt und alle wussten nicht, was sie tun sollten. Oder könnten.
Irgendwann griff sich Jentrix sein Handy und versuchte Kayleigh anzurufen. Er hoffte, dass sie antworten würde oder dass sie gar verkünden würde, dass sie zurück käme.
Doch nach langem Klingeln ging die Mailbox ran.
Er legte auf und wählte erneut.
Insgesamt sieben Mal wiederholte er es, ehe er laut ausrastete und kurz davor war, das Handy wütend auf den Boden zu werfen.
„Können wir nicht was machen?“ kam ein wenig verzweifelt von ihm.
„Wir versuchen es!“ schimpfte Mica, „Setzt dich endlich und sei still!“

Ehe die ganze Sache in einen lauten Streit ausartete, fiel Dearon etwas ein.
„Der erste Schlüssel...“ fing er an und sofort richteten sich alle Augen auf ihn.
„Warum hat eigentlich niemand den ersten Schlüssel gesehen?“ wollte er wissen.
Vigilius schüttelte den Kopf und meinte, dass die Frage sei irrelevant.
„Könnte Kayleigh der erste Schlüssel sein?“ war Dearons Frage.
Richard sah ihn an, als hätte er gerade offenbart, dass seine eigene Tochter ein Alien sei.
„Der erste Schlüssel?“ wiederholte Mica.
„Sie ist es nicht!“ antwortete Jim und klang dabei ziemlich selbstsicher.
Jetzt wollten sie natürlich wissen, woher er seine Kenntnis nahm.
Doch so recht konnte Jim es ihnen nicht erklären.

„Kayleigh kann unmöglich der erste Schlüssel sein!“ meinte Jim, „Sie ist noch nicht so alt!“
„Ja, aber … Wenn die Magie immer weiter gegangen ist?“ war Micas Idee.
„Nein! Der erste Schlüssel ist ...“ Jim überlegte, ob er es sagen sollte. Allen Anschein nach wusste er mehr über den Verbleib des Schlüssels als er zugeben wollte.
„Wo ist er?“ knurrte Jentrix ihn an.
„Wo genau, weiß ich nicht! Aber Thomas weiß es!“ war Jim sich sicher und alle sahen ihn fragend und zum Teil auch zornig an.
„Warum hast du dann nicht …? Du hättest es eher sagen sollen!“ protestierte Jentrix und gestikulierte wild umher, „Der Typ war gerade noch hier!“
„Ja!“ kam von Dearon, allerdings wollte er weniger seinen Kumpel unterstützen. Er hatte eine neue Frage.
„Es gibt einen ersten Schlüssel! Gibt es dann auch einen letzten?“
Wieder irritierte Blicke.
„Warum sollte es einen letzten Schlüssel geben?“ kam von Vigilius, wobei sein Entsetzen deutlich heraus zu hören war.
Dearon zuckte mit den Schultern.

Richard bemerkte, dass in dem Buch ein paar neue Zeilen auftauchten. Mitten im schon bestehenden Text.
„Ähm … ist das normal?“ wollte er wissen und stieß seinen Schwager an.
Jim überflog die Zeilen und sah auf.
„Anscheinend gibt es einen letzten Schlüssel!“ bestätigte er dann.
„Dacht ich mir!“ Dearon atmete auf. Was ihm die Erkenntnis allerdings einbringen sollte, wusste niemand so recht.
„Du glaubst Kayleigh ist der letzte Schlüssel?“ mutmaßte Jentrix.
„Vielleicht!“ Dearon grübelte ein wenig darüber.
„Die Schlüssel wurden aktiver als sie geboren wurde?“ Er richtete sich mit seiner Frage direkt an Jim, der zustimmend nickte.
„Sind danach noch Schlüssel geschaffen worden?“
„Das weiß ich nicht!“ gab Jim zu. Bis jetzt hatte er noch nicht einmal so richtig verstanden, wie die Schlüssel überhaupt geschaffen wurden. Und dass, obwohl er selbst welche erschaffen hatte.
Vigilius dachte nach, ehe er Dearon Frage verneinte.
„Woher weißt du das?“ wollte Mica sofort von ihm wissen.
Vigilius erklärte daraufhin, dass er bis jetzt immer mitbekommen hatte wie alt in etwa ein Schlüssel gewesen sei. Es sei so etwas wie eine Art Signatur, die ein Schlüssel hinterließ und so mancher Schlüssel würde sich im Laufe der Zeit abnutzten.
„Er bekommt Gebrauchsspuren?“ witzelte Alexia. Doch niemand lachte darüber.

„Vielleicht ist sie der letzte Schlüssel!“ überlegte Vigilius nun selbst laut, „Und vielleicht kann sie dann alle anderen Schlüssel löschen?“
„Moment mal!“ fiel Mica ein, „Wie kann es dann sein, dass alle die den ersten Schlüssel bis jetzt verfolgt hatten, zu Kayleigh kamen?“
„Was?“
Wieder stimmte Vigilius ihm zu.
„Ich hatte auch den erste Schlüssel verfolgt!“ meinte er, „Und kam auf Kayleighs Spur.“
Er überlegte erneut, ehe er fort fuhr.
„Ich dachte, sie hätte den Schlüssel bei sich!“
„Ja, aber du bist auch bei mir aufgetaucht!“ fügte Jim sofort an.
„Weil ich glaubte, dass ich durch dich an den Schlüssel ran komme! Du trägst seine Spuren!“ verteidigte sich Vigilius.

Jentrix spielte gedankenverloren mit seinem Handy. Er hatte sich ein wenig beruhigt. Aber noch immer ärgerte er sich darüber, dass sie nun alle lieber über den ersten Schlüssel nachdachten, als dass sie sich um Kayleigh sorgten.
„Was wenn der erste Schlüssel keine Karte ist?“ kam dann von ihm. Er selbst war ein wenig irritiert, dass er die Frage laut geäußert hatte.
„Was soll es sonst sein?“
„Vielleicht Thomas selbst?“ war Jentrix Meinung.
„Warum sollte er das tun?“ wollte Adrian wissen.
„Das weiß ich nicht! Aber vermutlich ist das der Grund, warum niemand den ersten Schlüssel gefunden hat!“ erklärte Jentrix, „Vermutlich gab es nie einen ersten Schlüssel in Kartenform. Thomas selbst ist der Schlüssel!“
Kurz grübelten sie wieder über darüber nach.
Und wieder war es das Buch, was zustimmte.
„Warum hat es uns das nicht eher verraten?“ seufzte Barry enttäuscht.
„Weil Thomas es so wollte!“ glaubte Jim.

„Wenn Thomas wirklich der erste Schlüssel ist, geht er vermutlich gerade in eine Falle!“ war Adrian überzeugt, „Dieser Millard wird ihn genauso fertig machen, wie Kayleigh!“
Jentrix sah ihn finster an.
„Was ist Millard für ein Typ?“ wollte Adrian von Jim wissen, wobei er Jentrix schlichtweg ignorierte.
Doch Jim wusste nicht viel zu erzählen.


Sebastian hatte drei Männer von Kayleigh weg gelockt. Er schaffte es, den ersten, der ihn angriff mit nur wenigen Schlägen kampfunfähig zu prügeln.
Gerade als der zweite ihn packte, zerrte Sebastian ihn zur nächstbesten Tür und öffnete sie.
Beide stürzten durch die Tür, die sich sofort hinter ihnen schloss, sodass der dritte Mann zurückblieb.
Durch den Ortswechsel schaffte Sebastian es den Typen ein wenig zu irritieren und blitzschnell griff er wieder nach der Klinke. Noch ehe sein Gegner reagieren konnte, war Sebastian wieder durch die Tür verschwunden und ließ ihn im unbekannten Nirgendwo stehen.
Als Sebastian aus der gegenüberliegenden Tür kam, erschrak der zurückgebliebene dritte kurz. Aber er fing sich recht schnell wieder und stürzte sich auf ihn.
Der dritte Mann war stärker und auch schneller als seine beiden nun besiegten Kollegen. Sebastian hatte seine Mühe mit ihm und bekam immer wieder Schläge ab. Mehr Schläge als er selbst austeilte.
Es war nicht mehr weit und Sebastian würde nicht mehr genug Kraft haben, um überhaupt noch irgendeine Bewegung auszuführen.
„Doch was wird dann aus Kayleigh?“ Diese Frage spornte ihn noch einmal an und er sammelte seine gesamten Kräfte.
Er schlug so hart er konnte. Er wehrte die gegnerischen Schläge ab und holte noch einmal zu einem kräftigen Kinnhaken aus.
Und, obwohl er es schon fast für unmöglich gehalten hatte, bezwang er seinen Gegner.

Sebastian fühlte sich schwach auf den Beinen. Blut sammelte sich in seinem Mund und alles tat ihm weh.
An seine letzte so heftige Schlägerei konnte er sich beim besten Willen nicht erinnern. Vielleicht hatte es auch nie so eine gegeben.
Er versuchte wieder zu Atem zu kommen. Richtete sich auf und stolperte zurück zu Kayleigh und Millard.
Er musste zumindest versuchen ihr zu helfen!

Kayleigh selbst wurde auch angegriffen.
Millard beobachtete belustigt, wie seine beiden Männer auf das Mädchen zu gestürmt waren, so als wären sie Raubtiere auf der Jagd.
Unter anderem hatten seine Männer selbst eine kleine Rechnung mit dem Mädchen zu klären. Schließlich hatte sie es irgendwie geschafft die Männer zu Fall zu bringen, ohne sie überhaupt zu berühren.
„Diesmal packst du das nicht!“ war einer der beiden sich sicher.
Er hatte recht, mit dieser Vermutung. Kayleigh hatte nicht mehr genug Kraft für solch ein magisches Kunststück.
Aber dennoch war sie nicht bereit aufzugeben.
Fast schon bereute sie es, dass sie nicht selbst irgendeine Waffe bei sich trug. Nicht mal an das kleine Küchenmesser hatte sie gedacht, welches sie aus der Forschungsstation in der Antarktis entwendet hatte.

Der erste packte sie am linken Arm und versuchte ihn ihr auf den Rücken zu drehen.
Doch Kayleigh schlug den Mann mit ihrem Gips gegen die Schulter, was nicht nur ihm Schmerzen bereitete. Für eine kurze Schrecksekunde lies er von ihr ab.
Aber der zweite Mann griff sogleich an und schlug ihr in den ohnehin schon schmerzenden Magen.
Kayleigh ging in die Knie.
Sie wünschte sich, sie wäre stärker oder hätte irgendwann mal eine Kampfsportart erlernt. Irgendwas, was ihr nun weiter helfen könnte.
Sofort packte sie einer der beiden Männer und versuchte sie auf den Boden zu drücken.
Das einzige was ihr jetzt noch einfiel, war der Schlag unter die Gürtellinie.
Vermutlich schmerzhafter für ihn, da sie ihn aus unmittelbarer Nähe mit dem Gips traf.
Er sackte zusammen, wobei er wimmernd die schmerzende Stelle hielt.

Der zweite Mann war sofort zur Stelle. Er war nicht so dumm, sich so zu stellen, dass sie ihn in die Weichteile schlagen könnte.
Er griff sie von hinten an, trat ihr ins Kreuz, sodass sie nach vorn fiel und sich gerade noch abfangen konnte, ehe sie mit dem Gesicht auf dem Boden landete.
Allerdings lies er ihr nicht viel Zeit, sich aufzurichten oder dergleichen. Er packte sie von hinten, griff sie am Arm und zerrte sie wieder auf die Füße. Und ehe sie es sich versehen konnte, drückte er ihr nicht nur einen Arm an die Kehle. Er hielt auch ihre Arme fest auf ihre Brust gedrückt, sodass ihr nun beinahe doppelt die Luft ausging.

„Bring sie her!“ kam nur von Millard, der dem Kampf belustigt zugesehen hatte.
Der Mann tat wie befohlen und schob Kayleigh mit seinem Körper vor sich her.
Sie versuchte ihre Arme zu befreien, was ihr aber misslang. Auch den Unterarm an ihrem Hals konnte sie nicht wegbewegen. Jedes mal wenn sie einen Befreiungsversuch unternahm, drückte ihr der Mann seinen Arm für einen kurzen Moment fester gegen den Hals.
„Wenn du fertig mit ihr bist, ...“ fing der Kerl hinter Kayleigh an, wobei er ihr halb in den Nacken hauchte, „kann ich sie dann haben!“
Millard sah ihn kurz mit einer nach oben gezogenen Augenbraue und grinste dann.
„Tja, Kleine! Weglaufen ist nun nicht mehr!“ lachte er Kayleigh an.
Er wollte sie gerade berühren, als irgendetwas ihn traf.

Millard stürzte zu Boden und sein Schläger, der Kayleigh festhielt, blickte erschrocken auf seinen Anführer.
„Lass sie in Ruhe!“
Sebastian war hinter Millard durch die Tür getreten, hatte sich so unbemerkt anschleichen können und hatte Millard umgerannt. Allerdings ging er mit ihm zusammen zu Boden. Sebastian raffte sich wieder auf und holte mit der Faust aus.
Nur zum Schlag kam er nicht.
Der Mann, den Kayleigh mit einem Schlag in die untere Körperpartie für einen Moment außer Gefecht gesetzt hatte, war wieder mit vom Spiel.
Er fing die Faust von Sebastian noch vor dem Schlag ab und verpasste Sebastian mit der anderen einen Schlag gegen die Brust.
Sebastian taumelte rückwärts und hob sofort seine Arme zur Verteidigung.
Millards Schläger nahm die Herausforderung an und ging zum Angriff über.
Er schlug kräftig zu und Sebastian hatte große Mühe, die Schläge abzuwehren.
Doch nach dem fünften oder sechsten Schlag, den er nicht mehr abfangen konnte, ging ihm immer mehr die Kraft aus und Sebastian taumelte mehr, als dass er noch aufrecht stand.
Immer mehr tat ihm weg und nun lief ihm auch noch Blut aus einer Platzwunde an der Stirn ins Auge, was seine Sicht einschränkte.
Sein Gegner wirkte weniger lädiert als er.
Noch einmal holte dieser aus und verpasste Sebastian einen kräftigen Schlag in den Magen. Und gleich danach einen Fußtritt, sodass Sebastian nach hinten fiel.
Er versuchte noch einmal aufzustehen. Doch ihm fehlte die Kraft.
Sein Angreifer schmunzelte siegessicher und stellte einen Fuß auf Sebastians Brustkorb, sodass dieser am Boden gehalten wurde.

Millard, der den Kampf, ebenso wie Kayleigh und ihr Wächter, mit angesehen hatte, sah zwischen dem Mädchen und dem besiegten Schlüsselmeister hin und her.
„Das läuft besser, als ich dachte!“ schmunzelte er, drehte sich zu Sebastian und seinen Schläger und ging auf beide zu.
Kayleigh erkannte, was Millard vorhatte. Sie konnte die Kanone in seiner Hand sehen und wie er sie langsam auf Sebastian richtete.
Sofort wurden schlimme Erinnerungen in ihr wach.
„Das kannst du nicht machen!“ schrie sie. Zumindest versuchte sie zu schreien. Doch die Tatsache, dass man ihr die Luft abschnürte, erschwerte es ihr laut zu werden.
Sie musste etwas unternehmen.

Noch einmal mobilisierte sie ihre Kräfte und der Mann spürte eine Art Stromstoß. Erschrocken lockerte er seinen Griff etwas und Kayleigh nutzte dies aus. Sie zwängte sich gegen ihre menschliche Fessel.
Sie schaffte es ihre Hände frei zu bekommen und griff nach dem Arm, den man ihr um den Hals gelegt hatte.
Ohne lange zu überlegen, wie sie es anzustellen hatte, hatte sie den Mann hinter sich über ihre Schulter geworfen. Natürlich nicht so sauber und sicher, wie man es vermutlich von einem Karateschüler oder einem anderen Kampfsportler hätte gesehen.
Aber der Mann hatte eine unsanften Flug und eine noch unsanftere Landung hingelegt. Zumindest hatte Kayleigh ihm ziemlich starke Schmerzen in der Schulter verpasst.
Ehe der Mann am Boden oder auch Millard reagieren konnten, war Kayleigh los gestürmt.
Direkt auf Millard zu. Und obwohl ihre Tat mehr als riskant war, da er auf Sebastian gezielt hatte, war es das einzige was ihr eingefallen war.
Wie beim Tackeln beim Football rannte sie ihn um. Sie hatte ihren Angriff mit einer Energiewelle verstärkt, andernfalls hätte sie Millard noch nicht einmal zu Fall bringen können.
Sie hatte ihn genau auf die Tür zu gestoßen, die hinter Millard war und die Sebastian kurz zuvor benutzt hatte.
Noch bevor die beiden die überhaupt Tür berührten, hatte Kayleigh ihre Magie angewandt und so landeten sie nicht in dem Vorraum.
Sie hatte einen Durchgang geschaffen und somit Millard außer Sebastians Reichweite gebracht.

Die beiden Männer Millards reagierten mehr als geschockt, als sie sahen, wie ihr Anführer verschwand.
Der eine, der Sebastian am Boden gehalten hatte, war zur Tür gehechtet, nur um zu sehen, wie sie sich vor ihm wieder schloss.
„Scheiße!“ war das einzige was er dazu noch zu sagen hatte.
Auch sein Kollege war wenig begeistert darüber, dass Millard sie zurück gelassen hatte. Ob nun freiwillig oder nicht.
„Was machen wir jetzt?“ wollte er von dem anderen wissen.
„Wir nehmen seinen Schlüssel!“ war die Antwort darauf und sie sahen zu Sebastian.
Doch dieser lag nicht mehr am Boden. Er hatte sich aufgerafft und war zur Tür, die nur wenige Meter neben der lag, durch die soeben Kayleigh und Millard verschwunden waren, gehumpelt.
Und noch ehe die beiden Männer so recht reagieren konnten, öffnete er die Tür und ging ebenfalls,
die beiden Männer sich selbst überlassend.

Weit war Sebastian allerdings nicht gekommen. Er hatte nicht Kayleighs Spur aufgenommen. Er hatte einfach nur einen Durchgang geöffnet. Und so war es wenig verwunderlich, dass er aus irgendeiner Haustür herauskam.
Er taumelte noch ein paar Schritte, ehe er zusammenbrach.
Und während er am Boden lag und die Stimmen gedämpft vernahm, wünschte er sich nichts sehnlicher als wieder daheim in Italien zu sein.
Vielleicht war er ja wieder daheim. Den Stimmen um ihn herum, ließen es ihn zumindest vermuten.


Kayleigh hatte Millard von Sebastian weg gestoßen und hatte ihn und sich fortgebracht.
Um sie herum waren Büroräume. Doch sie waren leer und der Boden staubig von Bauschutt. Folien hingen teilweise von der Decke und ein paar eingestaubte Werkzeuge und Gipskartonplatten lagen herum.
Sie wusste, wo sie nun war. Wenngleich es mehr eine Vermutung war.
Sie hatte Millard und sich in einen menschenleeren Raum gepackt. Allerdings war dies ein Raum mit vielen Türen.

„Das nützt dir gar nichts!“ kam nur von Millard, als er sich wieder aufraffte.
Er zielte auf sie. Diesmal auch bereit abzudrücken.
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Re: Schlüssel der Welt

Beitragvon Nikita LaChance » So 3. Apr 2011, 12:17

Kapitel LIII

Die ganze Sache war zu vertraut, so als sei sie vor wenigen Minuten schon einmal dagewesen. Oder wie ein De ja-vu.
Millard sah das schwarzhaarige Mädchen vor sich stehen. Und genauso wie damals sah sie gebannt und erschrocken zugleich auf seine Waffe.
Es verwunderte ihn, dass sie trotz ihrer Angst so ruhig blieb. So wie damals.

„Wenn du mich tötest, wirst du den Schlüssel nie bekommen!“ meinte sie auf einmal.
Er sah sie irritiert an.
Kayleigh schmunzelte. Es war als wäre ihr soeben eingefallen, wie sie Millard stoppen könnte.
„Ich will deinen verdammten Schlüssel!“ brüllte Millard und spannte den Hahn der Pistole.
Wieder schmunzelte sie nur.
„Dir wird das Lachen noch vergehen ...“ fing er an. Er war außer sich vor Wut. Das Mädchen zeigte weder Furcht noch irgendeine Art von Respekt. Sie schien vielmehr verrückt zu sein.
„Dir wird das Lachen vergehen!“ meinte sie schmunzelnd. Es war kein fröhliches oder glückliches Schmunzeln.
„Wenn du mich erschießt, verschwindet auch der Schlüssel!“ beendete sie ihre Aussage und wieder sah er sie irritiert an.
„Erzähl keine Märchen!“ fluchte er und fuchtelte ungeduldig mit seiner Waffe, „Rück den Schlüssel endlich raus!“
Millard war sich sicher, dass sie einen mächtigen Schlüssel bei sich trug. Er verstand allerdings nicht, warum sie so dumm war, ihr Leben dafür aufs Spiel zu setzten.
„Ich bin der Schlüssel!“ kam von ihr. Ernst in ihrer Stimme und ihren Augen.
„Was?“
„Ich bin der Schlüssel!“ wiederholte sie und schmunzelte wieder über sein verwundertes Gesicht, „Wenn du mich erschießt, vernichtest du einen Schlüssel!“


Thomas wusste nicht wo er gelandet war. Er war der Spur gefolgt. Allerdings war er nicht ganz am Ziel angelangt, so als hätte man ihn auf einer Umleitung entlang geführt.
Und so stand er plötzlich vor einem Wolkenkratzer. Allerdings war dieser von einem Bauzaun umgeben, der selbst schon ein paar Jahre auf dem Buckel zu haben schien.
„Wieso war er auf einer Baustelle gelandet?“ fragte er sich.
Irritiert sah er sich um und sah dann am Haus nach oben.
Und er verstand …
Er war richtig. Nur hatte man ihn mehr oder weniger ausgesperrt.

Eines der obersten Stockwerke schien zu leuchten. Doch kein normales Leuchten, wie von den Neonröhren oder anderen Deckenlichtern, die man in einem Hochhaus erwartete.
Und vermutlich war er auch einer der einzigen,die dieses Leuchten sehen konnten.
Ein mächtiger Schlüssel war dort oben.

Er konnte nur vermuten, weswegen er nicht in der gewünschten Etage landete, als er durch die Tür gegangen war.
Kayleigh musste die Türen für andere geschlossen haben. So dass sie niemand stören konnte.
Dennoch musste Thomas zu ihr.
Es war wichtig!
Er wusste, dass Kayleigh seine Hilfe brauchen würde.
So konzentrierte sich der alte Mann, ging auf die Eingangstür des Hauses zu und öffnete sie.
Es kostete ihn einiges an Energie, doch er schaffte es und kam in der gewünschten Etage an.


Die Tür, durch die sie soeben gekommen waren, ging auf und ein älterer Mann tauchte auf.
Millards Augen weiteten sich und verwundert musterte er den Neuankömmling.
Kayleigh schien ebenfalls ein wenig irritiert über den Mann. Und dann wirkte sie etwas verärgert über sein Auftauchen.

„Die Schlüssel her!“ schrie Millard nur und zielte mit seiner Waffe nun auf den Alten.
Der sah ihn mit aufgerissenen Augen an.
Gleich zwei mächtige Schlüssel konnte Millard erkennen. Einen musste das Mädchen bei sich haben und den anderen hatte der Alte bei sich.
Und beide Schlüssel schienen gleichstark.

Noch bevor Millard abdrückte, hatte das Mädchen den Alten am Arm gepackt und zog ihn mit sich. Sie zerrte ihn in eine Nische, sodass sie außer Schussbahn kamen.

„Was willst du hier?“ schimpfte Kayleigh den alten Mann an.
Der war ein wenig verwundert, über ihre Reaktion. Er hatte zwar nicht unbedingt damit gerechnet, dass man ihn mit offenen Armen empfing. Doch sie schien sauer auf ihn zu sein.
„Ich wollte dir helfen!“ gab er dann zu.
Kayleigh musterte ihn von oben bis unten.
Dann sah sie ihn finster an.
„Du bist Thomas!“ stellte sie fest.
Er nickte nur.
„Du solltest nicht hier sein!“ schrie sie ihn an und sah kurz vor der Wand hervor, um nach Millard zu sehen.
Der stand noch immer an der selben Stelle.
Zielte.
Und schoss in ihre Richtung.

Die Kugel traf die Wand und blieb darin stecken.
Kayleigh war wieder in Deckung gegangen.
„Ich verstehe nicht, warum ich seine Schlüssel nicht deaktivieren kann!“ murmelte sie vor sich hin.
Thomas sah sie mit großen Augen an. Er war besorgt.
Nicht nur, da beide von einem bewaffneten Mann bedroht wurden sondern auch weil er etwas wusste, was Kayleigh vermutlich nicht verstehen würde.

Millard ging langsam und vorsichtig auf das Versteck seiner beiden Opfer zu. Bereit zu schießen.
„Wie lange wollt ihr euch dort verstecken?“ rief er, „Ihr könnt nicht ewig dort hocken!“

Kayleigh sah sich um. Doch nichts könnte ihr weiterhelfen.
Es gab keine Waffe oder auch nur irgendetwas, was man als Waffe zweckentfremden oder für eine Angriff nutzen könnte.
„Er hat deine Magie!“ platzte es aus Thomas heraus und Kayleigh sah ihn verwirrt an.
„Was heißt das?“ wollte sie wissen.

Ein weiterer Schuss wurde abgeben und traf die gegenüberliegende Wand.

Wohl oder übel mussten sie sich erst einmal eine neue Deckung suchen, ehe Thomas ihr eine verständliche Antwort geben könnte.
Kayleigh sah sich von ihrem Versteck aus um. Das einzige, was sie erkennen konnte, war eine halbhohe Wand aus Gipskarton. Zweifellos würde die keinem Schuss standhalten. Doch im Moment konnte Kayleigh nichts anderes ausmachen.
Auch Thomas konnte die dünne Wand sehen und noch ehe Kayleigh ihm davon erzählen konnte, packte er sie an beiden Schultern und schob sie vor sich her.
Er rannte mit Kayleigh zusammen zu der Gipskartonwand, wobei er ihr Deckung gab.

Millard schoss erneut.
Und traf.

„Verdammt!“ knurrte Thomas, als sie sich hinter der Wand fallen ließen
Kayleigh reagierte nicht darauf, sie suchte nach einer besseren Deckung.
Thomas presste seine Hand auf die Wunde.
„Ich hätte es beenden sollen, als es außer Kontrolle geriet!“ fluchte er.
Kayleigh verstand nicht so genau was er damit meinte. Allerdings suchte sie noch immer nach einem neuen Schutz.
„Noch zwei!“ murmelte sie.
„Was?“
„Er dürfte noch zwei Kugeln haben! Dann muss er nachladen!“ war sie sich sicher.
Sie tippte Thomas an, ohne sich zu ihm umzusehen und zeigte dann auf eine offene Tür, nur ein paar Meter weiter.
„Dort dürfte die Wand etwas dicker sein als das hier!“ meinte sie.
Und wie zum Beweis, schoss Millard auf den Gipskarton und die Kugel flog nur haarscharf über die Köpfe der beiden vorbei.
„Los!“ Thomas stieß Kayleigh voran und kämpfte sich wieder auf die Beine.
Blitzschnell huschten beide zu dem Raum und suchten hinter der Wand Deckung.

Millard folgte ihnen. Noch immer vorsichtig. Er war sich nicht sicher, was die beiden wirklich vor hatten.
Vielleicht würden sie beide einen Plan aushecken und ihm die Waffe abnehmen. Oder noch schlimmer, die Schlüssel!

Kayleigh wollte noch einmal kurz nach draußen sehen. Sehen, wie nah Millard schon gekommen war.
Dass er sehr nah war, konnte sie spüren. Dennoch konnten noch immer einige Meter zwischen ihnen liegen. So genau konnte sie es nicht fühlen.
Aber Thomas lies sie nicht. Er hielt sie wortlos fest.
Und erst jetzt bemerkte sie das Blut.
„Warum … hast du nichts gesagt?“ protestierte sie schockiert.
„Es gibt wichtigeres!“ meinte er nur.
Kayleigh aber schüttelte den Kopf. Sie presste ihre Hände auf seine Bauchwunde.
Es war ein glatter Durchschuss. Kayleigh kannte sich nicht aus. Aber vielleicht hatte Millard Thomas Niere getroffen. Oder vielleicht auch nur knapp daneben.
So oder so brauchte Thomas ärztliche Hilfe, oder er würde verbluten.
„Es ist meine Schuld!“ begann Thomas.
„Erzähl jetzt nicht so einen Unsinn!“ schimpfte sie und überlegte, wie sie ihm helfen könnte.
„Hör zu, Kayleigh! Hätte ich die anderen Schlüssel nicht erschaffen, wäre das alles nicht passiert!“
Kayleigh war jetzt nicht gewillt auf das Gespräch einzugehen.
Stattdessen wollte sie eine Antwort auf seine vorherige Aussage.
„Du sagtest, dass er meine Magie besitzt! Was heißt das?“
Währenddessen zog sie ihre Jacke aus und presste diese auf die Wunde.
Thomas zuckte vor Schmerzen zusammen.
„Du hast ihm einen Teil deiner Magie … gegeben!“ meinte er dann und packte selbst die Jacke und drückte sie selbst auf die Bauchwunde.
„Ich hab ihm gar nichts gegeben!“ beschwerte sich Kayleigh und sah sich erneut im Raum um. Aber es gab nichts, was man als Verband nutzen könnte.
„Als er dich beinahe getötet hat ...“ Thomas holte tief Luft. Die Schusswunde war nicht das einzige, was ihm große Schmerzen bereitete.
„Als er dich getötet hat ...“ fing er erneut an und erntete einen geschockten Blick von ihr, „... Du hast aus versehen deine Magie an ihn abgegeben!“
„Ich habe das nicht getan!“ Diesmal war sie etwas lauter.

Millard war nahe genug um einen Teil der Unterhaltung zu hören. Verstehen konnte er es aber nicht.
Also schlich er sich näher heran.

„Weißt du, wie ich die Schlüssel geschaffen habe?“
Kayleigh schüttelte den Kopf. Sie wusste es nicht und das Buch hatte ihr je eine Antwort darauf gegeben.
„Ich habe etwas von meiner Magie an die Karte abgegeben!“ gab Thomas zu.
Kayleigh sagte nichts dazu.
„Einigen gelang dies ebenfalls, obwohl sie nicht zu unserer Familie gehörten! Sie waren in der Lage die Magie von der Karte zu teilen und auf eine weitere zu übertragen. ...“
„Darum werden sie immer schwächer?“ wollte sie wissen und Thomas nickte.
„Aber anderes als die Magie der Karten, wurde meine nicht schwächer!“
Kayleigh sah ihn irritiert an.
„Ich hab meine Kraft geerbt und sie zu einem Schlüssel umgewandelt!“
„Du hast dich selbst zum ersten Schlüssel gemacht!“ platzte es aus ihr heraus. „Wieso?“
Thomas musste über die Frage schmunzeln. Er hatte über das „Wieso?“ noch nie wirklich nachgedacht.
„Kein Wunder, dass niemand den Schlüssel finden konnte!“ seufzte Kayleigh nur, „Aber das hilft uns auch nicht weiter!“

Millard hatte Position nahe der Tür bezogen. Und er hatte es gehört.
Der alte Mann sollte ein Schlüssel ein? Der erste Schlüssel?

Thomas griff nach Kayleighs Hand und drückte sie, so als wolle er ihre volle Aufmerksamkeit auf sie lenken.
„Mit dir endet die Schlüsselmagie!“ flüsterte er ihr zu.
Seine Augen wirkten fiebrig. Vermutlich hatte ihn der Blutverlust schon zu sehr zugesetzt.
„Ich weiß!“ Sie sprach ebenso leise.
„Ich wollte das so nicht!“ Thomas lies sie wieder los und sah sich um.
Deutlich konnte er die Magie von Millards Schlüssel durch die Wand leuchten sehen.
„Du bist stärker als alle Schlüssel!“ gab er von sich und sah Kayleigh direkt in die Augen.
„Aber ich schaff es noch nicht einmal ihn ...“ Sie zeigte in die Richtung, in der Millard stand, „... ihn zu besiegen!“
Ein schwaches Schmunzeln war Thomas´ Antwort.
„Du bist der letzte Schlüssel!“ seufzte er dann.
Kayleigh wusste, dass er nicht mehr lange durchhalten würde. Noch einmal sah sie sich um.
„Jetzt sag nur nicht, dass du mich auch geschaffen hast!“ Sie hatte es einfach vor sich hin gesagt.
„Nein!“ Thomas musste lachen, „Mehr oder weniger hast du dich selbst zum Schlüssel gemacht. Du besitzt das volle Maß der Magie unserer Familie.“
„Toll!“ seufzte sie kurz, „Und warum bin ich der letzte Schlüssel? Weil ich es wollte?“
Er sagte nichts dazu. Er musterte sie nur.

Millard überlegte. Es ergab keinen Sinn, was die beiden besprachen.
Wie konnte ein Mensch ein Schlüssel sein?
Und Magie? Gab es überhaupt so etwas? Manchmal war er sich da so nicht sicher.
Aber egal, er musste endlich etwas tun. Er konnte schließlich nicht darauf warten, dass die beiden Meister oder Schlüssel, oder was auch immer sie sein glaubten, irgendwann aufgaben und ihm ihre Magie überließen.

„Ich weiß, was ich tun muss!“ meinte Kayleigh auf einmal und stand auf.
Thomas sah sie mit großen Augen an.
„Was hast du vor?“ wollte er wissen und mühte sich auf die Beine. Kein leichtes Unterfangen bei dem vorangegangenen Blutverlust.
Er musste sich an der Wand hochziehen und hinterließ ein große Blutspur.
„Erstmal sollten wir hier weg!“ flüsterte sie und sah zu dem Lichtpunkt, den sie durch die Wand erkennen konnte. An der Stelle stand Millard. Er würde nur wenige Schritte brauchen und stünde in der Tür.
„Ein Schuss!“ dachte sie sich, „Dann muss er nachladen!“
Ihr war bewusst, dass selbst ein Schuss ausreichen würde um einen von ihnen zu töten.
Sie packte Thomas am Arm und zog ihn zur Tür.
An der Tür stoppte sie und sah sich kurz um.
Noch hielt sich Millard bedeckt.
„Wir müssen da rüber!“ Sie zeigte auf die gegenüberliegende Bürotür. Eine der wenigen Türen, die bereits eingebaut war.
„Aber …!“
Ohne auf eine Antwort von ihm zu warten, zog sie ihn am Arm über den Flur zu der Tür. Sie versuchte schnell zu gehen, was ihr allerdings nicht so recht gelang. Thomas kam nicht so schnell hinterher und er war zu schwer um ihn wirklich mit sich zu ziehen.

Millard hatte bemerkt, dass die beiden flüchten wollten und war aus seiner Deckung gesprungen.
Er zielte so gut es eben ging und schoss.
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Re: Schlüssel der Welt

Beitragvon Nikita LaChance » So 3. Apr 2011, 12:18

Kapitel LIV

„... Der alte Mann hatte etwas erschaffen, es zum Leben erweckt und gehofft, dass es ihm und anderen großen Nutzen bringen könnte. Er hatte sich getäuscht, so wie viele vor ihnen. Und wie auch bei den großen Erfinder in der Geschichte, gab es irgendwann einen Zeitpunkt in der die eigentlich gut gemeinte Idee Unglück über sie brachte.
Nur hatte er nichts erfunden, was man zu einer Waffe umfunktionierte.
Er hatte lediglich Schlüssel geschaffen, mit denen man ohne größere Probleme weite Distanzen überwinden konnte. Allerdings war ihm damals nicht bewusst gewesen, dass es nicht viele geben würde, die die magischen Schlüssel beherrschen konnten.
Und doch … brachte seine Schöpfung Chaos in die Welt.
Einige Menschen verschwanden. Gingen verloren in der weiten Welt. Wurden dank der Magie der Schlüssel und der Durchgänge, die geöffnet wurden, jünger oder auch wieder älter. Und manchmal nach einiger Zeit fanden sie mit viel Glück den Weg zurück nach hause.

Thomas hatte es so nicht gewollt, wie er immer wieder beteuerte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass die Schlüssel in die falschen und unwissenden Hände gerieten oder gar missbraucht werden könnten.
Und nach einiger Zeit, als er den Schaden sah, den seine gut gemeinte Idee angerichtet hatte, versuchte er alles wieder rückgängig zu machen.
Doch wie sollte er dies bewerkstelligen?

Er verbrachte Jahre, gar Jahrzehnte, damit die Schlüssel zu finden und einzusammeln. Er konnte ja nicht ahnen, wie viele Kopien seiner Schlüssel bereits unterwegs waren.
Und auch wenn der Schaden dann nicht mehr allein durch ihn verursacht worden war, so fühlte er sich noch immer dafür verantwortlich.

Es dauerte lange, ehe die Schlüssel sich gegen seinen Versuch sie wieder zu vernichten wehrten. Zumindest könnte man dies sagen, wenn die Schlüssel lebende Wesen wären.
Die Magie wurde … instabiler.
Und irgendwann versuchten die Nutzer der Schlüssel die Magie anderer Schlüssel zu sammeln, um selbst an Macht zuzulegen.
Dadurch wurde das Chaos noch größer.

Und dann eines Tages geriet alles noch mehr durcheinander.
Thomas spürte einen großen und mächtigen Schlüssel. Mächtiger als alle, die er bisher verfolgt hatte.
Er folgte der Spur.
Und fand ein Kind.
Eigentlich unauffällig und doch … anders.
…“

Alle starrten irritiert auf die auftauchenden Zeilen im Buch. Es wirkte als habe man sie gerade erst hineingeschrieben.
Es sah ein wenig eigenartig aus. Doch wie ein unsichtbarer Füller, der gerade über das Papier glitt, formten sich die Worte in dem Buch.
Anfangs noch in der selben Schrift, füllten sich die Seiten des Buches. Immer mehr und mehr.
Und dann irgendwann, es waren kaum noch zwei Seiten frei, änderte sich die Schrift im Buch.
„Das ist Kayleighs Handschrift!“ stellte Mica irritiert fest.
Und nicht nur die Schrift änderte sich. Auch die Worte schienen nicht mehr vom selben Schreiber zu sein.

„...
Als Kind fand ich es lustig mich zu verstecken. Mom nannte es so.
Doch es war kein gewöhnliches Versteckspiel, wo einer bis hundert zählt und dann den anderen sucht.
Und selbst wenn, man hätte mich nicht so leicht gefunden.

Ich wusste nicht, woher ich die Gabe hatte. Es musste eine Gabe sein, von einem Ort ohne größere Probleme zu einen anderen zu gelangen.
Einfach nur eine Tür öffnen, sich sein Ziel auszusuchen und auch dort ankommen.
Mom wusste von meiner Gabe, sagte mir aber nie woher ich sie hatte. Und auch versuchte sie vor mir geheim zu halten, dass auch sie diese Macht besaß. Allerdings erschwerte ich ihr diesen Versuch, da sie mich immer wieder nach hause holen musste.
Sie versuchte immer wieder meine Magie und meine kleinen Fluchten zu verhindern. Auch erklärte sie mir immer wieder, dass ich vorsichtig sein sollte, da einige Menschen vor dieser Magie Angst bekommen könnten oder sie mir wegnehmen würden.

Nach einiger Zeit bekam ich meine Kraft unter Kontrolle. Glaubten meine Mutter und ich zumindest. Auch Onkel Jim, der ebenfalls ein Schlüsselmeister war.
Ich hatte ihn immer wieder dabei erwischt, wie er versuchte mehr über die Magie und die Schlüssel herauszufinden. Er hatte mir auch einmal erzählt, dass er jemanden durch die Schlüssel verloren hatte. Doch er wollte mir nicht mehr darüber sagen.

Dann, ich war fast vierzehn und hatte wieder einmal Onkel Jims Buch, eine eigenwillige Aufzeichnung eines Reisenden, in die Hände genommen, geriet alles außer Kontrolle.
Ich weiß nicht, ob es der Schlüssel war, den ich gerade geschaffen hatte oder ob es vielleicht das Buch war oder vielleicht ich selbst. Doch irgendetwas hatte einen Mann angelockt.
Er war eine Art Jäger, die Sorte vor der mich meine Mom und Jim gewarnt hatten.
Er tauchte plötzlich im Haus auf und forderte unsere Schlüssel.
Zu dem Zeitpunkt wusste ich nicht genau was er wollte.
Und wusste auch nicht, wie weit einige Jäger gingen, nur um ihre Schlüssel zu bekommen.

Er war verärgert, da weder Mom noch ich ihm gaben, was er suchte.
Es war nicht irgendein Schlüssel, den er haben wollte. Es war ein viel stärkerer Schlüssel als alle, die ich oder die zwei Meister in meiner Familie je bemerkt hatten.
Der Fremde tötete meine Mutter und schoss auf mich.

Was dann genau geschah, kann ich auch jetzt nur erahnen.
Ich spürte den Schmerz der Schusswunde, fühlte wie ich immer schwächer wurde und … Ich wollte nicht sterben, versuchte mich an irgendetwas zu klammern. Doch es gab nichts.
Alles was mir einfiel, war die Magie.
Und dann kurz bevor alles Schwarz wurde, verfluchte ich sie. Ich wünschte mir, dass sie weg sei. Dass ich nichts mehr davon wüsste.

Der Mann ging und scheinbar nahm er die Magie mit sich.
Das Haus war wieder ein einfaches und gewöhnliches Gebäude. Die Schlüssel nur ein paar unbedeutende Papierstücke. Und Türen einfach nur Türen.

Mom war tot. Die Magie fort. Und ich wollte nichts mehr davon wissen.
Der Arzt meinte zu meiner Familie, es sei normal. Manchmal würde man Schmerzhaftes einfach verdrängen.
Niemand erfuhr was wirklich geschehen war und ich hatte es geschafft zu vergessen.

Onkel Jim aber vergaß nicht. Er wusste oder ahnte, was geschehen war. Und er gab sich die Schuld.
Und immer wieder konnte ich es in seinen Augen erkennen. Er war besorgt.
Weniger, dass ich mich irgendwann erinnern könnte. Es schien vielmehr so, dass er Angst davor hatte, dass sich alles irgendwann wiederholen würde.
Und darum ging er. Knapp zwei Jahre nach dem Mord an Mom.


Kurz danach konnte ich immer wieder ein leichtes Kribbeln spüren. Fast so als wären einem die Füße eingeschlafen und die Blutzirkulation käme so langsam wieder in Gang.
Doch so schnell wie das Gefühl aufkam, so schnell verschwand es auch wieder.
Und ich machte mir keine Gedanken darüber.

Die Alpträume allerdings beunruhigten mich mehr.
Doch sie wollten lange Zeit keinen Sinn ergeben.


In den kommenden Jahren gab es immer wieder eine Art De ja-Vu-Erlebnis. Ich konnte bestimmte Menschen spüren, noch ehe sie zu sehen waren.
Aber sie schienen dies nie zu bemerken.
Einzig Mica, den ich auf meiner Arbeit kennen gelernt und mit ihm Freundschaft geschlossen hatte, schien mehr zu wissen.
Er erzählte mir zwar nicht, dass auch er andere anhand ihrer magischen Schlüssel vorher bemerkte, aber er wirkte des öfteren recht besorgt.

Das Haus meiner Tante war, trotz der vielen Dinge, die darin geschehen waren und die ich lange Zeit verdrängt hatte, mein liebster Ort.
Es zog mich irgendwie an.
Allen voran die Bibliothek und ein kleines unbedeutend wirkendes Buch.
Immer wieder las ich darin, auch wenn der Text keinen wirklichen Sinn zu ergeben schien und er sich sonderbarer weise immer wieder änderte.

Und irgendwann … ich weiß nicht warum … öffnete sich eine versteckte Tür in der Bibliothekswand.
Und dieses Ereignis, hatte ich vorher gesehen. Seit Jahren, so schien es mir.
Immer wieder war dies ein Teil meiner Alpträume gewesen, die in den vergangenen Jahren immer heftiger geworden waren.
Es war wie ein Weckruf. Und mit den Erinnerungen schien meine Magie zurückzukehren.
Auch ungenutzt war sie stärker geworden, so als sei sie mit meinem Körper mit gewachsen.

Und genau dies, machte es gefährlicher für meine Familie und meine Freunde bei mir zu sein.
Solange diese Magie ein Teil von mir ist, wird sie immer wieder jemanden anlocken, der sie mir entreißen will. Und dann würde wieder jemand zu Schaden kommen.

Ich wusste nicht, wieso ich die Magie besaß.
Ich konnte ja nicht ahnen, dass es eine Art Familienerbe war.

Doch ich habe noch mehr herausgefunden.
Scheinbar bin ich der stärkste Meister. Und doch kein wirklicher Meister.
Ich bin ein Schlüssel. Der letzte und stärkste.

Ich glaube, dass Thomas, der lange Zeit versucht hatte, die Magie und die Schlüssel wieder einzufangen, etwas gefunden hat, was das hier alles beenden könnte.
Oder passierte es zufällig?

Es muss einen Grund geben, weswegen ich der letzte Schlüssel bin! Vielleicht bin ich eine Art Hüter der Schlüssel.

Ich muss es zumindest versuchen!
Ich muss die Magie wieder einsammeln und löschen, sodass sie keinen Schaden mehr anrichten kann!
...“

Noch einmal sahen sie in das Buch.
Mit einem Male war es vollgeschrieben.
Doch nun war es weniger ein Roman, als vielmehr eine Art Tagebuchaufzeichnung. Zumindest der letzte Teil im Buch, der mit Kayleighs Handschrift.

„Was will sie jetzt machen?“ fragte sich Alexia und alle Augen richteten sich auf sie, da sie ihre Frage laut ausgesprochen hatte.
Niemand antwortete ihr.
Adrian sah ein wenig wütend drein und Mica wirkte besorgt.
Auch Jim machte sich Sorgen.
Einzig Meryl und Richard verstanden noch immer nicht den gesamten Hintergrund der Geschehnisse. Sie fühlten sich wie Außenseiter, spürten aber deutlich, dass etwas nicht stimmte.

„Sie wird es nicht schaffen!“ seufzte Vigilius müde. Auch er war nun besorgt. Es ging ihm nicht mehr um die Schlüsseljagd.
Hätte er daran früher gedacht, wie viel Schmerz die Schlüssel verursachen und wie viel Schaden sie seiner Familie bringen würden, so hätte er vielleicht selbst etwas dagegen unternommen. Doch er hatte sich wie ein kleines Kind benommen. Lange Zeit nur sein Erbe haben wollen.
Ein Erbe, welches ihm sein Vater nicht ohne Grund vorenthalten hatte.
Und obwohl Vigilius keinen wirklichen Bezug zu den um ihn sitzenden Leuten hatte, fühlte er mit ihnen.

Jentrix stand auf und ging wieder ins Nebenzimmer.
Wieder wählte er Kayleighs Handynummer und wieder wartete er vergebens darauf, dass sie endlich ran ging.
Und nachdem er mindestens fünfmal keinen Erfolg hatte, sprach er eine kurze Nachricht auf ihre Mailbox.
Er setzte sich auf das Bett und starrte auf die Wand. In der Hand sein Mobiltelefon, in der Hoffnung, dass sie jeden Moment zurückrufen würde.


Panik war ausgebrochen, als der alte Mann in dem Foyer des Krankenhauses fast wie aus dem Nichts auftauchte.
Er konnte nicht verstehen was sie sich zu riefen.
Dann kamen gleich eine Krankenschwester und zwei Männer in Kitteln auf ihn zu. Sie fragten ihn etwas. Doch er verstand sie nicht.
Eine Trage wurde heran geholt und der alte Mann sollte sich darauf legen, was er auch ohne Wiederworte tat.
Immer wieder sprachen sie ihn an. Erst in ihrer Landessprache und dann, nachdem sie keine Antwort von ihm erhielten, redeten sie ihn auf Englisch an.
Man sagte ihm, dass man sich um ihn kümmere. Fragte, woher die Schussverletzung stamme.
Doch das Einzige was er von sich gab, war die Bitte, ihn wieder gehen zu lassen.
Seine Bitte ignorierte man.
Für die Ärzte war er ein Tourist. Schwer verletzt, mehr tot als lebendig.
Sie vermuteten, dass der Name, den er rief, der seiner Freundin oder Tochter sein musste.
Doch der Mann war allein aufgetaucht. Niemand war mit ihm gekommen.


„Wieso hast du das getan?“ schrie Millard.
Noch immer hielt er seine Waffe, obwohl schon leer geschossen, auf Kayleigh gerichtet.
Sie stand an der Tür, durch die soeben der alte Mann verschwunden war.
„Du Miststück hast den Schlüssel entkommen lassen!“ schrie er und wollte noch einmal schießen.

Sie hielt sich ihren rechten Oberarm. Dort hatte Millard sie erwischt. Aber zu ihrem Glück war es nur ein Streifschuss gewesen und obwohl es schmerzte, war die Wunde harmlos. Zumindest harmloser als die von Thomas.
Sie hatte ihn weggeschickt, auch wenn er es nicht wollte. Bis zu dem Moment, wo sie wieder die Tür geschlossen hatte, hatte Thomas angenommen, dass sie mit ihm zusammen gehen würde.
Doch sie hatte ihn einfach in dem Krankenhausfoyer der Stadt zurückgelassen.

„Du bekommst ihn nicht!“ meinte sie plötzlich und grinste siegessicher, was ihn noch wütender machte.
„Und du wirst keinen anderen Schlüssel mehr bekommen!“
Noch einmal drückte Millard ab. Dann erst realisierte er, dass er erst einmal nachladen musste. Doch so wütend wie er war, zitterten ihm die Hände und er fand nicht sofort die Patronen, die er in seinen Hosentaschen verteilt hatte.
Für einen kurzen Augenblick nahm Millard seine Augen von ihr, da er die Kugeln nicht so schnell finden konnte.
Kayleigh setzte zu einem erneuten Angriff an.
Sie stürmte auf ihn zu und versuchte ihm die noch ungeladene Waffe aus der Hand zu schlagen. Doch so recht gelang es ihr nicht.
Sie konnten beide von Glück sagen, dass die Waffe noch nicht geladen war, andernfalls hätten sich in dem Gerangel gleich mehrmals Schüsse gelöst.

Schlussendlich ging die Waffe zu Boden und Kayleigh verpasste Millard einen Schlag in den Magen. Der konterte aber sogleich mit einem Kinnhaken, der sie kurz Sterne sehen lies.
Sie fing sich aber wieder und holte zum Gegenschlag aus.
Allerdings war sie schwächer als er. Nicht nur dass er ein größerer Kerl war, so hatte sie seit einiger Weile weder geschlafen noch gegessen.

Und irgendwann packte er einfach ihr Handgelenk und hielt sie fest.
„Mich kannst du nicht fertig machen!“ lachte er ihr ins Gesicht.
Kayleigh wollte sich losreißen, aber mit einem Male gaben ihre Beine nach. Nach und nach verlor sie immer mehr Energie.
Nein, Magie!
Millard hatte sie gepackt und war nun in der Lage, ihr die Magie zu entziehen. Und sie konnte nichts dagegen tun.

Für einen kurzen Moment war es ihr recht. Sie wäre alle Probleme los. Keine Magie, keine Jäger. Sie wäre wieder frei und könnte zu ihrer Familie zurück.
Sie wollte nach geben. Aufgeben.
Und dann, als ihr regelrecht schwarz vor Augen wurde und sie allmählich kraftlos zu Boden sank, war es als würde sie ein Klingeln hören.
Vielleicht nur Einbildung.
Und dann tauchte inmitten der Schwärze wieder die ihr bekannte Stimme auf.

„Deine Schuld!“ rief sie.

Natürlich war es ihre Schuld. Sie hatte die Magie zurück gefordert, auch wenn sie nie es zugeben würde oder könnte. Und nun war sie Schuld, dass der falsche die Magie bekam.

Kayleigh versuchte sich zusammen zu reißen.
Sie kniete bereits vor ihm und er hielt freudig grinsend ihr Handgelenk fest und entzog ihr die Magie.
„Du bekommst sie nicht!“ zischte Kayleigh geschwächt und richtete ihren Blick auf ihn.
„Was willst du machen? Mich böse angucken?“ lachte er nur.
Als Antwort bekam er eine Art Stromschlag, der immer mehr anwuchs. Irgendwann war es zu schmerzhaft, schlimmer als das Gefühl einen elektrischen Weidezaun berührt zu haben, und Millard lies sie los.
Dennoch schmerzte ihm die Hand. Als er kurz darauf sah, bemerkte er eine Art Brandblasen.
Entsetzt blickte er Kayleigh an und machte einen Schritt zurück.

Sie grinste nur.
„Du bekommst keinen Schlüssel mehr in die Finger!“ meinte sie, mühte sich wieder auf die Beine und hielt dabei den Blickkontakt.
„Du kannst mir nichts antun! Du hast es selbst gesagt!“ schrie er und sah sich nach seiner Waffe um, „Ich hab euch belauscht! Du kannst mir die Magie nicht mehr wegnehmen!“
Sie zuckte nur mit den Schultern.
„Dir vielleicht nicht!“ meinte sie dann und holte tief Luft.

Millard riss die Augen weit auf.
Sie tat im Grunde nichts anderes als da zustehen. Leicht wackelig auf den Beinen.
Und ihre Augen schienen sich in ihn hinein zu bohren, so dass er sich nicht mehr bewegen konnte.

Sie konzentrierte sich.
Vor ihrem inneren Auge konnte sie einen Strom an Schlüsselspuren sehen. Ein Lichtermeer.
Und genau dieses lies sie auf sich zukommen.
Erst beschränkte sie sich auf die Schlüsselmagie in der näheren Umgebung.
Sie rief die Magie zu sich. Entzog sie den Schlüsseln, ohne sie wirklich vor sich zu sehen.
Und sie ging immer weiter.
Ihr Ruf nach der Magie ging über die Stadt hinaus.
Sie konnte mehr oder weniger die Entfernung spüren, die zwischen ihr und den Schlüsseln lag.
Und je weiter weg die Schlüssel waren umso schwieriger erschien es, ihre Magie zu sich zu holen.

Kayleigh ignorierte die Kopfschmerzen. Sie ignorierte das plötzlich auftretende Nasenbluten.
Ihr einziges Interesse lag im Moment darin, alle Schlüssel aufzuspüren und zu löschen.

„Was soll das?“ schrie Millard. Panik in seiner Stimme und seinem Blick.
Kayleigh umgab ein Leuchten, die Magie der Schlüssel, welches immer weiter anwuchs und Millard allmählich blendete.

Inzwischen hatte sich Kayleighs Ruf über Asien ausgebreitet und ging immer weiter. Immer mehr Schlüssel gaben ihre Magie an sie ab und auch die Meister wurden wieder zu normalen Menschen.
Und während sie einerseits immer stärker wurde, fühlte sie doch, dass ihr jeden Moment wieder alles entgleiten könnte.
Also konzentrierte sie sich noch stärker.


Thomas war inzwischen in den OP geschoben worden. Man versuchte die Blutung zu stoppen, was an sich schon recht schwierig war.
Und mitten in der Operation begann der Puls zu fallen, stärker als man es erwarten würde.
Die Ärzte versuchten alles um den vermeintlichen Touristen am Leben zu halten.
Doch die Lebenszeichen ihres Patienten wurden immer schwächer und allmählich stellten sich die Ärzte bereits auf einen Verlust ein.
Die Blutung konnten sie stoppen, doch der Patient würde es dennoch nicht schaffen. Es war als hätte man ihm mit einem Male die Lebensenergie geraubt.


Die Passanten blieben irritiert und geschockt zugleich stehen. Seit Jahren kannten sie die Baustelle mit dem unfertigen Hochhaus. Aufgrund der Weltwirtschaftskrise war an dem Haus nicht mehr gearbeitet worden. Es war nicht das einzige Bauprojekt, welches aufgrund fehlender Gelder, womöglich nie vollendet werden würde.
Und dennoch war es im Moment etwas besonderes.

Ein grelles Licht strahlte aus einem der oberen Stockwerke. Nur konnte es weder ein Deckenlicht oder dergleichen sein. Im ganzen Haus gab es keinen Strom. Und auch konnte es keine durchscheinende Sonne sein, denn diese war vor knapp einer halben Stunde untergegangen und allmählich färbte sich der Himmel nachtschwarz, wenn man den von einer solchen Farbe in einer Großstadt voller Lichter reden konnte.
Das Licht musste von irgendetwas anderem kommen. Und sonderbarer Weise wurde es immer heller und heller.

Unter den Passanten gab es einige wenige, die ein ähnliches Licht schon einmal gesehen haben. Doch noch nie so stark.
Aber keiner von ihnen würde nun dort hingehen und versuchen sich den Schlüssel, der praktisch vor ihr Nase lag, zu holen. Es würde ihnen auch nichts mehr nutzen.
Alle Schlüssel, die sie einst bei sich trugen, waren gelöscht und ihre Magie fort. Sie waren nun gewöhnliche Reisende, zum Teil in einem ihnen unbekannten Land.


Vigilius war auf einmal ganz blass geworden und versuchte Luft zu bekommen.
„Was ist los?“ Chan war die erste, die sofort aufgesprungen war.
„Die Schlüssel ...“ gab er schwach von sich.
Jim sah ihn erst mit großen Augen an, dann aber konnte er es auch spüren.
Irgendetwas schwächte ihn und bereitete ihn gleichzeitig Kopfschmerzen.
Nur war er nicht der einzige im Raum. Auch Barry, Mica und Adrian wurden immer blasser.
Dearon sah besorgt zwischen ihnen hin und her. Wusste nicht, was er tun sollte.
Jentrix kam zurück in den Raum und blieb abrupt stehen.
Er wollte irgendetwas sagen, doch die Worte blieben ihm förmlich im Hals stecken.
„Jemand entlädt die Schlüssel!“ knurrte Barry und hielt sich den Kopf.
„Aber Kayleigh hat doch unsere Schlüssel längst gelöscht!“ bemerkte Dearon sofort.
Mica schüttelte den Kopf und meinte:
„Jetzt aber holt sich jemand die ganze Magie. Auch die der Meister!“
Alexia hielt Adrian fest in ihren Armen, ebenso wie es Meryl mit ihrem wiedergefundenen Mann tat. Mehr konnten die beiden Frauen für ihre Geliebten nicht tun.
Vigilius litt härter als die anderen Meister im Raum. Allmählich verließ ihn nicht nur seine Magie. Ihm wurde schwarz vor Augen und er rutschte bewusstlos vom Stuhl.
Chan war sogleich bei ihm, nur um festzustellen, dass sein Puls immer schwächer wurde.


„Das nützt dir gar nichts!“
Millard versuchte sich mit einer Hand gegen das Licht abzuschirmen und tappte langsam nach vorn, die zweite Hand ausgestreckt, um nach Kayleigh zu greifen.
Und als er ihre Schulter zu fassen bekam, grinste er siegessicher, auch wenn sie es in dem Licht vermutlich nicht sehen würde.
„Du kannst alle Magie einsammeln. Aber ich werde sie mir von dir holen!“ meinte er.

Kayleighs Augen richteten sich wieder auf ihn. Ihr schmerzverzerrtes Gesicht verschwand, auch wenn sie noch immer ihre Hände an den Kopf hielt, so als wolle sie von außen die Kopfschmerzen weg drücken.
Wieder begann sie zu grinsen. Fast schon teuflisch und sah ihm direkt in die Augen.
Sie sagte nichts. Aber vermutlich hätte sie ihm gesagt, dass er ihr diesmal nichts anhaben könnte.
Sie brauchte es nicht zu sagen.
Millard fühlte, dass er nichts ausrichten konnte.

Und ohne ein weiteres Wort oder irgendeine Bewegung zu machen, wuchs die Magie in Kayleigh an und wie schon zuvor entlud sie die Kraft wieder. Doch diesmal war es kein schwacher Stromstoß oder eine Druckwelle, die alle Türen verschloss.
Millard war als hätte er das Knistern gehört, so wie man es bei einer elektrischen Entladung manchmal ausmachen konnte.
Und mit dem Knistern kam ein gewaltiger Druck.
Es schien fast wie bei einem Blitz, der in den Boden einschlug und alles um sich herum erschütterte. Oder wie bei einer Detonation.
Nur war der Auslöser Kayleigh.
Und obwohl alles um sie herum, bebte und nachgab, stand sie ruhig an ihrem Platz und sah Millard an.


Eine Explosion zerriss die oberen Stockwerke des unfertigen Hochhauses. Genau da, wo zuvor noch das merkwürdige Licht gewesen war.
Und mit der Explosion kam eine gewaltige Druckwelle, die den Boden unter dem Haus und in der näheren Umgebung stark erschütterte und sogar einige Fensterscheiben zerspringen lies.

Menschen schrien und rannten in Panik umher.
Keiner wusste was geschehen war und befürchtete das Schlimmste. Von Erdbeben bis Bombenanschlag.
Niemand würde auf die Idee kommen, dass Magie im Spiel sei.

Und dann mit einer weiteren etwas kleineren Explosion stürzte das Hochhaus in sich zusammen und das Licht, welches zuvor noch darin zu sehen war, erstarb allmählich.
Nikita LaChance
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Re: Schlüssel der Welt

Beitragvon Nikita LaChance » So 3. Apr 2011, 12:19

Kapitel LV

„... Tianjin, Hafenstadt im Norden Chinas, wurde heute von einem Erdbeben heimgesucht ...“
„... Bombenanschlag auf Bürogebäude in China ...“
„... merkwürdige Explosion in Tianjin … Bürogebäude fällt in sich zusammen ...“

Die Nachrichten über die eigenwilligen und unverständlichen Ereignisse verbreiteten sich wie ein Lauffeuer. Erst über die kleinen privaten Messenger und dann auch über die großen Medien.
Plötzlich waren Fotografen und Kamerawagen vor Ort um sich von den Geschehnissen selbst ein Bild zu machen und es farbenprächtig der ganzen Welt zu präsentieren.

Was sie nicht erwähnten, weil sie es nicht wussten, war was wirklich geschehen war.
Magie! Schlüssel! Und ein Kampf!

Und während die Presse und noch viele andere Schaulustige, die mit ihrer Neugier und ihrer Anwesenheit kein Geld verdienten, herum standen, versuchten Feuerwehr und Polizei ihrer Arbeit nachzugehen.
Die Feuerwehrmänner löschten die Flammen, die vermutlich von einem unter dem Haus entlang laufenden Gasrohr her kamen, oder von anderen brennbaren Materialien, die man in das Gebäude gebracht oder die sich dort bereits befunden hatten. Und als die Polizei bei ihrer Zeugenbefragung dann erfahren hatte, dass man einen Mann kurz vor der Explosion auf dem Baugelände gesehen hätte, machten sich die Einsatzkräften darauf gefasst, dass sie in dem Trümmern Opfer finden würden.


Noch eine Nachricht verbreitete sich blitzschnell. Oder vielmehr mehrere Nachrichten, eher wie Hinweise.
Lang Vermisste und schon zum Teil tot geglaubte waren wieder aufgetaucht. Einige schienen kaum gealtert zu sein, während sie doch schon seit Jahren verschollen waren. Andere waren sogar jünger geworden.
Bei einigen war die Frage, wo sie die ganze Zeit gewesen waren noch größer als die Frage, wie sie so jung bleiben bzw. wieder so jung werden konnten.
Einige der Reisenden gingen zurück zu ihren Familien, andere aber sträubten sich gegen den Gedanken nun wieder daheim zu sein.
Das Reisen bzw. die Magie hatte sie süchtig gemacht. Eine Sucht, die sie vermutlich nie wirklich überwinden und hinter sich lassen könnten.

Für alle, die nichts mit den Schlüssel zu tun hatten, war es nur ein merkwürdiges Rätsel. Fast die Hälfte der Vermissten auf der ganzen Welt war irgendwo wieder gefunden worden. Und binnen kürzester Zeit wurden gleich mehrere Seiten im Internet eingerichtet, wo man melden konnte, wo man wen gesehen bzw. gefunden hatte. Oder der Verlorengegangene trug seinen Namen selbst ein, so als wolle er nun gefunden werden.

Für eine kurze Zeit schien sich die Welt nur um die Vermissten zu drehen. Oder um die nun verlorenen Schlüssel und deren Magie, auch wenn keine darüber sprach.


Der Druck war verschwunden. Nur noch ein schwaches Gefühl und leichte Müdigkeit war noch da.
Adrian setzte sich wieder aufrecht und sah sich um. Ein klein wenig fühlte er sich, als sei er gerade stundenlang durch die Kälte spaziert und nun würden seine Glieder wieder auftauen.
Und dann bemerkte er Alexia´s Klammergriff und ihre großen Augen, auf ihn gerichtet.
Noch ehe er ihr sagen konnte, dass es ihm wieder gut ging, sah er sich um.
Für einen kurzen Moment, wohl auch wegen der plötzlich aufgetretenen Schmerzen hatte er vergessen, dass ja nicht nur er gelitten hatte.
Neben ihm Jim und Barry bekamen allmählich auch ihre Farbe ins Gesicht zurück und wirkten, wenngleich ebenfalls recht erschöpft, schmerzfrei.
„Sie hat die Magie ...“ fing Mica an, wobei es eher wie eine Mischung aus Husten und müdem Flüstern klang.
Er holte tief Luft und begann erneut.
„Kayleigh hat die gesamte Magie entzogen!“ war er sich sicher.

Chan hockte noch immer neben Vigilius, der recht farblos am Boden lag und sich nicht rührte.
Seltsamer Weise hatte sie Tränen in den Augen, obwohl sie den jungen Mann weder wirklich kannte, noch leiden konnte.
Dearon war ratlos. Er wusste nicht, was er tun sollte. Er stand mitten im Raum und sah sich zu den anderen um.
Dann erhaschte er Jentrix´ Blick. Er schien nicht wirklich irgendetwas um sich herum wahrzunehmen und starrte einfach vor sich hin, sein Handy so fest umklammert, dass seine Handknöchel weiß leuchten.

Ein lautes Husten ließ alle zusammen zucken. Und dann rasselnde Atemzüge.
Und ehe es sich Chan versah, wurde sie von vorn gepackt und festgehalten.
Sie lies einen erschrockenen Schrei los.
„Wie ...?“ Nicht nur Mica schien überrascht, als sich Vigilius schwer atmend aufsetzte.
„Entschuldige!“ flüsterte er schwach und lies Chan wieder frei.


Die Ärzte hatten sich bereits damit abgefunden, dass sie ihren Patienten verloren hatten. Man war bereits kurz davor den Totenschein auszufüllen, als das EKG wieder normale, wenn auch schwache Herztöne meldete.
Verwundert darüber, aber auch erleichtert, dass es der alten Mann wieder ins Leben zurück fand, wurde der Patient in die Intensivstation gebracht. Und nach wenigen Stunden öffnete er die Augen.
Er schien ebenfalls überrascht zu sein, dass er noch lebte.
Er sprach nicht, aber Tränen liefen ihm über das Gesicht.
Die Ärzte vermuteten, dass er erleichtert war, überlebt zu haben.

Thomas spürte die Leere, seine Magie war verschwunden. Und dennoch war er noch am Leben.
Er wusste nicht warum oder wie dies möglich war.
Die Magie hatte ihn unnatürlich lange am Leben gehalten und er hatte angenommen, dass wenn sie fort wäre auch sein Leben vorbei wäre.
Und doch … lag er nun in einem Krankenhausbett.
In einem Krankenhaus mitten in China. Dort, wo er zusammengebrochen war. Dort wo, Kayleigh ihn zurückgelassen hatte.

Er konnte die Magie nicht mehr fühlen.
Sie war fort. Vernichtet. Ausgelöscht.
Und er konnte keine Schlüssel mehr erkennen.
Und Kayleigh …
Auch sie war fort.


Es vergingen erst Stunden, in denen so viele sich des Verlustes ihrer Kräfte vollends bewusst wurden.
Einige wenige hatten für einen kurzen Moment sogar das Gefühl gehabt, jegliche Lebensenergie zu verlieren.
Doch nun war alles wieder normal. Zu normal für manchen. Nur konnten sie dagegen nichts mehr tun.


Sogleich, wie Vigilius wieder auf den Beinen war, drängte er die anderen Informationen zu sammeln.
Er wollte wissen was geschehen war.
Er hatte, wie die anderen auch, das Schwinden der Magie gespürt. Und wie sie auch fragte er sich nun, wieso er noch am Leben war.
Aber es gab noch einiges mehr, was er wissen wollte.
Wo war sein Bruder? Sein Vater?
Und vor allem, was war mit Kayleigh?

Dearon konnte es mit seiner Suche keinem recht machen.
Mica, Jim, Barry und Vigilius bedrängten ihn regelrecht und jeder gab ihm unnütze Ratschläge was er als nächstes Schlagwort in die Suchmaschine eintippen sollte.
Alexia hatte Adrian irgendwann dazu bewegt aus der Wohnung zu gehen. Allerdings waren sie nicht wirklich weit gegangen. Sie hatten sich in der Stadt ein Internetcafé gesucht und versuchten nun selbst Antworten zu finden.
Richard war seinem Sohn und seiner neuen Freundin gefolgt und so saßen sie zu dritt ratlos im Café und wussten nicht wonach sie suchen sollten.
Chan telefonierte herum. Sie hatte sich in den vielen Jahren des Herumreisens viele Freundschaften geschlossen und so versuchte sie mehr heraus zu bekommen.
Und auch Jentrix telefonierte herum. Er riss sich zusammen, nicht immer wieder Kayleighs Telefon anzuwählen, was ihm auch keine Antworten einbringen würde. Er rief ein paar seiner Freunde, die ebenfalls auf der ganzen Welt verstreut schienen, an.

Doch niemand fand wirklich etwas heraus.
Lediglich von der mysteriösen Explosion des unfertigen Bürogebäudes in Tianjin, in China, und den wiedergefundenen Personen erfuhren sie.

Betrübt saßen sie nach Stunden ergebnisloser Suche beisammen. Keiner wusste etwas zu sagen.


Auch nach ein paar Tagen hatte die Polizei keinen Anhaltspunkt finden können, der auch nur annähernd erklären könnte, warum das Haus explodiert und zusammen gebrochen war.
Und auch die Spürhunde konnten nichts finden. Weder ein Lebenszeichen noch etwas, was irgendwann mal am Leben war.


Und während die Medien langsam ihr Interesse an der ungewöhnlichen Explosion verloren und auch die Polizei langsam ihre Untersuchung ohne Erfolg beendeten, suchten Jim sowie die anderen, die Familienmitglieder und Freunde, nach irgendeinen Hinweis auf Kayleighs Verbleib.
Die Wohnung in Vancouver wurde dabei zu ihrer Basis und zum Schlafplatz zugleich.
Man hatte noch ein paar weitere internetfähige Laptops herangeschleppt und so suchten sie nun zum Teil drei Mann pro Maschine nach irgendwelchen Anhaltspunkten.

Aber sie fanden nichts.
Und nach zwei Wochen war es Chan, die als erste aufgab. Nicht dass sie wirklich aufgeben wollte. Doch sie war der Ansicht, dass es nicht viel bringen würde, weiter in Vancouver zu bleiben und auf Lebenszeichen zu hoffen.
Sie hinterließ ihre Handynummer und ihre Mail-Adresse und lies sich im Gegenzug die Nummern der anderen geben.
Dann ging sie und versprach ihre Augen offen zu halten. Sie verriet nicht, wie sie die Stadt überhaupt verlassen wollte.


Kein Lebenszeichen.
Keine Magie!
Keine Schlüssel!

Keine Kayleigh!


Knapp eine Woche nach Chans Abreise, meldete sie sich. Allerdings konnte sie keine Neuigkeiten über Kayleigh verkünden.
Sie war irgendwie nach China gekommen. Wie, verriet sie nicht.
Sie war nach Tianjin gegangen und hatte sich das zerstörte Gebäude, wo sich vermutlich Kayleigh zuletzt aufgehalten hatte, angesehen.
Und dort hatte sie dann Thomas getroffen, der ebenfalls nach Kayleigh suchte.

Vigilius wurde ein wenig nervös und wollte sofort nach Tianjin. Er wollte zu seinem Vater.
Er hatte zu viele Jahre damit verschwendet, auf ihn sauer zu sein. Nun wollte er einfach nur zu seinem Vater, vielleicht zusammen nach Sebastian sehen und dann wieder eine Familie sein.
Ein klein wenig kam er sich egoistisch vor, dass er viel eher seine Familie wiedervereint sehen wollte, als Kayleigh zu finden.
Aber niemand sagte etwas dazu.

Mica wollte ebenfalls nach Tianjin. Er wollte sich vor Ort selbst umschauen.
Er konnte nicht mehr in Vancouver sitzen und darauf hoffen, ein digitales Lebenszeichen von seiner Exfreundin zu finden. Er musste nach ihr suchen.

Richard kam sich verloren vor. Er wusste nicht, was er tun sollte. Er wusste nicht, wie er reagieren sollte.
Diese ganze Magie-Sache war ein Teil, doch dass er deswegen erst seine Frau und nun seine Tochter verloren hatte, machte ihm schwer zu schaffen.
Er wollte einfach nur in der Nähe seines Sohnes bleiben.

Auch Meryl wollte nicht wirklich gehen. Sie hatte endlich ihren Mann zurück bekommen und auch wenn sie sich schuldig fühlte, wollte sie doch bei ihm bleiben.

Mica versprach, sich regelmäßig zu melden. Er wollte nicht, dass die anderen auch umher irrten und womöglich auch noch verloren gingen.
Gemeinsam mit Vigilius brach er dann auf.
Und musste feststellen, dass das normale Reisen nicht nur langsamer sondern vor allem unbequemer war. Und teuer.


„... Explosion des Bürohauses unbekannte Ursache … keine Opfer in den Trümmern gefunden ...“
war die kurze Meldung in der städtischen Zeitung und mehr erschien auch nicht im Internet über den Vorfall.
Dass niemand gefunden wurde, beruhigte und irritierte Mica.
Einerseits war er froh, dass Kayleigh nicht leblos in den Trümmer lag. Andererseits wusste er nicht, wo er nach ihr suchen sollte.
Er gab seine Neuigkeit an die anderen weiter, so nichtssagend sie auch waren.

Mit Chan, Thomas und Vigilius fragte er sich durch die Stadt, was den Vier allerdings auch keine weiteren Antworten brachte.
Und nach zwei Tagen ohne Erfolg, machte sich Mica allein weiter auf die Suche.

Ein paar Tage später, nachdem er sich bei der Polizei durchgefragt hatte, hatte er eine neue Spur gefunden.
Glaubte er zumindest.
Der Polizei hatte er gesagt, dass er nach seiner Schwester und ihrem Freund suchen würde und ihnen Kayleigh und Millard beschrieben. Seiner Lüge nach, waren beide als Touristen in China unterwegs und seien irgendwie verloren gegangen.
Mica hatte Glück mit dem Beamten und so bekam er recht schnell einen Anruf und man gab ihn die Adresse einer Klinik in Peking durch.

Er wusste nicht, was ihn in Peking erwartete und wie schwer Kayleigh verletzt sein würde oder wie es ihr überhaupt ging.
Man erwartete ihn bereits und führte ihn in ein Krankenzimmer.
Schon vor der Tür konnte er die Maschinen hören, die lautstark jemanden am Leben zu halten versuchten.

Er betrat den Raum und blieb erschrocken stehen.
Der Arzt erklärte ihm, was sie alles für den Patienten getan hatten und wie es um ihn stünde.
Doch Mica hörte nicht wirklich zu.
Ungläubig starrte er auf das Krankenbett.
Und irgendwann sprach er seine Gedanken laut aus:
„Wo … wo ist das Mädchen?“
Der Arzt verstummte kurz und sah ihn fragend an. Und dann zu dem Mann im Bett.

Im Bett lag Millard. Er war reichlich bandagiert und eine dicke Beule sowie ein tiefer Schnitt waren auf seiner Stirn zu sehen. Ein Beatmungsmaschine blies ihm Luft in die Lungen und sorgte dafür dass sich seine Brust in regelmäßigen Abständen hob und dann wieder sank.
Ansonsten wirkte er mehr tot als lebendig.

Mica wusste nicht was er sagen sollte. Wenn Millard schon so kaputt aussah, wie würde er dann Kayleigh wieder finden.
Er konnte sich die Tränen gerade so verkneifen, als er erneut den Arzt nach ihr fragte.
Doch er konnte ihm keine Antwort geben.
Man habe lediglich den Mann vor einem Geschäft gefunden. Keiner wusste woher er kam und woher seine Verletzungen stammten.


Es waren nun bereits sechs Wochen vergangen und noch immer gab es kein Lebenszeichen von Kayleigh.
Adrian hatte sich mit Hilfe von Jim eine Wohnung genommen. Jim hatte gemeint, es wäre schön, wenn der Rest der Familie nahe zusammen wohnen würde.
Niemand sprach davon zurück nach Boise zu gehen. Das Haus dort war nicht mehr ihr Zuhause. Nicht nur, weil ein Teil ihrer Familie vermutlich für immer verschwunden war, sondern auch weil das Haus nicht mehr bewohnbar war. Außerdem, so meinte Richard nur kurz, sei es merkwürdig nach hause zu gehen, wenn man nicht mehr so alt war, wie man eigentlich sein sollte.
Meryl meinte nur, dass man einen kleinen Neustart machen könnte.
Alexia wollte in Adrians Nähe bleiben, da sie nicht wusste, wohin sie sonst gehen sollte.

So zog Adrian mit Alexia in die Nähe von St. Cathrines, Ontario, wohin sich Jim mit Meryl und Richard zurückziehen wollten.
Sie konnten nicht anders als weiterleben. Und hoffen.

Jim versuchte immer noch mittels Internet irgendein Lebenszeichen von Kayleigh zu finden. Und nebenbei versuchte er seinen Schwager, seinen Neffen und auch seine Frau von schlechten Gedanken abzuhalten.
Und das erschien fast noch schwieriger, als die Suche nach seiner Nichte.


Obwohl er es nicht wirklich wollte, flog Jentrix nach hause. Jim und Mica hatten ihn mehr oder weniger dazu gedrängt und gemeint, dass es besser wäre, wenn er sich bei seiner Familie melde.
Bevor Jentrix die Wohnung in Vancouver verlassen hatte, hatte er sich aus Kayleighs Rucksack ein T-Shirt gestohlen und in seine Tasche gepackt.
Dearon hatte ihn nur stumm mit hochgezogenen Augenbrauen angesehen und nichts dazu gesagt. Unter anderen Umständen, hätte er ihn dafür vermutlich ausgelacht.
Aber er wusste wie es Jentrix ging. Und das war nichts worüber man Scherze machen sollte.
Er begleitete seinen Freund. Nicht nur, weil es fast schon Gewohnheit war. Seine Familie lebte nicht weit entfernt von Jentrix´s und auch er hatte sie schon eine Weile nicht mehr gesehen.


Die Wohnung in Vancouver blieb unbewohnt. So wie sie die Gruppe verlassen hatte.
Jim wollte es so.
Er hatte Kayleighs Rucksack zurückgelassen und auch das Buch. Nun da es vollgeschrieben war und sich nicht mehr änderte, hatte es keinen Nutzen mehr, fand er.
Allerdings das Fotoalbum hatte er mitgenommen.
„Wieso zahlst du für die Wohnung noch?“ hatte Meryl ihn gefragt, und sich in Gedanken für ihre Frage selbst geohrfeigt.
Jim wollte die Wohnung solange es ging behalten. So als hoffe er, dass Kayleigh irgendwie dort wieder auftauchen könnte.
„Es ist ihre Wohnung!“ war Jims kurze Antwort und niemand fragte ihn mehr danach.


Die Wochen vergingen und Mica war von China nach Russland, von dort nach Dänemark und dann nach Australien gereist. Er hatte immer wieder irgendwelche Hinweise verfolgt.
Allerdings führten diese zu nichts.
In Australien löste er auf Jims Wunsch hin, dessen Wohnung in Cooper Pedy auf. Jim wollte dort nicht mehr hingehen. Es wollte in Kanada bleiben, wo sich nun auch sein Bruder niedergelassen hatte.
Manchmal war Mica kurz davor aufzugeben. In den letzten Tagen hatte er darüber immer wieder mit Chan am Telefon gesprochen. Andererseits allerdings wollte er die Hoffnung nicht aufgeben, Kayleigh irgendwo wieder zu finden.
Egal wie.


Ende November.
Seit drei Monaten schon war Kayleigh spurlos verschwunden.
Mica hatte nicht wirklich etwas gefunden.
In einem Krankenhaus in Japan hatte er von einem schwer verletzten Mädchen gehört. Sie wäre dort Mitte November eingeliefert worden. Keiner konnte sich erklären, wer sie war oder von wo sie kam oder woher die Verletzungen stammen würden. Man hatte keine große Hoffnung, dass sie durchkommen würde.
Und dann war sie eines Tages plötzlich verschwunden.
Mica wusste nicht was er davon halten sollte und suchte weiter.


Jentrix ging noch einmal alles durch. Noch einmal überprüfte er die Fotos, die an der Wand vor ihm hingen.
Es war seine erste Ausstellung überhaupt. Doch das war nicht der einzige Grund, weswegen er so nervös war.
Dearon blätterte durch eines der Fotobände, ebenfalls von seinem besten Freund.
Er hatte ihm geholfen, die Ausstellung vorzubereiten, auch wenn noch andere Fotografen ihre Werke in der kleinen Galerie in Vancouver präsentieren würden.
Er wusste, dass es Jentrix viel bedeutete.
Es waren Fotos von ihrer langen gemeinsamen Reise rund um die Welt. Landschaftsaufnahmen, Szenerien und auch Portraits. Sogar Fotos von Freunden.
Nur ein Foto hängt nicht an der Wand, etwas was Jentrix nur mal kurz bedauernd ansprach.
Dearon wusste was er meinte. Das Foto, welches er von Jentrix und Kayleigh mit dem Handy gemacht hatte.

„Du solltest dich mal beruhigen!“ murmelte Dearon, während er weiter in dem Fotoband blätterte und dann irritiert ein Portrait von sich darin fand und musterte.
Jentrix ignorierte ihn und begann erneut das über zehnfach vergrößerte und auf Leinwand aufgezogene Foto vor sich hin und her zu schieben, um es gerader hin zu hängen.

Die Eröffnung der Galerie sollte erst in vier Stunden sein und ausgenommen von ein paar Putzkräften, waren Dearon und Jentrix die einzigen in der Galerie.
Die Eingangstür fiel zu und Dearon sah auf. Eigentlich hatte er die Tür nach sich wieder abgeschlossen, erinnerte er sich.
Er sah noch einmal zu Jentrix, der sich an dem nächsten Foto zu schaffen machte.
Dearon schmunzelte nur kurz darüber und legte dann den Fotoband auf den Tisch zurück, wo die anderen lagen.
Er konnte Schritte hören und da alle Putzkräfte sich in einem anderen Raum befanden, wollte er mal nach dem Rechten sehen.

„Entschuldigen sie, aber die Galerie ist noch geschlossen!“ begann er und blieb dann plötzlich stehen.
Er schüttelte kurz verwirrt den Kopf, so als würde er so das Aussehen seines Gegenüber besser deuten können.
Dann schmunzelte er breit.
„Hi!“ kam vom Gegenüber nur als schüchterne Begrüßung.
Dearon konnte nicht anders. Er trat näher und umarmte die schüchterne Gestalt, so als wolle er damit prüfen, ob sie wirklich vor ihm stünde.

Noch bevor Dearon nach ihm rufen konnte, kam Jentrix ebenfalls zum Eingangsbereich.
Er war allerdings so in Gedanken, dass er nicht gleich mitbekam was los war.
„Vielleicht sollte ich das eine Foto noch austauschen!“ begann er und hielt dann schlagartig inne.
Und starrte.

Vor ihm, noch halb umarmt von Dearon, stand eine junge Frau mit schwarzem Haar.
Jentrix musste noch einmal hinschauen und mustert sie von oben bis unten.
Sie war so groß wie Kayleigh. Hatte die selbe Haar- und Augenfarbe und sah sogar so aus wie sie.
Nur ein wenig älter.
Sie trug sogar mehr oder weniger die selbe Kleidung wie Kayleigh.

Noch einmal gab sie ein schüchternes „Hi!“ von sich, diesmal an Jentrix gerichtet und lächelte ihn an.
Er wusste erst einmal nicht, was er sagen sollte.
„Entschuldigung, dass es solange gedauert hat!“ fing sie an und sah zwischen beiden Jungs hin und her, soweit es in der Umklammerung von Dearon funktionierte.
Da beide sie irritiert ansahen, erzählte sie ihnen, was sie meinte.

Kayleigh hatte es irgendwie aus dem einstürzenden Bürogebäude geschafft und soweit sie sich noch erinnern konnte, hatte sie sogar Millard gerettet.
Die Jungs sahen sie fragend an. Nach dem was Millard ihr und ihrer Mutter angetan hatte, hatte sie ihm noch das Leben gerettet?
Kayleigh meinte dazu nur, dass er zu verletzt war um irgendeinen Schaden anzurichten.
Irgendwie hatte sie es dann nach Japan geschafft. Allerdings waren, wie sie später festgestellt hatte, einige Wochen vergangen.
Und noch bevor Mica sie hatte finden können, war sie aus dem Krankenhaus geflohen, um ihre Familie wieder zu finden.
Was ihr dann nach einer Weile auch gelungen war.
Und nachdem sie erst Mica und dann ihren Vater und ihren Bruder und ihre beiden Onkel und Tante Meryl aufgesucht hatte und ihnen gezeigt hatte, dass sie am Leben war und es ihr gut ging, war sie kurz bei Thomas gewesen, um ihn zu erklären, dass von den Schlüsseln keine Gefahr mehr drohen würde.

„Warum hat Mica dann nicht Bescheid gesagt?“ protestierte Jentrix.
„Er durfte nicht!“ meinte sie nur verschmitzt, „Ich wollte euch überraschen!“
Dann befreite sie sich von Dearons Arm und trat auf Jentrix zu, um ihn zu umarmen.
Der war im ersten Moment zu überrascht, um zu reagieren. Doch dann drückte er sie fest an sich, so als habe er Angst sie jeden Moment wieder zu verlieren.

Nach einer Weile wollte Jentrix von ihr wissen, was sie nun machen würde.
„Na ja, ich hab hier eine Wohnung!“ fing sie an und beide Jungs wirkten überrascht.
„Jim hat mir die Wohnung überlassen!“
Dann nickten beide.
„Vielleicht werd ich erst mal eine Weile Urlaub vom Reisen nehmen!“ meinte sie dann und griff nach Jentrix´s Hand. Erst da bemerkte er, dass sie keinen Gips mehr trug.
Sie bemerkte seinen Blick und grinste nur.
„Ich bin nun auch kein Teenager mehr. In ein paar Tagen hab ich meinen dreißigsten Geburtstag!“ erklärte sie schmunzeln.
Dearon nickte Jentrix kurz zu, mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Aber Jentrix tat als hätte er es nicht bemerkt.

„Was machst du nach deinem Urlaub?“ wollte Jentrix plötzlich wissen.
„Mal sehen!“ Sie zuckte mit den Schultern. „Vielleicht reisen?“
Beide sahen sie irritiert an.
„Na ja, den Schlüssel hab ich ja noch und ...“
Mehr sagte sie nicht.


ENDE
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