Gesichter der Liebe




Unterhaltungsliteratur in ihren verschiedenen Formen, wie beispielsweise Romane, Erzählungen, Kurzgeschichten, Berichte, Märchen und Sagen

Gesichter der Liebe

Beitragvon vlindertje » Di 23. Aug 2011, 08:57

24.08.2011 - 07:15

Den Text des ersten Kapitels mußte ich, aufgrund einer Überarbeitung, leider noch einmal raus nehmen. Ich bitte, dies zu entschuldigen. Der Text wird im Laufe des Tages wieder verfügbar sein. Es kann sein, daß auch der Titel noch einmal verändert werden wird. Ich hoffe, niemanden zu sehr enttäuscht zu haben und werde zukünftig darauf achten, daß so etwas nicht ein weiteres mal vor kommt. Danke, daß ihr versucht mich zu verstehen und mein Tun zu entschuldigen.

vlindertje

24.08.2011 - 08:30

Danke für die Geduld. Nun könnt ihr gern das erste Kapitel der neuen Geschichte in überarbeiteter Form lesen. Ich wünsche euch dabei viel Spaß. Der Titel der Geschichte ist, wie ihr bereits festgestellt habt, vorerst gleich geblieben und wird sich voraussichtlich auch nicht mehr ändern - aber manchmal weiß man ja nie...

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von Anzeige » Di 23. Aug 2011, 08:57

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Re: Gesichter der Liebe

Beitragvon vlindertje » Mi 24. Aug 2011, 07:32

Kapitel I

"Ich habe dich noch nie so glücklich gesehen." Er kann sich noch gut daran erinnern, als sie ihm dies sagte. Es war Abend und sie lehnte an seiner Brust. Er hatte nicht sehr drauf reagiert. Wenn er sich recht erinnert, so gut wie gar nicht. Ihre Worte, die hatte er wahrgenommen, doch was darüber hinaus geht, hat er ihr gegenüber keine Reaktion gezeigt. "Es war schön, dich so erlebt, dich so kennen gelernt zu haben." Er hat nicht nachgefragt, was sie damit meine oder von wann sie sprach. Er wußte es. Der Tag war lang gewesen und beide waren ziemlich müde. Vermutlich hatte sie einen falschen Zeitpunkt gewählt, um ihm zu sagen, daß sie niemals vergessen wird, ihn so glücklich gesehen zu haben, so glücklich und frei.

Noch eine Zeit lang lag er wach in seinem Bett. Ihre Worte wiederhallten in seinem Kopf, während der Schlaf ihn zu übermannen drohte. Ja, er war sehr glücklich gewesen und sie war es auch. In jener Nacht hätte er am liebsten die ganze Welt mit ihr bereist und vielleicht wird er es eines Tages auch tun. Träume sind zum Leben da. Der Tod ereilt einen jeden von uns viel zu schnell oder unsere Gesundheit macht uns einen Strich durch die Rechnung und wir können uns nicht mehr ohne fremde Hilfe bewegen oder das Alter macht uns mahnend bewußt, daß wir unsere Träume, Fantasien und Ideen viel früher hätten leben sollen. Vorerst lebte der Traum in der Fantasie - in seiner, in ihrer. Wer weiß daß schon so genau?

Er hatte sie diese spezielle Nacht auf Händen getragen. Buchstäblich sogar, was selbst sie in erstaunen versetzte. Nie würden sie diesen Moment vergessen, soviel stand fest. Seine Hände umfaßten ihren Po und schon hatte er sie hoch gehoben und ließ sie auch so schnell nicht wieder hinunter. Genau diesen Moment meinte sie, als sie jene Sätze äußerte. Natürlich gab es in dieser Nacht noch so viel mehr wundervolle Augenblicke, doch dieser Eine war so intensiv. Er strahlte von innen her, war glücklich und lebte nur in dem Moment. Ihr ging es gleich. Es gab keinen Raum für andere Gedanken oder gar Sorgen. Es war Freiheit. Absolutes losgelöst sein von Zeit und Raum.

In jener Nacht wurde immer wieder deutlich, wie viel sie einander geben konnten und geben würden - gern und ohne etwas zu fordern. In jener Nacht wurde deutlich, wie nah sie sich standen und wie glücklich beide es macht, Dinge, Erfahrungen und Erlebnisse miteinander zu teilen. Ihre Verbundenheit geht weit über dem hinaus, was sichtbar, für andere wahrnehmbar, ist. Es ist nicht nur eine erotische Spannung, oder wie man die körperliche Anziehungskraft, Leidenschaft oder jenen Trieb beschreiben würde. Obwohl beide es sehr genossen, so stellt es nicht den Grundbaustein ihrer Verbundenheit dar. Es gleicht eher einem Sahnehäubchen auf einer leckeren, fruchtigen Torte.

Natürlich hatte sie sich von ihm irgendeine liebevolle oder spritzig freche Reaktion gewünscht. Ein Lächeln hätte ihr schon genügt oder eine Berührung. Irgendetwas, was ihr bestätigt, daß auch er diesen Moment nie mehr vergessen wird. Doch es war spät am Abend und beide sehr erschöpft vom Tagewerk. Außerdem weiß sie genau, daß er nie vergessen wird. Er kann es nicht, er wird es nicht können. Es gibt Momente im Leben, von denen man sicher weiß, daß sie einen ein Leben lang begleiten und dieser war so einer - für beide.

Diese Energie, diese Spannung zwischen ihnen, etwas, was sie niemals für möglich gehalten hätten. So etwas erlebt man nicht sehr oft. Wenige kommen in den Genuß, dies gemeinsam, zu Zweit, erfahren zu können. Es gleicht einem Schatz in dem Spiel der zwischenmenschlichen Beziehungen, denn nur das Zusammenspiel beider Teilnehmer macht so viel Glück möglich. So mancher hat dieses Glück nicht, sondern ist ständig auf der Suche. Sie allerdings können beide genießen, beide sich an den gleichen Dingen erfreuen.

Kleine, kurze Zeitabschnitte, in denen alles perfekt ist, wie es ist. Augenblicke, die, obwohl vergänglich, nie vergehen. Leben heißt lieben und genießen. Leben heißt frei zu sein, und sei es nur für einige Momente. Glücklich zu sein bedeutet sich fallen zu lassen - nicht denken, sondern im hier und jetzt sein. Diese eine Nacht war so ein besonderer Moment. Es war Genuß pur gekröhnt mit einem Hauch von Freiheit. Solche Erlebnisse bedürfen keiner Erklärung, keiner näheren Hinterfragung, keiner Zweifel im Nachhinein in denen der Verstand einen zu Mahnen sucht. Solche Erlebnisse entstehen aufgrund des Gefühls des Augenblicks und sind losgelöst von Zeit, Raum und Verstand. Solche Erlebnisse sind es, wofür es sich zu Leben lohnt.


Kapitel II

Was bedeutet es frei zu sein? Was bedeutet es zu lieben? Wie kann man Liebe definieren? Schon so manches Gespräch der beiden drehte sich um dieses Thema. Eine klare und eindeutige Anwort auf all diese Fragen konnten sie bisher noch nicht finden. Vielleicht ist es auch nicht so wichtig, diese eine genau perfekte Antwort zu kennen. Vielleicht gibt es diese eine Antwort nicht. Liebe hat viele Gesichter. Liebe hat unheimlich viele Facetten. Sicher ist, daß sie das Wichtigste ist, was es gibt. So jedenfalls war immer ihre Meinung und er pflichtete ihr bei. Sicher ist auch, daß, wenn wir zu schnell leben und uns keine Ruhe gönnen, um zu verweilen, wir keine Zeit für Herz und Gefühle finden .

"Wie würdest du Liebe definieren?" "Nun, es gibt verschiedene Arten der Liebe. Mal abgesehen von der Erotischen natürlich, gibt es auch eine spezielle Art von Liebe in der Familie - eine Liebe, eine tiefe Verbundenheit." "Also kann man ein Gesicht der Liebe mit tiefer Verbundenheit definieren?" "Denke schon." "Ich glaube, ich liebe zu viel." "Wieso?" "Ich liebe die Menschen, die Tiere, einfach das Leben. Es berührt mich oft sehr tief in meinem Herzen. Vielleicht kann man es auch als ein Gesicht der Liebe definieren. Wie wäre es mit tiefen, von Herzen kommenden Mitgefühl." "Klingt nicht schlecht." "Dann gibt es auf jedenfall noch die Liebe, die sich von Grundsätzen leiten läßt, wie zum Beispiel davon, daß man seinen Nächsten lieben und ihm nichts schlechtes wünschen oder tun sollte und dann noch die, wie ich finde, sehr Wichtige - die Liebe auf einem höheren Level." "Du meinst die geistige Verbundenheit, Vertrautheit und Zuneigung." "Ja, ich finde sie extrem wichtig und schön, wenn man diese mit jemanden erleben kann. Für Außenstehende ist davon, auf den ersten Blick, nichts zu merken oder zu sehen, doch diese zwei betreffenden Personen wissen genau, daß so eine Art tiefster Vertrautheit und Offenheit, diese wunderschöne, besondere Art der Liebe zwischen ihnen besteht." "So wie bei uns." "Ja. Ich finde dieses Gesicht der Liebe irgendwie am Schönsten, denn existiert einmal so etwas zwischen zwei Menschen, läßt sie sich so schnell nicht erschüttern und bleibt bestehen. Ich meine, selbst bei der erotischen Liebe kann früher oder später mal eine schwierige Zeit oder Durststrecke entstehen. Es gibt genügend äußere Umstände, die einem das Leben manchmal schwer machen und mitunter dieses Gesicht der Liebe hinter einem Mantel verstecken. Bei der Geistigen, ich nenne sie mal "das höhere Level der Liebe", ist die "Lust" nicht erschöpft, denn körperliche Leidenschaft ist davon nicht abhängig." "Also ist es am Schönsten, wenn sich geistige, tiefe Verbundenheit mit der körperlichen, erotischen Liebe verbindet und diese dann eine Einheit zwischen zwei Menschen darstellt." "Ja, ich denke schon."

Viele Tage, Nächte und Gespräche verliefen ähnlich, wenn auch über andere Themen. Das Thema der Liebe und deren verschiedene Gesichter allerdings, scheint immer wieder und alle Menschen zu beschäftigen. Man begibt sich auf die ewige Suche nach dem Glück, der Freiheit, der Liebe. Mitunter ist man so mit der Suche beschäftigt oder verrennt sich in seinen Gedanken, daß man verpaßt, die Gegenwart wahr zu nehmen. Ein weiser Spruch meint dazu, daß Liebe in der Vergangenheit nur eine Erinnerung ist, Liebe in der Zukunft, nur eine Fantasie und das wahre Liebe nur im hier und jetzt lebt. Leider wird dies eben nur all zu oft vergessen, dabei ist es bei jeder einzelnen Facette der Liebe so.

Sanft küssen die Sonnestrahlen den Boden. Es ist noch sehr früh am Morgen. Es ist der Beginn des Sommers. Er schaut aus dem Fenster und weiß, daß sie ihn am liebsten voller Lebensfreude und Energie in den Tag holen würde. Sie hatte es schon oftmals getan. Er war immer wieder fasziniert und überrascht von ihrer Begeisterung. Sie nahm schon immer alles intensiv wahr und genoß das Leben. Trotz aller so genannter Schicksalsschläge, ließ sie sich nie ihrer Freude berauben und ihre Begeisterungsfähigkeit half ihr dabei. Sie selbst hat ihre Freude gern mit jedermann geteilt. Es ist ein Gesicht der Liebe, eine Facette, eine Art, diese zu zeigen.

Er gramt in seiner kleinen Tasche. Ein winziges zerknülltes Papier befindet sich in seiner Hand. "Tiefe Verbundenheit; von Herzen kommendes Mitgefühl; auf Grundsätzen beruhend = Verstand; höheres Level = geistige Verbundenheit, Vertrautheit, Zuneigung; Offenheit; Leidenschaft/Erotik/körperliche Anziehungskraft; Selbstlosigkeit." Sie hatte bei ihrem Gespräch nebenher einige Stichpunkte notiert oder diese im nachhinein festgehalten. Genau weiß er es nicht mehr. Warum ihm vorhin die Selbstlosigkeit nicht eingefallen ist, als er über ihr Gespräch von damals nachdachte? Selbstlosigkeit ist so wichtig. Es lieben zu geben ohne etwas zurück zu verlangen oder zu fordern. Sich selbst geben. Gern geben. Jemanden gern zu geben soll einen glücklicher machen, als wenn man der Empfänger der Gaben ist, obwohl man sich darüber natürlich auch sehr freut. So jedenfalls hatte er es gelesen und kann dies inzwischen auch bestätigen. Sie hatte schon immer nach diesem Prinzip gelebt und war glücklich damit.
Zuletzt geändert von vlindertje am Mi 24. Aug 2011, 08:55, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gesichter der Liebe

Beitragvon vlindertje » Sa 27. Aug 2011, 09:20

Kapitel III

Noch immer liegt er in seinem Bett und denkt nach. Sein Blick wandert aus dem Fenster. Wenn die Sonne den Tag begrüßt wirkt alles so schön und jeder scheint glücklicher zu sein, als wenn es regnet. Sie war anders. Natürlich blühte sie immer wieder und noch viel mehr auf, wenn die Sonne schien, doch auch von den Regentagen wurde ihre Lebensfreude und Energie kaum unterdrückt. Irgendetwas gab es jeden Tag, woran sie sich erfreute und war es nur, ihre Zeit mit ihm teilen zu dürfen. Sie war ein Sonnenschein und strahlte von innen heraus. Klar, es gab auch Tage, an denen sie verzweifelt war und dennoch fand sie immer wieder genügend eigene Kraft nicht zu Tief in das Tal der Trauer zu verschwinden, sondern immer wieder kam sie relativ schnell dort hinaus. Sie war wirklich eine geborene Optimistin. Am liebsten hätte sie so viel auf der Welt verändert.

Er muß schmunzeln. Immer wenn er an sie denkt, muß er schmunzeln. Nie würde er die vielen Stunden und jede einzelne Minute vergessen, die sie gemeinsam verbrachten. Es war ein Abenteuer. Mit ihr entpupte sich das Leben als Eines, voller Überraschungen. Sie genoß das Leben und ihre gemeinsame Zeit bedeutete ihr viel, daß wußte er. Während er so gedankenversunken in seinem Bett liegt, fallen ihm viele schöne Augenblicke ein - so vieles und alles unvergeßlich. Wie gern würde er genau jetzt, in diesem Moment, mit ihr noch einmal über all diese Geschehnisse sprechen.

Wann ihre Hände sich das erste Mal berührten, weiß er nicht mehr so genau, doch unvergeßlich der Moment, als ihn die Leidenschaft das erste Mal übermannte. Lange ist dies inzwischen her. Er war bei ihr zu hause und sie scherzten und neckten sich, wie so oft. Als gute Freunde waren sie schon des Längerem sehr vertraut miteinander. Er kann sich gar nicht mehr daran erinnern, seit wann ihre Freundschaft besteht. Wenn er so darüber nachdenkt, kommt es ihm so vor, als bestünde sie schon immer. Schon seit gefühlten ewigen Zeiten sprachen, lachten, weinten und scherzten sie miteinander. An diesem Tag, oder eher in diesem Moment, war etwas anders als sonst. Die Lust, die Leidenschaft, der Trieb - irgend so etwas erwachte in ihm und sie war ihm und all diesem gegenüber nicht abgeneigt. Das war der Augenblick, der ihrer beider Blickwinkel veränderte.

Wenn es nach ihm ginge, würde er gern den heutigen Tag mit ihr verbringen. Schon so viele Tage hatten sie inzwischen gemeinsam, zu Zweit, verbracht und nichts gab es, daß ihr freudiges Beisamensein trüben konnte. Egal, wo sie waren, egal, mit was sie konfrontiert wurden, sie gestalteten sich ihre Welt. Selbst die langweiligsten Dinge erstrahlten, durch ihr Beisamensein, in einem andern Licht und konnten aufgelockert werden. So teilte ein jeder seine Freude bereitwillig mit dem Anderen und ein jeder trug die Lasten des Lebens des Anderen gern mit, so daß es für beide nicht zu schwer wurde. Ab und an, wenn er so daran denkt, findet er es sehr traurig und bedrückend, ist sie nicht in seiner Nähe. Er weiß, er wird sie in Kürze treffen und dann wird auch so manch trauriger Moment von jetzt in ein Lächeln verwandelt werden.

Neben seinem Bett liegt noch immer ein Schreibblock und ein Stift. Er liebt es seine Gedanken zu Papier zu bringen und so versucht er es auch jetzt. Langsam, ganz langsam richtet er sich auf. Sein Rücken schmerzt und jegliche Bewegung fällt ihm schwer. Er versucht es mit aller Kraft zu ignorieren. Der Wunsch, seine Gedanken, sie betreffend, fest zu halten ist stärker als seine körperlichen Schmerzen. Mit zittriger Hand ergreift er den Stift. Den Block zieht er langsam von dem kleinen Tischlein. Wieder kann er sie vor seinem geistigen Auge sehen. Sofort versucht er dieses, ihr Bild, mit Worten einzufangen und fest zu halten. Nie würde er sich erlauben auch nur eine Kleinigkeit zu vergessen.

In der Nacht, in so manchem Traum, sieht er sie deutlich. Ihre Haut so sanft, wie es nur Frauen eigen ist. Ihr Haar trägt sie dann locker und wild, vom Wind durchkämt. Ihre Augen funkeln voller Lebenslust und Leidenschaft. Sie schauen ihn frech, neugierig und herausfordernd an. Schon oft hat sie ihn, genau dadurch, in ein Abenteuer gelockt oder ihm Mut gemacht, seine eigenen Träume umzusetzen. Er bereut nicht einen Augenblick mit ihr. Seit jenem besonderen Moment, bei ihr zu hause, der beiden klar machte, daß ihre Freundschaft noch inniger ist, als geglaubt, seit jener besonderen Zeit stand für beide fest, daß ihre Wege sich nicht wieder von einander lösen würden oder gar könnten. Was auch immer geschieht, sie würden miteinander verbunden bleiben.
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Re: Gesichter der Liebe

Beitragvon vlindertje » Mi 31. Aug 2011, 08:28

Kapitel IV

Ein Sternenhimmel, endlose Weite am Firmament, Stille der Nacht, der Mond, der hinter den Bäumen hervorlugt, ein Wald, Züge, Gleise, ein Gleis, ein Gleis im Wald, ein Geräusch, von Tieren und Bäumen nur, Frieden, Harmonie, reinstes Wohlbefinden. Er kann sie spüren, so direkt neben sich. Er hält ihre Hand, nimmt sie in seine Arme, hält sie fest. Er fühlt die Berührungen ihrer Blicke, wie sie ihn sanft streicheln. Sie erstrahlt glücklich und frei. Beide stehen still, versunken im hier und jetzt. Alles wirkt friedlich, von der Welt entrückt, entrückt von den Fesseln des Alltages.

Der Schreibblock gleitet ihm aus seiner schwachen Hand. Sein Stift fällt zu Boden und der Aufprall reißt ihn aus seinem kurzen wundervollen Traum. Mal wieder ist er eingeschlafen - einfach so, zwischendurch. Es fällt ihm von Tag zu Tag immer schwerer, eine längere Zeit am Stück wach zu bleiben. Erschöpfung macht sich breit, obwohl er gerade einmal ungefähr eine halbe Stunde wach gewesen ist. Er schließt wieder seine Augen. Noch etwas ruhen bevor der Tag so richtig beginnt. Den Stift kann er sowieso nicht aufheben, auch liegt er nur etwas unter seinem Bett. Warum sich bemühen? Lieber möchte er wieder in seinen Traum zurück entschwinden, möchte bei ihr sein und mit ihr gemeinsam jenen Moment erneut genießen, jenen Moment, der ihn damals schon so glücklich machte.

Sein Traum führt ihn an einen anderen Ort. Ein wohliges Gefühl macht sich in ihm breit. Es ist Winter und der Schneeschieber hat mal wieder einige Fenster hinter einer dunklen weißen Wand begraben. Das Holz knarzt und kracht leise im Ofen. Flackerndes Licht aus Kerzenschein erhellt den Raum sanft. Er kann sie sehen, wenn auch nur ihren Schatten an der Wand. Ihre Umarmungen sind warm und angenehm. Ihre Hand streichelt seine Haut. Ein leichter Kuß springt auf seine Wange. Er möchte sie sehen, doch er kann es nicht. Er sitzt auf dem Boden und sie kuschelt sich von hinten an ihn heran. Ihre Finger streicheln zärtlich seinen Bauch, ihr Kopf ruht an seinen Schultern.

Vorsichtig öffnet eine junge Krankenschwester die Tür. Vor sich trägt sie ein Tablett mit Medikamenten und einen Becher, gefüllt mit Wasser. Er hat die Krankenschwester herein kommen hören, doch er will nicht reagieren. Sein Traum war zu schön, um diesem nun dem Tage zu opfern. Die junge Frau wird ihn nicht weiter schlafen lassen, bis er seine Medikamente eingenommen hat. Sacht ruft sie seinen Namen, förmlich und dennoch vertraut. Er gibt auf, denn schließlich hat ihn schon das Betreten seines Zimmers aus der Szenerie gerissen. Langsam öffnet er seine Augen und läßt das Licht des Tages in sich hinein.

"Na, es scheint mir, als wären Sie heute morgen schon einmal wach gewesen." Die junge Krankenschwester strahlt ihn an und hält seinen Stift in ihrer Hand. Er lächelt sacht. "Haben Sie Ihre Gedanken und Erinnerungen nicht schlafen lassen?" Er antwortet ihr nicht, denn er wüßte nicht, was er ihrer Frage hinzufügen sollte. In ihrer Frage war doch seine Antwort bereits eingeschlossen. Die nette junge Krankenschwester lächelt ihn weiter an, während sie ihm, in der einen Hand, die Medikamente und in der Anderen, den Wasserbecher, hinhält. Ordnungsgemäß nimmt er beides zu sich.

Die junge Krankenschwester verläßt den Raum, um einige Minuten danach wieder in sein Zimmer zurück zu kehren. Er kennt diesen Ablauf inzwischen schon gut. Es ist jeden Morgen das selbe Ritual. Erst macht sie ihn etwas frisch und dann hilft sie ihn in seine Kleider. Bis vor einem Jahr brauchte er hierfür keine Hilfe, doch sein gesundheitlicher Zustand wird nicht besser. Es kommt ihm so vor, als würde ihn jeder Tag ein Stück körperliche Kraft rauben, dabei war er einmal recht kräftig gewesen. Sie liebte seine körperliche Kraft, seine Muskeln und die Art wie er diese, je nach Tätigkeit, zu dosieren vermochte. Er konnte zärtlich sein und dennoch bestimmend, stark und gleichzeitig sanft. Sie erlag ihm auch deswegen, soviel wußte er. Doch auch, daß sie mehr an ihn liebte, als nur seine körperliche Kraft, war ihm wohl bekannt. Mindestens genau so sehr liebte sie seine geistige Stärke und noch viel mehr. Sie hatte ihm dies immer wieder wissen lassen, hatte ihm ihre Empfindungen, ihm gegenüber, nie verborgen.

Wieder hat er ein paar Minuten für sich allein, bevor die fürsorgliche Krankenschwester in sein Zimmer zurückkehren wird. In ihrer Hand, auf ihrem Tablett, wird sie dann sein Frühstück tragen. Er freut sich auf diesen Teil des Tages, zumindest, wenn diese junge Frau Dienst hat und sich Zeit nehmen kann, um mit ihm über seine Erinnerungen zu reden.
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Re: Gesichter der Liebe

Beitragvon vlindertje » Do 8. Sep 2011, 07:31

Kapitel V

Die Tür öffnet sich langsam und vorsichtigen Schrittes balanciert die junge Krankenschwester sein Frühstück vor sich her. Beim Abstellen achtet sie immer gut darauf, daß kein Tropfen des Kamillentees aus der Tasse springt. Sie rückt einen Stuhl zurecht und setzt sich an seine rechte Seite. Die Rückenlehne des Bettes hatte sie zuvor schon etwas höher gestellt, so daß er nun aufgerichtet im Bett sitzen kann. Vorsichtig ergreifen die beiden zarten Hände der junge Krankenschwester seine rechte zittrige Hand. Ihre Augen strahlen ihn auffordernd an. "Erzählen Sie mir heute wieder ein bischen von ihr?"

Er wendet seinen Blick von dem Gesicht der jungen Frau ab. "Sie war Ihnen sehr ähnlich, zumindest, was Ihr Lächeln am Morgen angeht, denn so viel mehr von Ihnen kenne ich ja nicht. Jeden Morgen strahlte sie mich an. Sehr, sehr selten nur, machte ihr die Müdigkeit etwas zu schaffen. Eine geborene Optimistin, wie sie, konnte diese aber dennoch nicht schwächen. Mit ihrer fröhlichen Art hat sie mir so manche frühe Stunde des Tages erhellt." Das zarte Lächeln auf seinem Gesicht verschwindet und sein Blick senkt sich zu Boden. "Sie vermissen sie sehr?" Er wendet seinen Blick der Krankenschwester zu. "Wenn Sie hier Dienst haben, dann kann ich ihr Lächeln in dem Ihren wieder sehen." Nun senkt die Krankenschwester etwas verlegen ihren Blick und läßt seine Hand los. "Kommen Sie, Sie sollten mit dem Frühstück beginnen!"

Seine zittrigen Hände greifen etwas zu Essen von dem Tablett. Gut kann er sich noch daran erinnern, als er, nachdem sie sich erstmals näher gekommen sind, mit ihr gemeinsam Frühstücken gegangen ist. Es war kurz nach Mittag gewesen und die Sonne schien hell. In einem kleinen Hotel, direkt hinter dem Fensterglas, haben sie es sich gemütlich gemacht. Zeit schien es endlos zu geben und daher genossen sie die entspannte Stille des Moments. Ihre Augen strahlten ihn an. Sie war so glücklich und frei. In jenen Augenblick, in jenen Minuten, schien es nichts zu geben, was ihrer beiden Freude hätte trüben können.

Das Kauen fällt ihm schwer, das Schlucken auch. Der einst so vielfältige Geschmack der Speisen ist zu einem Einheitsbrei verkommen. Wenig Dinge nur, die ihm noch Gaumenfreuden bereiten. Es ist betrüblich, wenn man nach und nach seine Sinne, seine feinen Sensoren, verliert. Nur aus seiner Erinnerung heraus weiß er, wie der Geschmack des kleinen Happens, welches er sich langsam in den Mund schiebt, wohl ist.

"Wie haben Sie sie kennen gelernt?" "Oh, daß kann ich gar nicht mehr so genau sagen. Irgendwann, vor langer Zeit, muß es gewesen sein. Wann und wie genau, daran erinner ich mich aber wirklich nicht mehr." "Und wie haben sie dann zusammen gefunden?" Er schweigt kurz. "Das Leben geht manchmal seltsame Wege." eröffnet er ihr halblaut, wie, als würde er ihr ein Geheimnis mitteilen. "Nie hätte ich geglaubt, daß wir einmal unser Leben miteinander teilen würden. Sie im übrigen auch nicht, obwohl sie schon lange, bevor wir eine Beziehung eingingen, davon geträumt hat, wie sie mir später gestand." "Dennoch haben sie zusammen gefunden." "Ja, und ich staune heute noch darüber." Er macht eine kleine Pause und blickt die junge Krankenschwester direkt an. "Ich bereue nicht einen Augenblick, den ich mit ihr teilen durfte."

Ein angenehmes Schweigen macht sich im Raum breit. Sein Frühstück setzt er währenddessen langsam fort und läßt seine Gedanken in die Vergangenheit entfliehen. So vieles gibt es, was vor seinem geistigen Auge aufzutauchen beginnt, wenn er an ihre erste gemeinsame Zeit denkt. Langsam kamen sie sich Stück für Stück näher. Alles war so geheimnisvoll. Immer mehr sehnten sie sich nach Stunden zu Zweit. Noch heute gibt es kaum etwas, was er sich mehr wünschen würde oder was er mehr vermißt.

"Hier, nehmen Sie einen Schluck Kamillentee!" auffordernd hält die nette Krankenschwester ihm die Tasse hin. "Sie sollten ausreichend trinken. Es ist wichtig für Sie!" Zaghaft umgreifen seine beiden Hände die Tasse. Er ist ein wenig stolz darauf, daß er sich diese noch allein zum Mund führen kann, obwohl er sehr vorsichtig sein muß, damit das Zittern seiner Hände, den Inhalt der Tasse nicht hinaus hüpfen läßt. Nach einem weiteren Schluck reicht er die Tasse wieder an die junge Krankenschwester zurück. Diese nimmt die Tasse entgegen und schaut ihn flehend und gleichzeitig auffordernd an. "Sie müssen wirklich mehr trinken!" Dann stellt sie die Tasse zurück auf das Tablett während sie ihn bittet, sein Frühstück fortzusetzen.
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