Die Geschichten von den Superkatzen - Band I (Teil 2: Die Schneelawinen)Heute widmen wir uns der ältesten erhalten Geschichte über die Superkatzen. Gleichzeitig ist es auch der erste Versuch einer "Origin", wie man Neudeutsch zu Herkunftsgeschichte sagt. Klassisch beginnt jedes Abenteuer mit einer Überschrift. Ich habe mir die Frechheit erlaubt, die Rechtschreibung zu korrigieren. Ihr könnt, wie oben auch schon jedes Bild anklicken, um es in voller Größe zu sehen.

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Die Superkatzen Band 1 - 3. und 4. DoppelseiteUm den Lesefluss nicht zu unterbrechen, kommt der Text hier noch einmal zusammengefasst:
Die Schneelawinen
An einem Tag hatte Professor C vor, eine Lawine auf Zittau niedergehen zu lassen und zu zerstören. Die Superkatzen ahnten noch nichts von dem. Da kam die C-Bande mit einer Neuigkeit. Die Leute aus Zittau sollen 100 Millionen DM an Professor C übergeben. In der Nacht kam ein Raumschiff und sechs fünf starke Katzen und ein Hund. Susi, Bussy, Lucky, Felix, Mautz und Blitz, der Hund. Am Tag mietenten sie (Superkatzen) ein Haus. Sie kämpften gegen das Böse. [Bild vom Raumschiff] Am nächsten Tag kam die erste Lawine. Zittau hat schon 100 Tausend zusammen. Die Superkatzen suchen schon Professor C. Da kam die zweite Lawine runter. Die Superkatzen haben ein Spur. Denn Bussy weiß, dass der Schnee von der Lausche kommt und die Superkatzen rennen zur Lausche. Ganz oben ist das Laboratorium von Professor C. Da kommt die C-Bande, aber sie haben keine Chance. Die C-Bande ist gefangen und Sheriff Tanwigs ist da. Professor C will abhauen doch Blitz mit seinen Kräften lässt ihn schweben. Susi schnappt ihn. [Bild vom Endkampf] ENDE.
Dieser Anbsatz ist es: Die ganze Geschichte, inklusive Origin der Helden.
AnalyseWir müssen immernoch beachten, dass dies die einfache Darstellung eines Grundschülers ist.
Doch aus heutiger Perspektive gibt es zu viele Ungereimtheiten.
Professor C wird nicht als Bösewicht eingeführt, er ist einfach da. Seine Bedrohung ist unmittelbar und überhöht, ähnlich wie die der klassischen Bond-Gegner. Allerdings bin ich nicht Ian Fleming, der tatsächlich ein paar brauchbare Agenten-Romane geschrieben hat, sondern ein kleines Licht, das damals zudem auch noch sehr jung war. Wir wissen einzig, dass es Professor C's Motivation ist, an möglichst viel Cash heran zukommen. Wir wissen nicht, was er damit machen will, wofür er es braucht und warum er eine kleine Stadt im Talkessel einer abgelegenen Berggegend bedroht und gerade von dieser Stadt 100 Millionen DM möchte. Ganz zu Anfang ist nichtmal klar, dass Geld seine Motivation ist. Es liest sich eher wie pure Zerstörungslust.
DM muss ich insbesondere den Jüngeren unter euch wohl besser noch erklären. Die Deutsche Mark (abgekürzt DM, umgangssprachlich auch D-Mark oder kurz Mark) war von 1948 bis 2001 die offizielle Währung in der Bundesrepublik Deutschland (bzw. vor deren Gründung in den westlichen Besatzungszonen Deutschlands und den westlichen Sektoren Berlins). Eine Deutsche Mark war unterteilt in einhundert Pfennig. Davon schlummern noch unter Kopfkissen, in Socken und Schubladen ca. 12,38 Milliarden herum. Das sind etwa 5,1 % der Umlaufmenge des Jahres 2000.
1998 war sie etwa 0,56 US-Dollar-Cent bzw. 0,51 Euro-Cent.
Das heißt, Professor C verlangt rund 50 Millionen Euro von einer kleineren Mittelstadt mit heute ca. 24.000 Einwohnern (1950 historischer Höchststand mit 47.000, 1995 29.500). Ist ja allerhand. Der Landkreis Görlitz hat im Jahr 2013 ein Bruttoinlandprodukt von 6,466 Milliarden Euro erwirtschaftet (Sachsen 104,7 Milliarden) (#1). Zittau hat ca. 1/10 der Einwohner des Landkreises. Wir bekommen einen Näherungswert von ca. 650 Millionen Euro Bruttoinlandprodukt für die kleine Stadt. Klingt danach als ob man, die 50 Mille für den Professor locker aus dem Ärmel schütteln kann. Aber mitnichten!
Denn von dem Geld muss ja einiges bezahlt werden: Zu allererst handelt es sich ja lediglich um die Wirtschaftsleistung, also den Output an möglichen wirtschaftlichen Gütern und Dienstleistungen. Wir müssen also die Ausgaben für die Produktion, die Arbeitskräfte, die Materialen und so weiter noch abziehen, ebenso Steuern und Abgaben. Die imposante Zahl schrumpft dann schnell auf ein deutlich weniger beeindruckendes Maß zusammen. Und von diesem Rest muss die Infrastruktur und die Bildung der Region am Laufen gehalten werden, z.B. die Hochschule Zittau/Görlitz, Bibliotheken, Feuerwehren oder das Straßennetz, die öffentlichen Plätze, etc. Ein unerwarteter Posten von 50 Millionen Euro bringt den ganzen Haushalt gewaltig durcheinander.
Die Zukunft könnte noch ein wenig trostloser sein. Die Wirtschafts- und Bevölkerungsprognosen der Region sehen jetzt nicht wirklich goldig aus. Es ist mit einem starken Rückgang bei beidem zu rechnen. Im Jahre 2200 steht an der Stelle meiner utopisierten Geburtsstadt wohl kaum mehr als eine Ansammlung von Dörfern und verfallenen alten Fabrikanlagen. Dazwischen mit Glück noch 10.000 Einwohner, die meisten im Rentenalter, falls es dieses Sozialsystem noch gibt.
Das kann dem Bösewicht natürlich egal sein. Cash oder Lawine! Das ist die Auswahl, die er den Bürgern lässt.
Die Streichung des zweiten Satzes war wichtig. Man hätte sonst keine Herkunft der Superkatzen andeuten können. Denn sie wären, wie der böse Professor C einfach schon dagewesen.
Entgegen späterer Verläufe, sieht die Landung hier geplant und kontrolliert aus. Doch eine wirkliche Erklärung woher sie kommen und warum sie hier her kamen, gibt es nicht. Sie tauchen auf, mieten sich ein Haus - mit welchem Geld auch immer - und fangen einfach so an, dass Böse zu bekämpfen. Das impliziert, dass sie die Gepflogenheiten der Erdenbewohner schon kennen oder selbst welche sind. Das Wort "Raumschiff" wiederum lässt sich für uns eher mit Aliens von einem anderen Stern asoziieren. Ein wenig inkonsitent.
Am Meisten stört aber ihr sofortiger, unvermittelter und unbegründeter Einstieg in die Verbrechensbekämpfung. So wie die Superkatzen eingeführt wurden, hätte der gestrichene Satz auch stehen bleiben können und dafür die Origin gestrichen. Es hätte keinen Unterschied gemacht. Sie sind plötzlich da - von wer weiß woher - und legen los. Sie hätten genauso gut, schon da gewesen sein können.
Professor C, der einzig nennenswerte Bösewicht in dieser Geschichte, gibt kein Ultimatum, keinen Zeitraum an, wann die Stadt das Geld zusammenhaben soll und lässt ohne Vorwarnung einfach eine Lawine abgehen. Das führt zu weiteren Ungereimtheiten, aber dazu später mehr. Hier können wir erst einmal vermuten, dass der Professor doch nicht so geldgeil ist, sondern die Forderung nur als Vorwand nutzt. Es geht ihm vielleicht auch nur um die Erprobung seiner Lawinenmaschine oder womit er das Ganze auch immer auslöst. Der Leser erfährt nichts darüber. Auch ist es völlig offen, ob die Stadt getroffen wird und wenn ja, was für Schäden zu verzeichnen sind. Wurden Häuser verschüttet? Gab es Tote? Müssen Menschen geborgen werden? Wie gehen die Überlebenden mit der Katastrophe um? Nix. Es passiert einfach.
Ein hartes Urteil an einer Geschichte eines Kindes. Aber es könnte auch
Independence Day 2 sein, den Kritiker wegen genau dem fehlenden Feingefühl zerrissen haben (#2). Der Konsens auf Rotten Tomato (nur 29% der Kritiker war überzeugt von dem Film) lautet, dass die visuellen Effekte zwar beeindruckend sind, aber es gegenüber dem Vorgänger an emotionaler Kraft fehle. Während der erste Teil Orte zeigte, die besonders das US-amerikanische Publikum wiedererkannte und auch einige Leute zeigte, kann der Zuschauer im zweiten Teil weder Orte noch Menschen kennenlernen, um die dementsprechend auch nicht trauern kann. Und genau das gleiche trifft auf diese Geschichte zu. Wir wissen nicht, welche Schäden die Lawinen anrichten.
Offenbar aber möchte die Stadt tatsächlich zahlen und wenn wir den Satz recht interpretieren, handelt es sich um eine Sammlung oder Spendenaktion. Obendrein sind sie mit dem Betrag deutlich unter den Zielvorgaben. Das wiederum würde aber auch leicht in das Bugdet einer Stadt dieser Größenordnung passen. Aber so eine Lawinenmaschine (oder so) mag teuer in der Herstellung gewesen sein.
Und das Versteck des Professors muss auch sehr gut gewählt sein. Das Zittauer Gebirge hat 11 nennenswerte Berge: Die Lausche (792,6 m), den Hochwald (749,5 m), den Jonsberg (653,1 m), den Buchberg (651,2 m), den Jánské kameny (604 m, deutsch: Johannisstein), den Töpfer (582 m), den Ameisenberg (575 m), den Heideberg (549,4 m), den Straßberg (537,6 m), den berühmten Oybin (514,5 m) und den Breiteberg (510,1 m). Dazu noch allerlei weitere Erhebungen mit teils geringerer Höhe.
Die zweite Lawine gibt den Hinweis, dass die Superkatzen vielleicht doch mal auf einem Berg nachschauen sollten. Clever, clever. Doch welcher. In meiner kindlichen Fantasie habe ich mich damals für den Höchsten entschieden. Jetzt kommt aber die bereits erwähnte weitere Ungereihmtheit zum Vorschein. Zwischen diesem höchsten Berg des Zittauer Gebirges und der Stadt, die er bedrohen soll, liegen 15 Kilometer Luftlinie und ein Gefälle von gerade einmal 550 Metern. Bevor eine Lawine Zittau erreicht, überrollt sie bereits Waltersdorf und Saalendorf, die an ihrem Fuße liegen, wahrscheinlich auch Jonsdorf. Auf ihrem Weg zur weit entfernten Stadt trifft sie auf Bertsdorf-Hörnitz und/oder Olbersdorf und muss auch noch den Olbersdorfer See überqueren. Der war bis 1991 noch ein Tagebauloch und wurde dann rekultiviert und renaturiert. Zwischen 1996 und 1999 wurde er geflutet. Zum Zeitpunkt der Niederschrift war es also noch ein in der Sanierung befindliches Loch. Am 3. Juni 1991 wurden die Sanierungsarbeiten im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen aufgenommen. Mehrere Altlastenflächen wurden saniert, Tagebaugebäude und -technik wurden rückgebaut und demontiert. Es wurden Uferzonen hergestellt, Stützschüttungen vorgenommen, Böschungen abgeflacht und ein umfangreiches Wegenetz hergestellt. 1999 wurde doch die Landesgartenschau unter dem Motto "Landschaft nach dem Bergbau" ausgetragen.
Das größte Problem für die Lawinen der Lausche werden aber wohl die anderen Berge im Umland darstellen. Denn westlich von Jonsdorf - und damit genau im Durchzugsgebiet einer imaginären Lawine auf dem Weg nach Zittau - ist der Doppelgipfel Buchberg (651 m) und Sonnenberg (627 m). Auch weitere Erhebung rund um Jonsdorf machen es den Schneemassen schwer. Die Lawine müsste also über Umwege erst Saalendorf zerstören, denn Waltersdorf hat ebenfalls Berge zwischne sich und Lausche, dann leicht bergauf nach Bertsdorf-Hörnitz und dann den Grundbach entlang kurz vor dem Olbersdorfer See nach Westen driftend über Pethau nach Zittau hereinbrechen. Das wäre die intelligenteste Lawine, die es jemals gegeben hätte.
Und ja, traditionell ist das Zittauer Gebirge ein beliebtes Wander-, Kletter- und Wintersportgebiet. Wintersport wird in allen vier Gebirgsgemeinden betrieben, vor allem Skilanglauf (gesamtes Gebiet), alpiner Skisport (Lausche, Oybin-Hain, Lückendorf), Rodeln (Hochwald) und Eissport (Jonsdorf). Doch die schneearmen Winter in den 1990er-Jahren haben den Ruf als schneesicheres Gebirge nachhaltig beschädigt. Mit der Errichtung der Eissporthalle in Jonsdorf Anfang der 1990er-Jahre wurde für die Urlaubsgäste ein Alternativangebot geschaffen. Das also überhaupt genug Schnee zur verfügung steht um auch nur eine Lawine, geschweige denn zwei abgehen zu lassen, darf bezweifelt werden.
Das Laboratorium auf der Lausche stellt natürlich ebenso eine Fars dar. Es ist eine Analogie zu all den einsamen Bergfestungen von Bösewichten überall in den Franchises dieser Welt. Aber es ist, bezogen auf die Geschichte schon sehr eindeutig. Warum sucht man überhaupt, wenn das "geheime" Versteck des Schurken so offensichtlich ist?
Der End"kampf" ist lächerlich und plötzlich taucht der Sheriff auf. Wofür auch immer? Und warum eigentlich ein Sheriff und nicht der Polizeihauptkommissar. Erstmal, weil das Wort doof klingt und zweitens, weil Sheriff cool klingt. Bei meiner großen Schrift würde ich für den Kommissar anderthalb Zeilen brauchen und dann kannte ich es damals vermutlich nicht einmal.
FazitMan merkt der Geschichte sehr deutlich ihr Alter an. Und auch das Alter und die Unerfahrenheit des Autors.
Ein Bösewicht, der einfach da ist, gejagt von Helden, die einfach auftauchen. Eine Stadt ohne Seele und eine Geschichte ohne Spannung. Garniert mit zwei Bleistiftzeichnungen und korrigiert dereinst von meiner Schwester.
Diese Reviews machen mir Spaß.
Freut euch auf "Die Karate-Bande".
#1 - Quelle: Statistisches Landamt Freistaat Sachsen
https://www.kreis-goerlitz.de/city_info/display/dokument/show.cfm?region_id=349&id=379868
#2 - Kritik: ID4: 4 reasons Independence Day 2 failed to live up to the original
https://redshirtsalwaysdie.com/2021/07/04/id4-4-reasons-independence-day-2-failed-to-live-up-to-the-original/