AT: if dreams come true




Unterhaltungsliteratur in ihren verschiedenen Formen, wie beispielsweise Romane, Erzählungen, Kurzgeschichten, Berichte, Märchen und Sagen

Re: AT: if dreams come true

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 1. Apr 2011, 09:29

Kapitel XI

Alle drei warteten darauf, dass Brisby endlich sprach. Was war es, was sie herausgefunden hatte?

„Träume sind gefährlich!“ meinte sie nur, stand auf und ging zu dem Fenster hinüber.
„Wieso sollten Träume gefährlich sein?“ wollte Ryan wissen, „Ich meine im Allgemeinen!“
Cassidy warf ihm einen etwas genervten Blick zu, denn seine Frage war eigentlich ein wenig unsinnig, in Anbetracht dessen, was er erst kurz zuvor erlebt hatte.
Brisby warf einen kurzen Blick aus dem Fenster, ehe sie sich wieder ihren Gästen zu wand.
„Normalerweise sind Träume harmlos!“ begann sie, „Es ist ja nicht so wie in dem Horrorfilm, dass man von irgendeinem Irren verfolgt und ermordet wird und dann in der Realität stirbt!“
Felice und Ryan sahen ihr misstrauisch entgegen, während Cassidy die Augen verdrehte.
„Normalerweise!“ wiederholte Brisby, seufzte kurz und setzte dann fort, „Normalerweise sind Träume mehr oder weniger nur gefüllt mit Erinnerungen und Gedanken, die wir uns machen.“

„Könntest du bitte vorspulen?“ forderte Cassidy, die noch immer auf die Information ihrer Freundin wartete.
„Bei dir ...“ Brisby wies auf Ryan, „... und bei dir ...“ sie zeigte auf Felice, „ sind Träume harmlos!“
Noch immer verstanden die Beiden nicht das geringste, was Brisby eigentlich sagen wollte.
„Doch bei ihr ...“ damit wies sie auf Cassidy, „... sind Träume … lebendiger!“
Cassidy seufzte kurz, da man ihr noch immer die Informationen enthielt.
„Cassidy ist ein Traumwanderer. Genauso wie ihr Bruder.“
Cassidy machte eine Geste, die Brisby bedeuten sollte, doch schneller zum Punkt zu kommen. Aber diese ignorierte ihre Freundin und richtete ihre Erzählung mehr oder weniger an die anderen Beiden, die sie mit großen Augen ansahen.
„Wie der Name sagt, kann ein Traumwanderer in den Träumen herum spazieren. Er kann von einen Traum in den anderer wechseln. ...“
„Das ist doch nichts besonderes!“ meinte Felice dazu.
„Er kann in fremde Träume eindringen!“ antwortete Brisby nur und setzte ihre Erzählung fort, „Einige Traumwanderer können sogar die Träume anderer kontrollieren, was sich dann auch auf die Realität des Träumers auswirken kann.“
Ryan überlegte kurz und murmelte dann nur: „Wie Freddy Krüger!“
Nun rollte Brisby mit den Augen, denn im Grunde hatte sie zuvor noch gemeint, dass eben dies nicht passieren könnte.

„Ist es denn wirklich so schlimm, wenn ein … Wanderer in einen fremden Traum eindringt?“ wollte Felice wissen.
„Wenn er mit seinen Fähigkeiten den Traum und den Träumer beeinflusst oder verletzt, dann schon!“ seufzte Brisby.
Cassidy warf ihrer schwarz gekleideten Freundin einen eindringlichen Blick zu.
„Aber ist es denn immer schlimm, wenn sich ein Wanderer einmischt?“ Felice war ein klein wenig neugierig darauf, mehr über die Fähigkeiten der Traumwanderer zu erfahren.
Brisby schüttelte erst den Kopf. Dann aber antwortete sie, dass dies verheerende Folgen haben könnte.
„Es könnte ziemliches Chaos entstehen!“ war ihre Meinung, „Und wenn wirklich alle Träume wahr werden würden, wer würde dann noch um seinen Erfolg kämpfen?“
Felice wollte schon wieder damit beginnen, dass dies doch auch ein Vorteil sein könnte, wenn Träume wahr werden würden, als Cassidy dazwischen ging.
„Manche Träume sollten nicht wahr werden!“ brummte sie etwas übel launig, „Nicht jeder Traum ist gut!“
Damit stand sie auf, ging ein paar Schritte von der Sitzbank weg und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Du solltest Träume nicht mit Wünschen verwechseln!“ meinte sie zu Felice.
Dann sah sie sich zu Brisby um und forderte, dass sie ihr endlich sagen sollte, was sie herausgefunden hatte. Diesmal ohne lange drumherum zu reden.

„Es gibt sogenannte Wächter!“ begann Brisby und ging wieder zur Sitzbank hinüber.
„Sie sind eigentlich dafür zuständig, dass sich die Einmischungen von Wanderern in fremde Träume in Grenzen hält. Dass davon nichts in die Realität übertreten kann.“
„Wieso eigentlich?“ wollte Ryan sofort wissen, und stellte somit die Frage, die Cassidy selbst auf der Zunge lag.
„Was genau passiert ist, haben Andrew und ich nicht herausbekommen!“ kam gleich von Brisby und sie warf Cassidy einen betroffenen Blick zu, „Nur soviel, die Wachen sind nun Jäger!“
Kurz kehrte Stille ein, so als müssten alle drei die Nachricht überdenken.

„Jäger?“ hakte Felice noch einmal nach, „Wen oder was jagen sie?“
„Die Traumwanderer!“ antwortete Brisby, diesmal etwas leiser, „Sie fangen sie ein und ...“
Cassidy sah sie mit großen Augen an.
„Ich weiß nicht genau, was sie mit ihnen machen. Aber es ist mit Sicherheit nichts Gutes!“ versuchte Brisby zu erklären.
„Die Toten!“ kam Cassidy leise über die Lippen und ihre Freunde sahen sie irritiert an.
„Die merkwürdigen Träume, die ich hatte! Ich hab fremde Menschen sterben sehen und nur wenig später ist es dann auch passiert!“
Brisby nickte, obwohl sie nicht ganz sicher war, von welchen Träumen Cassidy sprach.
„Du hast es gesehen, weil du in ihre Träume eingedrungen bist!“ Brisby klang als wolle sie Cassidy beruhigen, „Du hattest irgendeine Verbindung mit ihnen!“
Cassidy schüttelte ungläubig den Kopf. Sie wollte keine Verbindung haben mit Fremden, die wenig später starben.
„Wieso … sterben die … Leute?“ Felice war ein wenig blass geworden.
„Anscheinend sind sie nach einer Weile nicht mehr so wichtig für die Wächter. Ich meine Jäger! Und sie lassen sie frei!“ war Brisby Vermutung.
Cassidy lachte kurz auf.
„Freilassen sieht anders aus!“ schimpfte sie lautstark und erntete wieder die Blicke ihrer Freunde.
„Soweit ich mit Andrew herausbekommen habe, waren es Traumwanderer, die später den Tod fanden!“ meinte Brisby erneut, „Ich weiß nicht warum, sie sterben mussten.“

„Die Geschichte ...“ Ryan meldete sich nach langem endlich zu Wort, „Chances Geschichte … Hat das irgendwas hiermit zu tun?“
Brisby warf erst ihm und dann Cassidy einen Blick zu.
„Er muss … etwas gesehen haben.“ Wieder nur eine Vermutung.
„Das wenige, was er geschrieben hatte, ist auch passiert!“ brummte Cassidy nur, „Aber warum musste er dann … verschwinden?“
„Er ist auch ein Traumwanderer! Er weiß es nur nicht!“ antwortete Brisby, „Oder wusste es nicht!“
„Also haben ihn die Männer mitgenommen, weil er ...“ Cassidy lies den Satz unbeendet und sah wütend zu Boden.

„Wo ist er?“ kam leise von Felice. Sie war so leise geworden und so blass, dass sich Cassidy, als sie zu ihrer Freundin sah, große Sorgen um sie machte.
„So genau weiß ich das auch nicht!“ murmelte Brisby vor sich hin, „Ich meine, man hat ihn entführt und … Ich hab keine Ahnung, wohin man die Träumer bringt. … Doch ich weiß, dass er nicht mehr in ihrer Gefangenschaft ist!“
Wieder starrten alle drei der fremden Frau ins Gesicht.
„Bevor ihr hier aufgetaucht seit, hab ich … in die Karten gesehen und … da hab ich gesehen, dass er nicht mehr gefangen ist. Aber er ist noch lange nicht außer Gefahr!“
„Karten?“ Ryan zog eine Augenbraue fragend nach oben.
„Sie kennt sich mit Magie aus!“ warf Cassidy nur ein, bevor er noch weiter nachfragen konnte.
„Im Moment ist Chance noch in Sicherheit!“ begann Brisby erneut, „Aber er kann sich nicht für immer in der anderen Welt verstecken!“
Cassidy war sich nicht ganz sicher, was ihre Freundin nun meinte. Die andere Welt. Traumwelt oder Realität?
„Wie finden wir ihn?“ wollte Felice von Brisby wissen. Sie versuchte ihre Stimme und ihren Mut wiederzufinden.

Brisby warf wieder erst Cassidy einen Blick zu und dann den anderen beiden, ehe sie Felice antwortete.
„Es wäre weit aus weniger gefährlich für euch beide, wenn ihr euch da nicht einmischt!“
Felice riss den Mund auf und wollte protestierten, als Brisby nur den Kopf schüttelte und sie besorgt ansah.
„Ihr beide seit … nehmt es mir nicht übel … ihr beide seit gewöhnlich!“
Ryan riss beide Augenbrauen nach oben und war auch kurz davor Protest einzulegen.
„Noch sind sie nicht hinter euch her!“ Brisbys Stimme klang ruhig und dennoch schwang Sorge mit.
„Cassidy hingegen, wird gesucht. Sie ist ein Traumwanderer und vermutlich ein ziemlich starker. Wenn ihr mit ihr unterwegs seit, geratet ihr ebenfalls ins Visier ...“
„Ich lass sie aber nicht allein umher ziehen!“ platzte es aus Ryan und er sprang auf.
„Und ich will helfen Chance wieder zu finden!“ kam sofort von Felice, die ihren Mut wiedergefunden hatte.
„Es ist gefährlich!“ kam erneut von Brisby, „Und es ist nicht nur so, dass Cassidy mehr als einen Verfolger hat!“
Beide warteten darauf, was denn noch gefährlicher sein könnte, als die ominösen Anzugträger, denen sie bereits begegnet waren.
„Die Träume selbst können gefährlich werden!“
„Was?“ kam fast zeitgleich von Ryan und Felice.

„Bis jetzt waren die Träume für euch noch harmlos, egal wie gruselig sie gewesen sein mögen. Doch je länger ihr hier seit und vor allem je mehr ihr euch auf die ganze Sache einlasst umso realer wird es schlussendlich!“ versuchte Brisby zu erklären.
Allerdings verstanden die beiden noch immer nicht ganz ihre Sorge.
„Ihr könnt nicht kontrollieren, was passiert. Im Gegensatz zu Cassidy seit ihr nur zwei … Zuschauer. Sie hingegen ist mehr oder weniger ein Akteur, der alles kontrollieren und verändern kann!“
„Aber wenn wir mit ihr zusammen unterwegs sind, kann uns nichts passieren! Wenn sie das ganze regeln kann!“ war Felice Meinung.
„Genau da liegt das Problem!“ kam von Cassidy.
Wieder sah man sie fragend an.
„Ich kann zwar von einem Traum in den nächsten wechseln und vielleicht auch einiges verändern, aber ich kann nicht kontrollieren, was mit euch passiert. Wir könnten verloren gehen! Wieder!“


Ryker war nicht wirklich weit gefahren und doch hatte sich die Gegend um ihn herum ziemlich schnell verändert.
Er hätte im Grunde alles mögliche erwartet, nur nicht eine Tür, die mitten auf der Straße aufgetaucht war. Eine Tür, um die herum nichts war.
Er trat auf die Bremse und wartete.
Eine Tür?
Und so als hätte er unbeabsichtigt irgendein Signal betätigt, ging die Tür auf und ein bärtiger Mann in einem Holzfäller-Outfit trat heraus.
Ryker wartete kurz, musterte den Mann, suchte dann die Umgebung ab, so als erwartete er noch jemand anderen und stieg dann aus.
„Wird auch Zeit!“ wurde er nur begrüßt und der andere trat beiseite um Ryker durch die Wandlose Tür treten zu lassen.

Hinter der Tür erwartete Ryker allerdings ein Wohnzimmer voller Bücher und schäbiger Tapete und einem ebenso schäbigen Teppich.
„Ziemlich eigenwilliger Trick!“ meinte Ryker nur und musterte den Raum genauer.
„Man muss nur wissen, wie man sich verstecken kann!“ bekam er nur als Antwort von dem Mann.
Auf einem kleineren Tisch, der so wirkte als sei er kurz vorm Zusammenbrechen, bemerkte Ryker ein Funkgerät. Ein ziemlich altes Modell, womit man vermutlich zuletzt vor über fünfzig Jahren zuletzt gearbeitet hatte.
„Vielleicht solltest du dich setzten!“ meinte der Mann nur zu ihm und drückte ihm ein Glas mit brauner Flüssigkeit in die Hand.
Ryker musterte das Glas und nippte kurz.
Definitiv nicht sein Getränk. Vermutlich Jim Bean oder dergleichen.
Dann suchte er sich einen freien Platz und setzte sich.

„Was gibt es?“ Ryker hielt das Glas noch immer in der Hand, beschloss aber nichts mehr von dem Alkohol zu trinken. Unter anderem, da er im Grunde noch immer im Dienst war.
„Die Sache mit den … Selbstmorden ...“ begann der andere, „... sie sind daran schuld!“
Manchmal wünschte sich Ryker, dass man ihm einfach klipp und klar sagte, was er wissen wollte, ohne dass er lange nachfragen müsste. Allerdings schien sein Gegenüber, wie auch die vielen seiner Verhafteten, erst mal lange um den heißen Brei zu reden.
„Wieviel weißt du wirklich von den Wächtern oder den Somnus Vigilare?“ wollte der Mann von ihm wissen und nippte an seinem eigenen Glas Jim Bean.
„Wen?“

„Die Wächter! Somnus Vigilare!“ wiederholte der Mann.
„Die haben also einen Namen?“ Ryker war ein wenig verblüfft. Er hatte schon einmal gehört, dass es sogenannte Wachen gab, aber er wusste nicht, dass sie eine Organisation waren.
„Sie sind normalerweise zum Schutz und zur Kontrolle da!“ seufzte sein Gegenüber und leerte das Glas mit einem Zug, „Jedenfalls waren sie es, als ich noch mitgemacht hatte!“
Ryker entgegnete nichts dazu. Er wusste, dass der Mann einst eine Art Polizist war. Er wusste nur nicht, warum er es nun nicht mehr war.
„Jetzt sind die SV nur noch Jäger!“ knurrte der Mann und schenkte sich nach.

„Wieso?“ Rykers Fragen fielen ziemlich kurz aus. Im Grunde war er gekommen, weil man ihm etwas wichtiges zeigen wollte.
Der andere ging zu einem voll belegten Schreibtisch, stellte sein Glas auf den Bücherstapel und suchte eine dicke Akte hervor.
Diese reichte er wortlos an Ryker.
Ryker stellte sein Glas neben sich ab, nahm den Ordner und öffnete ihn.
Wie er vermutet hatte, waren darin Zeitungsberichte und einige Notizzettel. Das ganze sah genauso aus, wie der Ordner, den er selbst zu hause erstellt hatte.
Alles Berichte über seltsame Todesfälle und Vermisste.
„Das sind nur die Opfer der SV, die ich mitbekommen habe!“ meinte Rykers Gegenüber betrübt und leerte erneut das Glas in nur einem Zug.

Gerade als Ryker erneut nachfragen konnte, weswegen, die Somnus Vigilare, oder wie auch immer sich die Jäger nannten, hinter Cassidy, Chance und den vielen anderen hinterher waren, erwachte das alte Funkgerät zum Leben.
Erst nur ein Rauschen und dann klar und deutlich eine Durchsage.
Beide Männer lauschten gespannt.

„Sie haben den Jungen geschnappt!“ knurrte Rykers Gegenüber, „Der Dummkopf!“
Ryker sah ihn irritiert an.
Und wieder unterbrach ein Funkspruch, der an keinen der beiden gerichtet war, die aufkommende Frage Rykers.
„Schnappt euch Cassidy!“
Klar und deutlich ein Befehl. Bevor der Funkspruch endetet wurden noch ein paar Informationen gewechselt und ein Ort genannt, wo man Cassidy und ihre Freunde finden sollte.
„Wir müssen sie warnen!“ platzte es aus Ryker heraus.
„Das wird nicht so einfach!“ war nur die Antwort des Gegenübers.
Ryker war schon aufgesprungen.
„Hinter ihr ist nicht nur die SV her!“ bekam er sogleich zu hören. Allerdings sagte man ihm nicht, wer noch hinter ihr her war.

Der Alte stellte sein leeres Glas ab und ging wieder in Richtung Tür.
„Wir sollten aufbrechen!“ meinte er und wartete auf Ryker.
Der sah den anderen irritiert an, da dieser doch eigentlich deutlich gemacht hatte, dass es nicht einfach sei, Cassidy zu warnen.
„Es gibt noch viel mehr, was wir tun sollten!“ war nur die Antwort des Mannes.
Er öffnete die Tür und davor war die Straße und Rykers Wagen zu sehen.
Zusammen stiegen beide in das Auto und sogleich verschwand die Tür wieder im Nirgendwo.
Ryker sah seinen Beifahrer fragend an.
„Was jetzt?“ Er war ein klein wenig überfordert von der ganzen Situation.
Sein Nebenmann grübelte.


„Ich könnte eine Art Bindungszauber machen!“ kam von Brisby.
Alle drei sahen sie irritiert an.
„Ein Zauber, damit ihr euch nicht verliert!“ versuchte Brisby zu erklären.
„Klar!“ meinte Ryan ungläubig.
„Wie soll das funktionieren? Es gibt doch in Wirklichkeit keine Magie?“ war Felice Meinung dazu, „Oder?“
Sie richtete ihren Blick erst auf Brisby, die ihr nun noch unheimlicher vor kam, und dann auf Cassidy.
„Der Zauber soll euch helfen, dass ihr immer in Kontakt bleibt. So ist es einfacher euch nicht zu verlieren.“
Noch immer verstand keiner der anderen auch nur ein Wort.
„Cassidy ist so was wie euer Führer hier!“ so Brisbys Erklärungsversuch, „Sie führt euch durch die Traumwelt und ...“
Sie seufzte. Irgendwie erschien es ihr sinnlos zu erklären, wie der Zauber wirken sollte. Die drei würden ihr nicht glauben.
Cassidy überlegte kurz, so als müsste sie die Möglichkeiten abwägen. Dann nickte sie nur mit fragendem Blick.
„Wie funktioniert das ganze?“ wollte sie wissen.
Hilflos sah sie Brisby an.
„Ich brauch von etwas von dir und … das müssen die beiden dann bei sich tragen!“
Wieder rissen alle drei die Augen weit auf.
Sogleich klärte Brisby sie auf, dass sie lediglich eine Strähne von Cassidys Haar bräuchte. Und noch ohne auf eine Erlaubnis oder dergleichen zu warten, ging sie zu ihr, zog ein Messer hervor, wo auch immer sie es verborgen hatte, und schnitt eine lange und dicke Strähne ab.
Cassidy sah sie geschockt an. Zu geschockt um irgendwas zu sagen.

Alles weitere ging schnell und ohne große Erklärung von Brisby von statten.
Sie teilte die abgeschnittenen Haare in zweit in etwa gleichgroße Strähnen, die sie beide sogleich flocht. Die Strähnen legte sie zur Seite, ging durch den Raum, sammelte ein paar Pflanzenblüten zusammen und packte diese in eine kleine Messingschale.
Felice, Ryan und auch Cassidy musterten sie irritiert und ungläubig. Keiner wagte es zu sprechen.

Brisby zog mit einem Stock einen Kreis, stellte die Schale mit den Blüten in den imaginären Kreis hinein und stellte weiße und blaue Kerzen auf, die ohne das sie etwas tat, aufbrannten.
Sie packte die Haarsträhnen in die Schale und begann vor sich hin zu murmeln.

Nach einer Weile bemerkten alle drei, dass der Inhalt der Schale zu qualmen begann.
„Was wird das?“ murmelte Felice Ryan zu, der neben ihr saß und ebenso verwirrt dreinschaute.
Der Rauch wurde immer mehr. Roch allerdings seltsamerweise nach Blumen und nicht nach irgendetwas verbrannten.
Brisby lies den Rauch noch ein paar Sekunden aufsteigen, bevor sie ihn weg blies.
Dann grinste sie siegessicher.
„Das sollte euch ein wenig weiterhelfen!“ meinte sie dann und griff in die Schale.

Was sie hervorholte und dann Felice und Ryan reichte, ähnelte nicht mehr im entferntesten dem, was sie in die Schale getan hatte.
Ungläubig sahen die beiden auf zwei geflochtenen Armbänder, scheinbar aus Leder und mit einem kleinen hellblauen Stein daran.
„Was ist das?“ wollte Ryan wissen und musterte sein Armband eindringlich.
„Ein Schutzzauber und die Möglichkeit, Cassidy nicht zu verlieren!“ kam nur schmunzelnd von Brisby.
Was ihr mehr Vergnügen bereitete, dass sie ihr der Zauber gelungen war oder dass sie die drei damit verblüfft hatte, war nicht zu erkennen.
„Und was wenn sie uns verliert?“ war Felice Frage und sie zeigte auf Cassidy.

„Oh!“ Brisby legte den Kopf kurz schräg und schmunzelte dann.
„Sie hat schon einen Talisman!“ meinte sie dann.
Cassidy sah sie irritiert an.
„Das Armband und das ...“ Brisby zeigte auf Chassidys Hosentasche und Cassidy griff hinein.
Verwundert holte sie ein schwarzes Lederband hervor, an dem ein kleiner silberner Traumfänger mit ebenfalls kleinen blauen Steinen und vier silbernen Federn hing. Der Anhänger war insgesamt nur knapp fünf Zentimeter groß.
„Du bist ziemlich gut!“ schmunzelte Brisby, „Deinen eigenen Schutz mitzubringen!“
Cassidy verstand gar nichts.
„Du hast den Traumfänger mitgebracht und zu deinen Amulett gemacht.“
„Den hat mir Felice geschenkt!“ meinte Cassidy noch immer irritiert, „Aber da war das Ding aus Holz und größer!“
„Dann ist das Armband vermutlich von ihm?“ mutmaßte Brisby nur und zeigt auf Cassidy rechtes Handgelenk.
„Ja?“ Cassidy konnte sich nicht mehr erinnern, wann genau sie das silberne Armband mit den Türkissteinen von Ryan bekommen hatte. Sie trug es eigentlich jeden Tag am Handgelenk, sodass sie manchmal vergaß, dass sie es überhaupt trug.
„Du hast den Traumfänger selbst verändert!“ Brisby klang stolz, „Du hast dir damit selbst eine Verbindung zu deinen beiden Freunden geschaffen!“
„Aha?“ kam nur von Cassidy, „Aber das hilft mir nicht Chance zu finden, oder?“
Nikita LaChance
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von Anzeige » Fr 1. Apr 2011, 09:29

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Re: AT: if dreams come true

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 1. Apr 2011, 09:29

Kapitel XII

Als er wieder zu sich kam, wünschte er sich nichts sehnlichster zurück als seine Bewusstlosigkeit. Nicht nur dass ihm alles weh tat, als hätte man ihn stundenlang durch die Mangel gedreht, so wusste er doch, dass es nun noch schlimmer werden würde.
Er war nicht das erste Mal gefangen worden. Und er war auch nicht zum ersten Mal hier in diesem Raum. Wenn man es so nennen konnte.
Im Grunde war der Raum nicht wirklich. Oder vielleicht doch?

Alles ringsum war in einem dunklen Grau und er lag auf dem blanken Boden. Es gab weder ein Fenster noch ein Lüftungsschacht. Man konnte noch nicht einmal eine Wand oder eine Ecke ausmachen.

Er setzte sich auf und verfluchte seine ungestüme Bewegung gleich wieder. Diesmal waren sie nicht zimperlich mit ihm umgegangen. Er hoffte, dass auch er ein paar gute Treffer hatte landen können.
Und vor allem hoffte er, dass es etwas genutzt hatte. Dass Cassidy fortgekommen und … nun ja, mehr oder weniger für eine Weile in Sicherheit war.

„Willkommen zurück, Lennox!“
Sein Blick verfinsterte sich und er suchte das unendliche Grau nach der Stimme ab. Und so als würde sich der falsche Nebel kurz lichten, trat eine Gestalt auf ihn zu.
„Ich hätte ja nicht gedacht, dass wir uns so schnell wiedersehen!“
„Bin ja nicht freiwillig hier!“ knurrte Lennox nur zurück und sprang schnell auf die Beine. Er wollte seinem Gegenüber nicht zeigen, wie schwer er diesmal verprügelt worden war und wie sehr ihn im Grunde schon die leichteste Bewegung schmerzte.
„Spielst immer noch den starken Kerl!“ war gleich darauf die Bemerkung des anderen.
„Was willst du von mir?“ wollte Lennox nur wissen. Er versuchte taff zu bleiben. Er musste die Kontrolle behalten, wenn er sie denn überhaupt je hatte.
Sein Gegenüber trat noch näher, sodass Lennox ihm ins Gesicht sehen konnte.
Im Grunde ein unauffälliger Mann. Braunes Haar mit grauen Schläfen, graue Augen und ein eigentlich freundliches Gesicht. Er trug einen grauen Nadelstreifenanzug mit einer ebenfalls grauen Krawatte.
„Du solltest dich vielleicht nicht so großkotzig aufführen!“ bekam er nur als Antwort, „Es gibt eh nicht viel, was du mir bieten kannst!“
Lennox´s Blick bohrte sich in sein Gegenüber.
„Oh, Junge! Mich kannst du nicht damit einschüchtern! Und deine … na ja, kleine Fähigkeit … ist … verpufft!“ lachte der Mann.
„Was willst du?“ knurrte Lennox erneut.
„Das Mädchen!“ Das Lächeln war aus dem Gesicht des anderen verschwunden und seine Augen waren mit einem Male eiskalt, „Ich will Cassidy und ihren Bruder!“
Lennox murmelte nur: „Klar doch!“ Er hatte längst gewusst, was der andere wollte.
„Und was willst du dann von mir?“ wiederholte er seine Frage.
„Ich will, dass du mir hilfst sie zu finden!“
„Vergiss es!“
Der Anzugträger schüttelte nur den Kopf, mit einem Schmunzeln im Gesicht.
„Du scheinst so einiges vergessen zu haben!“ spottete er, „Aber ich bin sicher Virgil wird deinem Gedächtnis ein wenig auf die Sprünge helfen!“
Lennox schluckte kurz. Gab aber ansonsten kein Anzeichen von sich, dass er sich vor dem Mann vor sich oder Virgil und seiner Gedächtnishilfe fürchten würde.

„Ich werd weder dir noch ihm irgendetwas sagen!“ meinte Lennox nur.
„Das werden wir sehen!“ bekam er nur zu hören und der Anzugträger drehte sich wieder um und verschwand im unendlichen Grau.
Lennox hasste ihn. So sehr wie er Virgil hasste und so sehr wie er es überhaupt hasste, hier in diesem Nicht-Raum zu stecken.
Er wusste, dass er hier nicht so einfach herauskommen würde. Nicht wenn man ihn nicht ließ.
Er konnte nichts tun. Egal wie stark er sich konzentrierte, den Raum zu verändern oder zu verlassen, es ging nicht. Nicht einmal die Farbe konnte er ändern.
Er konnte nur warten und beten, dass er ein Schlupfloch finden konnte.
Er musste hier raus und … Ja was eigentlich? Was wollte er dann machen?
Er hatte keine Ahnung!


„Wieso weiß du soviel?“ hinterfragte Ryan nach einer kurzen Weile.
Brisby zog eine Augenbraue nach oben.
„Wie ich schon erwähnt hatte, hab ich zusammen mit meinem Freund recherchiert.“
„Klar, steht ja auch alles im Internet!“ spottete Ryan gleich.
Dann richtete er sich an Cassidy: „Cassie, sie weiß doch gar nichts! Wieso vertraust du ihr überhaupt?“
Cassidy sah von Brisby auf Ryan und Felice und dann wieder zurück zu ihrer Freundin.
„Ich kenne sie schon seit Jahren!“ fing sie an zu erklären.
„Aber warum kennt sie dann keiner von uns? Wir haben sie nie getroffen!“ warf Felice sogleich ein.
„Weil ...“ Cassidy schaute ein wenig verlegen drein, „Weil ich sie hier kennen gelernt hab und wir uns immer nur hier getroffen haben!“
Ihre beiden Freunde sahen ein wenig irritiert aus der Wäsche.
„Hört zu, mir ist egal ob ihr mir vertraut oder nicht!“ kam gleich von Brisby, „Aber Cassie gehört zu meinen engsten Freunden und ich hab nicht vor sie zu verraten oder dergleichen!“
„Aber ...“ fing Felice gleich wieder an.
„Brisby hat mir damals geholfen! Und … ich konnte mich immer auf sie verlassen!“ seufzte Cassidy, „Können wir jetzt dieses misstrauische Gehabe lassen und wieder aufbrechen!“
Felice war wieder kurz davor zu protestieren, als Ryan ihr mit einem Kopfschütteln bedeutete, dies zu lassen. Auch er vertraute Brisby nicht wirklich. Aber wohl oder übel mussten sie beide darauf hoffen, dass Cassidy sich in ihrer Freundin nicht irrte.

Brisby begleitete ihre Gäste zur Haustür. Wenn sie sauer auf das Misstrauen von Felice und Ryan war, so zeigte sie dies nicht.
„Sind nett, deine Freunde!“ meinte sie nur zu Cassidy.
Diese schmunzelte nur darüber.
„Meinst du, du kommst klar?“ wollte Brisby von ihr wissen, „Ich meine, diesmal ist es … anders!“
„Ich hab dir was da gelassen!“ antwortete Cassidy nur, „Wäre nett wenn du oder Andrew mal rein sehen könntest!“
Damit verließ auch Cassidy Bisbys Hütte und stieg mit ihren Freunden wieder in den roten Pick-Up.

„Wohin nun?“ kam gleich von Ryan und er startete den Wagen.
„Ich weiß noch nicht!“
Genervt rollte er mit den Augen. Fuhr aber dennoch los.
Einfach der Straße folgen, dachte er sich. Und schon nach wenigen Metern wurde aus dem dichten Wald auch wieder eine breite Autobahn, die sich auch ziemlich schnell füllte.
Wieder sah alles der Realität gleich.
„Viel hat uns der Besuch ja nicht gebracht!“ murmelte Felice vor sich hin und gähnte.
Auch Ryan war müde, verkniff sich aber ein Gähnen.
„Wir sollten uns ein Motel suchen und …“
Kaum hatte Cassidy dies erwähnt, tauchte am Straßenrand ein Motel auf.
„Wir sollten … schlafen!“
Sofort waren Ryan und Felice wieder hellwach.
„Schlafen? Im Traum?“ Beide sprachen zeitgleich und fast synchron.
„Ja! Man kann im Traum auch schlafen!“ Cassidy rollte ein wenig genervt die Augen, „Außerdem ...“
Sie sah kurz nach draußen. Ryan hatte auf den Parkplatz des Motels eingelenkt und stoppte endlich den Wagen.
„Außerdem sind wir … jetzt wieder … draußen!“
„Draußen?“ Ryan sah sich um. Nichts sah anders aus, als vor wenigen Sekunden.
„Wir sind wieder in der Wirklichkeit!“ Cassidy zog beide Augenbrauen nach oben.
„Aber wenn wir … bis jetzt geschlafen haben, dann ...“ Felice schüttelte irritiert den Kopf, „Ich meine, wenn wir wieder einschlafen, dann ...“ Sie bekam einfach keinen ganzen Satz zusammen.
„Ihr beide schlaft!“ meinte Cassidy nur und kletterte aus dem Wagen. Diesmal saß Felice und nicht sie in der Mitte.
„Irgendwie macht mich das fertig!“ kam von Ryan und er stieg ebenfalls aus, „Dieses mal drin mal draußen! Da sieht doch kein Mensch durch!“
Felice war nun auch endlich ausgestiegen, stand neben Cassidy und streckte sich.
„Wir sollten doch ausgeschlafen sein, oder?“ gähnte sie.
Cassidy antwortete nicht darauf.
Ryan blickte umher, zog dann die Wagenschlüssel und ging in Richtung Motel.

„Wo willst du hin?“ wollte Felice gleich wissen.
„Tja, ob Traum oder nicht, ich muss mal!“
Er bleib stehen und wartete, dass die Mädchen ihm folgten. Er hatte nicht vor, sie allein zurück zu lassen. Wo auch immer sie nun waren.
Felice und Cassidy gingen ihm nach. Sie sahen ihm wortlos dabei zu, wie er sich von dem alten Mann an der Rezeption einen Zimmerschlüssel geben lies, wobei der Mann die beiden Mädchen mit einem ziemlich gierigen Blick musterte.
Ryan bedeutete den Mädchen ihm zu folgen und führte sie dann zu dem Zimmer, welches er soeben gebucht hatte.
„In seinen Traum möcht ich nicht schauen!“ kam gleich von Felice, als sie außer Hörweite des Alten waren.
„Der wird vermutlich gedacht haben, dass ihr beide mich verwöhnt!“ lachte Ryan. Sein Witz allerdings schien nicht wirklich anzukommen.
Er öffnete das Zimmer, lies die Mädchen zuerst ein und schloss dann die Tür hinter sich wieder, nachdem er erneut einen Blick über das Gelände schweifen lies.
Im Zimmer waren lediglich ein Tisch mit zwei Stühlen, ein kleiner Kühlschrank und zwei Betten. Es roch muffig und sah aus, als hätte es seine guten Jahre lange hinter sich.
Ryan sagte nichts zu der Ausstattung oder dem Charme des Zimmers. Er ging schnurstracks zum Bad und verschaffte sich Erleichterung.

„Wieso sind wir jetzt in diesem Zimmer?“ wollte Felice von ihrer Freundin wissen, „Wieso suchen wir nicht weiter nach Chance?“
Sie sah sich um und überlegte, ob sie sich auf eines der Betten setzten sollte, welche nicht wirklich keimfrei aussahen oder doch lieber auf einen der Stühle.
Sie wählte den Stuhl und wartete auf eine Antwort.
„Es wäre besser, wenn ihr nicht dabei wärt!“ kam von Cassidy und sie fuhr sich durch die Haare.
„Wieso?“ Felice klang ein wenig beleidigt.
„Egal, was du sagst, du wirst uns nicht los!“ Ryan kam vom Badezimmer zurück. Sein Blick ernst.
„Ihr wisst nicht, was alles passieren kann!“ versuchte Cassidy zu erklären.
„Du doch auch nicht!“ gab er zurück.
„Ja, aber ich kann ...“
„Was?“ Felice sah zu Cassidy auf und musterte sie eindringlich.
„Ich bin … geübter mit den Reisen!“ begann Cassidy, „Ich weiß wie ich voran komme und ...“
„Und?“ Ryan wollte nicht nachgeben.
„Hört zu, es ist wie Brisby gesagt hat! Je länger man im Traum ist, umso reeller wird er und umso gefährlicher!“
„Und?“
„Und wenn man nicht aufpasst, kann man sich … darin verirren!“
Felice sah sie irritiert an, aber Cassidy ignorierte sie.
„Ich bin schon seit Kind immer hin und her gegangen. Und … ich … weiß wann ich im Traum und wann in der Realität bin!“
Ryan hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah finster drein.
„Und?“ kam wieder von ihm.
„Irgendwann wachst du nicht mehr auf!“
Nun sah auch er irritiert drein.
„Normalerweise wacht man nach einem Traum auf und ist wieder zu hause, sicher in seinem Bett. Wenn ich unterwegs bin, lande ich mitunter sonst wo! Und ...“ Wieder stoppte sie.
„Was und?“ Ryan wollte mehr wissen.
„Und ich stecke in der Traumwelt fest. Nicht nur mit dem Geist sondern mit dem Körper!“ beendete Cassidy ihre Erklärung.
Kurz herrschte Schweigen.

„Dann ist es nicht anders als jetzt!“ meinte Ryan plötzlich, „Wir sind auch nicht mehr zu hause!“
Sie schüttelte den Kopf.
„Und wir sollten nicht ständig ...“ Er überlegte kurz, wie er es nennen sollte, „... aufwachen und uns wundern wo wir stecken! Wir sollten lieber drüben bleiben und uns auf die Suche machen!“
Felice stimmte ihm zu.
„Wenn wir Chance finden wollen, sollten wir ihn suchen! Und zwar dort wohin er verschwunden ist!“
„Nur, was wenn er auch wach ist?“ flüsterte Cassidy.
Im Grunde stimmte sie ihren Freunden zu. Sie sollten nicht soviel Zeit in der Realität vertrödeln. Sie sollten sich lieber auf die Suche machen.


Brisby hatte sich von ihrer alten Freundin verabschiedet und war wieder zurück in den Raum gegangen.
Auf dem Tisch lag eine braune Ledermappe, die zuvor dort noch nicht gelegen hatte.
Neugierig ging Brisby darauf zu und inspizierte die Mappe.
„Wow!“ war sogleich ihre erste Reaktion und sie zog einen Stapel Papier hervor, „Sie wird immer besser!“
Sie ging kurz die Papiere durch. Sie sahen alle aus, wie frisch aus dem Drucker.
Nichts verdächtiges zu erkennen.
„Was soll ich damit machen?“ murmelte Brisby vor sich hin und überflog sogleich die erste Seite.
Weit kam sie nicht, denn sogleich stürmte ein dunkelhaariger Mann in den Raum und sie zuckte erschrocken zusammen.

„Was machst du hier?“ platze aus Brisby heraus und sie hielt die Papiere krampfhaft fest.
„Wir sollten hier weg!“ bekam sie nur als Antwort.
Brisby musterte kurz den Mann und erkannte sogleich den Ernst der Lage.
„Jemand muss ihnen gefolgt sein!“ meinte er und begann einige Sachen vom Altar einzusammeln.
Brisby entgegnete nichts. Sie stopfte die Papierseiten wieder in die Ledermappe und nahm sie an sich.
„Ich sollte ihnen vielleicht eine Nachricht hinterlassen!“ meinte Brisby und noch ehe der Mann ihr darauf eine Antwort gab, kritzelte sie einige Zeichen mit ihrem Finger in die Luft vor sich. Nur für eine Bruchteil einer Sekunde waren die Zeichen als grauer Rauch in der Luft zu erkennen, ehe sie sich einfach auflösten.
„Das sollte reichen!“ meinte Brisby dann und warf noch einmal einen traurigen Blick in den Raum.
Der Mann packte sie am Arm und ging mit ihr ins Nebenzimmer, aus dem er gekommen war.
Dort lösten sie sich in Luft auf, wobei es so wirkte als hätte man Wasser auf eine Aquarellzeichnung geschüttet und die Farben würden sich immer mehr verdünnen bis nichts mehr von ihnen übrig blieb.


Sie waren ziemlich lange umher gewandert und allmählich taten Chance nicht nur die Füße weh. Immer wieder fragte er sich, wo er eigentlich hineingeraten war.
Er konnte und wollte nicht glauben, dass sein Roman, der eigentlich noch zum Großteil nur aus vielen Notizzetteln und unsortierten Stichpunkten bestand, wahr geworden war.
Krampfhaft versuchte er sich zu erinnern.
Was hatte er nur alles notiert? Was für den Roman geplant?
Vielleicht würde er so die Kontrolle wiedererlangen!
Sein Blick fiel immer wieder zu Liam. Der Mann mit den telepathischen Fähigkeiten.
Was wusste er über ihn?
Chance dachte nach, während er immer weiter die Straße entlang ging. Allerdings war er immer langsamer geworden und auch Liam wurde langsamer.
Müdigkeit hatte sie beide allmählich erfasst. Und Hunger.

Dann fiel es Chance wieder ein. Eine Szene, die er am Frühstückstisch vor knapp einen Monat geschrieben hatte.
Eine Szene, die er für irgendwo in der Mitte des Romans geplant hatte.
Er erinnerte sich an einen Streit zwischen zwei Brüdern.
Chance war unbewusst stehen geblieben, während er sich an weitere Details zu erinnern versuchte.
Er bemerkte nicht wie Liam ihn fragend ansah.

Alles was Chance im Moment zu Liam einfiel, war der Streit und das Gespräch, was er selbst kurz danach mit Cassidy geführt hatte.
`Warum ist er böse?` hatte Cassidy von ihm wissen wollen und hatte auf die Stichpunkte getippt.
`Weil … weil er es sein muss!`hatte er ihr geantwortet. Eine wirkliche Antwort hatte er zu dem Zeitpunkt nicht gehabt.
`Er ist schließlich ein Verräter!` war wenig später seine Meinung gewesen.
Die Antwort hatte Cassidy aber nicht zufrieden gestellt.
`Du brauchst einen besseren Grund dafür, dass er böse ist!` hatte sie entgegnet, `Vielleicht will er ja gar nichts böses tun!`
Damit hatte sie ihn eine Zeit lang aus dem Konzept gebracht und er hatte die Stichpunkte mit einem großen Fragezeichen versehen.

Liam sah ihn noch immer an. Anscheinend wartete er darauf mehr darüber zu erfahren, was er soeben in Chance Gedanken hatte lesen können.
„Du hast einen Bruder!“ kam endlich von Chance. Und obwohl er sich sicher war, warf er Liam einen fragenden Blick zu.
Liam nickte nur und wartete auf mehr.
Chance grübelte erneut.
„Aber er … Wo ist er?“ wollte er dann wissen.
„Nicht hier!“ Es klang als sei Liam froh, dass sein Bruder nicht da sei. Allerdings war nicht heraus zuhören, ob Liam seinen Bruder einfach nur nicht in seiner Nähe haben wollte oder ob er froh war, dass er nicht zusammen mit ihnen verfolgt wurde.

„Ist wirklich alles so, wie ich es geschrieben habe?“ Chance war sich nicht sicher, ob er die Frage stellen durfte.
Allerdings hatte Liam sie längst in Chance Gedanken lesen können. Und daher war sich Chance sicher, dass er sie auch offen aussprechen konnte.
Liam antwortete ihm nicht. Er sah sich um, so als suche er die Gegend nach einem weiteren bekannten Gesicht ab.
Dann richtete er seinen Blick wieder auf Chance.
„Du weißt längst nicht alles! Weder über mich noch meinen Bruder. Und vor allem nicht über die Männer, die uns verfolgen!“
Chance nickte nur.

Liam hatte recht.
Zwar mochte er einen Teil dessen, was vor sich ging, selbst notiert haben. Das Große und Ganze allerdings war ihm unbekannt.
Fast so als würde er von seiner Geschichte gerade mal den Anfang und das Ende kennen. Den Mittelteil allerdings müsse er sich noch hart erarbeiten und darauf hoffen, weder den Faden noch die Spannung zu verlieren.
Und das war bei weitem das Schwierigste beim Schreiben.
Nun ja, schwieriger war allerdings nun im Moment, dass er selbst ein Teil der Geschichte geworden war und wie die Figuren in seinem Roman keine Ahnung hatte, was als nächstes passieren würde.

Gern wüsste er mehr über das Ganze.
Mehr über Liam und dessen Bruder. Über die Anzugträger und deren Jagdgründe. Und vor allem, wie es seiner Schwester ging, die genauso unwissend und in Gefahr war wie er.
Nikita LaChance
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Registriert: So 27. Mär 2011, 09:30

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