AT: can't find my way home




Unterhaltungsliteratur in ihren verschiedenen Formen, wie beispielsweise Romane, Erzählungen, Kurzgeschichten, Berichte, Märchen und Sagen

Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 4. Mai 2012, 09:17

Kapitel LI

Keiner der beiden sprach. Es wirkte so, als befürchteten sie, dass Eric noch wütender auf sie sein würde, wenn sie seine Frage beantworteten.
„Ich weiß, dass ihr aus dem Schrank gegangen seid!“ meinte er und musterte die beiden eindringlich.
„Tut mir leid!“ kam leise von Stevie und sie sah beschämt zu Boden.
Brandon legte seine Hand auf ihre Schulter. Eine Geste, die von Eric nicht unbemerkt blieb.
Und auch wenn er dazu kein Wort sagte, so sprach sein Blick Bände.
„Ich weiß, wo du wohnst.“ meinte Brandon auf einmal und holte den Brief hervor, den er aus dem Zimmer hatte mitgenommen.
Eric biss die Zähne zusammen und verhinderte so, dass er sich laut über die Dummheit der beiden ausließ.

„Ist das alles?“ wollte er dann wissen. Er rührte sich nicht vom Fleck.
Stevie nickte nur.
Brandon rollte kurz mit den Augen und ging an Stevie vorbei in Richtung Schreibtisch. Er legte den Brief einfach darauf ab. Direkt neben Eric.
Ohne ein weiteres Wort drehte er sich wieder um und setzte sich auf das Bett.

Eric sah auf den Brief und dann auf Brandon.
Innerlich war er ein wenig hin und her gerissen. Wenn die Adresse auf dem Brief stimmte, so hatte er nun einen Anhaltspunkt an den Ort, wo er wohnte. Doch würde er sich dort wirklich finden? Oder wollte er sich überhaupt finden?
Er wusste es nicht.

Er schloss kurz die Augen. Atmete tief durch und blickte dann Brandon ernst an.
„Wir sind da!“ verkündete er.
Brandon zog verwundert die Augenbrauen hoch.
„Bei meiner Mutter?“ hakte er nach.
Erst nickte Eric, doch dann meinte er, sie seien zumindest in der selben Stadt, wie die Mutter von Brandon.
„Kannst du etwa direkte Adressen ansteuern?“ wollte Brandon irritiert wissen.
Nun war es Eric, der mit den Augen rollte.
„Wenn´s nur so einfach wäre.“ meinte dieser dann, „Stevie und ich sind vor ungefähr zweieinhalb Monaten hier durchgereist.“
Stevie, die noch immer wie angewurzelt an Ort und Stelle stand, warf wieder einen Blick zu ihrem blonden Freund.
„Wo sind wir dann?“ war Brandon´s nächste Frage.

„Calgary! Nahe des Towers!“ antwortete Eric und erfreute sich Brandon´s verdutzten Gesichtsausdruck.
„Warum sollte ich dir dann sagen, wo meine Mutter wohnt, wenn du uns nicht direkt hinbringen kannst?“
Eric rollte erneut genervt mit den Augen.
„Hey, ich bin weder Taxifahrer noch irgendein Reiseplaner. Ich kenn doch nicht jede Adresse!“ brummte er Brandon an, „Ich hab kein Geister-Navi eingebaut!“
Stevie schmunzelte kurz, von beiden Männern unbemerkt.
Dann aber versuchte sie die Sache zu entschärfen, in dem sie Brandon einfach fragte, ob er sich in der Stadt auskenne und sie so zu seiner Mutter kommen würden.

„Ich war noch nicht in allen Teilen der Stadt.“ gab Brandon zu, „Aber ich schätze, irgendwie kann ich uns hinführen.“
Stevie nickte und ging zum Schrank um sich eine Jacke herauszusuchen.

„Warum eigentlich müssen wir zu meiner Mutter?“ Brandon klang wie ein kleiner Junge, der Angst vor seiner Mutter hatte, nur weil er irgendetwas dummes angestellt hatte.
„Wir brauchen einen sicheren Ort und einen kostenlosen Schlafplatz!“ antwortete Eric und erntete eine hochgezogene Augenbraue von Stevie.
„Gut! Ihr braucht einen kostenlosen Schlafplatz!“ korrigierte Eric.
„Toll.“ kam leise und ein klein wenig gereizt von Brandon.
Er hatte nicht wirklich Lust zu seiner Mutter zu gehen. Und das lag nicht nur daran, dass er vergessen hatte, sie in den letzten Tagen anzurufen.

Stevie hatte sich eine Jacke und auch ein paar Schuhe angezogen und wartete eigentlich nur noch darauf, dass Brandon vorausging.
Noch immer schien er allerdings wenig von dem Ausflug begeistert zu sein.
Brandon hatte sich ebenfalls eine Jacke über gezogen und war, wenn auch ein wenig widerwillig zur Tür geschritten.
Er sah noch einmal kurz zu Stevie. Sein Blick machte seinen Unmut deutlich.
„Wird schon nicht so schlimm.“ flüsterte sie ihm zu und öffnete die Tür.


Wells hielt Ausschau nach Stevie, wie sich das Mädchen nun nannte. Im Grunde kannte er ihren richtigen Namen nicht.
Sie vermutlich auch nicht, glaubte er.
Es war nicht das erste Mal, dass er hinter ihr her war. Aber hoffentlich das letzte Mal.
Sie raubte ihm die Nerven. Oder vielmehr raubte ihm die Jagt nach ihr die Nerven.

Das erste Mal hatte er sie vor fünfzehn Jahren gesehen. Sie war noch ein kleines Kind. Im Grunde hatte er sie zufällig getroffen, wenn man dies so nennen konnte.
Er hatte für einen anderen Mandaten nach einem Kind gesucht und war dabei in der Einrichtung gelandet, in der man sie versteckt hatte.
Ganz kurz hatte er einen Blick auf sie erhaschen können und war verwundert, denn sie schien weder so recht in die Abteilung der psychisch Kranken zu passen, noch überhaupt dorthin zu gehören.
Neugierig hatte er eine Schwester ausgefragt, die ihm nicht viel sagen konnte.
Man habe das Mädchen gebracht und niemand hatte sich bisher nach ihr erkundigt. Ebenso wenig schien das Kind nach irgendwem zu fragen.

Wells war damals fast eine Woche in der Klinik gewesen. Zum Teil, weil er genauere Erkundigungen nach dem vermissten Kind seines Mandanten machen wollte. Er hatte sich als Pfleger ausgegeben und konnte so ungehindert in fast jedes Zimmer gelangen.
Gerade als er in das Zimmer der kleinen Stevie wollte, hielt man ihn auf.
Niemand dürfte zu ihr gehen. Den wahren Grund nannte ihm niemand.
Nach einer kurzen Weile interessierte er sich nicht mehr für das Mädchen. Er hatte gefunden, wonach er gesucht hatte und konnte seinem Auftraggeber stolz verkünden, was er in Erfahrung hatte bringen können.

Was genau aus dem Mädchen wurde, was sich später Stevie nannte, wusste Wells nicht. Er wusste lediglich, dass Doyle, sein jetziger Auftraggeber, irgendetwas mit ihr zu tun hatte.
Das kleine Treffen oder vielmehr Beinahetreffen zwischen ihm und Stevie hatte Wells so gut wie vergessen.
Zumindest bis er sie hatte zum zweiten Mal getroffen.
Er wusste nicht mehr, wann genau das war.

Sie war nun älter und hübscher geworden. Und dennoch erkannte er das kleine Mädchen aus der Klinik in ihr wieder.
Stevie schien auf der Flucht zu sein oder einfach nur rastlos.
Seiner Schätzung nach war sie gerade Mal vierzehn oder fünfzehn Jahre alt und schien seit einer Weile weder richtig geschlafen noch gegessen zu haben.
Er selbst hatte den Tag frei, wenn man es so nennen konnte, und hatte das Mädchen dabei beobachtet, wie sie auf dem Bahnhof von Nanaimo umher schlich und ein oder zwei Brieftaschen ihren Besitzern stahl.
Wells hatte sehen können, dass sie dies wohl schon einige Male getan haben musste, denn sie stellte sich dabei nicht ungeschickt an.
Neugierig hatte er sie weiter beobachtet. Gesehen, wie sie das Geld aus den Brieftaschen genommen und die Geldbörsen dann einfach in den Mülleimer geworfen hatte.
Anfangs hatte es nach einer kleinen aber beträchtlichen Summe ausgesehen, die Stevie hatte zusammen gestohlen. Doch dann riss sie jemand zur Seite und auch wenn er selbst nicht hören konnte, was man zu Stevie sagte, so erkannte er schnell, was vor sich ging.
Das Mädchen arbeitete für jemand anderen. Und dieser jemand nahm ihr das ganze Geld ab und lies ihr lediglich einen Zehner. Für ihren Protest deswegen, bekam sie eine saftige Ohrfeige.
Niemand drumherum schien sich für das Mädchen und die ältere Frau, die sie beschimpfte, zu interessieren.

Wells hatte eine Weile dem Treiben zugesehen, ehe er sich wieder seiner Sachen widmete.
Er hatte zu dem Zeitpunkt auch nicht ahnen können, dass sich sein Weg und der des Mädchens so bald wieder kreuzen würden.

Das nächste Mal, dass er persönlich Stevie wieder traf war gerade mal knapp ein Jahr her.
Er selbst war zu einer großen Gala eingeladen und sollte seine Auftraggeberin begleiten sowie auch zwecks eines Handels beraten.
Wie sich das Mädchen hinein geschmuggelt hatte, wusste er nicht. Er wusste auch nicht, warum sie da war.
Seine Begleiterin war, sobald sie Stevie erblickt hatte, mehr an ihr als an dem eigentlichen Geschäft interessiert. Wells wollte fragen, was an dem Mädchen so besonders sei. Aber die Dame an seiner Seite meinte, er würde nicht für Fragen bezahlt werden.
Wells sollte das Mädchen beobachten und …
Noch ehe die Frau zu ende gesprochen hatte, war Chaos auf der Gala ausgebrochen. Aber weder er, noch die Dame an seiner Seite, noch Stevie waren der Grund dafür gewesen.
Im Grunde brach inmitten der Menge ein heftiger Streit zwischen zwei Männern aus. Der eine hatte den anderen wohl bei einem Geschäft betrogen oder hatte sich anderweitig den Zorn seines Partners auf sich gezogen. Der anfangs noch verbale Kampf der beiden Herren wurde recht schnell physischer Natur und beide Männer trugen ihren Kampf inmitten der Feierlichkeiten aus.
Und aus einem Streit zwischen zwei Männern wurde recht bald ein Schlagabtausch zwischen mehreren, da einige die beiden Streithähne trennen beziehungsweise ihnen helfen wollten.

Wells bemerkte erst wenig später, dass Stevie die Situation nutze und sich aus einer der Vitrinen einen kleinen Gegenstand herausholte.
Aber er war nicht der einzige, der den Diebstahl mitbekam. Seine Begleiterin wurde zornig und versuchte dem Mädchen hinterher zu laufen.
Im ersten Moment hatte Wells den Grund nicht verstanden. Doch Stevie hatte genau den Gegenstand gestohlen, den die Dame hatte mehr oder weniger ehrlich erwerben wollen.
Und dies bedeutete auch dass Stevie ihm nun in die Quere gekommen war. Und dies war eine Sache, die er so nicht auf sich beruhen lassen konnte.

Gemeinsam waren sie Stevie gefolgt. Doch das Mädchen schien plötzlich wie vom Erdboden verschwunden.
Wells´ Auftraggeberin hatte nun ein anderes Interesse, als an dem Schmuckstück, welches sie hatte ursprünglich haben wollen.
Sie wollte, dass er ihr das Mädchen brachte.
Wells selbst hatte noch nie seine Aufträge oder die Auftraggeber hinterfragt. Er hatte auch selten irgendetwas abgelehnt und war auch nicht gegen Gewalt geneigt.
Im Grunde liebte er seinen Beruf oder vielmehr seine Berufung.

Für eine Weile hatte Wells Stevie wieder aus den Augen verloren.
Sie war auch ein wenig schwer zu verfolgen, da sie scheinbar ohne Papiere oder Kreditkarten oder anderen elektronischen und digitalen Hilfsmitteln unterwegs war.
Hin und wieder hörte er davon, dass man sie gesehen hatte. Doch immer wieder war er zu langsam gewesen und sie schon wieder einige Städte weiter.
Wells wusste nie, warum Stevie überhaupt so rastlos gewesen war. Oder ob sie bei ihrer Reise überhaupt ein Ziel verfolgte.

Das nächste Mal, dass er ihr gegenüberstand war im Grunde noch nicht einmal zu lange her.
Und er war dabei auch nicht allein gewesen.
Doyle´s Auftrag, nach dem Mädchen zu suchen, kam später. Zumindest erhielt Wells den Auftrag erst nachdem sie in seinen Fingern gewesen war.
Wells´ Auftraggeberin hatte zwar nicht bekommen, was sie wollte. Aber der Auftrag hatte sich mit dem Verschwinden der Chefin erledigt. Wells wusste nicht, was genau passiert war und wo seine Auftraggeberin hin verschwunden war.
Doyle´s Auftrag und die hohe Summe, die er für das Auffinden von Stevie bot, reizten Wells sehr. Vor allem, da Stevie ihm nicht nur mehrfach durch die Finger geglitten war.

Nun saß er ganz in der Nähe des Waschsalons und beobachtete den FBI-Agenten Larson, den er ebenfalls von früher her kannte und seine brünette Begleiterin, wie sie das Motorrad von Stevie´s Freund bewachten.
Wells hoffte, dass er schneller als Larson war. Er wollte Doyle´s Geld und seine Rache.
Zuletzt geändert von Nikita LaChance am Mi 23. Mai 2012, 09:38, insgesamt 2-mal geändert.
Nikita LaChance
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 4. Mai 2012, 09:18

Kapitel LII

Eric hatte Recht damit gehabt, wo sie sich nun befanden.
Wie er gesagt hatte, waren sie beim Calgary Tower. Zu ihrem Glück traten sie durch die Seitentür eines kleineren Gebäudes in der Nähe und fielen dabei nicht wirklich auf.
Zu dritt liefen sie die Straße entlang, während sich Brandon zu orientieren versuchte.
„Ich war schon seit einer Weile nicht mehr in der Innenstadt!“ gab er zu und ignorierte die Blicke der Passanten.
Die Blicke allerdings galten weder ihm noch Stevie. Sie waren vielmehr an Eric gerichtet, der natürlich mit seinem einfachen T-Shirt auffielt, während alle anderen wenigstens eine Jacke gegen den frischen Wind trugen.

„Wo genau müssen wir lang?“ kam nach einer Weile, die sie ein wenig ziellos die Straße entlanggelaufen waren, von Stevie.
Brandon hielt inne und sah gedankenverloren auf.
Er wusste zwar, wo seine Mutter wohnte, aber nicht genau, wie er dorthin gelangen sollte.
„Wie wär´s mit ´ner Karte?“ wollte Eric wissen und spazierte auf den Busfahrplan zu, der an der Straße aushing.
Zwar waren dort nur die Haltestellen eingetragen, die der Bus entlang fuhr, aber seiner Meinung nach war dies besser als gar kein Plan.
Doch noch immer sah Brandon ein wenig ratlos aus.

Stevie rollte genervt mit den Augen.
„Wie wär´s, wenn wir jemanden fragen?“ Damit ging sie auf den erstbesten Passanten zu und erkundigte sich nach der Straße, die Brandon mindestens zweimal zuvor im Zimmer Eric genannt hatte.
Mit der ersten Person hatte Stevie kein Glück. Doch der zweite Passant, ein älterer Herr, hatte ihr zumindest die Richtung nennen können, in die sie gehen musste.
Er war dabei ihr den ganzen Weg aufzuzählen, als Eric neben ihr auftauchte und dann feststellte, dass der alte Mann ihr auch hätte einfach sagen können, mit welcher Buslinie sie fahren sollte.
Der alte Mann war wenig begeistert von Eric´s Ton. Viel lieber hätte er sich noch mit dem jungen Ding unterhalten, als das ihm irgendein Punk, so seine Worte, dazwischen funkte.
Eric hatte daraufhin, böse drein blickend, Stevie am Arm gepackt und war mit ihr zurück zum Busplan gegangen.

Stevie hatte nichts dazu gesagt.
Sie fanden einen Bus, der sie bis in die Nähe von Brandon´s Mutter brachte. Vor der Fahrt hatte sich Eric wieder für alle, auch für Stevie´s Augen, unsichtbar gemacht. Nicht nur, dass er andere so besser beobachten konnte, so konnte er selbst so tun als sei er nicht da.
Und so konnte er ein klein wenig besser ignorieren, dass sich Stevie an Brandon´s Seite anlehnte und er seinen Arm um sie herum lag.
Die Dame, die den beiden gegenüber saß, lächelte. Ihrer Meinung nach, waren Brandon und Stevie ein junges Liebespaar. Und keiner der beiden, korrigierte sie in ihrer Meinung.

Nach einer Fahrt von mehr als zehn Minuten, verließen Brandon und Stevie, gefolgt vom unsichtbaren Eric, den Bus.
„Jetzt ist nicht mehr weit!“ erklärte Brandon.
Jetzt da er die Straße wiedererkannte, war er erleichtert. Allerdings auch ein klein wenig besorgt, wie seine Mutter reagieren würde, wenn er nun einfach so bei ihr auftauchte.

Sie mussten noch einige Meter gehen, ehe er das Haus seiner Mutter sehen konnte.
Dabei lies sich Brandon nicht nehmen, seinen Arm um Stevie´s Schultern zu behalten. Sie schien auch nichts dagegen zu haben. Und Eric´s verbitterter Blick dazu, blieb von beiden ungesehen.
„Halt!“ fiel Brandon kurz vor dem Haus seiner Mutter ein, „Ich kann nicht ohne eine Tasche zu ihr gehen!“
Stevie sah ihn fragend an.
„Sie weiß, dass ich mit dem Motorrad unterwegs bin. Das heißt, dass ich Gepäck haben müsste.“
Stevie nickte, aber wusste noch immer nicht so richtig, was er meinte.
„Wenn ich ohne meinen Rucksack bei ihr auftauche, stellt sie nur unnötig Fragen.“ erklärte er.
Eric erschien neben ihm und schmunzelte, als Brandon kurz zusammen zuckte.
„Wir sollten eure Taschen aus dem Zimmer holen.“ meinte er und sah sich gleich nach einer passenden Tür um.

Ohne auf ein Zeichen von Stevie oder Brandon zu warten, nahm Eric seinen Schlüssel, öffnete die Tür zu dem Zauberzimmer und tauchte innerhalb weniger Sekunden mit beiden Rucksäcken in der Hand wieder auf.
Er schloss die Tür hinter sich und drückte Stevie und Brandon die Rucksäcke in die Hand.
„Weiter geht’s!“ meinte er, „Ich will doch sehen, wo du herkommst!“
Er machte sich wieder unsichtbar, noch bevor ihm Brandon eine Antwort darauf gab. So wusste Brandon auch nicht, ob Eric noch vor ihm stand oder schon ein paar oder mehrere Meter weiter weg war.

Erst vor der Haustür seiner Mutter stoppten Brandon und Stevie. Die letzten Meter waren sie schweigend nebeneinander her gegangen.
Brandon hatte noch immer nach einer passenden Antwort gesucht, auf die Frage, die seine Mutter mit Sicherheit stellen würde.
Angespannt klingelte er.
Und schon nur wenige Sekunden später stand er seiner Mutter gegenüber, die recht überrascht schien, ihren Sohn vor sich zu haben.

„Warum hast du nicht gesagt, dass du heute hier vorbeikommst?“ wollte sie sofort von ihm wissen. Brandon bemerkte, wie sie ihn von oben bis unten musterte. Wohl mit der Sorge, dass ihm auf seiner Reise etwas zugestoßen sein könnte, worüber er nicht sprechen würde. Oder einfach nur, um zu prüfen, dass er auch genug aß oder dergleichen.
„Ich wollt dich überraschen?“ war die einzige Antwort, die Brandon einfiel. Im Grunde war seine Mutter die einzige Frau, die es schaffte, dass er sich innerhalb kürzester Zeit wieder wie ein kleiner Junge fühlte.
Seine Mutter bemerkte ihn kurz mit einer hochgezogenen Augenbraue, ehe sie zu Stevie sah, die ein klein wenig hinter Brandon stand.
Die Mutter musterte Stevie, ehe ihr Blick wieder zu ihrem Sohn ging.

Brandon lief kurz rot an.
„Mom, das ist Stevie!“ erklärte er und legte seinen Arm um das Mädchen, unter anderem um sie ein wenig hervor zu locken.
Seine Mutter sagte nichts. Blickte das Mädchen neben ihm nur noch einmal prüfend an.
„Sie ist eine gute Freundin!“
„Was ist mit Josie?“ wollte seine Mutter sofort wissen, „Es ist doch noch nicht lange her und …“
Stevie senkte ihren Blick. Am liebsten würde sie davon laufen.
„Mom, Stevie ist eine sehr gute Freundin! Und mit Josie … Sie ist nicht mehr meine Sorge!“ knurrte Brandon.
Seine Mutter nickte kurz, sah ihn aber prüfend an.
„Dann kommt rein!“ gab sie nach einer Weile nach und lies Brandon, der Stevie einfach an die Hand genommen hatte und sie hinterher zog, ins Haus.

„Ich hab dein Motorrad gar nicht draußen gesehen!“ bemerkte die Mutter und schritt an ihrem Sohn vorbei in Richtung Küche.
Brandon folgte ihr und lies Stevie nicht los, sodass sie gezwungen war, ebenfalls in die Küche zu gehen.
„Ähm … ich hab es ein paar Straßen weiter geparkt.“ fiel Brandon nur ein, „Ich wollte nur kurz Hallo sagen!“
Seine Mutter sah ihn erschrocken an.
„Warum so schnell?“

Stevie musste innerlich schmunzeln. Auch wenn ihr die Frau ein klein wenig suspekt war, so fand sie ihre Reaktion lustig.
„Nun ja, ich wollte noch ein wenig umher fahren, ehe ich mich in Vancouver niederlasse.“ erklärte Brandon.
„Dass heißt aber nicht, dass du sofort wieder losfahren musst!“ kam im etwas strengen Tonfall von seiner Mutter, „Du kannst doch wohl ein oder zwei Nächte hier bleiben!“
Brandon wollte schon mit dem Kopf schütteln.
„Du warst schon seit einer Weile nicht mehr hier! Und du hast auch nicht wie versprochen angerufen!“ protestierte die Mutter, „Außerdem wird deiner kleine Freundin hier, auch eine kleine Pause machen wollen!“
Stevie blieb stumm. Sie traute sich weder etwas zu sagen, noch Brandon anzusehen.
Noch immer hielt er ihre Hand fest. Fast so als wolle er sicher gehen, dass sie ihn nicht mit seiner Mutter allein lies. Oder als eine Art Rettungsanker für ihn.

Dass Brandon Stevie´s Hand hielt und sie auch näher als für nur eine Freundin gewöhnlich neben ihm stand, war nicht unbemerkt geblieben. Auch die schüchterne Haltung des Mädchens, entging der Mutter nicht.
„Ihr könnt beide in deinem alten Zimmer schlafen. Da ist genug Platz!“ meinte die Mutter.
Brandon sah sie mit großen Augen an.
„Bringt eure Sachen rauf und in einer halben Stunde gibt es etwas zu essen. Dann können wir in Ruhe reden!“ war die Meinung der Mutter und sie schubste ihren Sohn sanft zur Küchentür hinaus in Richtung Treppe.
Brandon wusste noch immer nicht, wie er darauf reagieren sollte.
„Los! Husch!“ forderte die Mutter erneut und diesmal gab Brandon nach.

„Komm mit!“ meinte er nur leise zu Stevie, die eh kaum eine andere Wahl hatte, als ihm zu folgen.
Brandon lies ihre Hand nicht los. Wollte es im Grunde auch nicht.
Da Eric zur Zeit unsichtbar war, lies sich seine Anwesenheit auch besser ausblenden. Und Brandon wusste das auszunutzen.

Brandon führte Stevie in ein Zimmer, welches noch stark an ein Zimmer eines Teenagers mit Vorliebe für Rockbands und Motorräder erinnerte.
Kaum waren die beiden im Raum, schloss Brandon die Tür hinter sich.
„Tut mir leid! Sie ist sonst nicht so.“ entschuldigte er sich und setzte seinen Rucksack wieder ab.
Stevie antwortete nichts dazu. Sie stellte ihren Rucksack neben seinen und begutachtete ihre Umgebung, was Brandon ein klein wenig unruhig machte.

„Interessantes Zimmer!“ Eric tauchte einfach mitten im Raum auf und schien beeindruckt von der Einrichtung, die kaum anders als die in dem magischen Raum war. Nur dass hier mehr Poster und Sticker an den Wänden und teilweise sogar den Möbelstücken waren. Einige der abgebildeten Bands gab es seit mindestens zehn Jahren nicht mehr.
„Mussten wir wirklich hier her?“ kam von Brandon, der sich auf seinem Bett niederließ. So recht gefiel ihm die Sache nicht, dass er nun in seinem alten Zuhause war.
„Irgendwo mussten wir doch hin!“ gab Stevie nur zu verstehen.
„Ja, aber wir hätten doch in dem Zimmer bleiben können!“ Deutlich war zu verstehen, welches Zimmer Brandon meinte, auch wenn er es nicht so genau aussprach.
„Wir können aber nicht die ganze Zeit da drin bleiben!“
Brandon wollte schon fragen warum, als Eric es so erklärte, dass sie hier in Brandon´s altem Daheim gutes Essen bekamen und dass es ab und zu auch gut war, irgendwo anders hin zu gehen.
Dennoch verstand Brandon nicht, warum sie ausgerechnet hier her kommen mussten.

„Es ist nur für eine Nacht oder zwei.“ flüsterte Stevie ihm zu, als sie sich neben ihn setzte.
Brandon atmete tief durch.
„Macht die Sache nicht besser.“ gab er leise zurück und lies sich einfach nach hinten fallen.
Stevie beobachtete ihn und sah dann wieder zu Eric hinüber, der die Sticker am Kleiderschrank genauer betrachtete.
„Sie behandelt mich immer noch wie ihren kleinen Jungen.“ brummte Brandon vor sich hin.
„Wenigstens hast du eine Mutter, die sich für dich interessiert.“ gab Stevie zurück und bereute diese Aussage sofort wieder. Nicht weil sie damit ihre Mutter schlecht gemacht hätte. Sondern weil sie sich eigentlich nicht mehr daran erinnern wollte, was ihr selbst damals zugestoßen war.

Eric hatte sich zur ihr umgewandt und auch Brandon saß wieder aufrecht auf dem Bett. Beide Männer sahen sie besorgt an.
„Ich mein, ja nur!“ verteidigte sich Stevie, so als würde das alles erklären.
Brandon überlegte kurz was er dazu sagen sollte, doch ihm fiel nichts ein.
„Ein, zwei Tage.“ meinte er dann, „Dann verschwinden wir wieder von hier!“
Stevie nickte nur stumm, sah auf den Boden vor sich und begann zu grübeln.
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Do 10. Mai 2012, 08:07

Kapitel LIII

„Sie sind nicht mehr da!“ meinte Dallas auf einmal und Larson sah sie irritiert an.
„Wenn Stevie und ihre beiden Freunde noch hier wären, wären sie bestimmt schon zum Motorrad gekommen. Oder irgendwer hätte sie im Hotel gesehen!“ erklärte sie genauer.
„Und wie sollen sie verschwunden sein?“ wollte Larson dann von ihr wissen.
Darauf hatte sie keine Antwort.
Sie konnte sich zwar nicht vorstellen, wie die Drei entwischt sein konnten. Aber sie war sich sicher, dass Stevie und die beiden Männer die Stadt längst verlassen hatten.
„Und was soll ich dann deiner Meinung nach tun?“ war Larson´s nächste Frage.
Dallas zuckte nur mit den Schultern.

Ungeduldig sah der FBI-Agent auf seine Armbanduhr.
Es waren nun bereits über zwölf Stunden vergangen und noch immer hatte er keinerlei Meldung über die Verschwundenen erhalten. Und genau das bereitete ihm irgendwie Sorgen.
„Wo würden sie hinfahren?“ murmelte er vor sich hin und überlegte sich eine Antwort zu seiner eigenen Frage.
„Wo wollten sie eigentlich hin?“ kam von Dallas und wieder erntete sie einen fragenden Blick des Mannes neben sich.
„Soweit ich weiß in Richtung Vancouver.“ antwortete er irritiert, „Aber es gibt mehr als nur eine Straße dahin.“
Dallas rollte mit den Augen.
„Und das Motorrad ...“ fing Larson an und sah sich erneut auf der Straße um.
Das besagte Motorrad stand noch vor ihm. Und noch immer war keiner der verschwundenen Drei zu sehen.

„Hat der Blonde dir erzählt, was sie vorhaben?“
„Wie?“
„Du meintest du sollst mich ablenken, damit er mit Stevie und Brandon verschwinden kann!“ meinte Larson, „Wie wollten sie verschwinden?“
Dallas zuckte erneut mit den Schultern.
„Das hat er nicht gesagt.“
Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie wahrscheinlich selbst ausgetrickst worden war.
Gereizt sahen sie und der FBI-Agent auf die Straße vor sich.
Doch nichts änderte sich an der Aussicht.

Noch immer stand das Motorrad einsam und verlassen vor dem Waschsalon und weder von Stevie oder ihren beiden Freunden war etwas zu sehen.
In Gedanken ging Larson bereits die Leute durch, die er wegen Brandon anrufen könnte. Er könnte dessen Freunde und Familie anrufen, in der Hoffnung, dass irgendwer von dem Mann gehört hatte.


Brandon´s Mutter lauschte immer wieder von der unteren Etage aus, ob sie irgendwas von ihrem Sohn und dessen Freundin hörte, während sie etwas zu Essen zubereitete.
Sie kannte Josie und war eigentlich auch anfangs recht beeindruckt von der jungen Frau gewesen. Sie hatte sich nicht vorstellen können, dass irgendetwas in der Beziehung zwischen Josie und Brandon schief gehen könnte.
In ihren Augen passten beide prima zusammen. Und gern hätte sie es auch gesehen, wenn Brandon zusammen mit Josie eine Familie gegründet hätte.
Sie hatte sich so sehr gefreut, als sie von der Verlobung erfahren hatte. Insgeheim hatte sie seit dem Zeitpunkt auch schon die Hochzeit ihres Sohnes in Gedanken geplant.
Doch an dem Tag an dem sie erfahren hatte, dass alles vorbei sei, wusste die Mutter im ersten Moment nicht wie sie reagieren sollte. Sollte sie ihrem Sohn die Ohren lang ziehen und ihm einbläuen, dass er alles dafür tun sollte, die Beziehung zu Josie zu retten. Oder sollte sie ihn trösten, da er ja im Grunde von seiner Verlobten hintergangen worden war.

Das neue Mädchen, die gute Freundin, wie Brandon sie vorgestellt hatte, war eigenartig.
Nicht das sie nicht gut aussah oder sie sich auffällig benommen hätte.
Aber die Mutter konnte deutlich spüren, dass mit dem Mädchen irgendetwas nicht stimmte.
„Viel zu jung!“ brummelte sie vor sich hin, während sie sich den Kopf darüber zerbrach, was ihr Sohn und das Mädchen gerade in dem Moment tun könnten.

Kaum eine halbe Stunde nachdem sie ihren Sohn mit dem Mädchen nach oben geschickt hatte, schlich sie sich die Treppen nach hoch und lauschte kurz an der Tür.
Sie konnte nicht viel hören.
Gerade als sie klopfen wollte, spürte sie einen kurzen Luftzug und irritiert sah sie sich um.
Sie wusste, dass sie keine Fenster geöffnet hatte und konnte sich daher den Luftzug nicht erklären.
„Was …?“ fragte sie erschrocken, als sie kurz ein Spiegelbild in einem der verglasten Bilder auf dem Flur sehen konnte.
Es war nicht ihr Spiegelbild gewesen, was sie gesehen hatte.
Und es war auch nur ganz kurz zu sehen gewesen.

„Mom?“ Brandon hatte seine Tür geöffnet und stand seiner verwirrt drein blickenden Mutter gegenüber.
Sie konnte nicht wissen, dass man ihm erzählt hatte, dass sie vor der Tür stand.
„Du siehst aus als hättest du einen Geist gesehen!“ scherzte er.
Sie sah ihn mit großen Augen an, ehe sie den Kopf schüttelte, so als wolle sie unangenehme Gedanken vertreiben.

„Ich wollt euch nur zum Essen holen!“ meinte sie dann und kehrte wieder zur Küche zurück.
„Stevie!“ Brandon winkte sie zu sich und ging dann mit ihr gemeinsam seiner Mutter nach.
In der Küche angekommen, wurden sie auf ihre Plätze gewiesen. Brandon saß genau zwischen den beiden Frauen.
„Ich hoffe, ihr habt großen Hunger!“ kam von der Mutter, als sie begann eine riesige Portion Spagetti auf Brandon´s Teller zu packen.
Auch wenn er es nicht zugeben würde, so vermisste Brandon an manchen Tagen die Kost, die seine Mutter kochte. Und Spagetti Bolognese war eines seiner liebsten Gerichte bei seiner Mutter. Auch wenn er persönlich noch viel lieber einer saftiges Steak vom Grill aß.
Die Mutter packte Stevie ebenso viel auf den Teller wie Brandon, obwohl das Mädchen deutlich machte, dass sie nicht ganz so viel essen wollte.

Noch während des Essens begann sie ihre beiden Gäste auszuhorchen.
Sie versuchte einerseits herauszubekommen, was seit dem letzten Telefongespräch zwischen ihr und Brandon, so alles passiert sei. Andererseits lag ihr größtes Interesse an dem neuen unbekannten Mädchen an der Seite ihres Sohnes.
Das Mädchen selbst aber gab nur wenige Antworten.
Und nach dem Essen meinte Brandon nur, dass Stevie und er von der Reise zu müde seien.
Also gab die Mutter nach und ließ beide, wenn auch ein klein wenig widerwillig, sich zurück ziehen.
Sie hoffte, dass man ihr am nächsten Tag mehr erzählen würde.


Bereits fünfzehn Stunden waren vergangen, dass man zuletzt etwas von Stevie oder Brandon gesehen oder gehört hatte.
Allmählich begann auch Larson daran zu glauben, dass den beiden irgendwie die Flucht gelungen war.
Dallas war neben ihm im Auto eingeschlafen. Wenn Larson nicht so beschäftigt gewesen wäre, hätte er den Anblick der schlafenden Frau neben sich auch genossen.
Er lies sie schlafen und suchte nach der ersten Telefonnummer in den Unterlagen, die er von Brandon angefertigt hatte.
Der erste Name auf der Liste war der von Brandon´s Ex-Verlobter. Im Grunde ahnte Larson, dass ihm die Frau keine Auskunft geben konnte. Aber vielleicht hatte sich der junge Mann doch bei ihr gemeldet.
Wie erwartet, hatte er keine halbe Stunde später nicht nur keine Antworten, sondern auch Kopfschmerzen.
Der zweite Name war der des Mechanikers, den Brandon während seiner Reise kennen gelernt hatte und mit dem er sich angefreundet hatte. Aber auch dieser konnte keine Auskunft über Brandon´s Verbleib machen. Auch wenn Larson es nicht wollte, hatte sein Anruf den Mechaniker in Sorge um seinen neugewonnen Freund gebracht.
Auch Brandon´s Freund in Vancouver, zu dem er eigentlich reisen wollte, konnte nichts sagen. Und auch er machte sich Sorgen.
Ein letzter Name blieb noch auf Larson´s Liste.

Ein kurzer Blick auf seine Uhr verriet, dass es bereits kurz vor elf in der Nacht war.
Der Tag war im Grunde wie im Flug vergangen. Und Larson hatte bis jetzt nichts erreicht.
„Sie sind weg, oder?“ kam müde von der Frau neben ihm.
Larson sah von seinem Telefon auf Dallas.
„Ich befürchte ja!“ gab er zu, „Bisher keine Spur von ihnen.“
Sie nickte nur und setzte sich wieder aufrecht.
„Können wir dann nicht im Hotel schlafen?“ fragte sie müde.
Er überlegte kurz, ehe er nickend zustimmte.
„Hier erreichen wir jetzt eh nichts mehr!“ meinte er verbittert.

Ehe er zum Hotel zurück fuhr, rief er auf der Polizeistation an und lies das Motorrad abschleppen.
Für ihn gab es weder einen Grund, das Gefährt weiter zu bewachen, in der Hoffnung dass irgendwer vorbei käme, noch es einfach so herumstehen zu lassen.
Larson wartete noch, dass man das Motorrad abschleppte und fuhr dann mit Dallas zum Hotel, wo er sich sein altes Zimmer geben lies.
Dallas bezog das Zimmer mit ihm. Ohne großes Gerede überließ er ihr das Bett, während er es sich auf dem Sofa bequem machte.
Im Grunde hätte er sich auch noch ein weiteres Zimmer oder eines mit zwei Betten geben lassen können, doch er war zu müde, um darüber genauer nachzudenken. Und Dallas wollte er nicht auch noch aus den Augen verlieren.
Er erhoffte sich etwas mehr aus der Gesellschaft mit der Brünetten. Wenn auch nur ein interessantes Gespräch. Oder vielleicht auch ein paar weitere Geheimnisse bezüglich Stevie.


Wells hatte ebenso ungeduldig wie der FBI-Agent bei dem Motorrad ausgeharrt.
Er konnte nicht glauben, dass ihm das Mädchen schon wieder entwischt war.
Er überlegte kurz was er nun tun sollte.
Das Motorrad wurde in Verwahrung der Polizei mitgenommen. Von Stevie und ihren Freunden gab es keine Spur.
Doch anders als der FBI-Agent, wollte sich Wells nicht so schnell zurückziehen.
Es musste irgendeinen Anhaltspunkt geben, so glaubte er.
Nur wusste er nicht wirklich wo er nun suchen sollte.

Auch er hatte seine Aufpasser in der Stadt verteilt.
Im Hotel gab es mindestens zwei Leute, die ihn anrufen sollten, wenn sie Stevie oder einen ihrer beiden Begleiter sehen würden. Doch bisher hatte sich niemand gemeldet.
Und auch seine Spione in der Stadt hatten ihm nichts sagen können.

Wütend warf Wells eine Münze.
Kopf, sich aufs Ohr legen und am nächsten Tag erneut in der Stadt nach dem Mädchen oder einen Anhaltspunkt zu ihren Aufenthaltsort suchen. Zahl, sofort losfahren, in der Hoffnung, etwas von ihr oder über sie zu finden.
Beides war im Grunde gleich schlecht. Beides ohne Aussicht auf Erfolg.
Zuletzt geändert von Nikita LaChance am Mi 23. Mai 2012, 09:38, insgesamt 1-mal geändert.
Nikita LaChance
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Registriert: So 27. Mär 2011, 09:30

Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Do 10. Mai 2012, 08:08

Kapitel LIV

Gleich nach dem Essen waren Stevie und Brandon zurück auf sein Zimmer gegangen. Keiner der beiden hatte Lust auf weitere neugierige Fragen von Brandon´s Mutter.
Brandon hatte sich gleich für seine Mutter entschuldigt, als er die Tür hinter sich geschlossen hatte und er und Stevie außer Hörweite seiner Mutter waren.
Stevie hatte dazu nichts gesagt. Nur ein wenig müde gelächelt.

Eric war wieder im Zimmer aufgetaucht und hatte sich auf Brandon´s altem Schreibtisch gesetzt.
„War interessant!“ meinte er schmunzelnd. Er verriet nicht genau was er damit meinte. Vielleicht meinte er, dass er es lustig fand, wie sehr Brandon versucht hatte, den Fragen seiner Mutter auszuweichen. Oder dass er interessant fand, was Brandon alles erzählt hatte.

Stevie hatte sich auf das Bett gesetzt und sah immer noch müde drein.
„Wir sollten vielleicht ein wenig schlafen!“ bemerkte Brandon daraufhin. Er blieb aber noch immer ein wenig ratlos bei der Zimmertür stehen.
Eric sah ihn fragend an.

„Es ist ja nicht so, als hättet ihr nicht schon einmal zusammen im Bett gelegen.“ brummte Eric dann, als er bemerkte, was das eigentliche Problem von Brandon war.
Stevie hatte sofort aufgesehen und war rot angelaufen.
„Was denn? Stimmt doch!“ protestierte Eric.
Brandon drehte sich leicht zur Tür und horchte.
„Kannst du vielleicht etwas leiser sein? Meine Mutter muss nicht wissen, dass ich hier noch jemanden am dem Zimmer hab!“ schimpfte er Eric an.
„Wieso? Hast du Angst vor ihr?“ witzelte dieser nur zurück.
„Eric, bitte.“ kam leise von Stevie und sie schüttelte den Kopf, als er zu ihr hinüber sah.
„Bin ja schon ruhig!“ meinte er dann und verschränkte angesauert die Arme vor der Brust.

Brandon hatte sich noch immer nicht von seinem Fleck bewegt und sah zwischen Stevie und Eric, der ihn genervt ansah, hin und her.
Eric hatte im Grunde recht. Und so ging Brandon langsam zum Bett hinüber und setzte sich zu Stevie.
„Ist das okay?“ wollte er von ihr wissen und kam sich dabei ein wenig albern vor.
Sie schmunzelte kurz und nickte.

„Wir sollen schlafen.“ murmelte sie leise, kroch weiter auf das Bett und legte sich hin.
Brandon schwieg und tat es ihr nach.
Für eine Weile lagen beide schweigend nebeneinander, beobachtet von Eric, der sich nicht von seinem Platz auf dem Schreibtisch wegbewegte.
Zwischen Brandon und Stevie hätte fast noch eine weitere Person Platz gehabt, soweit lagen sie auseinander.
„Erzähl mir von früher!“ bat Stevie Brandon und rückte näher zu ihm.
Sie ignorierte das kurze Aufblitzen in Eric´s Augen.
„Was soll ich groß erzählen?“ wollte Brandon wissen und blieb unsicher aufs seiner Seite des Bettes liegen.
„Irgendwas!“ meinte sie, „Was hast du als Kind so gemacht?“

Im Grunde wollte Stevie nur irgendeine Geschichte hören, die sie beruhigte und die ihr half einzuschlafen. Brandon hätte ihr auch ein Märchen erzählen oder etwas vorsingen können. Hauptsache es lenkte sie ab. Von allem.
Und so begann Brandon ihr von seinen jungen Jahren zu erzählen. Von wo er herkam, wer seine Freunde waren und was er gerne noch so alles erleben wollen würde.
Während des Erzählens war er näher zu Stevie gerückt und hatte sie schlussendlich in seine Arme genommen, so dass sie nun direkt neben ihm lag und er seine Nase halb in ihrem Haar hatte.

Eric konnte, obwohl das Licht im Zimmer gelöscht war, alles deutlich sehen. Und wie schon zuvor war er sauer, dass Brandon die Möglichkeit hatte, Stevie in seinen Armen zu halten.
Wie gern wäre er derjenige gewesen, der ihr Trost spendete.
Doch außer mit ein paar Worten hätte er ihr nicht helfen können.
Er hätte ihr nichts über seine Kindheit erzählen können. Und als einzigen Traum hätte er ihr sagen können, dass er sehr gern wieder in seinem Körper erwachen würde.
Und Stevie hätte sich dann vermutlich schuldig gefühlt, dass sie ihm nicht helfen konnte.

Nach einer Weile verließ er das Zimmer und seine beiden schlafenden Freunde. Er durchstreifte das Haus von Brandon´s Mutter, was ihn aber weder beruhigte noch irgendwie von seiner Misere ablenken konnte. Und so verließ er das Haus und geisterte gelangweilt durch die Straßen der Stadt.
Seine Gedanken waren irgendwo und nirgends. Sie kreisten um so viele Dinge, dass er sie selbst nicht mehr wusste, worüber er wirklich nachdachte.


Im Hotel hatte Larson seinen letzten Anruf doch noch getätigt.
Im Grunde hatte er auch nicht mehr damit gerechnet, irgendjemanden zu erreichen. Kaum jemand würde zu so später Stunde noch ans Telefon gehen.
Und so hatte er eine kurze Nachricht auf den Anrufbeantworter gesprochen, mit der Bitte um Rückruf.
Erst danach hatte er sich schlafen gelegt.


Obwohl seine Münze Kopf angezeigt hatte, und er eigentlich hatte sich daraufhin kurz aufs Ohr legen wollte, hatte er seinen Wagen gestartet.
Im war eine Idee gekommen, wo er Stevie wiederfinden würde.
Er wusste nicht genau, ob er mit seiner Idee richtig lag oder wann er sie wiederfinden würde. Aber er vertraute darauf, dass er sie so leicht wiederfand.

So steuerte Wells mit neuem Elan seinen Wagen die Straßen entlang. Hoffentlich seinem Ziel entgegen.
Er wollte Stevie unbedingt finden. Es fühlte sich so an, als würde er nicht mehr ruhe geben können, wenn er Stevie nicht einfangen könnte.
Er konnte sich dieses Gefühl allerdings nicht erklären.
Vielleicht war es nur der Ehrgeiz immer sein Ziel zu erreichen. Immer den Kunden zufrieden stellen zu können. Vielleicht war es aber auch nur eitler Stolz.


Mitten in der Nacht war Stevie aufgewacht.
Wieder hatte sie ein Albtraum aufgeweckt.
Für einen kurzen Moment war sie irritiert gewesen, wo sie sich befand. Und vor allem, wer sie so fest hielt.
Als sie erkannte, dass es Brandon war, beruhigte sie sich schnell wieder und kuschelte sich näher an ihn.
Auch wenn sie es sich nicht ganz erklären konnte, so fühlte sie sich doch mit ihm und bei ihm sicher.

Stevie schloss die Augen wieder und konzentrierte sich auf die tiefen Atemzüge von Brandon. Allmählich begann sie wieder einzudösen.
Brandon drückte sie im Schlaf näher an sich und es schien als wolle er sie nicht mehr so einfach von sich lassen.

„Es wird alles wieder gut.“
Schlagartig war Stevie wieder wach.
Sie konnte nicht viel erkennen. Dazu war es zu dunkel im Raum und sie hätte auch nicht viel erkennen können, da sie im Grunde Brandon´s Brust vor sich hatte.
„Wird wieder gut.“ kam erneut und Stevie erkannte, dass Brandon im Schlaf redete.
Sie schloss wieder ihre Augen. Aber an Schlaf war nicht zu denken.

Dieser kleine und unschuldige Satz hatte ihren Geist wieder geweckt.
„Ja. Alles wird wieder gut.“ flüsterte sie zurück.
Stevie suchte mit ihrer Hand nach Brandon´s Gesicht und strich ihm sanft über die Wange.
Obwohl er nicht wach war, reagierte er auf die Berührung und presste sein Gesicht ihrer Hand entgegen.
Stevie brauchte nichts zu sehen, um zu wissen, mit welchen Problemen sie zu rechnen hatte.

Noch einmal strich sie Brandon über die Wange, ehe sie ihr Gesicht Brandon´s ganz zuwandt.
Sie konnte seinen Atem auf ihren Mund spüren.
„Alles wird wieder gut.“ meinte sie noch einmal leise und presste Brandon sanft einen Kuss auf die Lippen.
Ohne aufzuwachen küsste er zurück.

Der Kuss dauerte nur Sekunden und dennoch fühlte er sich für Stevie viel länger an.
Und vermutlich würde sie ihn noch viel länger spüren. Oder die Folgen des Kusses.
Oder das, was danach kommen würde.

Vorsichtig und leise befreite sie sich aus Brandon´s Umarmung.
Glücklicherweise hatte er einen guten Schlaf und bekam davon nichts mit.
Nur ganz kurz legte sich seine Stirn in Sorgenfalten. Doch als sie ihm beruhigend durch die Haare fuhr, wurde er wieder ruhiger und atmete tief durch.

Stevie suchte im Dunkeln nach ihren Schuhen und schlüpfte leise in sie hinein.
Ohne Probleme fand sie auch ihren Rucksack. Nur ihre Jacke fand sie nicht.
Doch dies war ihr egal.
Mit ihrem Rucksack in der Hand stahl sie sich aus Brandon´s Zimmer und schloss leise die Tür hinter sich.

Alles im Haus war still.
Brandon´s Mutter schien längst im Bett zu sein und zu schlafen.
Dennoch schlich sich Stevie so leise wie möglich die Treppen hinunter.
Erst unten vor der Haustür wurde sie bemerkt.

„Wo willst du jetzt hin?“ wurde sie gefragt.
Aber es waren weder Brandon noch seine Mutter.
„Ich ...“ Sie hatte keine Antwort darauf.
Eric nickte nur und lies sie aus dem Haus gehen.
Er selbst sorgte dafür, dass die Tür hinter ihr wieder verschlossen war.
Nur kurz sah er in Richtung Brandon´s Zimmer, ehe auch er das Haus verließ, um Stevie zu folgen.
Er konnte sich nicht vorstellen wie Brandon reagieren würde.
Und obwohl er nicht wirklich verstand, weswegen Stevie sich mitten in der Nacht aus Brandon´s Haus stahl, so ahnte er doch, warum sie es tat.
Und auch wenn er Brandon in den letzten Tagen so sehr beneidet hatte, so hatte er doch jetzt auch Mitleid mit dem anderen Mann. Ein klein wenig zumindest.
„Es ist besser so.“ hörte er noch von Stevie, die, ohne sich noch einmal nach dem Haus umzusehen, die nächtliche Straße entlang ging. Mit Tränen in den Augen.
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Mi 23. Mai 2012, 09:35

Kapitel LV

Stevie ging die Straße entlang und ihr Rucksack erschien ihr mit einem Male viel schwerer als zuvor. Selbst die Schritte schienen beschwerlicher.
Sie hatte sich nicht vorstellen können, dass es ihr doch soviel ausmachte, sich von Brandon getrennt zu haben.
Eric folgte ihr in einigen Meter Entfernung. Er konnte spüren, dass sie im Moment mit ihren Gedanken lieber für sich sein wollte.
Er selbst war auch in Gedanken versunken. Er versuchte zu planen, wie nun seine und Stevie´s Reise weiter gehen sollte. Und vor allem wohin genau sie nun gehen mussten.

Erst nach knapp einer Stunde hielt Stevie erstmals an und wartete auf ihren stummen Begleiter.
„Ich weiß nicht wohin jetzt!“ gab sie zu und wischte sich die letzten Tränen aus dem Gesicht.
Eric sah sie ein wenig ratlos an.
„In welche Richtung willst du denn?“ wollte er dann von ihr wissen und sah sich um, so als würde ihm seine Umgebung die richtige Antwort geben.
Auch Stevie sah sich um.
„Zu Doyle.“ meinte sie leise und ging wieder los.
Noch immer hatte sie dabei keinen Schimmer, in welche Richtung sie gehen müsste.
Sie war in den letzten vier Monaten, und auch die Zeit davor, so weit umher gereist, dass sie längst nicht mehr genau sagen konnte, wohin sie eigentlich wollte.

„Wenn du wenigstens wüsstest, wo er wohnt ...“ seufzte Eric und folgte ihr wieder.
Stevie nickte nur stumm und schritt wieder langsamer.
Sie versuchte sich zu erinnern. An irgendwas, was mit Doyle zu tun hatte.
Doch sie kam lediglich auf die Sache mit dem Globus.
Aber dann fiel ihr noch etwas anderes ein.
Nur wusste sie nicht, ob es etwas mit Doyle zu tun hatte.


Brandon´s Mutter war in der Nacht kurz aufgewacht. Das fremde Mädchen unter ihrem Dach brachte sie ein wenig um den Schlaf.
Die Mutter machte sich Sorgen wegen ihr. Sie hatte Angst, dass sich ihr Junge in irgendeine große und dumme Sache manövriert hat. Dass das Mädchen, ihrem Jungen Ärger machte.
Es gab nichts, was Brandon hätte sagen können, um das ungute Gefühl, welches das Mädchen bei seiner Mutter auslöste, milderte oder gar vertrieb.
Im Gegensatz zu Josie, schien diese Stevie sehr viel mysteriöser, fragwürdiger und vor allem gefährlicher zu sein.

Die Mutter konnte jemanden über den Flur schleichen hören. Sie wartete darauf, dass die Schritte, welche aus dem Zimmer ihres Sohnes kamen, auch dorthin wieder zurück gingen oder zumindest in Richtung Bad entschwanden.
Doch sie konnte hören, wie die Person sich die Treppen hinunter stahl.
Dann hörte sie eine männliche Stimme. Eine Stimme, die ihr nicht bekannt war.
Ängstlich setzte sich die Mutter auf.

Ein Fremder schien im Haus zu sein. Rein gelassen von dem merkwürdigen Mädchen.
Vermutlich wollten die beiden das Haus nach Diebesgut untersuchen.
Vielleicht hatte das Mädchen Brandon etwas angetan.

Tausend Gedanken schossen der Mutter sofort durch den Kopf.
Doch dann hörte sie wie die Haustür auf und dann wieder zuging. Und beide Personen, der fremde Mann und das Mädchen, hatten das Haus verlassen.

Kurz wartete die Mutter noch, ehe sie leise und vorsichtig aus dem Bett stieg und sich an ihre Zimmertür schlich.
Sie lauschte noch einmal an ihrer Tür, ehe sie diese einen kleinen Spalt öffnete und in den Flur hinaus sah.
Und erst als sie erkannte, dass keine Gefahr herrschte, ging sie zum Zimmer ihres Sohnes.
Ohne auf weitere Geräusche zu hören oder auch nur an zu klopfen, riss sie die Tür auf und fragte nach ihrem Jungen.

Erst nach dem dritten Versuch reagierte dieser auch und öffnete verschlafen seine Augen.
„Was ist los?“ wollte er wissen und setzte sich auf.
Und dann bemerkte er, was los war.
„Wo ist sie hin?“ platzte es aus ihm heraus.
Schlagartig war Brandon hellwach und sprang aus dem Bett.

Seine Mutter sah ihn mit großen Augen an.
„Wo ist Stevie?“ wollte Brandon erneut von ihr wissen und schaltete das Licht neben seinem Bett an.
Noch immer gab ihm seine Mutter keine Antwort.
Sie sah ihn, etwas blass um die Nase, an.

Dann wollte sie wissen, was das Mädchen mit ihm gemacht hätte.
Brandon schüttelte irritiert den Kopf und suchte das Zimmer nach einem Anhaltspunkt von Stevie ab.
Ihr Rucksack war verschwunden. Einzig ihre Jacke lag noch über der Stuhllehne unter seiner Jacke.
„Wo ist sie hin?“ murmelte er mehr zu sich und zog sich seine Schuhe an.

„Was ist mit dir?“ Seine Mutter war besorgt.
Doch Brandon reagierte nicht auf sie.
„Was hat sie dir angetan?“
Brandon sah seine Mutter entsetzt an.
„Sie hat mir gar nichts angetan!“ schimpfte er enttäuscht, „Sie ist meine Freundin!“
„Sie ist aber gefährlich! Ich weiß es!“ gab die Mutter zurück und blieb in der Tür stehen, um ihrem Sohn den Weg abzuschneiden.
„Ist sie nicht!“ antwortete Brandon, schnappte sich seine und Stevie´s Jacke und schob seine Mutter beiseite, um aus dem Zimmer hinaus zu gelangen.

„Sie ist mit einem anderen Mann weg!“ rief ihm seine Mutter nach. Sie hoffte wohl, damit ihren Sohn aufzuhalten, der sich sehr sonderbar verhielt.
Doch wieder ignorierte Brandon sie und stürmte die Treppe hinab und aus dem Haus raus.

Während seine Mutter erschrocken über den Ausbruch ihres Sohnes wie angewurzelt im Flur ihres Hauses stand, lief Brandon die Straße entlang.
Aber er konnte weder Stevie noch Eric sehen.
Und so lief er den Weg zurück und in die andere Richtung.
Nur war diese Richtung genauso ergebnislos wie die zuvor.
Und auch die nächste Richtung, die er einschlug.
„Scheiße!“ schrie er in die Nacht hinein.

Er war nun vermutlich über eine Stunde erfolglos umher geirrt. Auf der Suche nach Stevie.
Doch er hatte keine Ahnung wohin sie gegangen sein könnte.
Er hatte ihr doch helfen wollen.
Und sie hatte ihn einfach so verlassen.

Er kam sich verraten vor.


Eric hatte Stevie in Richtung Stadtzentrum geführt. Dort, so vermutete er, würde es Stevie leichter finden eine Fahrmöglichkeit zu finden.
Vermutlich würde sie nun wieder per Anhalter fahren. Auch wenn er dies eigentlich nicht ganz so gerne sah.

Immer wieder war Stevie kurz stehen geblieben, so als hätte sie Zweifel an ihrer Flucht oder als sei sie müde geworden. Doch wortlos hatte sie dann den Weg wieder aufgenommen und war weiter gegangen.

Nach einer ziemlich langen Weile erreichten sie eine Bushaltestelle.
Zu ihrem Glück lies der nächste Bus auch nicht allzu lange auf sich warten.
Stevie war es egal, wohin der Bus fuhr. Hauptsache ihre Reise ging weiter.
Sie zahlte, mit dem Geld was ihr Eric vor einer Weile besorgt hatte, und suchte sich einen Platz in der letzten Reihe.
Eric folgte ihr unsichtbar und setzte sich zu ihr. Sein Spiegelbild war deutlich in den Scheiben des Busses zu erkennen und so wusste Stevie, dass er neben ihr war und sie besorgt musterte.

Während der Bus nun seinen Weg durch die nächtlichen Straßen Calgarys bahnte, immer weiter in die Stadtmitte, hatte es zu regnen begonnen.
Stevie kam sich vor wie in einem billigen Film. Gerade wenn es emotional wird, setzt der Regen ein.
Sie schloss ihre Augen und versuchte noch ein wenig vor sich hin zu dösen.
Sie wusste, dass sie all ihre Energie noch brauchen würde auf ihrer Reise.

Eric saß stumm neben ihr. Immer wieder kam ihm in den Sinn, dass es nicht gut war, dass sie Brandon zurück gelassen hatten.
Irgendwie hätte Brandon noch nützlich sein können. Und auch wenn Eric es nicht zugeben würde, so schätzte er den anderen Mann doch als guten und hilfsbereiten Freund.
Aber auch ein weiterer Gedanke beschäftigte Eric.
Während er so über den bisherigen Weg, den er zusammen mit Stevie beschritten hatte nachdachte, kam ihm wieder das seltsame Treffen mit dem Autisten in den Sinn.
Viel mehr erinnerte sich Eric aber an die Zeichnungen, die der junge Mann gemacht hatte. Einige davon waren von Stevie gewesen. Und inmitten der Sammlung der handgefertigten Bilder hatte ein weiteres gehangen, welches nicht dem Stil des Autisten entsprach.
Damals hatte sich Eric nur kurz gefragt, was das Bild dort zu suchen hatte.

Erst jetzt kam es ihm wieder in den Sinn, dass das Bild nicht von dem Autisten gezeichnet worden war und das Datum auf eine Zeitraum hinwies, in dem Stevie die Stadt damals besucht hatte.
Und auch erst jetzt fiel ihm die Ähnlichkeit zwischen der Schrift bei dem Datum und die von Stevie´s Handschrift aus ihrem Notizbuch auf.
Eric hatte Stevie nie gefragt, ob sie zeichnen könnte. Er hat sie auch nie wirklich dabei beobachtet. Doch der Junge, dessen Name Eric nun nicht einfallen wollte, hatte etwas davon erwähnt, dass er zusammen mit Stevie gezeichnet hätte.
„Ich weiß, wo wir hin müssen.“ flüsterte Eric, um nicht weitere Insassen des Busses aufmerksam zu machen.

Stevie öffnete kurz die Augen und sah mehr oder weniger in seine Richtung. Da er noch immer unsichtbar war, konnte sie nur abschätzen, wohin sie sehen musste.
„Ich weiß, wohin.“ meinte er erneut, ohne zu sagen, warum er sich so sicher sei. Oder wo der Ort läge, zu dem die Reise nun gehen sollte.
Zuletzt geändert von Nikita LaChance am Di 19. Jun 2012, 08:13, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Mi 23. Mai 2012, 09:36

Kapitel LVI

Wells hielt kurz an einer Tankstelle an. Ein notwendiger und nerviger Stopp.
Viel lieber wäre er noch weiter gefahren.
Zwar hatte er Stevie und ihre Freunde mehr oder weniger aus den Augen verloren, doch er erhoffte sich, ihre Spur wiederzufinden.
Einer seiner Spitzel vom Hotel hatten ihm mitgeteilt, dass Larson zusammen mit der Brünetten zurückgekehrt waren und sich für die Nacht hatten im Hotel einquartiert. Und derselbe Spitzel hatte ihm eine Bildnachricht zukommen lassen, die er heimlich hatte machen können.
Inmitten des Wirrwarrs aus Papier, war auf dem Bild mehrere Zeilen deutlich zu lesen gewesen.
Anfangs hatte Wells nicht gewusst, was er mit dem Foto anfangen sollte.
Doch dann hatte er recht schnell erkannt, was genau auf dem Foto zu sehen war.

Sein Spitzel hatte ihm einen Einblick in die Notizen von Larson geben können. Genauer gesagt in die Akte, die Larson über Stevie´s Begleiter Brandon angelegt hatte.
Und deutlich waren darin einige Adressen und Telefonnummern vermerkt.
Dank der Nachricht seines Spitzels, wusste Wells nun wohin er fahren musste.


Eric hatte ihr nicht gesagt, wohin die Reise seines Glaubens nach nun gehen sollte.
Ohne eine Erklärung war er kurz verschwunden und tauchte nur Sekunden später wieder auf. Diesmal sichtbar und mit etwas in seinen Händen.
„Julian, dein autistischer Freund von damals, hatte das hier in seinem Zimmer!“ erklärte Eric aufgeregt und hielt seinen Fund Stevie hin.
Etwas irritiert sah sie darauf.
„Das ist eine Zeichnung.“ stellte sie nur fest und erwartete eine genauere Erklärung von Eric.
„Julian hat das Bild nicht gemalt.“ meinte Eric nur, „Es ist von dir!“
Noch immer wusste Stevie nicht, was es mit der Zeichnung auf sich hatte.
„Du hast es vor deinem Unfall gemalt. Bevor du dein Gedächtnis verloren hast.“
Stevie sagte nichts. Sie sah immer wieder zwischen Eric und dem Bild hin und her und wartete im Grunde noch immer auf eine Erkenntnis.

„Das muss ein Ort sein, den du kennst!“
„Und?“
Eric rollte genervt die Augen.
„Du hast die Landschaft hier gemalt.“ Eric zeigte auf das Bild, „Es muss dir also etwas bedeutet haben.“
„Aber ich kann mich nicht daran erinnern.“
Eric holte tief Luft und ignorierte den Drang, sie darauf hinzuweisen, dass sie sich im Grunde, dank ihrer Amnesie noch nicht einmal an ihren Namen erinnern konnte.
„Das ist ein Anhaltspunkt!“ meinte er etwas genervt, „Wenn wir den Ort finden, finden wir auch Doyle!“
„Wieso?“
Stevie´s Frage lies er unbeantwortet.
Gedankenverloren sah er auf die Zeichnung und versuchte herauszubekommen, wo er die Landschaft schon einmal gesehen hatte.


Brandon irrte noch immer im Regen die Straße vor dem Haus seiner Mutter umher. Immer noch auf der verzweifelten Suche nach Stevie oder Eric.
Immer wieder rief er den Namen von ihr in die Nacht. Doch seine Rufe blieben unbeantwortet. Einzig ein paar Nachbarn beschwerten sich über den Lärm.

Seine Mutter hingegen stand wortlos und besorgt in der Haustür. Sie konnte ihren Jungen sehen und auch hören.
Dann bemerkte sie das blinkende Licht ihres Anrufbeantworters.
Da sie nun eh wach war, wollte sie nachsehen, wer sie da angerufen hatte.
Vielleicht gab es ja schon eine Nachricht von dem Mädchen.
Sie hoffte es, denn so würde sich Brandon vielleicht wieder beruhigen.

„Sie haben zwei neue Nachrichten!“ verkündete die mechanische Stimme und spielte beide Nachrichten ab.
Gespannt lauschte die Mutter den Nachrichten. Beruhigt war sie danach nicht. Viel eher machte sie sich nun noch mehr Sorgen.
Beide Anrufer hatten um Rückmeldung gebeten. Beide klangen gleichermaßen dringlich.
Und obwohl es noch immer tiefe Nacht war, wählte sie die erste Nummer.


Nach seinem kurzen Stopp ging es weiter. Nun mit einem genaueren Ziel vor Augen, machte ihm die Reise oder vielmehr die Suche wieder mehr Spaß.
Für ihn war es wie eine Jagt. Nur dass seine Beute kein Kleinwild im Wald war.
Seine Beute war nun ein Mädchen. Geheimnisvoll, seltsam und auch irgendwie anziehend.

Wells erinnerte sich noch genau an das letzte Zusammentreffen mit ihr.
Er hatte sie gefunden gehabt, gefangen und sie dann zum Treffpunkt mit seiner mysteriösen Auftraggeberin gebracht.
Und auch wenn er es nicht zugeben würde, so hat es ihm doch auch Spaß gemacht, was nach der Übergabe gewesen war.
Er hätte nie daran gedacht, dass es ihm so sehr gefallen könnte.
Und er hätte auch nie geglaubt, dass seine Auftraggeberin, die nach außen hin eher wie eine einfache Sekretärin wirkte, in Wirklichkeit solch eine Härte zeigen konnte und diese andere mit Vorliebe spüren lies.
Längst war es nicht mehr nur um das gestohlene Schmuckstück gegangen.

Woran sich Wells nicht erinnern konnte, da er es nicht miterlebt hatte, war, wie Stevie entkommen war.
Sie war auf einmal verschwunden. Ebenso wie die Auftraggeberin, die im Grunde eigentlich noch immer hatte ihre Ware zurück haben wollen.


„Hier sollten wir aussteigen!“ meinte Eric und riss Stevie aus ihren Gedanken.
Der Bus hatte an dem Bahnhof gehalten und einige der anderen Fahrgäste stiegen nun ebenfalls aus.
Stevie wartete nicht erst auf eine Erklärung.
Sie schnappte sich ihren Rucksack und verließ, gefolgt von Eric, der sich wieder unsichtbar machte, den Bus.

Draußen bemerkte sie nun dass es nicht nur kalt war, sondern auch noch immer regnete.
Innerhalb weniger Sekunden war sie durchnässt und rannte unter das schützende Vordach des Bahnhofs.
Eric wurde wieder sichtbar und stand mit der Zeichnung, die er zusammengerollt in der Hand hielt, neben ihr.
„Wir könnten den Zug nehmen!“ erklärte er, „Ist sicherer als per Anhalter zu fahren. Und es ist ein wenig genauer!“
Stevie nickte nur.
Sie war müde, ihr war kalt und ihre Kleidung war nass.

Eric lief voraus in den Bahnhof hinein und zur nächstbesten Anzeigetafel, die er ausgiebig studierte.
Stevie sah sich ein wenig eingeschüchtert von der Größe des Bahnhofs um, ohne Eric von der Seite zu weichen.
Wieder einmal kam ihr in den Sinn, dass es töricht war, Brandon zurück zulassen.

„Ich hol die Fahrkarte!“ meinte Eric und ging zielstrebig, ohne zu sagen, wohin die Reise nun gehen sollte, zum Fahrkartenschalter.
Stevie blieb zitternd an Ort und Stelle stehen und sah sich immer wieder um.
Ein ungutes Gefühl überkam sie an dem Ort.
Nicht dass sie sich erinnern konnte, jemals in diesem Bahnhof oder in der Stadt gewesen zu sein. Doch sie hatte das Gefühl, dass sie schon einmal in dieser Situation gewesen sei.
Ziellos auf der Flucht. Und dann war etwas passiert.


Brandon war völlig durchnässt und heißer vom Rufen ins Haus zurückgekehrt.
Er reagierte nicht auf die Fragen seiner Mutter.
Er rannte hinauf auf sein Zimmer und schnappte sich seinen Rucksack.
Doch noch bevor er damit wieder aus dem Haus rennen konnte, hielt ihn seine Mutter auf.

„Du solltest sie gehen lassen! Sie ist gefährlich!“ erklärte sie ihm.
„Sie ist nicht gefährlich!“ schimpfte er zurück und versuchte erneut, sich an ihr vorbei zu stehlen.
Doch diesmal lies sie ihn nicht so einfach gewähren.

„Sie wird gesucht! Sie ist gefährlich! Und du bringt dich nur unnötig in Gefahr, wenn du ihr folgst!“ Sie versuchte es mit ihrer strengen Stimme.
Allerdings hatte diese Stimme, seitdem er in das Teenageralter gekommen war, längst ihre Autorität verloren.
„Sie ist nicht gefährlich!“ gab er erneut zurück, diesmal aber nicht mehr so hart wie zuvor. „Sie ist in Gefahr!“
Seine Mutter glaubte ihm kein Wort.
Sie hatte die beiden Nachrichten auf ihrem Anrufbeantworter gehört. Beide hatten deutlich gemacht, wie kriminell das Mädchen sein musste oder in welch dunklen Machenschaften sie verwickelt sein musste. Und sie wollte nun nicht, dass Brandon sich noch tiefer darin verstrickte als er vermutlich ohnehin schon war. Sie wollte ihn sicher wissen.

„Ich muss ihr helfen!“ erklärte Brandon erneut.
Er legte eine Hand auf die Schulter seiner Mutter und beugte sich zu ihr hinunter.
Sie war kurz erstarrt, da sie nicht wusste, was er nun tun würde.
„Tut mir leid, Mom!“ flüsterte er, gab ihr einen Kuss auf die Wange und stieß sie sanft zur Seite.
Noch ehe sie reagieren konnte, war er mit seiner Tasche aus dem Haus hinaus und erneut in der Nacht verschwunden.
Doch diesmal hörte sie ihn nicht nach dem Mädchen rufen.

„Was hat sie dir nur angetan?“ wollte seine Mutter wissen, obwohl sie darauf keine Antwort erhalten würde.
Sie hatte sich so gefreut ihren Jungen wieder zusehen.
Doch schon wenige Stunden, nachdem er zu ihr gekommen war, war er wieder verschwunden. Und diesmal war sie sich nicht einmal sicher ob sie ihn wohlbehalten wiedersehen würde.
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Di 19. Jun 2012, 08:15

Kapitel LVII

Der Anruf hatte ihn überrascht und ein wenig irritiert hatte er sein Telefon angestarrt, ehe er sich endlich in Bewegung gesetzt hatte.
Brandon´s Mutter hatte sich zurück gemeldet. Im Grunde hatte er nicht mit ihrem Anruf gerechnet. Vor allem nicht zu so später Stunde.

„Sie ist hier gewesen!“ hatte die alte Dame gesagt und dann erklärt, dass sie ohne ihren Sohn weiter gezogen sei.
„Ist sie wirklich …?“ hatte die Frau am anderen Ende begonnen zu fragen. Doch sie ließ den Satz unbeendet, so als hätte sie Angst vor der Antwort.
Im Hintergrund des Telefonats war eine weitere Stimme zu hören. Fast schon heißer rief jemand nach einem Namen.

„Was ist passiert?“ Die verschlafene Stimme hinter ihm ließ ihn kurz aufschrecken.
Larson streifte sich sein Shirt wieder über, ehe er antwortete:
„Brandon´s Mutter!“
Mehr sagte er nicht.
Dallas, die ihn noch immer müde ansah, setzte sich langsam auf und strich sich die Haare zurück.
„Stevie war da gewesen.“ erklärte Larson während er sich weiter anzog, „Sie ist aber ohne Brandon verschwunden!“

Nun war Dallas wach. Und verwirrt.
„Sie ist ohne ihn weiter?“
Larson nickte nur und begann, nachdem er nun so gut wie fertig eingekleidet war, seine Unterlagen zusammen zu sammeln.
Dallas stand nun ebenfalls auf und zog sich ihre Sachen über.
Hätte sie mehr Zeit gehabt, hätte sie vermutlich noch einmal frisches Make-Up aufgelegt oder hätte sich ein anderes Oberteil gesucht. Doch sie wusste dass Larson schnell weiter wollte. Und sie wollte ihn nicht einfach allein wegfahren lassen.
Larson sagte nichts dazu. Weder trieb er sie zur Eile an, noch sagte er etwas darüber, ob er sie überhaupt noch dabei haben wollte.

Fast zeitgleich waren sie mit Umziehen und packen fertig und wortlos verließen sie nacheinander das Hotelzimmer.
Nur kurz verschwand Larson an der Rezeption des Hotels. Gab den Schlüssel zurück und die Anweisung noch immer nach Hinweisen auf Stevie und ihre beiden Freunde Ausschau zu halten, wenngleich er sich aus der Richtung nichts mehr erhoffte.
Dann ging es mit dem Auto weiter.

Auch wenn Stevie längst ihren letzten Aufenthaltsort verlassen hatte und wieder sonst wohin unterwegs war, wollte Larson bei Brandon´s Mutter vorbei schauen.
Dort würde er vielleicht irgendetwas finden. So hoffte er.


Eric hatte noch immer nicht gesagt, wohin die Reise gehen sollte.
Er hatte einfach ein paar Fahrkarten für Stevie gekauft und hatte sie zu dem Bahngleis geführt.
Stevie stand schweigend und nachdenklich neben ihm.
Noch immer versuchte sie sich an irgendetwas zu erinnern, was ihre Zeit vor ihrem Unfall oder vielmehr dem Aufenthalt in dem Krankenhaus vor über vier Monaten gewesen war.
Doch immer wieder kam ihr Brandon in den Sinn. Auch wenn sie es nicht wollte.

Eric wusste nicht was er machen sollte.
Immer wieder fiel sein Blick auf das schweigende Mädchen neben ihm.
Sie schien verletzbarer als sonst. Nicht dass sie es nach außen hin besonders zeigte. Doch er kannte sie inzwischen schon gut genug um zu sehen, wann es ihr schlecht ging und sie im Grunde Trost brauchte. Nur war er sich nicht sicher, ob er der richtige war, der ihr nun Trost spenden konnte.
Und so schwieg er.

Nach etwas mehr als einer halben Stunde fuhr ein Zug in den Bahnsteig ein und Eric deutete an, dass Stevie diesen Zug nehmen sollte.
„Wohin?“ wollte sie müde von ihm wissen.
„Hoffentlich in die richtige Richtung!“ war alles was Eric antwortete, ehe er sich wieder in Luft auflöste.
Stevie stieg ein, suchte sich einen ruhigen und einsamen Platz und ließ sie da nieder.

Ihren Rucksack stellte sie neben sich auf den Sitz in Richtung Gang, so dass sie sich ein wenig abgeschirmt vor kam. Sie ignorierte alle anderen Fahrgäste, die ebenfalls einstiegen und einen Sitzplatz suchten.
Sie wollte mit niemanden reden. Sie wollte einfach nur allein sein.


Wells war schneller unterwegs, als er es selbst dachte. Und so brauchte er auch weniger Zeit als veranschlagt, bis er sein Ziel erreichte.
Er hatte nicht erwartet, eine Nachricht auf seinen Anruf zu erhalten. Aber einen Versuch war es wert gewesen.
Nur noch wenige Straßen trennten ihn von seiner Zieladresse.
Der Regen, der vor wenigen Stunden hatte eingesetzt war noch stärker geworden und erschwerte die Sicht ein wenig. Dies allerdings veranlasste Wells nicht zur Vorsicht.

Auf den Straßen war eh um diese Zeit wenig los und bei dem Wetter würde auch niemand freiwillig vor das Haus gehen. So würde auch niemand in seine Quere kommen und ihn zum langsameren Fahren zwingen.
Nur wenige Häuser waren erleuchtet. Allerdings war dies auch eher eine Art Vorstadtsiedlung. Die Stadtmitte, die man von weitem aus sehen konnte, brannten genügend Lichter um selbst die Regenwolken darüber zu erhellen.

Sein Navigator piepste und wies daraufhin, dass er in wenigen Metern sein Ziel erreicht hätte.
So hielt Wells nur wenig später vor dem Haus, welches als Adresse von Brandon Norman´s Mutter ausgewiesen war.
Er musterte kurz das Haus vor sich. Die Fenster der unteren Etage waren hell erleuchtet.
Wells suchte seine Pistole hervor und überprüfte sie kurz, ehe er sie sich in den Hosenbund steckte und die Jacke darüber zog.
Noch einmal warf er einen prüfenden Blick die Straße entlang, ehe er aus seinem Wagen stieg.
Den Regen versuchte er zu ignorieren. Allerdings gelang ihm dies nicht sehr lang, da er innerhalb kürzester Zeit durchnässt war.

Mit schnellen und festen Schritten ging er zur Haustür hinüber und klingelte.


Eric hatte sich Stevie gegenüber gesetzt und beobachtete sie heimlich, still und leise.
Er hatte ihr nicht gesagt, wohin die Fahrt nun gehen würde. Allerdings hatte sie ihn auch nicht mehr danach gefragt.
Er hoffte, lediglich, dass er richtig lag und er sie auf den richtigen Weg geschickt hatte.

Stevie war noch kurz bevor der Zug sich überhaupt in Bewegung gesetzt hatte eingedöst.
So hatte sie noch nicht einmal mitbekommen, wie Eric eine Jacke, die von irgend woher geholt hatte, über sie gelegt hatte.
Auch sah sie seine Besorgnis nicht.

Immer wieder blickte er auf die Zeichnung in seinen Händen. Er suchte nach Anhaltspunkten wo genau sich das Haus auf der Zeichnung befinden könnte.
Das Haus stand inmitten einer bergigen Region. Deutlich war im Hintergrund ein Wald und auch ein Hafen zu erkennen. Ebenso wie eine Großstadt.

„Ich weiß, wo das ist!“ ging ihm durch den Kopf.
Er wusste zwar nicht mehr wann genau, aber er war schon einmal in der Gegend gewesen.
Er hatte die Stadt und den Hafen gesehen. Und wenn er genau darüber nachdachte, so hatte er auch das Haus schon einmal gesehen.
Allerdings sah es da längst nicht mehr so freundlich aus, wie auf der Zeichnung.

Wenn er sich so recht daran erinnerte, hatte der kleine Garten verwildert ausgesehen. Einige der Fenster waren eingeschlagen worden und der ganze Ort hatte gewirkt als hätte in den letzten Jahren niemand mehr dort gewohnt.
Und dennoch war Eric sich sicher, dass genau dies der Ort war, wo Stevie hingehen sollte.


Sie hatte sich versucht zu verstecken. Doch man hatte sie gefunden und ehe sie auch nur überhaupt nach Hilfe rufen konnte, hatte man sie gepackt und überwältigt.
Als sie zu sich gekommen war, hatte sie sich in einem dunklen Raum wiedergefunden.
Und noch mehr als dieser Raum machte ihr die ganze Situation Angst.

Anfangs hatte sie nicht verstanden, was man von ihr wollte.
Es ging um irgendein Schmuckstück welches sie aus irgendeiner Vitrine gestohlen haben sollte. Sie konnte sich nicht wirklich daran erinnern.
Doch das Interesse ihrer Entführer hatte nicht nur an dem Schmuckstück gelegen.
Die Frau ihr gegenüber grinste, bevor sie zuschlug.

Irgendwann zwischen all den Schlägen schrie die Frau sie an. Wütend, gehässig und verachtend. Doch die Schmerzen waren zu stark um auch nur auf eines der Worte zu hören.
Insgeheim wünschte sie nichts sehnlicher, als das die Schmerzen einfach enden würden. Einfach alles vorbei sei.

Nur schien alles von vorn zu beginnen.


Eric bemerkte Stevie´s Unruhe.
Kein anderer Fahrgast zeigte Interesse an ihm und an dem schlafenden Mädchen, welches eindeutig von Albträumen geplagt wurde.
„Hey.“ Er versuchte sie zu wecken, doch sie reagierte nicht auf ihn.
Besorgt sah Eric sich um.

Er wusste nicht wirklich was er tun sollte.
Stevie wollte nicht aufwachen. Immer wieder zuckte sie zusammen, so als würde man sie schlagen. Auch wimmerte sie, als habe sie Schmerzen.
„Wach auf!“ bettelte er sie an und schüttelte sie seicht an den Schultern.
Doch noch immer war sie fest in ihrem Albtraum gefangen.

Er konnte nur vermuten, dass neben den Albträumen auch ihr Fieber zurück gekehrt war. Spüren konnte er es nicht.
Und wieder fluchte er innerlich darüber, dass sie Brandon zurück gelassen hatten. Er würde vermutlich besser wissen, was nun zu tun sei.
„Stevie, du musst aufwachen!“ bat Eric erneut und strich ihr über die Wange.


„Du solltest gar nicht da sein!“ schimpfte die Frau, ehe ein weiterer Schlag das Mädchen traf.
„Du hast alles kaputt gemacht!“ Wieder ein Schlag.
Das Mädchen konnte nichts tun, als alles über sich ergehen zu lassen.
Sie war längst viel zu schwach und im Grunde kaum bei Bewusstsein.
Doch selbst als das Mädchen keine Reaktionen mehr zeigte, schlug die Frau weiter auf sie ein.
Erst eine halbe Stunde später gab sie Ruhe und verließ den Raum.

Wie lange sie gefangen war, wusste sie nicht und auch wusste sie noch immer nicht wer sie gefangen hielt. Oder warum.
Die Frau betrat erneut den Raum. Ihr Begleiter nur einen Schritt hinter ihr. Er wirkte ein wenig überrascht aber auch belustigt über das blutverschmierte Wesen vor sich.
„Sie wird es nicht mehr lange machen!“ war seine Feststellung.
Die Frau hatte ihn daraufhin scharf angesehen und ihn des Raumes verwiesen.
Dann hatte sie sich wieder dem Mädchen zu gewandt.

„Du wirst dich an mich erinnern!“ meinte sie zu ihrem Opfer.
„Du wirst dich daran erinnern, was du getan hast!“
Und wieder ließ sie ihre Wut an dem Mädchen aus.


Noch immer kämpfte Eric um Stevie´s Aufmerksamkeit. Und noch immer schaffte er es nicht, sie aus ihrem Albtraum zu wecken.
Er war regelrecht verzweifelt.
Einerseits weil er Stevie nicht helfen konnte. Und andererseits, da niemand ihm helfen wollte.

In dem Abteil saßen lediglich drei weitere Fahrgäste, von denen zwei selbst schliefen. Und der dritte Fahrgast interessierte sich nicht für das Geschehen ein paar Sitze weiter.

Und so konnte Eric Stevie lediglich festhalten und ihr ins Ohr flüstern, dass sie in Sicherheit sei.
Selbst wenn er wusste, dass dies längst nicht der Wahrheit entsprach.


Als sie wieder zu Bewusstsein kam, war etwas anders.
Zwar tat ihr noch immer alles weh, das Atmen fiel ihr schwer und sie war noch immer in dem dunklen und modrigen Raum. Doch irgendwas war anders.
Es war seltsam ruhig.
Und vor allem war sie nicht mehr fest gebunden.

Vorsichtig kroch sie auf eine Wand zu und zog sich langsam nach oben.
Sie konnte spüren, dass ihre Beine jeden Moment wieder nachgeben würden. Doch sie musste es versuchen.
Sich an der Wand abstützend schritt sie langsam voran in Richtung Tür.
Nikita LaChance
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Di 19. Jun 2012, 08:15

Kapitel LVIII

Brandon war im Regen durch die Straßen gelaufen.
Er wusste nicht wirklich wohin er nun gehen sollte. Immerhin hatte er seine beiden Begleiter schon vor Stunden aus den Augen verloren und würde sie nicht so einfach wiederfinden.
Er hatte nicht den geringsten Anhaltspunkt, wo er nach ihnen suchen sollte.
Er hatte lediglich eine einzige Adresse. Nur wusste er nicht, was diese ihm bringen sollte.

Insgeheim hoffte er, dass Eric sich um Stevie kümmern würde. Doch was wenn er es nicht konnte?
In den vergangenen Tagen war so vieles passiert, was er noch immer nicht verstand. Und auch wenn Stevie noch immer ein großes Mysterium für ihn war und Gefahr bedeutete, so hatte er das Mädchen doch auch irgendwie ins Herz geschlossen. Oder sogar mehr.

Ihre Jacke hatte er irgendwann in seinen Rucksack gepackt.
Einerseits bereute er es nun, sein Motorrad zurück gelassen zu haben. Andererseits war es zu dem Zeitpunkt nicht anders gegangen. Und nun war dies nicht mehr zu ändern.
Brandon blieb nun nichts anderes übrig sich auf die öffentlichen Verkehrsmittel zu verlassen oder es als Anhalter zu versuchen.
Nur würde er um diese späte oder frühe Stunde, je nachdem wie man es sah, nicht so einfach haben, jemanden zu finden, der ihn mitnahm.


Noch ehe sie aus der Tür hatten gehen können, wurde sie zurück in den Raum gestoßen.
Und ohne es wirklich zu wollen fiel sie einfach nach hinten und zu Boden.
Für einen Moment war ihr schwarz vor Augen. Und als sie wieder zu sich kam, stand die fremde Frau wieder über ihr.
„Wo willst du hin?“ knurrte sie sie an, „Wir sind hier noch längst nicht fertig!“

Irgendein Geräusch ließ die Frau kurz hinter sich sehen und das Mädchen nutzte die Chance und trat ihr in die Beine.
Erschrocken und vor Schmerz ging die Frau zu Boden.
Der Moment blieb nicht ungenutzt und das Mädchen rappelte sich wieder auf.
Sie konnte selbst nicht sagen, woher sie plötzlich die Energie besaß. Doch dies war auch nicht weiter von Interesse in dem Moment.
Sie musste nur raus aus dem Raum. Raus aus dem Gefängnis. In die Freiheit.

„Lauf!“ hörte sie jemanden rufen. Doch dies konnte auch die Stimme in ihrem Kopf sein, der sie Folge leistete.
Immer weiter ging sie, ohne wirklich auf irgendetwas zu achten.
Es war als würde ihr Körper ohne ihren Geist agieren. Als wäre sie nicht bei Sinnen.

Erst auf der Straße kam sie kurz zu sich.
Sie wusste weder wo sie war, noch wohin sie gehen könnte.
Ihr einziger Gedanke war, dass sie fort musste.

Ein fremder Mann und seine Begleiterin standen ihr plötzlich gegenüber. Beide sahen sehr besorgt und auch verängstigt aus.
Sie konnte nicht hören, was man ihr sagte.
Sie wollte ihnen lediglich antworten, dass sie nach hause wollte. Doch ihre Stimme blieb ungehört.
Und nach einer Weile gab sie sich einfach der Schwärze, die sich immer mehr in ihrem Geist und vor ihren Augen ausbreitete hin.


„Stevie!“ Eric strich ihr noch immer über die Haare.
Er hatte den Rucksack auf die andere Seite gestellt, sich neben Stevie gesetzt und sie an sich gedrückt.
Dass sie noch immer keinerlei Reaktionen zeigte, beunruhigte ihn immer mehr. Nur wusste er nicht, wen er um Hilfe bitten sollte. Vor allem wollte er sich nun nicht allein lassen.
„Wach auf! Bitte!“
Er konnte fühlen, wie ihm Tränen über die Wangen liefen. Doch er ignorierte es.
„Stevie!“

„Was ist?“ kam ganz leise von ihr.
Er hatte nicht bemerkt, wie sie aufgewacht war.
Unbeabsichtigt drückte er sie noch fester an sich, sodass sie ein klein wenig erschrocken seine Arme zu lockern versuchte.
„Du hast mich erschrocken.“ meinte er und begann wieder über ihre Haare zu streichen.
Auch wenn er sie in seinen Armen nicht spüren konnte, so wollte er sich nicht loslassen.
„Ich hab … was schlechtes geträumt.“ murmelte sie müde.
Eric nickte nur stumm.

„Fahren wir nach hause?“ wollte sie von ihm wissen.
Doch noch ehe er ihr eine Antwort geben konnte, war sie wieder eingeschlafen.
Diesmal aber schien sie etwas ruhiger zu schlafen.


Misses Norman, Brandon´s Mutter, saß ein klein wenig eingeschüchtert in ihrem Wohnzimmer und starrte in Richtung Haustür.
Vor wenigen Minuten war ihr Sohn gegangen. Fast schon im Streit.
Und sie wusste noch nicht einmal genau, warum.

Das Klingeln an der Haustür riss sie aus ihren Gedanken und erleichtert sprang sie auf.
Sie hoffte, dass es sich Brandon anders überlegt hatte und zurück gekehrt war.
Sie wollte gerade ihre Freude zu Ausdruck bringen, als ein völlig Fremder vor ihr stand.
Für einen Moment war sie sprachlos.

„Sie … Sie wünschen?“ kam ihr etwas zaghaft über die Lippen.
„Ich suche ihren Sohn!“ gab der Mann zu verstehen und setzte ein Lächeln auf.
Doch dies war kein beruhigendes und freundliches Lächeln.
Brandon´s Mutter starrte den Mann vor sich irritiert an. Seine Stimme kam ihr bekannt vor.
„Was wollen Sie von Brandon?“

Der Mann überlegte kurz und musterte sie.
„Es geht um seine Begleiterin!“ antwortete er dann.
Brandon´s Mutter hatte dies längst geahnt.
„Sie ist nicht hier!“
Der Mann aber lies sich mit der Antwort nicht abspeisen. Noch einmal musterte er die Frau vor sich, ehe er sie finster ansah.
„Ich suche das Mädchen, was in Begleitung ihres Sohnes ist!“ wiederholte er, „Wo ist sie?“

Noch ehe Misses Norman ihm antworten oder die Tür vor der Nase zuschlagen konnte, hatte der Mann sie ins Innere ihres Hauses gestoßen und war einfach eingetreten.
„Sie ist nicht hier!“ schrie Misses Norman den ungebetenen Gast an, „Sie ist weggelaufen!“
Doch der Mann ignorierte sie und war bereits dabei die untere Etage abzusuchen.

Aber ehe die Frau ihrer Drohung, die Polizei zu rufen, wahr machen konnte, hielt er ihr eine Waffe vor das Gesicht.
„Wohin ist sie verschwunden?“ wollte er wissen.
Misses Norman starrte erschrocken auf die Waffe und wagte sich weder zu rühren noch zu antworten.
Sie hatte es schon von Anfang an geahnt. Das Mädchen, Stevie, wie Brandon sie nannte, brachte nichts als Ärger.

„Wo ist sie?“ schrie der Mann sie an.
„Sie ist einfach weggelaufen. Mit irgendeinem anderen Kerl!“ gab Misses Norman stotternd zur Antwort.
„Und ihr Sohn?“ wollte der Mann wissen und sah in Richtung Treppe, so als erwarte er von dort jemanden.
„Er hat niemanden etwas getan!“
„Wo ist Brandon?“
Misses Norman wollte ihm nicht antworten. Sie wollte ihren Sohn nicht verraten.
Doch irgendwie fürchtete sie sich auch um ihr Leben. Und so erzählte sie dem Eindringling was vorgefallen war.
„Scheiße!“ war dessen einzige Aussage dazu und er stieß die Frau erneut zur Seite.

Wütend verließ der Mann das Haus wieder.
Misses Norman starrte entsetzt auf die Haustür.
Es dauerte eine Weile ehe sie den Schock überwunden hatte und die Polizei anrief. Sie wusste, dass wenn die Polizisten einträfen, die Spur des Eindringlings längst wieder verloren war.
Doch sie musste irgendetwas tun.
Schließlich war nicht nur sie in Gefahr sondern auch ihr Sohn. Auch wenn dieser es nicht so zu sehen schien.


Brandon war die Straße entlanggegangen. Er hatte versucht, als Anhalter bei irgendwem mitzufahren. Allerdings hatte er kein Glück gehabt. Einerseits fuhren kaum Autos und andererseits, wollte ihn anscheinend niemand mitnehmen.
So war er bis zur nächsten Bushaltestelle gegangen und hatte von dort aus den nächsten Bus in die Stadt genommen.

Er hatte keine Ahnung wo und ob er Stevie wiederfinden würde.
Er wünschte sich, dass wenigsten Eric auftauchen und ihm versichern würde, dass es Stevie gut ging. Oder ihm wenigstens sagen würde, wohin Stevie ging.
Doch soviel Glück würde er nicht haben.

Gedankenverloren hatte er nun im Bus gesessen und überlegt, wohin er als nächstes gehen könnte.
Er wusste nicht wohin Stevie ging. Aber er hatte eine Adresse, wo er selbst nun hingehen könnte.
Wo er vielleicht um Hilfe oder Antworten bitten könnte.
Er musste es zumindest versuchen.


Der Regen hatte sie geweckt. Schon vor Stunden.
Unruhig hatte sie eine Weile im Bett gelegen, ehe sie aufgestanden war und ins Wohnzimmer gegangen war.
Dort hatte sie einige Zeit nachdenklich vor dem Kamin gesessen.

Es gab so vieles was eigentlich im Geheimen lag. Dinge, die sie nicht wissen sollte, aber wusste. Dinge, die sie geheim hielt. Dinge, über die sie längst die Kontrolle verloren zu haben schien.

Auf dem Kamin standen einige Fotos. Fotos ihrer Familie. Sehr alte Aufnahmen zeigten ihre Großeltern und ihre Eltern, sowie einige ihrer Tanten und Onkel. Ein paar Fotos waren von ihr als Kind und auch von ihr als junge Frau. Und ebenso waren Aufnahmen ihres Mannes und dessen Familie auf dem Kamin vertreten.
Und natürlich gab es Baby- und Kinderfotos ihrer Tochter.
Und obwohl auf den Fotos ihre gesamte Familie vertreten war, so schien immer ein Bild zu fehlen.

Manchmal fragte sie sich, was ihr Mann dazu sagen würde, wenn sie einfach ein weiteres Bild auf den Kamin stellen würde. Ein Bild, welches sie nicht kennen dürfte. Nicht kennen sollte.
Wie würde er reagieren?

Die Türklingel riss sie aus ihren Gedanken und für einen kurzen Moment glaubte sie, sich das Klingeln eingebildet zu haben.
Doch dann läutete es noch einmal.
Sie stand von ihrem Platz auf und ging zu Haustür.

Halb drei am frühen Morgen.
Im Grunde erwartete sie niemanden so früh. Nicht einmal eine der Krankenschwestern, die den Tag einmal vorbei sehen wollte.

Kurz blickte sie durch den Türspion, ehe sie die Tür öffnete.
Davor jemand, den sie nicht erwartet hatte.
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 6. Jul 2012, 11:40

Kapitel LIX

„Was machst du hier?“ war das erste, was ihr über die Lippen kam.
Ihr Gegenüber schien über diese Reaktion nicht einmal verwundert zu sein.
Tabitha wusste nicht so recht, was sie von dem späten Besuch halten sollte.
Noch immer schwieg ihr Gegenüber.

„Sag was!“ forderte Tabitha.
„Ich suche meine Tochter!“ kam endlich als Antwort.
Für einen kurzen Moment war Tabitha verwirrt.
Sie kannte die Frau vor ihrer Tür.
„Aber sie ist nicht hier!“
Die Frau nickte nur.
„Nora, sie ist nicht hier!“ wiederholte Tabitha, da die Frau vor ihrer Tür keine weitere Reaktion zu zeigen schien.

„Aber er weiß, wo sie ist! Oder?“ war Nora´s Meinung.
Wieder war es Tabitha, der es die Sprache verschlug.
„Bitte! Er muss wissen wo sie ist.“
Für einen kurzen Augenblick kam Tabitha der Gedanke, einfach die Tür wieder zuzuwerfen und somit die Frau und das Problem vor der Tür zu lassen.
Doch sie konnte es nicht. Und es war auch nicht das erste Mal, dass sie so dachte.
„Komm rein!“ meinte sie zu Nora und ging einen Schritt zur Seite.
Nora zögerte einen Moment. Schien irritiert, dass man sie herein bat.
„Es ist besser, wenn wir drinnen weiter reden!“ erklärte Tabitha, als Nora sich endlich ins Innere wagte.

Tabitha führte die wenig jüngere Frau ins Wohnzimmer, welches noch im Halbdunkeln lag.
Nur blieb dies nicht lange so.
Kaum, dass beide in dem Raum angekommen waren, wurde das Licht in der Leseecke angestellt und beide Frauen bemerkten, dass sie nicht allein waren.

„Mom?“ fragte eine schüchterne Stimme und Tabitha und Nora sahen erschrocken drein.
„Was machst du hier?“ wollte Tabitha gleich besorgt wissen.
Doch die junge Frau ihr gegenüber hatte nur Augen für den Besuch.
Es sah aus als wolle sie etwas sagen und wüsste nicht genau was.
„Lilian, du solltest doch im Bett liegen!“ schimpfte die Mutter leise.
Aber noch immer konnte sich Tabitha´s Tochter nicht von Nora reißen.
„Ich konnt nicht mehr schlafen.“ kam irgendwann leise von Lilian und sie kuschelte sich tiefer in den Sessel.

Auch Nora hatte ungläubig auf ihr Gegenüber gestarrt.
„Sie sieht ihr so ähnlich!“ war ihr Feststellung.
Tabitha wusste wer gemeint war, schwieg aber.
Noch immer warf sie ihrer Tochter einen strafenden Blick zu. Sie wusste nicht, ob sie sie wieder in ihrer Zimmer zurückschicken sollte oder ob es dafür nicht längst zu spät war.
Nach einer Weile wandte sich Nora wieder Tabitha zu.
„Wo ist sie?“ Sie klang ein wenig, als hätte sie vergessen, dass Tabitha ihr die Frage längst beantwortet hatte.
Tabitha schüttelte nur den Kopf und wies Nora zu dem großen Sofa in Lilian´s Nähe.

Die junge Frau lies den Besuch nicht aus den Augen.
Bevor Tabitha sich Nora gegenüber setzte, griff sie die Decke, die auf dem Sofa lag, und warf sie ihrer Tochter über. Wenn Lilian schon mit anwesend sein musste, sollte sie sich nicht auch noch erkälten, dachte sich Tabitha.

„Was ist passiert?“ wollte Tabitha dann von Nora wissen und ignorierte die fragenden Blicke ihrer Tochter.
Nora sah kurz zu Boden und strich sich dann über ihren Arm, ehe sie Tabitha ansah und ihr antwortete.


Wells war sauer.
Sein kurzer Ausflug hatte ihm nichts gebracht.
Seine Beute war verschwunden und auch die Spur, die er gefunden glaubte, war längst wieder erkaltet.
Er wusste nicht, wo er nun suchen sollte.

Während er den Wagen über die nächtlichen Straßen steuerte, versuchte er sich zu erinnern.
Wieder an das erste, das zweite und dritte Mal, dass er Stevie gesehen hatte.
Das junge Mädchen in der psychiatrischen Abteilung, das Mädchen auf der Straße, das Mädchen blutverschmiert in dem dunklen Raum.
Die letzte Erinnerung an sie, schien die lebendigste und farbenprächtigste zu sein. Und auch wenn er es nie zugeben würde, seine liebste Erinnerung an Stevie.
Das gebrochene Mädchen.
Zu dumm, so dachte er sich selbst, war nicht er es gewesen, der sie zu dem gemacht hatte.
Aber er könnte es nun tun.
Dazu musste er sie nur finden.

Wells wusste nicht, wie Stevie damals entkommen war. Oder was mit seiner Auftraggeberin, die Stevie damals gefangen gehalten und misshandelt hatte, passiert war.
Er war nicht lange weg gewesen. Hatte einen anderen Auftrag verfolgt, und als er wieder kam waren beide Frauen verschwunden.
Es war nicht, dass er nicht nach beiden gesucht hätte, zumindest ein klein wenig. Er hatte selbst ein paar kleine Schwierigkeiten, die ihn zum Weiterziehen veranlassten.

Doch dann kam Doyle´s Auftrag.
Ein recht seltsamer Auftrag, wenn man es sich so besah.
Doyle wollte das Mädchen und dessen Diebesgut finden. Ohne jedoch zu erklären, was das Mädchen überhaupt gestohlen hatte.
Seltsam erschien Wells, dass es Doyle auch egal schien, was mit Stevie passieren würde, auf der Jagt. Und dass er im Grunde niemand bestimmten mit der Verfolgung beauftragt hatte.
Noch seltsamer war dann plötzlich die Aufforderung, dass man die junge Frau unversehrt zu ihm brächte.
So als hätte er seine Meinung mittendrin geändert.
Oder so als wären es zwei Aufträge von verschiedenen Personen.


Kaum hatte der Bus am Bahnhof der Großstadt angekommen, sprang Brandon raus und lief zum nächstbesten Schalter.
Der gelangweilt aussehende Bediensteter sah nur kurz von seiner Zeitung auf, ehe er sich der Comicseite weiter widmete.
Brandon schluckte seinen Ärger darüber erst einmal runter.
Es würde ihm nicht viel bringen, jetzt einen Aufstand zu machen. Selbst wenn er berechtigt wäre.
So klopfte er an die Scheibe, die ihn und dem Mann hinter dem Schalter trennte.
„Ja?“ kam etwas genervt von den Mann, der erst den Comic zu ende las, ehe er endlich aufsah.
„Ich brauch eine Fahrkarte!“ antwortete Brandon mit leicht gereiztem Unterton.
„Was Sie nicht sagen!“ Der Mann schob die Zeitung zur Seite und legte seine Finger auf die Tastatur des Computers, bereit los zu tippen.
„Wohin?“
Brandon holte tief Luft, schluckte erneut den Ärger über den Mann ihm Gegenüber runter und nannte dann seinen Zielort.

Der Mann tippte wild drauflos, scannte mit den Augen die Angebote, die er gefunden hatte, ehe er endlich die erlösende Antwort gab.
„In zwei Stunden fährt ein Zug in die Richtung.“ erklärte er kurz und knapp, ohne seinen Blick vom Monitor zu nehmen.
„Sie könnten allerdings auch …“ er suchte weiter die Seite ab, „... Sie könnten allerdings auch in einer halben Stunde losfahren und müssten dann zwei Mal umsteigen … und ...“
Wieder suchte er nach einem anderen Angebot.
„Wie lange dauert die Fahrt mit dem Zug in der halben Stunde?“ warf Brandon einfach ein. Er hatte es eilig und auch irgendwie keine Lust auf den lästigen Mann hinter dem Schalter.
Der Mann sah zu ihm.
„Meinen Sie jetzt nur die Fahrt mit dem Zug oder die gesamte Strecke bis zum Ziel?“ wollte er wissen und Brandon überlegte, ob der Kerl das mit Absicht machte oder ob er wirklich so war.
Wieder suchte der Mann die Seite ab.
„Bei der Fahrt sind sie vielleicht nur fünf bis zehn Minuten früher da, als bei der Direktverbindung!“ gab er dann zu verstehen, ohne den Grund näher zu erläutern.
„Dann den Zug!“ knurrte Brandon leicht gereizt.
„Die Fahrt!“ verbesserte ihn der Mann und begann wieder fleißig zu tippen.
Er nannte Brandon den Preis, den Brandon ohne weiteres zahlte und gab dann die Tickets heraus.
Kaum dass er Brandon die Fahrkarten gegeben hatte, wand der Mann sich wieder seiner Zeitung zu. Und ohne noch einmal nach Brandon zu sehen, wünschte er ihm eine gute Fahrt.

Brandon war müde, gereizt und vor allem besorgt.
Wie gern hätte er Stevie wieder gefunden oder zumindest von ihr gehört.
Betrübt suchte sich Brandon das Bahngleis, von dem der erste Zug abfahren würde.
Noch immer setzte er große Hoffnung darauf, dass sein Weg der richtige war.


Stevie´s Frage nach dem Ziel ihrer Reise, hatte Eric für einen kurzen Moment beunruhigt.
Sollte er ihr sagen, wohin er sie nun führte? Wie würde sie überhaupt reagieren?
Und vor allem, wusste er wirklich wohin die Reise ging?
Eric selbst war ein wenig verwirrt.
„Fahren wir nach hause?“ Das klang wie die Frage, mit denen kleine Kinder ihre Eltern zur Weißglut trieben. Die, die Ungeduld der Kinder deutlich machte.
Bei Stevie hingegen war es vielmehr eine Frage nach dem Wohin. Die Frage nach dem Ziel und nicht danach, wie lange es noch dauern würde dorthin zu gelangen.
„Wir fahren nach hause!“ versicherte Eric ihr und presste seine Wange auf ihren Kopf.
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 6. Jul 2012, 11:41

Kapitel LX

Nora wusste nicht, wo sie beginnen sollte.
Sollte sie ganz am Anfang beginnen? Mit dem Zeitpunkt als sie Doyle das erste Mal getroffen hatte. Einen gebrochenen und verzweifelten Mann.
Und damit der Frau und ihrer Tochter gegenüber die Illusion der perfekten Ehe und Familie nehmen?
Oder sollte sie einfach damit beginnen, wann man ihr ihre Tochter und damit das einzige bisschen Familie genommen hatte, was sie überhaupt besaß?

„Nora!“ Tabitha sah ihr Gegenüber prüfend an, „Was ist damals passiert?“
„Man hat sie mir weggenommen!“ kam gebrochen von Nora, „Meine kleine Tochter!“
Lilian warf erst ihrer Mutter, die noch immer ruhig blieb, und dann der fremden Frau, einen irritierten Blick zu.
„Ich hab niemanden etwas verraten. Und dennoch ...“
Tränen bahnten sich allmählich den Weg über Nora´s Wangen.
„Sie haben sie einfach entführt und ...“
Tabitha schluckte den Kloß, der sich plötzlich in ihrem Hals gebildet hatte, herunter.
„Wer hat sie entführt?“
Nora schüttelte nur den Kopf. Es war nicht das erste Mal das man sie das fragte. Doch sie selbst hatte darauf nie eine Antwort gehabt.

„Sie war verletzt!“ war das nächste was Nora hervor brachte und wieder sahen beide Frauen sie verwirrt an.
„Als sie entführt wurde?“ wollte Tabitha genauer wissen.
Doch Nora schüttelte weinend den Kopf.


Es hatte eine ganze Weile gedauert, ehe Larson zusammen mit Dallas mit dem Wagen an ihrem Ziel angekommen waren.
Mehre Polizeiwagen standen mit Blaulicht davor und Larson vermutete bereits das Schlimmste.
Er sprang sofort aus seinem Wagen und forderte vom erstbesten Officer einer Erklärung, was geschehen sei.
Erst stieß er auf Ablehnung seiner Forderung, bis er seine Marke zeigte.
Die Antwort, die er dann erhielt, beruhigte ihn nicht im Geringsten.

Zwar wusste er nun, dass niemand verletzt worden war.
Doch er hatte auch erfahren müssen, dass die Gefahr noch immer nicht vorbei war.
Man hatte die Polizisten nicht ohne Grund gerufen.

Dallas war ebenfalls aus dem Wagen gestiegen und zu ihm hinüber getreten.
Schweigend wartete sie auf irgend ein Wort oder einen Befehl des Agenten.
Dieser entdeckte eine Frau vor dem Haus, die eingehüllt in eine Decke, einem Polizisten Rede und Antwort stand.
Larson erkannte die Frau von Brandon´s Akte wieder. Dies musste Brandon´s Mutter sein.
Er ging zu der Frau hinüber, ohne etwas zu Dallas zu sagen.

Sie wollte ihm folgen, doch der Polizist neben ihr, fragte sie nach ihrem Dienstausweis. Und da sie keinen besaß und er sie trotz Beteuerung, dass sie zu Larson gehöre, nicht weiter ließ, blieb ihr nichts anderes als zu warten.
Sie beobachtete, wie Larson erneut seine Marke vorwies und der Officer, der noch mit der Frau geredet hatte mit leicht sauren Blick zur Seite trat und Larson mit der Frau reden ließ.

Larson war es gewohnt, dass einige Polizisten eine Abneigung gegen ihn und seinen Beruf hatten. In einem Moment behandelten sie ihn noch wie jeden anderen Zivilisten und sobald er seinen Dienstausweis vorwies, sahen sie ihn an, als hätte er ihnen soeben persönlich den Job gekündigt oder sie sonst wie degradiert.
Larson ignorierte dies. Wie immer.
„Misses Norman?“ erkundigte er sich bei der leicht aufgebracht wirkenden Frau vor ihm und sie nickte.
„Ich hatte mit Ihnen telefoniert. Es war wegen Brandon und seiner Freundin.“ erklärte Larson.
Die Augen von Brandon´s Mutter wurden immer größer.
„Er hat nichts getan!“ beteuerte sie sofort, „Er ist ein guter Junge!“
Larson wusste für einen kurzen Moment nicht, weswegen die Frau so reagierte.
„Es ist alles wegen diesem Mädchen!“ schimpfte die Frau leicht aufgebracht, „Sie hat ihn in Gefahr gebracht!“
„Was?“
„Sie sind hier zusammen aufgetaucht. Ohne Erklärung woher sie kommt und was sie mit Brandon zu schaffen hat.“ begann Brandon´s Mutter zu erzählen, „Brandon war schon immer viel zu nett.“
Larson verstand noch immer nicht, was die Frau damit aussagen wollte.
„Und dann läuft sie mit einem anderen Kerl weg ...“ schimpfte die Frau, „Und Brandon hat sie gesucht. … Ehe auch er einfach ohne weiteres weg ist!“
Larson nickte nur. Er wollte die Frau nicht unterbrechen.
„Brandon war wie ausgewechselt. Er hat sie gesucht und ist dann weg gerannt. Ich weiß nicht einmal wohin er ist!“ Sie klang nun leicht verzweifelt.
„Es ist alles ihre Schuld!“
„Misses Norman? Was ist hier vorgefallen? Nachdem ihr Sohn verschwunden war!“ wollte Larson wissen. Er hatte zumindest eine kurze Zusammenfassung von dem Officer zuvor bekommen, doch nun wollte er sehen, ob ihn Brandon´s Mutter genaueres berichten konnte.
Und sie konnte.

Sie erzählte ihm, nachdem sie noch einmal wiederholte, dass Stevie einen schlechten Einfluss auf Brandon hatte, von dem nächtlichen Besuch. Davon wie man sie bedroht hatte, sodass sie schlussendlich, wenn auch recht spät die Polizei rief.
Sie konnte den Mann beschreiben, der sie angegriffen und bedroht hatte.
Und Larson wurde immer besorgter.
Er wusste sofort, wenn sie beschrieb.
Und er wusste, dass der Mann Gefahr bedeutete.

Nachdem Brandon´s Mutter zu ende erzählt hatte, bedankte sich Larson bei ihr und ging ohne weitere Erklärung zu Dallas hinüber.
„Das ist nicht gut!“ knurrte er nur, als er an ihr vorbei zum Wagen zurück ging.
Dallas folgte ihm wortlos, wenngleich sie mehr wissen wollte.
Wieder stiegen beide in den Wagen und die irritierten Blicke der Polizisten ignorierend fuhr Larson los.

„Wohin jetzt?“ wollte Dallas nach einer Weile wissen.
Larson hatte keine wirkliche Antwort darauf.
„Zu dem Ort wo´s angefangen hat!“ knurrte er nach kurzem Überlegen.
Dallas hatte keine Ahnung, wo dies sein sollte. Aber sie wagte es nicht, genauer nachzufragen.


Noch immer warteten Lilian und Tabitha auf eine genauere Erklärung von Nora.
„Vor über vier Monaten hab ich sie endlich wieder gefunden, nur um sie wieder zu verlieren!“ brachte Nora unter Tränen hervor.
„Was ist passiert?“ diesmal war es Lilian, die diese Frage gestellt hatte.
„Man hat sie in einen Raum gesperrt und ihr weggetan. … Sie war verletzt als ich sie gefunden hab. Und sie hat mich nicht einmal bemerkt.“
Noch immer warfen ihr beide Frauen einen mitfühlenden wie auch fragenden Blick zu.
„Ich hab es gerade so geschafft, ihr zu helfen, dass sie weglaufen konnte.“ erklärte Nora, „Aber ich hab sie wieder verloren.“

Die drei Frauen hatten nicht bemerkt, dass sie längst nicht mehr unter sich waren.
Doyle war durch das Klingeln an der Haustür wach geworden und hatte recht irritiert reagiert, als er die Seite seiner Frau im Bett leer vorgefunden hatte.
Er wusste, dass sie an manchen Nächten im Haus umher ging, wenn sie nicht schlafen konnte.
Doch es war das Türklingeln zu so später Stunde was ihn wohl am meisten irritiert hatte und zugleich beunruhigte.
Und so war auch er aufgestanden und hatte sich nach unten geschlichen.

Er hatte seine Frau gehört. Und dann noch eine zweite Stimme. Eine Stimme, die er seit Jahren nicht mehr vernommen hatte.
Zu seiner Verwunderung musste Doyle aber feststellen, dass seine Frau, die andere zu kennen schien und die fremde Frau nun auch ins Haus einließ.
Und beide Frauen gingen ins Wohnzimmer, wo nun auch Doyle´s Tochter saß und ebenfalls ruhig blieb, angesichts der eigentlich doch fremden Frau.
Doyle fragte sich, was vor sich ging. Und vor allem, woher seine Frau Tabitha Nora, den nächtlichen Besuch, kannte.

So stand er nun unbemerkt von den drei Frauen neben der Wohnzimmertür und versuchte zu lauschen. Versuchte herauszubekommen, weswegen Nora nun in seinem Haus war.
Im Grunde hatte er nie gewollte, dass sich die drei Frauen überhaupt treffen. Doch dies war bereits das zweite Zusammentreffen von seiner Familie mit jemanden, den er hatte geheim halten wollen.

Wieder strich sich Nora über den Arm und sah zu Boden.
„Wieso hast du sie wieder aus den Augen verloren?“ wollte Tabitha wissen.
„Sie war verletzt und ist weggelaufen. Und ich versuchte dafür zu sorgen, dass sie weglaufen konnte!“ kam mit leichtem Protest von Nora.
„Wer hat sie verletzt?“ Lilian war immer leiser und auch blasser geworden. Es war nicht so, dass es ihr plötzlich schlecht ging. Viel mehr hatte sie die Geschichte ein wenig zu sehr ergriffen.

„Ja! Wer war es?“
Alle drei Frauen zuckten erschrocken zusammen, als Doyle sich plötzlich zu erkennen gab und ein wenig finster drein blickend in der Tür stand.
Nora war nun gänzlich die Farbe aus dem Gesicht gewichen.
„Ich hab es nicht gewollt!“ begann sie und wieder schossen ihr Tränen aus den Augen.
Tabitha hatte Mitleid mit der Frau ihr gegenüber.
„Wer?“ wiederholte Doyle mit harter Stimme.


Stevie hatte nicht lange geschlafen. Zumindest nicht friedlich.
Es hatte vielleicht nur eine halbe Stunde gedauert, dass sie durch einen erneuten Albtraum aufgewacht war.
Müde hatte sie aus dem Fenster gesehen und versucht zu erkennen wohin die Reise ging.
„Wir sind bald da!“ war Eric´s einzige Aussage gewesen, wenngleich sich die Fahrt noch einige Stunden hinzog.

„Was würdest du tun, wenn du weißt, was passiert ist?“ wollte sie wissen.
Sie hatte so leise gesprochen, dass Eric sie im ersten Moment kaum verstanden hatte.
„Was meinst du?“
„Was würdest du tun, wenn du heraus gefunden, was mit dir passiert ist?“ Sie sah ihn mit fragenden Augen an.
Er überlegte kurz.
„Es käme vermutlich drauf an, was passiert ist.“ antwortete er. Im Grunde wusste er nicht einmal ob sie meinte, was ihm passiert war oder was ihr passiert war.
Sie nickte nur und sah wieder zum Fenster hinaus.

„Hast du dich erinnert?“ war seine Frage.
Sie schüttelte nur den Kopf ohne sich zu ihm umzusehen. In ihren Gedanken war sie längst woanders.
Nikita LaChance
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