AT: can't find my way home




Unterhaltungsliteratur in ihren verschiedenen Formen, wie beispielsweise Romane, Erzählungen, Kurzgeschichten, Berichte, Märchen und Sagen

Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 17. Feb 2012, 11:14

Kapitel XXXI

Noch ehe er wieder in Richtung Büro gegangen war, hörte er das Telefon klingeln.
Es war mitten in der Nacht und so konnte es kein Kunde sein. Zumindest nahm er es an, dass die meisten seiner Kunden den Anstand besaßen, ihn zumindest nach zehn am Abend nicht mehr zu belästigen.
Also musste es ein anderer Anruf sein.

Er schloss die Bürotür hinter sich ab. Er wollte nicht, dass seine Frau mitten im Gespräch herein kam. Sie musste nicht alles von seinen Machenschaften wissen.
Die Nummer auf den Display war ihm unbekannt. Dennoch hob er den Hörer ab. Schon allein, um zu erfahren, was den so wichtig sei, wenn man ihn zu so später Stunde störte.

„Was gibt’s?“ wollte er wissen.
„Es gab ein kleines Problem!“ bekam er als Antwort. Die Stimme am anderen Ende war ihm im Moment nicht bekannt.
„Problem?“
„Ich hatte die Kleine schon beinahe!“ erklärte der Andere ein wenig atemlos.
„Soll heißen?“
„Sie war nicht allein und dann hat sich irgendein Cop in die Sache eingemischt!“ Die Stimme wurde etwas leiser, so als wolle sein Gesprächsteilnehmer nicht, dass noch jemand mithörte.
„Wo ist sie jetzt?“
„Ähm … Das weiß ich nicht genau!“ Der andere klang unsicher.
„Du hattest sie und sie ist dir entwischt! Ist das alles was du mir zu sagen hast?“
„Ja und Nein!“ Im Hintergrund erklang noch eine Stimme, die dem Anrufer mitteilte, dass er sich beeilen sollte.
„Du musst mich hier raus holen! Es war ein Unfall und ich kann nichts dafür!“ beteuerte der Anrufer, „Ich kann hier nicht bleiben!“
„Das Problem!“ Er hasste es, wenn man ihm nicht sofort eine Antwort lieferte. Egal ob es um Antiquitäten ging oder um sein kleines Extra-Projekt.
„Es kam zu einem Kampf und die Kleine … sie … wurde angeschossen!“ gab der andere zu verstehen, „Aber ich konnte nichts dafür!“
„Wo steckt sie?“
„Sie haben sie ins Krankenhaus gebracht, glaub ich!“ kam als unsichere Antwort, „Ich weiß es nicht! Ich hab´s nicht gesehen! Es herrschte Chaos!“
„Wo hast du sie gefunden?“
„Sie war nicht allein! Dallas war bei ihr und zwei Kerle. Einer von denen ist … seltsam!“
„Wo?“
Es dauerte einen Moment ehe man ihm endlich den Namen des Hotels und der Stadt nannte, wo der seltsame Vorfall stattgefunden haben sollte.
„Du musst mich hier raus holen! Ich kann sie wiederfinden und dir bringen!“ bettelte die Stimme am anderen Ende des Telefons.
„Ich brauche weder Versager noch Dummköpfe, die wild um sich schießen!“ erklärte er nur und legte auf.

Es war seltsamerweise nicht der erste Anruf, indem man ihm erzählte, dass man das Mädchen gesehen hatte und sie nicht allein war. Und es war auch nicht das erste Mal, dass ihn einer seiner Untergebenen, wenn man sie so nennen konnte, ihn darum anflehte, ihn aus dem Knast zu holen.
An diesen Tagen fragte er sich, warum er die Aufgabe nicht selbst erledigte. Warum suchte er nicht selbst nach ihr.
Es war nicht, dass er sich die Suche nicht leisten könnte. Zumindest finanziell.
Doch es gab hier im Haus etwas, was ihn davon abhielt selbst nach dem Mädchen zu suchen.


Es war ein heller, fast schon zu heller Raum, in dem sie wieder zu sich kam.
Ängstlich drückte sie ihren Plüschbären fest an sich und sah sich um.
Die Wände waren weiß und selbst das Mobiliar, nur bestehend aus einem Bett, mit cremefarbenen Bezug, einem Tisch und einem Stuhl, war hell gehalten.
Es gab kein Fenster in dem Zimmer, aber dafür eine Tür.
Doch recht schnell musste sie feststellen, dass die Tür von außen verschlossen war.

Zu jung um wirklich zu verstehen, was eigentlich geschehen war, tat sie das einzige, was sie tun konnte. Sie klopfte gegen die Tür und rief nach ihrer Mutter.
Doch wer auch immer auf der anderen Seite der Tür war, reagierte nicht.
Sie schrie bis ihre Stimme versagte und weinte, bis sie vor Erschöpfung zusammenbrach.

Sie bekam nicht mit wie jemand den Raum betrat und sie ins Bett steckte.
Sie hörte nicht, wie zwei Männer miteinander über sie sprachen.
Und als sie Stunden später wieder aufwachte, war sie wieder allein im Raum.
Und begann wieder von vorn nach ihrer Mutter zu rufen, bis sie erschöpft zusammenbrach.


Stevie hatte nicht wirklich lange geschlafen. Der seltsame Traum hatte sie aufgeschreckt und sie fragte sich, was sie im Grunde gerade geträumt hatte.
„Hey!“ Eric war sofort wieder an ihrer Seite und hielt ihre Hand. Er war sich sicher, dass es sie beruhigen würde.
Für einen Moment überlegte Stevie, ob sie ihm von ihrem Traum erzählen sollte. Doch was sollte es bringen? Sie wusste noch nicht einmal, ob ihr Traum irgendeine Bedeutung hätte.
Sie sah sich kurz um und stellte fest, dass es noch immer dunkel vor dem Fenster war.
„Es ist kurz nach zwei!“ bestätigte Eric ihr.
„Du musst mir hier raus helfen!“ meinte sie nur und versuchte sich aufzusetzen.
Schmerz durchfuhr sie und sie lies sich sofort wieder aufs Bett fallen.
„Du solltest liegen bleiben!“ war Eric´s besorgte Meinung, „Du bist operiert worden. Da solltest du vorsichtig sein!“
Ein kurzes Schmunzeln huschte ihr übers Gesicht.
„Dafür ist keine Zeit!“ kam nur von ihr und langsam mühte sie sich wieder in eine aufrechte Position. Diesmal biss sie die Zähne zusammen und atmete erschöpft aus, als sie endlich aufrecht saß.
„Stevie!“ schimpfte Eric und versuchte dabei nicht allzu laut zu werden, „Das ist gefährlich, wenn du jetzt einfach aufspringst!“
„Es ist gefährlicher, wenn man mich hier findet!“ war ihre Meinung dazu und sie holte erneut tief Luft.
„Komm schon, warte noch ein paar Stunden! Bis es dir besser geht!“ Eric klang ein klein wenig verzweifelt.
Sie lächelte über ihn, wenn auch unter Schmerzen.
„Ich kann hier nicht bleiben!“

Eric fuhr sich durch die Haare.
„Verdammt noch mal!“ knurrte er.
„Bitte!“
Eric sah ihr blasses Gesicht, sah dass sie Schmerzen hatte, obwohl sie nun mehr oder weniger still saß. Er konnte sich kaum vorstellen, was für Schmerzen sie haben würde, wenn sie ging.
„Muss das wirklich sein?“ wollte er erneut wissen.
„Du weißt, dass ich nicht hier bleiben kann und darauf warten kann, bis mich ein anderer Irrer findet!“
Eric atmete tief durch.
„Deine Sachen sind im Schrank!“ meinte er dann, „Ich seh mich draußen um, wie wir am besten hier raus kommen!“
Wieder lächelte sie ihn an. Doch diesmal nicht um irgendwas zu beweisen. Diesmal lächelte sie aus Dankbarkeit.

Eric verschwand aus dem Zimmer und Stevie mühte sie vom Bett auf. Doch kaum aufgestanden, bemerkte sie, dass sie noch mit diversen Kabeln und Schläuchen verbunden war.
„Huh?“ Irritiert sah sie auf die Nadel der Infusion, die ihr im rechten Handrücken steckte.
Irgendwie kam ihr dies bekannt vor. Nur war sie sich nicht sicher, ob es eine Erinnerung an ihre letzte Zeit im Krankenhaus vor über vier Monaten war oder ob es eine viel ältere Erinnerung war.
Sie schüttelte die Erinnerung aus ihren Gedanken und konzentrierte sich darauf, was sie eigentlich vorhatte.
Sie holte tief Luft und riss sich die Nadel aus der Haut. Es tat weh und sie musste die Zähne zusammenbeißen, nicht aufzuschreien.
Allerdings war der Schmerz der Nadel nicht so groß wie der, den sie durch ihre Schusswunde hatte.
Das EKG war eine weitere, wenn auch kleine Hürde.
Munter piepte das Gerät weiter vor sich hin, wenngleich es nun einen höheren Wert als noch vor wenigen Minuten anzeigte.
Es dauerte eine Weile bis Stevie den Knopf fand, um das Gerät abzustellen. Sie hoffte nur, dass dies nicht sofort im Schwesternzimmer oder dergleichen Alarm schlagen und somit die Krankenschwestern anlocken würde.

Stevie riss sich die Klebepunkte und die Kabel des EKGs ab und mühte sich danach zu dem Kleiderschrank.
Wie Eric versprochen hatte, befanden sich darin ihre Sachen.
So schnell es unter ihren Umständen ging, zog sich Stevie um. Entledigte sich ihres Krankenhaushemdes und schlüpfte wieder in ihre Jeans, Schuhe und ihr Shirt und Jacke.
Sie hatte bemerkt, dass Eric längst wieder im Raum war, aber ignorierte ihn.

Irgendwie hatte sie es allmählich im Gespür, wenn er in ihrer Nähe war, wenngleich auch nicht sichtbar.
Kaum hatte sie sich fertig umgezogen, was viel länger dauerte, als sie es eigentlich hatte haben wollen, wurde Eric wieder sichtbar.
Er vermied es ihr ins Gesicht zu sehen. Ein deutliches Anzeichen dafür, dass er früher als erwartet in den Raum zurückgekehrt worden war.
„Über´n Flur wird’s schwierig!“ meinte er und schritt hinüber zum Fenster.
„Wie meinst du das?“ wollte Stevie wissen und sah von ihm zur Zimmertür, so als erwarte sie, dass jeden Moment eine Krankenschwester in den Raum kommen würde.
„Auf dem Flur sind zwei Nachtschwestern unterwegs! Und dann kommt das Schwesternzimmer und vorm Ausgang sitzt noch eine Frau!“
„Und wie komm ich dann hier raus?“ Stevie hatte gehofft, dass es einfach werden würde. So wie bei ihrer ersten Flucht aus einem Krankenhaus.

Eric drehte sich zu ihr und musterte sie kurz.
„Wird etwas schwieriger diesmal!“ meinte er dann und zeigte auf das Fenster.
Stevie riss die Augen weit auf.
„Vor dem Zimmer ist ein Baum!“ erklärte er gleich, „Du musst nur einen Baum runter klettern!“
„Nur?“
Eric rollte mit den Augen.
„Du wolltest sofort raus!“ antwortete er, „Das ist im Moment der einzige Weg, ohne dass dich jemand bemerkt! Und so hoch ist es nicht!“
Stevie ging zum Fenster hinüber und sah hinaus.
Sie konnte den Baum sehen. Einer der Äste ging bis fast an ihr Fenster.
„Toll!“ seufzte sie, „Und was mach ich, wenn ich runterfall?“
Eric schüttelte nur den Kopf.
„Wäre nicht gut!“

Sie öffnete das Fenster. Wohl fühlte sie sich nicht bei dem Gedanken, im zweiten Stock aus dem Fenster zu klettern.
„Ich helf dir!“ versprach Eric und verschwand von ihrer Seite, um gleich danach auf dem Ast vor ihr aufzutauchen.
Er hielt ihr seine Hand hin.
Stevie ignorierte das mulmige Gefühl in ihrer Magengegend und auch den Schmerz, der durch jede Bewegung ausgelöst wurde.

Mit Eric´s Hilfe schaffte es Stevie aus ihrem Zimmer auf den Baum.
Zu ihrer Erleichterung hielt der Ast ihrem Gewicht stand und sie arbeitete sich unter Eric´s Führung zum Stamm des Baumes vor, an dem sie langsam nach unten kletterte.
Eric half ihr vom letzten Ast herunter und hielt sie fest, bis sie sich sicher war, dass das Schwindelgefühl, welches durch die Anstrengung und die Angst aufgekommen war, wieder verschwunden war.
„Wir haben´s geschafft!“ flüsterte er ihr ins Ohr und strich ihr durch die Haare.


Brandon hatte sich gegen zehn Uhr am Abend von seinem Platz aufgerafft und hatte sich das Telefon geschnappt.
Erst wusste er nicht, wen er anrufen sollte. Einerseits wollte er mit niemanden reden und andererseits wollte er einfach nur irgendjemanden um Rat bitten.
Seine Mutter allerdings konnte er schlecht fragen, was er nun machen sollte.
Sie würde ihm sagen, zu ihr zu kommen. Stevie zurück lassen und sie vergessen.
Er überlegte auch kurz, ob er vielleicht Josie anrufen sollte. Doch wozu. Die beiden hätten sich eh nichts mehr zu sagen. Nicht nach der Trennung, die sie gemacht hatten.
Mike? Er würde Brandon nur sagen, dass es gefährlich sei, bei Stevie zu bleiben.
So wählte er die einzige Nummer, die ihm sonst noch einfiel.

„Ja?“ Allen Anschein nach, gab es nicht viele Leute, die um diese späte Stunde bei ihm noch anriefen oder er sagte grundsätzlich nie seinen Namen am Telefon. Brandon war sich nicht sicher.
„Ich bin´s, Charlie!“
„Bran?“ Die Musik, die im Hintergrund spielte verstummte, „Hey, schön von dir zu hören!“
Brandon nickte nur, wenngleich er wusste, dass sein Freund ihn nicht sehen konnte.
„Was gibt’s? Wenn du nach deinem Zeug fragst, das ist längst hier!“ meinte Charlie sogleich.
„Gut!“ Brandon holte tief Luft. Er wusste im Grunde gar nicht, was er sagen sollte.
„Deine Mutter hat hier schon angerufen. Wollt wissen, ob du schon hier bist!“ schimpfte Charlie, „Die kann ganz schön nerven!“
„Ja! Hab wohl vergessen sie anzurufen!“ gab Brandon zu.
„Okay?“ Charlie wusste, dass irgendetwas nicht stimmte, „Wie läuft deine Selbstfindung?“
Brandon lachte kurz auf.
„Gut, gut! Glaub ich!“ meinte Brandon nur, „Ich meine, ich hab mich noch nicht gefunden. Aber ...“
Charlie wartete kurz, doch Brandon fuhr nicht fort und so hakte er nach.
„Aber?“
„Ich hab jemanden unterwegs getroffen!“ fing Brandon an zu erzählen, „Ist etwas kompliziert zu erklären!“
„Oh!“ Wieder wartete Charlie darauf mehr zu erfahren.
Und als Brandon wieder nichts genaueres sagte, begann er zu protestierten.
„Komm schon! Erst hör ich von dir, dass du dich von Josie getrennt hast, weil sie eine untreue Schlampe ist. Dann sagst du, du willst eine Weile allein rumfahren. Und nun? Nun hast du jemanden kennengelernt!“
„Jepp!“ Brandon fuhr sich durch die Haare, „Es ist etwas kompliziert zu erklären!“
„Was genau? Du hast also ein Mädel getroffen! Was ist daran kompliziert?“
Brandon überlegte kurz, was er seinem Kumpel erzählen sollte.
„Okay, die Kleine heißt Stevie!“ begann er dann und erzählte in Kurzform, wie er sie am Straßenrand aufgelesen und mitgenommen hatte. Wie er sie wenig später wieder getroffen und wieder aus den Augen verloren hatte. Er erzählte Charlie von dem Zwischenfall mit dem Trucker und auch mit dem Penner vor wenigen Stunden.
Er ließ einzig die Sache mit dem magischen Schlüssel und Eric aus.

„Das ist dein Ernst, oder?“ wollte Charlie von ihm wissen, kaum dass er fertig erzählt hatte.
„Ja!“ meinte Brandon bestimmend, „Ich weiß, es klingt eigenartig. Aber es war so!“
„Okay, ich glaub dir!“ versuchte Charlie ihn am anderen Ende der Telefonleitung zu beruhigen, „Klingt nur etwas eigenartig!“
„Wieso?“
„Na ja! Du bist von einer untreuen Verlobten weg und findest ein Mädel, die Gefahr buchstäblich auf der Stirn geschrieben hat!“
„Und?“ Brandon verstand nicht, was Charlie meinte.
„Die Kleine muss verdammt gut aussehen, wenn du dich auf solch ein Abenteuer einlässt!“ mutmaßte Charlie, „Anders kann ich´s nicht verstehen!“
„Es geht nicht darum, wie sie aussieht!“ gab Brandon zu, „Ich … ich will ihr helfen!“
„Samariter? Du hast ein zu weiches Herz!“ kam von Charlie als Antwort, „Meinst du nicht, dass sie dich auch nur ausnutzt?“
Brandon schüttelte den Kopf.
Er wusste nicht, wie er es Charlie nur begreiflich machen sollte, dass Stevie vollkommen anders als Josie war.
„Sie ist nicht wie Josie!“ gab er zu verstehen, „Ich will ihr nur helfen!“
„Aha!“ Brandon konnte vorm geistigen Auge sehen, wie Charlie die Augen verdrehte, „Du willst ihr nur so helfen? Verstehe!“
„Komm schon! Das ist nicht so, wie du glaubst!“ versuchte sich Brandon zu verteidigen.
„Red dir das nur ein!“ Charlie´s Stimme wurde erst, „Du solltest vorsichtig sein!“
Brandon schnaubte nur kurz.
„Ich weiß, du lässt dir die Sache nicht ausreden. Doch es wäre im Grunde besser, wenn du die Kleine zurück lässt!“
„Ich kann nicht!“ gab Brandon nur zurück.
„Hab ich geahnt!“ seufzte Charlie nur, „Versuch dich nicht bei deinem Heldentum killen zu lassen!“
„Mach ich!“ Brandon schmunzelte kurz.
„Und vielleicht bekomm ich ja die Kleine auch mal zu Gesicht, die dich scheinbar in ein solch eigenartiges Abenteuer zieht und nicht wie Josie ist!“ lachte Charlie.
„Mal sehen!“ Brandon würde Stevie gern Charlie vorstellen. Schon allein um ihm zu beweisen, dass sie nicht wie seine Ex-Verlobte war.
„Und einen Tipp noch!“
„Ja?“
„Ruf deine Mutter an!“
Brandon lachte.
„Ehrlich! Wenn du sie nicht anrufst und ihr versicherst, dass es dir gut geht, wird sie dich als vermisst melden! Die kann ganz schön auf die Barrikaden gehen, bei so was!“
„Mach ich!“ versprach Brandon, „Ich muss jetzt wieder auflegen!“
„Vorsicht mit der kleinen Nicht-Josie!“ lachte Charlie nochmal ins Telefon, ehe er auflegte.

Im Grunde war das Gespräch mehr oder weniger so verlaufen, wie er es sich gedacht hatte.
Vielleicht hätte er Charlie doch lieber nichts von Stevie erzählt.
Doch was hätte er dann sagen sollen? Ohne sie wäre er nur umher gefahren.
Mit ihr war Abenteuer und Gefahr zu der Motorradfahrt hinzugekommen. Und auch wenn er es ursprünglich ruhig und einsam haben wollten, so konnte er es sich nun nicht mehr anders vorstellen.
Und er war auch neugierig darauf, mehr zu erfahren.
Zuletzt geändert von Nikita LaChance am Fr 2. Mär 2012, 09:33, insgesamt 2-mal geändert.
Nikita LaChance
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 17. Feb 2012, 11:14

Kapitel XXXII

Kurz dachte er nach.
Er wusste nun wo sich sein Ziel befand oder befinden sollte. Er brauchte Gewissheit. Und jemanden, der sie zu ihm brachte.
Nur für eine Sekunde dachte er daran Larson anzurufen. Doch der war nicht gut auf ihn zu sprechen. Konnte er ihm überhaupt noch trauen?
Es war nicht so, dass Larson überhaupt viel über die Sache wusste. Er wusste um Grunde genauso viel wie jeder andere Typ, den er auf das Mädchen angesetzt hatte.
Alle wussten nur, dass sie ihm etwas wertvolles entwendet hatte und er es wieder haben wollte. Er hatte niemanden verraten was es war. Und er vermutete, dass nicht einmal das Mädchen selbst wusste, was sie gestohlen hatte.

In den letzten Tagen, sogar Monaten hatte er so einiges über das Mädchen und ihre Aufenthalte erfahren.
Sie war vor einigen Monaten schwer verletzt aufgefunden worden. Weder sie noch die Ärzte konnten sich erklären was passiert war oder woher sie kam. Nur eines hatten die Ärzte mit Sicherheit sagen können, und zwar, dass das Mädchen unter Amnesie litt und nichts über sich selbst wusste. Irgendwie war sie dann aus dem Krankenhaus verschwunden und umher gezogen. Sie blieb nie lange an einem Ort und war sonst immer allein umher gereist.
Nur vor ihrem Krankenhausaufenthalt hatte sie sich mit jemand anderen für einige Zeit zusammen getan. Danach aber war sie allein.
Doch vor wenigen Tagen hatte man ihm mitgeteilt, dass das Mädchen, was sich nun Stevie nannte, in Begleitung von zwei jungen Männern wäre. Er kannte keinen der beiden und wusste auch nicht, was sie mit ihr zu schaffen hatten.
Und nun, so schien es, war sie erneut im Krankenhaus.
Er musste sich sicher sein.

Und so suchte er im Internet nach Krankenhäuser in der Umgebung, der ihm zuletzt gegebenen Adresse des Mädchens.
Er musste sich nur überlegen, was er am Telefon sagen sollte.
Er hatte vor einigen Tagen von Larson erfahren, dass Stevie wegen einer Verletzung hatte behandeln lassen und welchen Namen sie dabei benutzt hatte.
Er konnte nun nur hoffen, dass sie im Krankenhaus den selben Namen benutzte.

Eine freundliche und ruhige Frauenstimme meldete sich am anderen Ende und wollte von ihm wissen, wie sie ihm helfen könnte.
Er spielte einen besorgten Vater, der nach seiner Tochter suche. Seiner Erzählung nach, sei sie mit Freunden weggefahren und er mache sich nun Sorgen, dass ihr etwas zugestoßen sein könnte.
„Wie ist der Name Ihrer Tochter?“ wollte die Frau am anderen Ende wissen.
„Stevie Nicks!“
Er konnte die Frau tippen hören.
„Tut mir leid, hier ist niemand unter diesem Namen!“ meinte die Frau zu ihm.
„Okay! Danke!“
Er legte auf und wählte sogleich die nächste Nummer.

Wieder eine Frauenstimme und wieder erzählte er die Geschichte, dass seine Tochter mit Freunden unterwegs sei und er sie nun suche.
„Eine Stevie Nicks wurde heute Nachmittag hier eingeliefert!“ bestätigte ihm die Frau am Telefon.
„Was ist passiert?“ Seine Besorgnis, war zu seiner eigenen Verwunderung, nicht gespielt.
„Sie wurde bei einem Überfall angeschossen!“
„Oh mein Gott!“
„Sie ist bereits auf dem Weg der Besserung!“ versicherte ihm die Frau.
„Gut! Wann kann ich sie sprechen?“ wollte er wissen.
Die Frau nannte ihm die Besuchszeiten, in der Annahme, dass er als ihr Vater sie sehen wollte.
„Danke!“
Irgendwie war er erleichtert. Nicht nur dass er herausgefunden hatte, wo sie steckte, so war er erleichtert, dass es ihr gut ging.

Nun musste er sie nur noch schnappen.


Eric hatte seinen Arm um Stevie gelegt und gemeinsam gingen sie, wenn auch recht langsam, vom Krankenhaus weg.
„So dauert es zu lange!“ murrte er leicht genervt.
„Wir brauchen ein Auto!“ meinte Stevie zu ihm.
„Tja, aber du kannst nicht fahren und ich … na ja, ich bin im Grunde noch nicht mal ganz hier!“
„Dummkopf!“ lachte sie kurz und er sah sie verwundert an, „Wie wär´s mit einem Taxi?“
„Oh!“ Er nickte, „So geht’s natürlich auch!“
Sie sah ihn mit großen Augen an.
„Okay! Ich besorg das Geld!“
Er half Stevie noch bis zu einer Bank, wo sie sich erleichtert niederließ, ehe er verschwand.

Es dauerte nicht lange und er war wieder da.
In seiner Hand eine prall gefüllte Brieftasche.
Stevie fragte erst gar nicht, von wem er sie gestohlen hatte. Es interessierte sie im Grunde auch nicht wirklich.
„Wir sollten vielleicht noch in Richtung der Bar da vorn!“ erklärte Eric und zeigte ein paar Häuser die Straße runter, „Da wird’s einfacher ein Taxi zu bekommen!“
Sie nickte nur und stand wieder auf.
Sofort legte er wieder seinen Arm um sie und half ihr weiter die Straße hinunter.

Vor der Bar stand bereits ein Taxi. Vermutlich erhoffte sich der Fahrer, dass irgendein Betrunkener zu später Stunde beschloss sich fahren zu lassen.
Als er Stevie und Eric erblickte, glaubte er an ein junges Pärchen, bei dem das Mädchen vermutlich zu tief ins Glas geschaut hatte. Wenngleich die beiden nicht aus der Bar kamen, sondern die Straße herunter liefen.
Beide stiegen ein und er warf einen Blick in den Rückspiegel, um sie genauer zu mustern.
„Wohin?“ wollte er gelangweilt wissen.
Der junge Mann nannte ihm die Adresse eines Hotels und ohne weitere Worte zu verlieren, fuhr das Taxi los.

Stevie lehnte sich an Eric an.
Es war fast so wie vor Monaten im Bus. Nur dass er diesmal sichtbar an ihrer Seite blieb und ihre Hand hielt, so als bräuchte auch er die Bestätigung, dass sie beide noch da waren.
„Was willst du als nächstes machen?“ wollte er flüsternd von ihr wissen.
Sie antwortete ihm nicht. So recht war ihr nichts eingefallen.
Sie wusste nur, dass sie weiter fahren wollte. Weg! Weg von allem!
Und zeitgleich wollte sie Antworten haben.

„Okay, wir sind da!“ verkündete der Taxifahrer Minuten später.
Immer wieder hatte er einen Blick in den Rückspiegel auf das seltsam ruhige Paar geworfen.
Er hatte befürchtet, dass sich das Mädchen auf dem Rücksitz übergeben würde. Doch zum Glück war ihm das erspart geblieben.
Der junge Mann half ihr aus dem Wagen und bezahlte den Fahrer.
Und während er das Taxi wieder vom Hotel wegführte, blieben beide unsicher vor dem Hotel stehen.

„Wie wollen wir es nun regeln?“ wollte Eric von ihr wissen.
„Rein und ...“
Er rollte genervt mit den Augen.
„Ist mir schon klar! Aber wir wissen nicht, ob der FBI-Typ noch irgendwo rum läuft. Ich hab nicht nachgesehen, ob irgendwelche Cops hier sind oder irgendein anderer Irrer!“
Stevie nickte nur und sah zu Boden.
„Wir oder vielmehr du kannst nicht einfach so da rein gehen!“
„Und wenn ich mich verstecke?“ wollte sie von ihm wissen und sah wieder auf.
„Wie?“ Eric sah sie irritiert an.

„Im Zimmer! Ich versteck mich im Zimmer und du nimmst den Schlüssel mit zu Brandon und lässt mich dort wieder raus!“
Noch immer sah er sie ungläubig an.
„Du kannst dich nicht in dem Zauberzimmer verstecken!“ meinte er dann.
„Wieso?“
„Stevie, du weißt, was passiert, wenn der Schlüssel den Raum verlässt!“
Sie nickte nur.
„Alles was im Raum ist und nicht dort hin gehört verschwindet!“ versuchte Eric ihr zu erklären.
„Aber nicht im Schrank!“
Er schüttelte energisch den Kopf.
„Du kannst dich nicht in dem Schrank verstecken und hoffen, dass das funktioniert!“

Stevie schwieg und dachte nach.
„Aber wie soll ich sonst da rein?“ wollte sie dann von ihm wissen, „Du kannst mich ja nicht unsichtbar machen oder zu Brandon teleportieren!“
„Scheiße!“ knurrte Eric und sah sich um, „Ich kann dich aber auch nicht im Zimmer zurücklassen und hoffen, dass du dann noch drin steckst, wenn ich den Raum wieder öffne!“
„Und wenn du Brandon hier her bringst? Ich muss ja nicht zu ihm, oder?“

Wieder rollte Eric mit den Augen.
Es war nicht, dass er Brandon nicht mochte. Nein, er fand ihn okay. Und Brandon war eine Hilfe gewesen und könnte es vermutlich auch noch sein.
Doch im Moment wusste Eric nicht, wie er es regeln sollte Stevie unbemerkt ins Hotel oder Brandon unbemerkt aus dem Hotel zu bekommen.

„Okay, versteck dich! Ich seh mich drin um und überleg mir was!“ meinte Eric dann.
Stevie versteckte sich im Gebüsch nahe dem Hoteleingang. Zumindest würde sie dort nicht sofort auffallen.


Eric schlich unsichtbar durch die Hotelhalle.
Wie er befürchtet hatte, herrschte trotz später Stunde noch Betrieb. An der Rezeption stand ein Mann im Anzug und eine Reinigungskraft sowie eine Angestellte liefen umher.
Auch einige Gäste waren noch auf den Beinen. Einige davon schienen aus der Hotelbar zu kommen.

Eric verließ die Hotelhalle und suchte Brandon´s Zimmer auf.
„Hab mich schon gefragt, wann du hier auftauchst!“ meinte der nur müde, kaum dass Eric sich in dem Zimmer sichtbar machte.
„Du schläfst nicht?“ war Eric´s überraschte Frage.
„Ist mit Stevie alles in Ordnung?“ wollte Brandon sofort wissen und saß aufrecht auf dem Bett.
Er wirkte, als würde er jeden Moment aufspringen und los rennen wollen.
„Sie ist … nicht mehr im Krankenhaus!“ meinte Eric nur und sofort war Brandon auf den Beinen.

„Was ist passiert? Wo ist sie?“
Eric war ein wenig erschrocken über Brandon´s besorgte Reaktion.
„Sie hat´s im Krankenhaus nicht ausgehalten!“ lachte Eric und versuchte damit sich und Brandon zu beruhigen, „Sie wartet vorm Hoteleingang!“
„Wie? Wieso?“
Bevor Eric ihm Antworten konnte, klopfte es an der Zimmertür und beide starrten in die Richtung.

„Alles in Ordnung da drin?“ Es war Larson´s Stimme, die durch die Tür drang.
Eric sah Brandon mit großen Augen an.
„Ja! Alles in Ordnung! Hab nur ferngesehen!“ antwortete Brandon.
„Du solltest lieber schlafen gehen!“ kam zurück und Brandon und Eric hörten Larson wieder gehen.

„Was war das?“ wollte Eric im Flüsterton von ihm wissen.
„Er hat das Zimmer nebenan!“ meinte Brandon.
„Shit!“ kam von Eric nur und er fuhr sich genervt durch die Haare, „Dann wird’s schwierig Stevie hier hoch zu bringen!“
Brandon nickte.
„Und nun? Ich kann auch nicht unbemerkt abhauen!“ kam dann von ihm.

Eric grübelte.
Er konnte Stevie nicht lange draußen warten lassen. Das war zu unsicher. Allerdings konnte er sie auch nicht so einfach hier zu Brandon ins Zimmer führen. Nicht mit Larson im Nebenzimmer, der scheinbar alarmbereit zu sein schien und auf jedes Geräusch achtete.
Vermutlich hatte man Stevie´s Verschwinden im Krankenhaus noch nicht bemerkt. Denn andernfalls hätte sich Larson sich vermutlich bei Brandon einquartiert, um aufzupassen, dass er sicher wäre.
Eric hatte Stevie nicht erzählt, dass vor in der Nähe ihres Krankenzimmers ein Polizist gewesen war. Er hatte sie nicht noch mehr beunruhigen wollen.

„Was ist, wenn sie sich in dem Raum versteckt, den du mit dem Schlüssel öffnen kannst? Du könntest sie hier her bringen, ohne dass sie jemand bemerkt!“ war Brandon´s Idee.
Eric sah ihn mit großen Augen an.
„Was habt ihr nur mit dem beschissenen Zimmer?“ wollte er wissen.
Brandon wusste nicht, was er damit meinte.
„Alles was nicht ins Zimmer gehört, verschwindet wieder!“ erklärte Eric kurz und leicht gereizt, „Stevie würde verschwinden!“
Zuletzt geändert von Nikita LaChance am Fr 2. Mär 2012, 09:34, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 24. Feb 2012, 11:03

Kapitel XXXIII

Larson hatte Stimmen aus Brandon´s Zimmer gehört und war zu dessen Zimmertür gegangen, um herauszufinden, was los war.
Er hatte dem jungen Mann nicht gesagt, dass er sowie auch das Mädchen im Krankenhaus unter Bewachung standen. Larson wollte keinen der beiden aus den Augen verlieren. Einerseits, weil sie verfolgt wurden und andererseits, weil er endlich Antworten haben wollte.
Er wollte endlich wissen, was das für ein Geheimnis war, welches das Mädchen scheinbar mit sich trug. Er wollte endlich wissen, weswegen Doyle sie suchte.

Brandon´s Erklärung, er habe nur fern gesehen, kaufte er nicht ganz ab.
Dennoch ging er zurück in sein Zimmer, wo Dallas wartete.
Er hatte sie zu sich gebeten, um mit ihr zu reden.
Vielleicht könnte sie ihm einige Antworten geben.

Dallas saß auf der Couch, eine Tasse Kaffee in der Hand und sah auf, als er ins Zimmer zurück kehrte.
Larson setzte sich ihr gegenüber in den Sessel und suchte nach einem Zettel in dem Wirrwarr von Papier auf dem Tisch vor sich.
Dallas beobachtete ihn wortlos. So als warte sie regelrecht darauf ausgefragt zu werden.

„Wo ist denn das Teil?“ knurrte Larson vor sich hin und blätterte die Papiere durch.
„Ah hier!“ meinte er dann nur wenige Sekunden später und zog einen alten Steckbrief hervor.
Dallas´ Augen wurden größer als sie den Zettel sah, doch noch immer schwieg sie.

„Ist kein nettes Foto!“ kommentierte Larson trocken und überflog den Text, den er schon vor einigen Stunden gelesen hatte.
Dallas verdrehte nur die Augen und nippte an ihrem Kaffee.
„Du warst also schon immer ein Langfinger?“ wollte er von ihr wissen.
Sie nahm noch einmal einen tiefen Schluck aus der Tasse, ehe sie sie auf dem Tisch abstellte, ihre Arme verschränkte und ihn genervt ansah.

„Das ist nicht das, was du wirklich wissen willst!“ meinte sie. Sie ignorierten nicht nur, dass er sie einfach ansprach, als wären sie seit Jahren Freunde, sie imitierte ihn sogar.
Larson lies das Papierstück wieder fallen und schüttelte den Kopf.
„Doyle!“ war alles was er sagte und musterte Dallas´ Reaktion.
„Was ist mit ihm?“
Es war nicht ganz das, was er erwartet hatte.
„Wieso ist er hinter dir her?“ hakte Larson nach.
„Ich hab ihm eine antike Kette und einen Oldtimer geklaut!“ antwortete sie stolz.
Larson schien ein klein wenig beeindruckt.
„Aber ich hab das Zeug längst nicht mehr!“ meinte sie dann, „Irgendwie muss man doch auch leben!“
Er nickte nur.

„Aber dich interessiert eher die Kleine, oder?“ mutmaßte Dallas und wartete.
„Ihr kennt euch schon länger!“ kam von Larson etwas zögerlich, „Also musst du doch irgendwas über sie wissen!“
Dallas lachte kurz auf und schüttelte dann schmunzelnd den Kopf.
„Ich war zwar knapp zwei Monate mit ihr zusammen auf Beutezug, aber deswegen kenn ich die Kleine noch lange nicht!“ gab sie dann zu.
„Aber du musst doch wenigstens ihren Namen kennen!“ war sich Larson sicher.
Wieder ein kurzen Auflachen von Dallas.
„Hat sie mir nie gesagt!“
Larson war irritiert.
„Du hast sie einfach mit auf Diebestour genommen und weißt nicht mal ihren Namen?“
Dallas zuckte nur mit den Schultern.

„Wie hast du sie überhaupt kennengelernt?“ wollte Larson dann von ihr wissen.
Dallas überlegt kurz, was sie ihm darauf antworten sollte.
In den wenigen Wochen, die sie mit Stevie zusammen unterwegs war, hatte sie so viele unterschiedliche Geschichten erzählt, angefangen von wer sie waren bis über woher sie sich kannten.
„Die Wahrheit?“
Larson nickte und sah sie neugierig an. Da er nichts über Stevie wusste, bis auch die kläglichen Informationen, die ihm Doyle zugestanden hatte, war er interessiert daran mehr über das mysteriöse Mädchen zu erfahren.

„Sie hat mir den Arsch gerettet!“ fing Dallas an zu erzählen, „Ich wär bei einem Einbruch in eine Villa beinahe von irgendeinem Nachbarschaftscop geschnappt worden.“
Larson sah sie fragend an.
„Ich hatte die Villa ein paar Tage lang ausspioniert und erfahren, dass die Besitzer im Urlaub waren. Es war also niemand da, der mich hätte stören können. Ich bin in der Nacht rein. Ich weiß nicht genau, wieso plötzlich der Möchtegern-Cop da war. Vielleicht stiller Alarm oder irgendein Nachbar hat mich gesehen. Keine Ahnung! Der Typ hatte eine Waffe auf mich gerichtet und faselte irgendwas davon, dass er schießen würde. Und dann stand plötzlich die Kleine hinter ihm und schlug ihn mit einem Tablett oder so KO.“
Dallas holte tief Luft ehe sie fort fuhr.
„Ich war überrascht, denn ich wusste ja nicht warum sie da war. Sie hatte nichts gesagt, packte mich einfach an der Hand und zerrte mich zur Hintertür raus. Gerade noch rechtzeitig, denn wenig später tauchte ein richtiger Polizeiwagen auf.“
„Sie hat dich also vor der Polizei gerettet?“
Dallas nickte kurz.
„Die Kleine hat mich eine Weile hinter sich her gezogen und ich war für einen Moment zu perplex um überhaupt irgendwas zu sagen. Ein paar Straßen weiter hat sie mich losgelassen und meinte, es sei jetzt sicher und wollte gehen.“
Larson sah sie mit großen Augen an.
„Dann ist sie gar nicht mit dir mit gegangen?“ wollte er dann wissen.
Dallas schmunzelte kurz und schüttelte den Kopf.

„Ich hab mir nur gedacht, dass sie recht merkwürdig sei und bin einfach gegangen. Kam nicht weit. Nur eine Straße weiter war ein Polizeiwagen. Und wieder zerrte sie mich weg, ehe mit die Cops bemerkten.“
Wieder wirkte Larson irritiert.
„Ich hab keine Ahnung warum sie das getan hatte. Ich meine, sie hat mich zweimal davor bewahrt geschnappt zu werden!“ meinte Dallas nachdenklich, „Sie kannte mich nicht und hat mich vor den Cops versteckt.“
„Aber hat sie nicht da irgendwann mal ihren Namen gesagt?“ wollte Larson von ihr wissen.
„Den ersten Tag hat sie nicht mal mit mir geredet. Jedes mal wenn ich ein paar Schritte gegangen war, ist sie mir hinterher. Vielleicht hatte sie Angst oder sie … oder sie hat mich mit irgendwem verwechselt!“
Dallas sah nachdenklich auf den Tisch.

„Ihr seit danach zusammen unterwegs gewesen?“ fragte Larson leise.
„Sie lief mir einfach hinterher und als ich sie fragte, warum, meinte sie nur, dass sie etwas suche!“
„Wie?“
„Sie meinte, sie hätte etwas vor langer Zeit verloren und suche danach!“
„Wieso lief sie dir dann hinterher?“
Dallas sah auf und sah Larson irritiert in die Augen.
„Vielleicht wollte sie nicht allein sein?“ meinte sie schulterzuckend, „Ehrlich gesagt, bin ich nie so richtig schlau aus ihr geworden!“
Er nickte nur. Er konnte das nachvollziehen. Bisher hatte er weder einen brauchbaren Hinweis auf die Identität des Mädchens gefunden noch einen Grund für ihr Handeln oder herausgefunden, weswegen Doyle sie suchte.

„Ich hab sie Kid genannt!“ meinte Dallas plötzlich und riss Larson aus den Gedanken, „Sie hat mir nie ihren Namen genannt!“
„Wie lange war sie bei dir?“ wollte er wissen.
„Zwei Monate! Anfangs hab ich versucht sie abzuhängen, aber sie lief mir immer wieder hinterher.“
„Also hast du sie einfach mitgenommen?“
Dallas nickte schmunzelnd.
„Es war, als hätte ich plötzlich eine kleine Schwester bekommen.“
„Warum ist sie dann weggegangen?“

Dallas schüttelte kurz den Kopf und sah dann wieder auf die Papiere auf dem Tisch, so als stünde dort die Wahrheit geschrieben.
„In den zwei Monaten hab ich so gut wie nichts geklaut. Gerade mal soviel das ich über die Runden kam. Hab mich nicht getraut mit ihr!“ gab Dallas zu. Ihr war es egal, dass ihr im Grunde ein Gesetzeshüter gegenüber saß. Es fühlte sich gut an, endlich alles zu erzählen.
Da sie wieder verstummte, hakte Larson nach:
„Hast du sie deswegen weggeschickt, weil du nicht mehr auf Beutezug gehen konntest?“
Dallas´ Kopf schnellte nach oben und mit feurigem Blick sah sie ihn an.
„So sehr ich es auch vermisst habe, den Kick und den Spaß, so sehr gefiel es mir eine kleine Schwester zu haben!“ knurrte sie ihn finster an.
„Aber wieso dann …?“
Noch immer sah sie ihn finster an.
„Sie war knapp zwei Monate bei mir und eines Tages haben waren wir zu Gast bei einem netten älteren Herrn in seiner Villa. Ehrlich gesagt, hab ich es ausgenutzt, dass er scharf auf die Kleine war und sie hatte nichts dagegen mitzukommen und mit mir gemeinsam die Villa auszukundschaften!“
Larson sah sie mit großen Augen an.
Und sie schmunzelte kurz.

„Okay! Stimmt nicht ganz!“ gab sie dann zu und Larson wirkte wieder irritiert. So langsam bemerkte er, dass er wohl nicht alles von ihrer Geschichte für bare Münze nehmen konnte.
„Die Kleine hat uns auf eine Party geschmuggelt. Kostenloses Essen und Trinken! Und ich dachte mir, warum nicht und wollte das ganze nutzen um die Villa auszukundschaften.“
„Wirklich?“ Larson war sich nicht sicher, was genau er nun glauben sollte.
„Da war ein Kerl, der lief ihr immer hinterher, so als wollte er sie jeden Moment flach legen. Doch sie hat ihn ignoriert. Und irgendwann blieb sie vor einer Vitrine stehen und starrte gebannt auf das Zeug da drin. Ich wusste nicht was genau sie so faszinierend fand. Die Vitrine war voll mit irgendwelchem alten Zeug. Ein paar kostbare Stücke und ein paar weniger kostbare Sachen!“ meinte Dallas.
Wieder stoppte sie in ihrer Erzählung und sah auf die Papiere vor sich.
„Ich weiß nicht genau, was dann passiert ist!“ gab sie zu, „Der Kerl, der ihr den ganzen Abend gefolgt war, versuchte sie plötzlich aus dem Haus zu zerren. Und auf ihren Protest hin griffen ein paar Gäste der Party ein und versuchten ihr zu helfen.“
„Was dann?“
„Der Kerl hatte eine Waffe und das Chaos brach erst richtig aus. Er zielte auf sie und drohte damit sie zu erschießen, wenn sie nicht mit ihm käme! Aber sie ist einfach wieder in Richtung der Vitrine gelaufen und hat die Scheibe irgendwie zerschlagen und hatte sich eine Spieluhr geschnappt. Der Kerl lief ihr hinterher und ich wusste nicht was los war. Ich wollt sie aufhalten, doch sie hat mich einfach weg gestoßen und gemeint, sie brauche mich nicht mehr.“
Larson sah sie wieder fragend an.
„Ich hatte zu dem Zeitpunkt geglaubt, dass sie mich einfach nur verarschen wollte. Dass sie mich nur benutzt hätte, um an diese verdammte Spieluhr zu kommen. Ich war ihr nach gelaufen und wollte sie zur Rede stellen. Doch kaum dass ich sie vorm Haus zu packen bekommen hatte, hatte sie mich wieder weg gestoßen und sagte ich solle sie in Ruhe lassen. Also wollt ich ihr die Spieluhr wegnehmen. Immerhin hatte sie mich zwei Monate lang ausgenutzt. Doch ich bekam nur die eine Figur in die Hand, die sie extra gegriffen hatte. Dann stürzte der Kerl mit der Knarre aus dem Haus und rannte mich um. Die Kleine ist weg gerannt und er ihr hinterher!“
Dallas beendete ihre Geschichte, ohne ein weiteres Mal aufzusehen.

„Hast du eine Ahnung, wer der Kerl war?“ wollte Larson wenig später von ihr wissen.
Sie schüttelte nur den Kopf.
„Vermutlich hat sie dir das Leben gerettet! Oder sie hat dich einfach nicht in noch mehr Schwierigkeiten bringen wollen, die du ohnehin schon hattest!“ meinte er dann zu ihr.
„Wieso?“ Sie war verwirrt und sah ihm fragend in die Augen.
„Ich glaube Doyle hatte ihr den Kerl hinterher geschickt. Ich weiß nur nicht warum! Und als er sie gesehen hatte und sie schnappen wollte, wollte sie einfach nur nicht, dass du in die Schusslinie kommst!“
Sie schüttelte den Kopf, obwohl sie ihm glaubte.
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 24. Feb 2012, 11:04

Kapitel XXXIV

„Es ist vielleicht die einzige Möglichkeit!“ meinte Brandon erneut, „Wenn sie sich in den Raum versteckt und du sie dann hier wieder mit dem Schlüssel raus lässt, ...“
Eric schüttelte nur den Kopf.
„Oder ich …!“ begann Brandon, doch Eric verschwand noch ehe Brandon den Satz beendete.
Irritiert sah sich Brandon um und hoffte, dass Eric in irgendeiner Zimmerecke wieder auftauchen würde.
Doch Eric war nicht mehr im Raum.

„Ihr seid beide verrückt!“ knurrte er, kaum dass er neben Stevie in ihrem Versteck auftauchte.
Sie sah ihn nur mit großen Augen an.
„Ich kann dich nicht einfach in dem Zimmer einsperren!“ meinte er sofort.
Noch immer sagte sie kein Wort.
„Verdammt noch mal, es muss doch irgendeinen anderen Weg geben!“

„Bitte!“ kam leise von ihr.
„Stevie, du weißt nicht was passiert, wenn du im Raum zurückbleibst!“ meinte er verzweifelt.
„Es ist doch nur ganz kurz!“ gab sie zurück und sah ihn immer noch bettelnd an.
Eric sah sich um und dachte nach.
Doch ihm fiel keine bessere Möglichkeit ein, sie in das Hotel und zu Brandon ins Zimmer zu bringen.

„Wieso bist du nur so stur?“ murrte er leise und nickte ihr zu.
Sie antwortete nicht und lies sich von ihm wieder auf die Beine helfen.
Eric hielt ihre Hand fest und führte sie wortlos zu einer Tür an der Seite des Hotels, auf der deutlich geschrieben war, dass dort nur Angestellte Zutritt hätten.
„Du bleibst die ganze Zeit ihm Schrank, bis ich dich holen komme!“ befahl er mit fester Stimme und Stevie nickte.
Eric schloss die Tür mit seinem Schlüssel auf und sofort erschien hinter der Tür wieder das Zimmer, in dem er so oft schon mit Stevie und nun auch mit Brandon Unterschlupf gefunden hatte.

Eric führte Stevie zum Wandschrank und lies sie hinein.
„Du! Bleibst! Hier! Drin!“ wiederholte er seine Aufforderung mit straffen Ton und wieder nickte sie nur.
Stevie setzte sich auf den Boden des Schrankes und sah von unten zu ihm hinauf. Über ihr hingen einige Hemden und Jacken, neben ihr stand Brandon´s Rucksack und der ihre, sowie einige Konservendosen und Wasserflaschen, die sie dort gelagert hatten.
„Es dauert nicht lang!“ meinte er etwas leiser, „Ich hoffe, das funktioniert!“
Wieder nickte sie nur.

Eric schloss die Tür des Schrankes und überlegte, ob er vielleicht den Schrank irgendwie verschließen oder versperren sollte. Doch er hoffte, dies war nicht von Nöten.
Er hoffte, dass der Versuch gut ging und Stevie, wenn er die Tür wieder öffnete, noch immer im Raum oder vielmehr im Schrank war.
Mit mulmigen Gefühl verließ Eric das Zimmer wieder und schloss langsam die Tür wieder, zog den Schlüssel ab und teleportierte sich zu Brandon ins Hotelzimmer.


Stevie hatte tief Luft geholt, als Eric die Schranktür verschlossen hatte.
Völlige Dunkelheit umgab sie nun. Sie konnte die beiden Taschen und die Dosen und Flaschen neben sich auf dem Boden fühlen. Über ihr die Hemden und Jacken, die teilweise wie frisch gewaschen rochen und teilweise wie kürzlich getragen.

Sie hatte ihre Knie angezogen und ihre Arme darum geschlungen. Eine Haltung, die ihre Verletzung erst richtig schmerzen lies. Doch sie versuchte sie zu ignorieren.
Die Augen geschlossen, lauschte sie. Sie versuchte herauszuhören, wann Eric das Zimmer wieder betrat. Wann sie wieder aus dem Dunkeln kommen konnte.

Sie hatte gehört wie er die Zimmertür langsam hinter sich geschlossen hatte. Hatte gespürt wie die Luft sich plötzlich veränderte.
Es fühlte sich beinahe an, als habe man für eine Millisekunde die Luft aus dem Raum gesogen und die immer frische beinahe schon sterile Luft gegen eine andere ausgetauscht.
Stevie fühlte Wärme und sah einen Lichtstrahl unter der Schranktür hineinleuchten. Etwas was sie bisher nie gesehen hatte.

Sie wollte bereits neugierig die Tür öffnen, als sie Stimmen hörte. Ein wenig undeutlich um genaueres zu hören, doch sie erkannte deutlich, dass es fremde Stimmen waren.
Und so verharrte sie an ihrem Platz und versuchte noch weiter zusammen zu schrumpfen.

„Was soll der Scheiß?“ hörte sie eine Männerstimme und die Zimmertür wurde geöffnet.
Eine zweite Männerstimme war danach zu hören.
„Wieso hat sie ihm geschrieben? Weiß sie nicht was los ist?“
„Ich glaub nicht, dass ihr irgendwer Bescheid gesagt hat!“ meinte die erste Stimme und Stevie konnte Papier rascheln hören.
„Ja, aber warum hat sie ihm überhaupt geschrieben? Sie hat doch schon vor eine Weile Schluss gemacht!“ war die Meinung der zweiten Stimme.
„Vielleicht glaubt sie ja, dass er sie wieder haben will!“
„Klar! Die hofft doch nur, dass er für sie noch mal seine Eltern um Geld anbettelt!“ knurrte die zweite Stimme.
„Schmarotzerin!“ war die Meinung des anderen und die Zimmertür wurde wieder geschlossen.
„Vielleicht sollte man ihr sagen, dass es zu spät ist!“ hörte Stevie noch und die Stimmen verschwanden wieder.

Sie wartete einige Sekunden. Doch nichts geschah.
Vorsichtig öffnete sie die Schranktür und sah durch den Spalt hinaus.
Das Zimmer oder vielmehr das wenige, was sie erblicken konnte, sah nicht anders aus als sonst.
Also öffnete sie die Schranktür weiter und sah um die Ecke.

Die Einrichtung war die selbe wie sonst auch.
Und doch war hier so vieles anders.
Zum einem war das Bett mit einer Überdecke abgedeckt und ein Buch lag darauf und zum anderen war der Schreibtisch voll mit Büchern und Briefen. Über dem Schreibtisch hing eine Pinnwand, an der einige Notizzettel sowie Fotos hingen.
Der größte Unterschied zu dem Raum, den Stevie sonst gesehen hatte, war das Fenster.
Es war nicht wie sonst schwarz. Nein, es war hell und man konnte deutlich die Landschaft davor erkennen.

Eine Weile sah Stevie von ihrem Fleck aus in Richtung des Fensters.
Sie wollte wissen, was vor dem Fenster zu sehen war.
Aber sie wollte auch nicht ihren sicheren Platz verlassen.
Angespannt lauschte sie auf die Stimmen, die kaum hörbar waren.
Es waren noch immer zwei. Und sie schienen ein paar Räume entfernt zu sein.

Irgendwann war die Neugierde doch größer als die Angst und Stevie stand langsam und leise auf.
Sie wollte mehr wissen.
Aber es war nicht nur das Fenster, was sie interessierte. Im Grunde war es das gesamte Zimmer, was sie erkunden wollte.
Es war so unterschiedlich zu dem Raum, den sie sonst gesehen hatte.
Sie erhoffte sich, dass sie vielleicht ein paar Antworten finden könnte.
Wenn schon nicht über sich, so vielleicht wenigstens zu dem Zimmer an sich.

Vorsichtig trat sie aus dem Schrank in Richtung Fenster.
Allerdings tat sie nur wenige Schritte in den Raum. Sie wusste nicht, womit sie rechnen musste oder wie viel Zeit sie überhaupt in dem Zimmer haben würde, ehe es sich wieder zu dem üblichen Raum zurückverwandelte.
Sie blieb in der Mitte des Raumes stehen und sah angestrengt aus dem Fenster.
Sie konnte ein paar Häuser in der Nachbarschaft sehen. Im Grunde schien dies eine reinste Wohnsiedlung zu sein, bei der jedes Haus einen kleinen Vorgarten besaß und vermutlich noch einen kleinen Garten dahinter. Jedes Haus war nur zwei Stockwerke hoch und hatte ein Dach mit roten Ziegeln.
Weiter hinten waren Bäume zu sehen. Ein reinster Wald. Und hinter den Bäumen hob sich ganz schwach von dem blauen Himmel ein Gebirge ab.
Verwundert stellte Stevie fest, dass ihr die Gegend bekannt vorkam. Es fühlte sich beinahe so an, als sei sie zu hause. Oder zumindest in der Nähe.

Stevie riss ihren Blick vom Fenster und lies ihn noch einmal im Zimmer umher schweifen.
Und als sie genauer in Richtung Pinnwand sah, erstarrte sie.
Es waren die Fotos, die sie irritierten. Auf einigen Fotos waren fünf Mann zu sehen. Eine Familie, wie Stevie annahm, mit Vater, Mutter und ihren drei Kindern. Auf anderen Fotos waren vereinzelt nur zwei oder drei Leute zu sehen, zumeist in frechen oder wilden Posen, so als habe man die Bilder auf Partys gemacht.
Auf einem Bild war eine junge Frau mit blondem Haar, die verträumt aussah.

Stevie ging zum Schreibtisch und der Pinnwand hinüber, um einen genaueren Blick auf die Fotos zu werfen.
Und erst jetzt wurde noch deutlicher, was sie gefunden hatte.
„Warum bist du jetzt nicht hier?“ flüsterte sie leise und strich mit den Fingern über das Familienfoto.
Als sie ihren Blick senkte, bemerkte sie den Stapel Briefe auf dem Schreibtisch.
Oben drauf ein Umschlag mit nur zwei Namen.

„Ich hol nur noch das Buch und dann können wir los!“ hörte Stevie eine der beiden Männerstimmen und erschrocken sah sie zur Tür.
Sie wusste für eine Sekunde nicht, was sie machen sollte.
Dann packte sie einfach den Briefumschlag und riss das Familienfoto von der Pinnwand, wobei die Pins zu Boden fielen, und lief mit beiden zum Schrank zurück.
Sie sprang in den Schrank hinein, kauerte sich wieder auf dem Boden zusammen und schloss die Tür.
Und nur wenige Sekunden später hörte sie wie die Zimmertür geöffnet wurde.

Jemand betrat den Raum und schritt in Richtung Bett. Dort blieb derjenige stehen und seufzte kurz.
„Beeil dich!“ rief die zweite Stimme.
Doch der andere gab keine Antwort.
Stevie hatte Angst, dass man sie jeden Moment entdecken würde.
Ängstlich zog sie ihre Beine wieder fest an sich, schlang die Arme darum und presste ihr Gesicht auf die Knie und ihren Körper gegen die Rückwand des Schrankes.

Sie konnte noch immer hören, wie der eine im Zimmer umher ging.
Dann hörte sie die Schritte des zweiten das Zimmer betreten.
„Was ist los? Findest du das Buch nicht?“ wollte er wissen.
„Hier war jemand!“ meinte der erste nur.
„Wie?“ Der andere schien irritiert.
Die Schritte bewegten sich auf den Schreibtisch zu.
„Ein Foto fehlt!“ bemerkte der erste.
„Und der Brief! Den hab ich doch hier hingelegt!“ fügte der andere hinzu.
Beide schienen verwirrt zu sein.
„Meinst du, hier ist jemand eingebrochen?“
„Wie sollte hier jemand einbrechen? Ohne dass wir es mitbekommen? Und dass innerhalb von wenigen Minuten?“
„Mit dem Schlüssel?“
„Welchem Schlüssel?“

Stevie hielt den Atem an.
Sie wusste weder, wer sich in dem Raum befand, noch über was für einen Schlüssel sie sprachen.

„Du weiß schon! Der Zimmerschlüssel!“
„Das war aber nur der Zimmerschlüssel! Damit kommt man nicht ins Haus!“ knurrte der andere leicht verärgert.
„Ist trotzdem komisch, dass nur sein Zimmerschlüssel verschwunden ist, oder? Ich meine, er hat sein Zimmer immer damit abgeschlossen und dann ist das Teil einfach weg!“
„Mich irritiert mehr, dass hier irgendwer drin war, ohne dass wir es bemerkt haben!“
„Vielleicht ist er noch hier drin!“ flüsterte eine der Stimmen plötzlich.

Stevie versuchte sich noch tiefer in den Schrank zu pressen.
Sie hörte die Schritte der beiden Männer auf den Schrank zukommen.
Jeden Moment würde die Schranktür aufgehen und man würde sie finden.
Vielleicht passierte genau das mit den Dingen in dem Raum. Irgendwer konnte den Raum betreten, wenn Stevie und Eric ihn verlassen hatten und dann nahmen sie einfach immer das raus, was nicht hinein gehörte.

Die Schranktür ging auf und jemand griff nach ihr.
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 2. Mär 2012, 09:36

Kapitel XXXV

Dass erste Mal, dass er von ihr hörte, war vor zwanzig Jahren. Zu einem Zeitpunkt, an dem er gerade andere Dinge im Kopf hatte und zu dem er diese Nachricht nicht wirklich brauchen konnte.
Dass zweite Mal war dann nur knapp fünf Jahre später. Und diesmal klang die Nachricht weniger erfreulich.

„Wir haben Ihre Tochter!“ hatte es geheißen.
Und für einen Moment hatte es ihm den Atem verschlagen.
Seine Tochter war gerade ins Krankenhaus eingeliefert worden, nachdem sie mitten in der Nacht hohes Fieber und starke Krämpfe bekommen hatte. Und während seine Frau mit der Tochter in die Klinik gefahren war, war er zurückgeblieben, um einige Sachen zusammenzupacken.

Die Nachricht war nicht länger gewesen. Nur dass man seine Tochter hätte.
Sofort war er ins Krankenhaus gefahren, nur um festzustellen, dass seine Tochter noch da war.
Irritiert dachte er nicht weiter darüber nach.
Zumindest für einen Moment.
Es gab schließlich wichtigeres für ihn zu dem Zeitpunkt, als über einen scheinbar fehlgeleiteten Anruf nachzudenken.
Seine Tochter Lilian, gerade erst acht Jahre alt geworden, lag im Krankenhausbett. Maschinen halfen ihr beim Atmen und überwachten ihre Lebenszeichen.
Seine Tochter war da, wenngleich er nicht wusste wie lange noch.

Tage später hatte er erneut einen Anruf bekommen. Wieder dieselbe Stimme und die selben Worte.
Und diesmal hatte er gewusst, dass man nicht seine Tochter meinen konnte, denn er war gerade eben noch bei ihr im Krankenzimmer gewesen und hatte dieses auch nur wegen dem Anruf verlassen.
Und so hatte er in das Telefon geschimpft, dass es ein böser Scherz sei, den man mit ihm treibe, und aufgelegt.

Am Abend hatte er neben Lilian am Krankenbett gesessen und sie beim Schlafen beobachtet. Es hatte ihn ein wenig beruhigt und er war kurz davor einzudösen, als ein Arzt das Zimmer betreten und ihn angetippt hatte.
Müde und verwirrt hatte er den Arzt angesehen. Doch der Mann war stumm geblieben, hatte ihm ein Polaroid-Foto gereicht und war dann wieder gegangen.

Auf dem Foto war nur eine Frau mit einem kleinen Mädchen gewesen. Beide hatten vor einem weißen Klavierflügel gesessen und hatten in die Kamera gelächelt.
Es hatte einen Moment gedauert, ehe er erkannte, wen er auch dem Bild sah. Zumindest die Frau hatte er gekannt.
Unter dem Bild hatte dieselbe Nachricht gestanden, die man ihm auch bereits zweimal mitgeteilt hatte, sowie eine Telefonnummer.
Kurz hatte er gezögert, doch dann war er aus dem Zimmer seiner Tochter gegangen, auf der Suche nach einem Telefon.
Und dann hatte er angerufen, um mehr zu erfahren.


Doyle saß an seinem Schreibtisch.
Er wusste nun, wo er sie finden würde. Er musste nur noch herausfinden, wie er zu ihr gelangen würde oder vielmehr wem er so sehr vertrauen konnte, sie zu ihm zu bringen. Es gab im Grunde niemand dem er mit dieser Aufgabe so recht trauen konnte.
Zumindest wenn man bedachte, was bisher geschehen war.
Jedes mal, wenn einer der Männer, die er beauftragt hatte, nach dem Mädchen zu suchen, sie gefasst hatte, passierte irgendetwas. Leider nie etwas positives. Viel eher sah es so aus, als würden die Männer, die er losgeschickt hatte, nur Ärger machen und nicht nur seinem Ruf schaden sondern auch dem Mädchen.

Dass er keinem seiner Leute gesagt hatte, warum er sie suchen lies, hatte einen Grund.
Er vertraute keinem seiner Leute. Und er wollte nicht, dass sie sein Geheimnis heraus fanden.
Natürlich begannen einige zu glauben, dass Doyle das Mädchen ohne Grund suchen lies. Dass sie nichts gestohlen hätte, was er zurückfordern könnte.
Aber Doyle interessierte sich wenig für dieses Geschwätz. Er zahlte auch nicht dafür.

Wieder klingelte das Telefon und wieder eine unbekannte Nummer.
„Was gibt es?“ wollte er ein klein wenig genervt wissen.
„Ich weiß, wo sie steckt!“ bekam er zu hören.
Doyle grübelte kurz. Er versuchte die rauchige Stimme einzuordnen.
Und dann fiel es ihm ein, es war der selbe Kerl, der ihm vor vier Monaten schon einmal berichtet hatte, dass er das Mädchen fast hätte. Nur um dann wenig später zu berichten, dass sie ihm nur knapp entwischt war.
„Ich kann sie dir bringen!“ kam vom anderen Ende der Leitung.
Für einen Moment überlegte Doyle, ob er den Mann lieber wieder zurückrufen sollte oder nicht.
Doch mehr oder weniger hatte er nicht viele Optionen.
Solange er keinen anderen vertrauenswürdigeren Mann zur Verfügung hatte, musste er diesem einen vertrauen.
„Hör zu, du bringst sie zu mir! Unverletzt!“ befahl Doyle dem Mann, „Ich will nicht hören, dass etwas schief gegangen ist oder dass sie durch deine Dummheit verletzt wurde! Bring sie nur her! Mehr nicht!“
Der Mann am anderen Ende war für einen Moment still, so als überlege er es sich.
„Der selbe Preis!“ gab er dann nur zu verstehen, „Ich bring sie dir!“
Und damit war das Gespräch beendet.

Doyle fragte sich, weswegen der Kerl ihn überhaupt angerufen hatte.
Vielleicht hatte er sicher gehen wollen, dass Doyle sich noch immer für die Kleine interessierte oder nicht.

Er saß eine Weile am Schreibtisch und betrachtete das Foto seiner kleinen Familie. Das Bild hatte man im Zimmer seiner Tochter aufgenommen. Es war noch nicht einmal drei Wochen alt. Seine Frau hatte darauf bestanden mindestens jedes Halbjahr ein neues Familienfoto aufzunehmen. Er wusste nicht warum. Doch er hatte nichts zu ihrem Wunsch gesagt. Vielleicht war der Gedanke dabei gewesen, so viele Erinnerungen wie möglich festzuhalten.

Er atmete tief durch und öffnete seine Schreibtischschublade. Seine Frau hatte oft über die Unordnung darin geschimpft. Notizzettel, Ausdrucke von irgendwelchen Artefakten, die er mal hatte kaufen wollen, es aber nicht getan hatte, Kassenbons und Tickets und einige Akten mit Kundenlisten. Und mitten in der ganzen Unordnung hatte er eine kleine Box, die ihm Lilian einst bemalt und geschenkt hatte. Darin bewahrte er einige Fotos von befreundeten Kunden auf.
Doch es gab ein Bild darin, welches für ihn besonders war.
Welches im Grunde nicht wirklich in diese Box gehörte.

Ein nun leicht ausgebleichtes Polaroid, dessen unterer Rand schwarz übermalt und dann überklebt worden war. Im Gegensatz zu den ganzen anderen Fotos in der Box, stand darauf kein Name.
Und doch wusste er, wer auf dem Bild zu sehen war.

Während er das Foto in der Hand hielt, griff er nach dem Telefon.
Es gab jemanden, den er anrufen konnte. Auch wenn dieser jemand ihm vermutlich nicht mehr vertrauen oder für ihn arbeiten wollte.
Doyle wusste, dass dieser jemand ihm das Mädchen bringen konnte, ohne sie dabei unnötig zu gefährden.
Er hoffte es zumindest.
Zuletzt geändert von Nikita LaChance am Fr 9. Mär 2012, 08:46, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 2. Mär 2012, 09:37

Kapitel XXXVI

Deutlich konnte sie die fremden Stimmen hören. Hören wie die beiden Männer auf den Schrank zu kamen.
Sie hatte sich soweit zusammen gekauert und in die Ecke des Schrankes gepresst wie es nur ging.
Sie wollte nicht gefunden werden.
Sie wollte nicht verschwinden.

Als sie jemand am Arm packte, zuckte sie zusammen und riss ihren Arm weg.
Sie hatte ihre Augen fest zusammengekniffen, wie ein kleines Kind, das glaubte, wenn es niemanden sah, würde man es auch nicht sehen.
Doch ihr Gegenüber gab nicht nach und griff erneut nach ihr.

Sie begann sich zu wehren. Ihr Kopf dröhnte und sie hörte jemanden flüstern, doch verstand nicht, was genau gesagt wurde.
Und selbst als sie die Augen öffnete, ergab nichts so wirklich einen Sinn.
Für einen Moment lang, konnte sie nichts als verschwommene Schatten vor sich sehen.
Wieder wurde sie am Arm gepackt und aus dem Schrank gezogen.
Der andere gab nicht nach und sie bekam Panik.

„Lass mich los!“ schrie sie.
Doch man lies sie nicht los. Viel mehr hielt man ihre Arme fest und hinderte sie daran sich und anderen weh zu tun.
Als man ihr dann auch noch die Beine festhielt, damit sie nicht mehr um sich treten konnte, reagierte sie noch panischer als ohne hin.
Ihre Aktion allerdings hatte nicht den gewünschten Effekt.
Ihre Versuche freizukommen, hatten lediglich dazu geführt, dass ihre Wunde noch mehr schmerzte. Und mit dem Schmerz kam dann auch die Bewusstlosigkeit.
Und so sehr sie es auch gern verhindert hätte, in die Dunkelheit, die sich nun vor ihren Augen ausbreitete, abzutauchen, sie konnte nichts dagegen tun.
Sie war hilflos.


Eric hatte die Zimmertür mit einem mulmigen Gefühl hinter sich geschlossen. Es war schon sonderbar ein ungutes Gefühl zu haben, wenn man doch im Grunde nichts fühlen konnte.
Nicht mal eine Sekunde nachdem er Stevie verlassen hatte, hatte er sich zu Brandon ins Zimmer teleportiert und noch ohne ein weiteres Wort zu verlieren, hatte er mit dem Schlüssel den magischen Raum wieder geöffnet.

Der Raum war wie immer. Nichts hatte sich verändert. Nichts war verschwunden oder hinzugekommen.
Eric hoffte nur, dass der kleine Trick mit dem Kleiderschrank funktioniert hatte und Stevie noch darin saß.

Brandon hatte mit ihm zusammen den Raum betreten und hatte die Tür hinter sich geschlossen.
Und gemeinsam gingen sie hinüber zum Kleiderschrank.
Eric öffnete die Tür und er und Brandon hielten den Atem an. Zu nervös, was sie finden würden oder auch nicht.

Sie atmeten erleichtert auf, als sie Stevie in ihrem Versteck vorfanden.
Doch sie reagierte nicht auf die beiden. Sie schien sich vielmehr vor ihnen verstecken zu wollen und zog sich noch mehr in den Schrank zurück als ohnehin.

Brandon war es, der sie am Arm packte. Er wollte ihr nur zeigen, dass alles okay sei und sie wieder hervor kommen könnte.
Mit ihrer Reaktion hatte er nicht gerechnet.
Verwirrt hatte er kurz zu Eric gesehen, der genauso ratlos drein sah wie er.

„Stevie, es ist okay!“ flüsterte Brandon leise und packte sie erneut am Arm.
Doch wieder entriss sie sich ihm und schlug seine Hand weg.
„Stevie?“ Brandon war verwirrt, „Du kannst jetzt wieder raus kommen!“
Aber noch immer reagierte sie panisch.

Er konnte in ihrem blassen Gesicht pure Angst erkennen. Ihr Blick blieb nie lange an einem Fleck haften, so als suche sie nach einem Ausweg. So als könne sie nicht sehen, wer vor ihr war.
Besorgt zog er sie zu sich aus dem Schrank und flüsterte ihr beruhigende Worte zu.
Doch so wie sich gegen ihn zur Wehr setzte, schien sie ihn nicht zu hören.

Brandon konnte nichts anderes tun als ihre Arme festzuhalten, damit sie ihn nicht mehr schlagen konnte.
Hilflos schrie sie, dass er sie loslassen sollte.
Gerade als sie nach ihm treten wollte, hatte er sie blitzschnell umgedreht und sie mit ihrem Rücken gegen seine Brust gedrückt. So herum hatte er bessere Chancen ihre Arme festzuhalten und ihren Tritten zu entgehen.

„Was ist los mit ihr?“ wollte Eric erschrocken wissen.
Und obwohl ihm ihre Tritte nichts ausmachen würden, hielt er ihre Beine fest.
Brandon wusste für einen Moment nicht, was er ihm antworten sollte.
Stevie versuchte sich frei zu kämpfen und wie Brandon feststellen musste, besaß Stevie eine fast unbändige Kraft.
„Panikattackte, glaub ich!“ war alles was Brandon Eric antworten konnte.
Eine Panikattacke würde zumindest ihre Aktion erklären, ebenso wie auch die Kraft die sie aufwand, um sich frei zu kämpfen. Brandon hatte Mühe, sie in Schach zu halten.

Doch nach nur wenigen Minuten, in denen sich Stevie wand und schrie, war der Adrenalinschub den ihre Panikattacke ausgelöst hatte, scheinbar wieder verschwunden.
„Lass mich los!“ kam kaum hörbar von ihr und Brandon und Eric konnten spüren, wie die Kraft sie verließ. Bis sie schließlich einfach zusammensackte.

Eric sah Brandon mit großen Augen an.
Doch der hatte nur Augen für das scheinbar leblose Mädchen, dessen Arme er hatte so fest halten müssen, dass er Abdrücke hinterlassen hatte.
„Vielleicht wäre sie besser im Krankenhaus geblieben!“ meinte er, ohne den Blick von Stevie zu nehmen.
„Aber …!“ Eric war ein wenig sprachlos. Nicht nur dass ihn Stevie´s Anfall erschrocken hatte, so wusste er auch nicht, was er Brandon entgegnen sollte.
Er selbst hätte es besser gefunden, wenn sie noch im Krankenhaus geblieben wäre. Doch er war sich bewusst gewesen, dass es nicht lange sicher für sie gewesen wäre, dort zu liegen.

Brandon lies Stevie´s Arme los und strich ihr die Haare aus dem Gesicht.
Er bemerkte, dass sie Fieber bekommen hatte und sah daher finster drein.
Doch das war nicht das einzige was er mitbekam.
Durch ihren Kampf musste sich ihre Wunde wieder geöffnet haben. Deutlich war der Blutfleck auf ihrem Shirt zu sehen.

Eric half ihm Stevie aufs Bett zu legen. Doch weiter wusste er nicht, was er nun tun sollte. Er wusste nicht, wie er ihr helfen sollte.
„Wir brauchen … einen neuen Verband!“ Gern hätte Brandon ihn angeschrien für seine Dummheit, Stevie aus dem Krankenhaus geholfen zu haben.
Doch in den wenigen Tagen, die er die beiden nun schon kannte, wusste er dass Stevie ziemlich stur sein konnte und sie vermutlich auch ohne Eric´s Hilfe aus der Klinik geflüchtet wäre.

Für eine Sekunde hatte Eric ihn mit großen Augen angesehen und dann hatte er genickt.
„Du musst die Tür offen lassen, ansonsten find ich euch nicht!“ erklärte er und drückte Brandon den Schlüssel in die Hand, ehe er zur Tür ging und sie wieder öffnete.
Vor der Tür war Brandon´s Hotelzimmer, wo Eric sich in Luft auflöste.
Es dauerte nicht lange und er war wieder da und kam mit einem kleinen Karton in den Raum zu Brandon.

Brandon wollte nicht wissen, von wo Eric das Material hatte. Doch es war genau das, was er im Moment brauchen konnte.
Er hoffte nur, dass er alles richtig machte.
Vorsichtig schob er Stevie´s Shirt hoch, sodass er den blutigen Verband freigab.
Eric stand auf der anderen Seite des Bettes und beobachtete ihn mit angespannter Miene.

Brandon ignorierte Eric´s Blicke und konzentrierte sich auf seine Aufgabe.
So sanft es ging, löste er den alten Verband.
Für einen kurzen Moment erstarrte er, als er die OP-Naht sehen konnte. Und auch Eric starrte auf die Wunde.
Zu Brandon´s Erleichterung stellte er aber fest, dass sich die Naht nicht gelöst hatte. Stevie´s wilde Aktion hatte lediglich einen kleinen Teil der Wunde wieder geöffnet.

Eric hatte neben Bandagen und Kompressen auch ein Mittel zur Wundreinigung mitgebracht sowie ein paar Tupfer.
Brandon war schon ein wenig erstaunt darüber, sagte aber nichts dazu.
Ohne ein Wort zu verlieren, reinigte er die Wunde und verband sie wieder.

Erst als er fertig war, atmete er erleichtert auf.
Er hatte nicht gedacht, dass er auf seinen Selbstfindungstrip irgendwann einmal Wunden versorgen müsste. Allerdings hatte er auch nicht damit gerechnet in ein solch ominöses Abenteuer zu geraten.
Und doch, wenn er es sich nun so recht überlegte, würde er es nicht missen wollen.

„Jetzt können wir nur warten!“ meinte Brandon, zog Stevie´s Shirt wieder herunter und versuchte sie zuzudecken indem er die Seiten der Zudecke, auf der sie nun lag, einfach über sie legte.
Eric schloss die Zimmertür wieder und setzte sich zu Stevie aufs Bett.

„Warum hat sie so reagiert?“ wollte er wissen, während er ihr über die Haare strich.
Brandon schüttelte unwissend mit dem Kopf.
Er packte den Karton mit den restlichen Verbandsmaterial in den Schrank. Mit größter Wahrscheinlichkeit würden sie die Sachen später noch brauchen.
Er wollte gerade den Schrank schließen, als ihm ein Briefumschlag und ein Foto auffiel, welches an der Stelle lag, wo zuvor Stevie gekauert hatte.
Irritiert hob er beides auf.
Nikita LaChance
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 9. Mär 2012, 08:47

Kapitel XXXVII

„Was ist mit den Sachen passiert, die du mit der Kleinen zusammen geklaut hast?“ wollte Larson nach einer Weile wissen.
Dallas hatte ihm erzählt, wie sie das Mädchen, welches sich nun Stevie nannte, kennengelernt hatte.
Larson interessierte sich im Moment weniger dafür, dass er einer Diebin gegenüber saß. Und auch sie schien sich nicht im geringsten einen Kopf zu machen, dass er eigentlich ein Vertreter des Gesetzes war und sie jeden Moment verhaften könnte.
„Verkauft!“ war ihre kurze Antwort.
Larson zog nur die Augenbrauen hoch.
„Teilweise übers Internet. Manchmal hab ich´s bei Pfandleihen probiert. Die hören zu oft die rührselige Story, dass man dringend das Geld braucht und eben darum den Schmuck der Großmutter verkaufen muss.“ gab sie dann zu.
Nun nickte Larson und suchte nach seinem Laptop.

Während er das Gerät hochfahren lies, wollte er von ihr die genaue Internetadresse wissen, über die sie ihr Diebesgut verkauft hatte.
„Warum?“ war ihre einzige Gegenfrage dazu.
„Vielleicht hat die Kleine auch irgendwas darüber verkauft!“ war Larson´s Idee.
„Ich versteh nicht, wie genau das helfen soll, was über sie oder Doyle zu erfahren!“ meinte Dallas irritiert.
„Vielleicht find ich so das, was sie Doyle gestohlen hat!“ erklärte Larson und tippte sofort, als Dallas ihm die Webseite nannte, los.

„Ich versteh´s trotzdem nicht!“ gab Dallas wenig später zu.
„Doyle ist hinter dem Mädchen her, weil sie ihm irgendwas geklaut hat. Aber er hat niemanden auch nur gesagt, was es ist.“
Dallas sah ihn verwirrt an.
„Und vielleicht hat sie ...“
„Du weißt aber schon, dass du nicht weißt, was für einen Namen sie auf der Seite benutzt haben könnte!“ meinte Dallas plötzlich und nun war er es, der sie verwirrt ansah.
„Sie kann alles mögliche als Namen benutzt haben und auf der Seite sind tausende von Artikeln. Schmuck, Kästchen, Kostüme, Bilder und ein Haufen anderes Zeug, was die Leute loswerden wollen!“ erklärte sie ihm mit ruhiger Stimme.
„Mist!“ knurrte Larson dann.

Dallas wollte ihm gerade erläutern, dass Stevie ihr Diebesgut auch anderweitig hätte verkaufen können, sodass man die Aktion nicht nachverfolgen könnte, als Larson´s Handy klingelte.

Er sah für einen Moment perplex aufs Display, ehe er dann doch das Gespräch annahm.
„Doyle?“ brummte er ins Mobiltelefon.
Für einen Moment herrschte Stille am anderen Ende und Larson glaubte bereits, dass Doyle wieder auflegen würde, als er zu sprechen begann.
„Du musst das Mädchen finden und zu mir bringen!“ erklärte Doyle. Larson ignorierte den Fakt, dass Doyle ihn plötzlich duzte.
Deutlich konnte er das Zittern in Doyle´s Stimme hören. Doch er wollte nicht fragen warum.
„Du musst sie zu mir bringen! Ich kann sonst niemanden vertrauen!“
„Warum sollte ich das tun?“ war Larson´s Gegenfrage.
Dallas ihm gegenüber sah ihn gebannt an, so als wolle sie auch den anderen Teil des Telefonats erfahren.
„Sie ist in Gefahr!“ meinte Doyle nur, so als hoffe er, Larson damit zufrieden zu stellen.
„Sie ist wegen Ihnen in Gefahr! Sie haben doch die Bluthunde auf sie gehetzt!“ schimpfte Larson verärgert ins Telefon.
Er konnte Doyle scharf einatmen hören. Doch was auch immer er für Schimpfworte von sich geben wollte, er sagte sie nicht.
„Hör zu, ich weiß, dass du mir nicht traust!“ fing Doyle an und Larson fiel ihm ins Wort:
„Warum sollte ich Ihnen trauen? Sie haben mit Ihrer Hetzjagd mehr Ärger gemacht als sonst was. Sie sind Schuld dass Stevie verletzt wurde! Mehr als einmal!“
„Bring sie einfach nur zu mir! Es ist wichtig!“ gab Doyle zurück, „Du bist der einzige, der sie sicher hier her bringen kann!“
Larson war für einen Moment verwirrt.
Doyle klang nicht mehr so hart, wie sonst. Er klang ein klein wenig verzweifelt.
Allerdings wusste Larson nicht, ob dies nicht gespielt war. Ein neuer Trick um sein Ziel zu erreichen.

„Was hat sie gestohlen?“ wollte Larson wissen, „Warum ist sie so wichtig?“
Doyle am anderen Ende der Leitung verstummte kurz.


Stevie wusste, dass sie träumte.
In den letzten Tagen hatte sie fast immer den selben Traum.
Sie war in einem hellen Raum mit einem alten weißen Klavierflügel, an dem eine Frau saß und spielte. Und auch wenn Stevie das Gesicht der Frau nicht erkennen konnte, so war sie ihr doch irgendwie vertraut.
Doch kurz danach tauchten drei dunkel gekleidete Männer auf und ein Kampf zwischen der Frau und ihnen brach aus, den die Frau verlor.

Stevie sah nicht, was aus der Frau wurde und die Szene in ihrem Traum änderte sich und sie fand sich in einem hellen Zimmer wieder. Doch dieser Raum war nicht so freundlich und warm wie das Musikzimmer zuvor.
Dieser Raum machte ihr Angst.

Sie verlor jegliches Zeitgefühl, nicht dass sie erwartet hätte, dass sie welches in ihrem Traum hätte. Sie konnte nur nicht sagen, ob Stunden oder Tage vergangen waren, die sie in dem hellen Raum verbracht hatte, ehe eine zweite Person auftauchte.
Der Mann war groß gewachsen. Zumindest wirkte es so, bis Stevie auffiel, dass sie selbst in dem Körper eines fünfjährigen Mädchens stecke.
Er sagte nichts zu ihr und das machte ihr noch mehr Angst als ohnehin. Er musterte sie nur und nach einer Weile ging er wortlos wieder und lies sie allein zurück in dem Raum.

Und wieder änderte sich die Szene.
Der Raum, in dem sie sich nun wiederfand war ebenfalls hell und steril gehalten.
Doch diesmal war sie nicht allein.
Ein anderes Mädchen saß ihr gegenüber, was sie müde anlächelte. Das Mädchen musste vielleicht um die zwölf Jahre alt sein.
Und obwohl sie schwach und krank aussah, schien sie erfreut zu sein über Stevie´s Anwesenheit.
Stevie sah sich im Raum um und obwohl alles um sie herum, recht verschwommen aussah, konnte sie das Mädchen auf dem Bett ihr Gegenüber deutlich erkennen.
Neben dem Bett auf dem Nachtisch erregte etwas ihre Neugierde und der Blick des Mädchens ihr gegenüber folgte ihrem. Wieder fing sie an zu lächeln und präsentierte stolz, das kleine Kunstwerk was Stevie´s Aufmerksamkeit erregt hatte.
Stevie konnte nicht verstehen, was das andere Mädchen ihr erklärte.
Und dann verschwamm das Bild vor ihr.


Brandon hatte sich zu Stevie aufs Bett gelegt und, auch wenn Eric ihn dafür ziemlich sauer anstarrte, hatte er sie zu sich ran gezogen und einen Arm um sie gelegt.
Einerseits war Brandon müde, aber andererseits wollte er Stevie auch nicht aus den Augen lassen.
Bisher hatte er Eric noch nichts von dem Fund im Kleiderschrank erzählt. Er hatte das Foto und den Briefumschlag auf die Box mit dem Verbandsmaterial gelegt.
Er wollte auf den richtigen Moment warten. Oder vielmehr darauf, dass Stevie aufwachte und erklärte, woher sie die Sachen hatte.

„Muss toll sein!“ knurrte Eric ihn an.
Brandon sah ihn nur fragend an.
Anstatt zu antworten, zeigte Eric nur auf ihn und Stevie.
Brandon wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Er konnte aus Eric´s Stimme heraushören, dass er auf einen Streit aus war. Doch er ging nicht darauf ein.
Stattdessen wollte er von Eric etwas anderes wissen.
„Was ist mit dir passiert?“

Eric riss beide Augenbrauen hoch. Für einen Moment verstand er die Frage nicht.
„Na ja, du bist ein Geist! Also muss irgendwas mit dir passiert sein!“ meinte Brandon neugierig.
„Ich bin aber nicht tot!“ knurrte Eric verärgert. Allmählich hasste er es, dass jeder annahm, dass er bereits verstorben sei.
„Das hab ich auch nicht behauptet!“ antwortete Brandon ruhig und strich Stevie über die Wange, da sie, als Eric geschimpft hatte, zusammengezuckt war.
Eric sah sauer auf ihn.
„Irgendwo müsste doch dein Körper sein ...“ fing Brandon an.
„Ich hab keine Ahnung!“ kam von Eric und er klang ein wenig beschämt.
„Kannst du dich an irgendwas erinnern? Ich meine, du musst doch vor ...“ Brandon zeigte wage auf ihn, „... bevor du ein Geist geworden bist, doch irgendwo gelebt haben!“
Eric blieb stumm. All die Wut, darüber dass Brandon bei Stevie lag und sie berühren und fühlen konnte, mit einem Male verschwunden.
„Familie? Freunde? Heimat?“
„Wenn ich wüsste, wo ich herkomme oder wo meine Familie steckt oder wo ich stecke, ...“ murmelte Eric, „... dann wär ich nicht hier!“
Brandon nickte nur.

Neben ihm wurde Stevie ein wenig unruhiger, ehe sie die Augen aufriss.
Eric war sofort an ihrer Seite und sah sie besorgt an.
„Alptraum?“ wollte er wissen.
Es dauerte eine Weile ehe sie ihm nickend antwortete und sich aufzusetzten versuchte. Doch irgendwas hielt sie zurück.
Und erst jetzt bemerkte sie Brandon neben sich, der sie zurück hielt.
Sie lief rot an und sah von Brandon zu Eric und wieder zurück.

„Du solltest lieber liegen bleiben!“ meinte Brandon zu ihr und stand selbst auf.
„Er hat recht!“ gab Eric zu verstehen, als sie wieder zu ihm sah, „Deine Verletzung könnte sonst wieder aufgehen!“
Sie nickte nur und versuchte sich bequemer hinzulegen. Sie war kurz davor wieder einzuschlafen, als sie die Augen wieder weit aufriss und Eric anstarrte.

„Du bist hier?“ fragte sie ihn verwundert.
„Ja? Wieso?“ Eric war verwirrt.
Stevie versuchte erneut sich aufzusetzen. Und diesmal hielt Eric sie zurück.
„Aber …?“ Stevie sah sich im Raum um und dann wieder zu Eric, der nun ihre Hand hielt, so als müsse er ihr somit beweisen, dass er auch wirklich da sei.

Brandon war aufgestanden und hatte eine Flasche Wasser aus dem Kleiderschrank geholt.
„Du solltest was trinken!“ meinte er zu Stevie und half ihr ein wenig auf. Zumindest soweit, dass sie ohne Probleme aus der Flasche trinken konnte.
„Was ist passiert?“ wollte er dann von ihr wissen.
Sie sah ihn irritiert an.
„Du warst total panisch und hast geschrien!“ erklärte Eric ihr.
Wieder lief sie rot an und sah an beiden Männern vorbei.
„Ihr wart nicht hier!“ gab sie dann ganz leise zu verstehen.

Brandon stellte irgendwann, nachdem Stevie wenige Schlucke getrunken hatte, die Flasche neben dem Bett ab und ging erneut zum Schrank hinüber.
Dort holte er den Umschlag und das Bild hervor und setzte sich wieder zu Stevie ans Bett.
Eric hatte sich voll und ganz auf Stevie konzentriert und nicht mitbekommen, was Brandon gefunden hatte.
Doch als sie Brandon mit großen Augen ansah, so als könne sie nicht glauben, was er in den Händen hielt, sah auch Eric zu ihm.
„Wo hast du das her?“
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 9. Mär 2012, 08:47

Kapitel XXXVIII

Doyle verschlug es für einen Moment die Sprache.
Er wusste nicht, was er antworten sollte. Sollte er die Wahrheit sagen? Oder sollte er einfach versuchen sein kleines Geheimnis lieber für sich behalten?
Im Grunde wusste er nicht, wie viel von seinem Geheimnis auch noch wirklich geheim war.

Larson war nicht der erste, der wissen wollte wonach Doyle suchte.
„Was ist so besonders an dem, was Stevie gestohlen hat?“ wollte Larson von ihm wissen, „Was ist so wichtig für Sie, dass Sie sie so in Gefahr bringen?“
„Ich wollte sie nicht gefährden!“ gab Doyle leise zu, „Ich war nur ...“
„Nur was?“ schimpfte Larson laut durchs Telefon.
„Wütend!“

Sein Blick fiel wieder auf das Polaroid in seiner Hand.
„Du musst sie herbringen!“ bat Doyle erneut, „Bevor irgendwer anders sie findet!“
„Wie viele Leute sind noch hinter ihr her? Wie viele haben Sie ihr auf den Hals gehetzt?“ Larson war sauer.
„Einer hat sie bereits aufgespürt!“ meinte Doyle und riss seinen Blick von dem Foto, „Er weiß in welchem Krankenhaus sie liegt!“
Larson schien es am anderen Ende für einen Moment die Sprache zu verschlagen.

Doch gleich nachdem er seine Stimme wiedergefunden hatte, wollte er erneut wissen, was genau Stevie gestohlen habe.
„Es gehörte meiner Tochter und es ist sehr wertvoll!“ Mehr wollte Doyle eigentlich nicht preisgeben, „Ich weiß nicht warum … Stevie es mitgenommen hat. Doch ich will es wieder haben!“
Larson verstand nicht, worum es genau ging, doch Doyle hatte nicht vor im Moment noch mehr zu sagen.
„Bring mir das Mädchen und ich werde alles erklären!“ bot er Larson an und legte auf.

Kaum hatte er das Gespräch beendet, sah er wieder auf das Polaroid-Foto.
Eine junge Frau und ihre fünfjährige Tochter.
„Verdammt!“ knurrte er und fuhr mit der Hand über sein Gesicht, so als könne er sich somit alle Sorgen und allen Ärger wegwischen und ein etwas fröhlicheres Gesicht aufsetzen.

Er packte das Foto wieder zurück in die Box in seinem Schreibtisch, löschte das Licht und verließ den Raum.
Er machte sich auf den Weg zu seinem Schlafzimmer, nicht ohne noch einmal einen kurzen Blick in das Zimmer seiner Tochter zu werfen.
Seine Frau saß im Bett, so als habe sie auf ihn gewartet.
Sie fragte ihn nicht, was los sei. Doch er konnte ihr ansehen, dass sie sich um ihn sorgte.
Sobald er sich zu ihr in Bett gelegt hatte, kuschelte sie sich an ihn und hielt ihn fest.
Und nachdem das Schlafzimmer in Dunkelheit gehüllt war und er kurz davor war einzudösen, konnte er sie flüstern hören, dass alles wieder gut werden würde.


Eric hatte Brandon das Foto aus den Händen gerissen und starrte ungläubig drauf.
„Wo hast du das her?“ wiederholte er seine Frage und blickte Brandon mit großen Augen an.
„Es lag im Schrank, mit dem hier!“ erklärte dieser und hielt ihm den Umschlag hin.
„Wie …?“
„Ich hab das gefunden!“ kam leise von Stevie.
Beide Männer sahen zu ihr, beide mit der selben unausgesprochenen Frage.
„Ich hab es im Zimmer gefunden. Auf dem Schreibtisch.“ erklärte sie.
„Aber hier lag kein Brief!“ fing Eric an und hielt dann das Bild hoch, „Und auch kein Foto!“

Wieder mühte sich Stevie auf. Diesmal gelang es ihr, sich aufzusetzen.
Sie holte tief Luft, so als könne sie die Schmerzen ihrer Aktion weg atmen und sah ein wenig verlegen auf die Bettdecke, die halb um sie gewickelt war.
„Es war … in dem … anderen Zimmer!“ gab sie ganz leise von sich.
„Was für ein anders Zimmer?“ wollte Eric wissen. Er fragte sich, warum sie ihn nicht ansah.
„Ich war in dem anderen Zimmer. Als du gegangen bist.“
Brandon sah verwirrt zu Eric, so als könne er erklären, was Stevie meinte. Doch Eric ignorierte ihn und konzentrierte sich wieder ganz auf Stevie.

„Als du die Tür geschlossen hast, hat sich der Raum verändert!“ gab Stevie zu, „Alles hat sich verändert, bis auf den Schrank.“
„Du hast den Schrank verlassen?“ Eric´s laute Stimme lies sie zusammenzucken und er bereute es laut gewordenn zu sein.
„Der Raum sah fast gleich aus.“ begann Stevie zu erklären, „Nur dass man aus dem Fenster sehen konnte. Und auf dem Schreibtisch waren Briefe und Bücher. Und über dem Schreibtisch war eine Pinnwand mit ganz vielen Fotos.“
„Du hast den Schrank verlassen!“ wiederholte Eric und sie nickte, ohne ihren Blick zu heben.
„Warum? Du hättest verschwinden können! Du ...“ Eric wurde wieder lauter und Brandon schritt ein.
„Hör auf ihr Vorwürfe zu machen! Es ist nichts passiert!“ schimpfte er Eric an.
„Nichts passiert? Sie hätte verschwinden können!“ schrie Eric zurück und sprang vom Bett auf und ging zum Schreibtisch hinüber.

„Es tut mir leid!“ kam leise von Stevie und diesmal waren es nicht die Schmerzen, die ihr Tränen in die Augen trieben.
„Ich wollte nur kurz nachsehen, was außerhalb des Schranks war. Und dann hab ich die Fotos gesehen.“ flüsterte sie.
Brandon setzte sich wieder zu ihr und legte einen Arm um sie, um sie zu beruhigen.
„Ich dachte, du willst das vielleicht sehen!“
Sie hob ihren Kopf ein wenig, sodass sie Eric durch ihre Haare hindurch ansehen konnte.
Doch dieser stand mit dem Rücken zu ihr und starrte ungläubig auf das Bild in seinen Händen.

Brandon blickte noch einmal auf den Briefumschlag.
„Eric Singer!“ las er vor und sah dann auf.
Stevie lehnte sich ein wenig an Brandon an und beobachtete ebenfalls Eric.
„Eric, sag was!“ bat sie nach einer Weile, als er noch immer keine Reaktion zeigte.

„Ich kann mich nicht erinnern!“ murmelte dieser nur und drehte sich langsam wieder zu den beiden um.
Noch immer hielt er das Foto vor sich.
Er schien ebenfalls den Tränen nahe zu sein. Zumindest wirkte er ziemlich hilflos.
„Warum kann ich mich nicht erinnern?“
Einerseits war er noch immer sauer, dass Stevie so unvorsichtig gewesen war. Doch andererseits war er nun auch irgendwie dankbar. Denn schließlich hatte sie etwas gefunden, was ihm vielleicht helfen könnte.
„Warum kann ich mich nicht mehr an meine Familie erinnern?“ Wieder starrte er auf das Foto.

„Du hast nun deinen Namen!“ meinte Brandon und wies auf den Briefumschlag, „Leider steht keine Adresse drauf.“
Stevie beobachtete Eric. Sie wollte ihm helfen. Wollte ihn von dem Schmerz, den er nun spürte, erlösen. Ihn trösten. Doch sie konnte nicht.
Sie wusste nicht was sie zu ihm sagen sollte.

Eric riss seinen Blick wieder von dem Foto und kam zu dem Bett hinüber und setzte sich auf die andere Seite neben Stevie.
„Meine Familie!“ meinte er verwundert und hielt Stevie das Foto hin, so als habe sie es vorher nicht schon einmal gesehen.
Sie nickte nur.

Dann griff Eric nach dem Briefumschlag und öffnete ihn, ohne ein weiteres Wort.
Als er zu lesen begann, wurden seine Augen immer größer.
Nicht einmal sah er von dem Brief auf.
Und als er ihn fertig gelesen hatte, las er ihn noch einmal und noch einmal.
Doch wie oft er ihn auch las, er schien nur noch mehr Fragen zu beinhalten als Antworten. Enttäuscht lies er den Brief in Stevie´s Schoß fallen und stand wieder auf, um nachdenklich im Raum auf und ab zu laufen.

Stevie nahm den Brief in die Hand und begann ihn zu lesen.
Brandon las mit.

Der Brief war handgeschrieben und daher teilweise etwas schwer zu lesen.
Doch die Schreiberin, Leila, wie sie am Ende des Briefes unterschrieben hatte, schien nicht auf Lesbarkeit bedacht gewesen zu sein.
Sie erzählte wie sehr sie Eric doch vermisse und dass sie ihn gern wiedersehen würde. Sie schwärmte von einer Zeit, in der sie mit Eric zusammen gewesen war, ohne genauer zu erzählen wann und wo das gewesen war.
Aber etwas in dem Brief erweckte Stevie´s besondere Aufmerksamkeit, so wie vermutlich zuvor schon Eric´s.
Sie schrieb von einem Unfall und einem Krankenhausaufenthalt. Doch Leila ging nicht näher darauf ein.
Sie meinte nur, dass sie alles versucht hätte, um ihn nach dem Unfall wieder zu sehen. Doch man habe ihr gesagt, er sei wieder nach hause zurückgekehrt.
Nun hoffe sie, dass ihn der Brief erreiche und sie würde sich freuen, wenn er sich bei ihr melden würde.
Schließlich liebe sie ihn noch immer.

Stevie sah vom Brief auf.
Es stand so wenig darin und doch schon wieder fiel.
„Eric?“
Er sah zu ihr, mit der selben hilflosen Miene wie zuvor.
„Sie hat dir geschrieben!“ meinte Stevie, so als erkläre dies alles.
Eric aber schüttelte nur ungläubig den Kopf.

Dann fing er wieder an hin und her zu laufen. Und seine Verzweiflung schien sich schlagartig wieder in Wut umzuwandeln.
„Du hättest das nicht mitbringen sollen!“ fing er an und wurde wieder lauter, „Du hättest das dort lassen sollen, wo es war! Du hättest den verdammten Schrank nicht verlassen sollen!“
„Aber ich dachte …!“
„Scheiße, dass ist …! Du hättest die Finger davon lassen sollen!“ fluchte er, ohne Stevie jedoch anzusehen.
„Sie hat es nicht böse gemeint!“ warf Brandon ein und strich Stevie über den Kopf, um sie zu beruhigen.
„Ach ja? Wie soll mir dieser Mist hier helfen?“ schimpfte Eric zurück.
„Warum bist du so sauer auf sie? Sie hat ein Foto und einen Brief gefunden! Was ist dabei?“ Brandon selbst wurde nun auch etwas lauter und Eric sah ihn zornig entgegen.
„Sie hätte es da lassen sollen, wo es war! Sie hätte den Schrank nicht verlassen sollen!“ knurrte Eric ihn an, „Dieser Brief und das Foto … Sie sind nichts!“

Stevie starrte Eric mit großen Augen an. Sie wusste, dass er sauer war, weil sie ihr sicheres Versteck verlassen und sich unnötig der Gefahr ausgesetzt hatte zu verschwinden. Doch sie wusste nicht, warum er so wütend war, dass sie den Brief und das Foto mitgenommen und ihm gezeigt hatte.
„Ich dachte, du wolltest herausfinden, was mit dir passiert ist?“ meinte Brandon zu ihm, „Jetzt hast du die Möglichkeit dich selbst zu finden und bist sauer?“
Eric warf ihm einen finsteren Blick zu, bevor er wieder hin und her schritt, wie ein wildes Tier in einem viel zu kleinen Gehege.
„Wie soll mir das weiterhelfen?“ murmelte er vor sich hin.

„Eric!“ Stevie, wieder den Tränen nahe, hatte ihm nur helfen wollen. Doch anscheinend hatte sie es nun nur schlimmer für ihn gemacht.
„Du könntest zurück!“ warf Brandon etwas ruhiger in den Raum, „Du hast doch immer gesagt, dass dein Körper irgendwo da draußen ist!“
Wieder hielt Eric inne und sah zu ihm.
Und dann zu Stevie.
„Und was, wenn ich ...“ murmelte er vor sich hin, „... wenn ich dann verschwinde?“
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 16. Mär 2012, 08:35

Kapitel XXXIX

Er hatte sich als Arzt verkleidet und ging mit einem Klemmbrett in der Hand durch die Krankenhausflure.
Er wusste wonach oder viel mehr nach wem er suchte. Und dank des Polizisten vor der Zimmertür, wusste er auch genau wo seine Beute oder besser gesagt sein Opfer war.
Der Polizist, schon etwas älter und auch ein klein wenig untersetzt, sah ihn nur kurz an, als er an ihm vorbei ging.
Nicht einmal nach einem Ausweis hatte der Cop ihn gefragt.
Das alles ging leichter, als er angenommen hatte.
Und ohne weiteres gelangte er somit in das Krankenzimmer.

Es war dunkel und still in dem Raum.
Verwunderlich war, dass sogar das EKG im Zimmer kein Geräusch von sich gab.
Dennoch tastete er sich im Dunkeln zum Bett vor.
Er zog ein Tuch hervor, welches er zuvor mit Chloroform beträufelt hatte, und ging die letzten Schritte leise aufs Bett zu.
Er wollte das Tuch seinem Opfer ins Gesicht drücken. Betäuben und dann unter einer Lüge aus dem Zimmer bringen.

Doch im Bett war niemand.
Er schaltete das Licht über dem Bett an, welches er ausgelassen hatte, um sein Opfer nicht vorher zu alarmieren.
Das Laken und die Decke war zerwühlt. Das Krankenhaushemd lag auf dem Fußboden.
Irritiert sah er sich um.
Nicht dass er erwartet hätte, dass sein Opfer sich irgendwo in dem Raum verstecken könnte.
„Scheiße!“ knurrte er leise vor sich hin.

Er bemerkte das einen Spalt weit offene Fenster und fluchte erneut.
Er konnte sich nicht vorstellen, dass sein Opfer so entkommen sein könnte.
Aus dem Fenster raus und über den Baum, welcher vor dem Fenster stand. Weg.

Er stürmte aus dem Zimmer, ohne die Tür hinter sich zu schließen oder auf den Polizisten zu achten, der ihn verwundert ansah.
Er ging zum Schwesternzimmer um nachzufragen.
„Ist … Stevie Nicks verlegt worden?“ Eigentlich eine dumme Frage. Er hatte erst am Nachmittag herausbekommen, dass sich das Mädchen in dem Krankenhaus befand.
Die Stationsschwester sah ihn kurz verwirrt an, so als versuche sie sich zu erinnern, ob sie den Arzt vor sich überhaupt kannte.
Eine zweite viel jüngere Schwester unterdessen tippte den Namen in ihren Computer ein.
„Nein! Stevie Nicks. Zimmer 187.“ las sie vor.
„Da ist aber niemand drin!“ knurrte er die Frau vor sich an und sie zuckte zusammen.

Der Polizist hatte mitgehört und war von seinem Platz aufgestanden und hatte einen kurzen Blick in das Zimmer geworfen, welches er eigentlich überwachen sollte.
„Verflucht!“ war von ihm zu hören, ehe er zu seinem Diensthandy griff.
Er musste es melden, selbst wenn es ihm den Kopf kosten könnte, da er nicht richtig aufgepasst hatte.

Der falsche Arzt musterte die beiden Frauen vor sich, die so langsam in Bewegung kamen und nun selbst einen Blick in das leere Patientenzimmer werfen wollten.
Er nutzte das leere Schwesternzimmer und sah selbst im PC nach, ob er einen Hinweis auf das Mädchen, was er schon seit einiger Zeit verfolgte, finden würde.
Doch auch er fand nur einen einzigen Hinweis. Und zwar den, dass Stevie, wie das Mädchen genannt wurde, sich in dem nun patientenleeren Zimmer befinden müsste.


Es war nur wenige Minuten später, dass Larson einen Anruf bekam.
Er hatte schon damit gerechnet, dass Doyle ihn erneut anrief.
Doch es war das Krankenhaus.
Und die Nachricht, die er nun erhielt, gefiel ihm gar nicht.

Dallas sah ihn irritiert an und wagte es gar nicht erst zu fragen, was nun eigentlich los sei.
„Sie ist weg!“ knurrte Larson nur, rannte aus dem Zimmer und ging nach nebenan.
Er wollte Brandon Bescheid geben oder vielmehr fragen, ob er etwas von Stevie´s Verschwinden wüsste.
Doch der Mann reagierte nicht auf sein Klopfen und so öffnete Larson das Zimmer mit einem Zweitschlüssel, den er sich hatte bei der Zimmerbuchung geben lassen.
Allerdings fand er das Zimmer dunkel und verlassen vor.
Er konnte sich nicht vorstellen, wie Brandon überhaupt das Zimmer verlassen konnte, ohne dass er im Nebenzimmer etwas davon mitbekam.
Einen Anruf nach unten in die Rezeption bestätigte, dass Brandon das Hotel nicht verlassen habe. Niemand hätte ihn gesehen und auch der Cop, den er nahe den Fahrstühlen und den Treppenaufgang auf dem Erdgeschoss postiert hatte, gab an, dass Brandon nicht an ihm vorbei gekommen sei.

Nachdem er abermals das Zimmer von Brandon abgesucht und den jüngeren Mann nicht gefunden hatte, kehrte er in sein Zimmer zurück.
Dallas stand nun mitten im Raum und wartete noch immer auf eine Erklärung.
Doch Larson ignorierte sie und begann in Windeseile seine Sachen zusammen zu packen und gleichzeitig das Personal des Hotels übers Handy Befehle zu geben und sie nach Brandon suchen zu lassen.
Nicht nur, dass Stevie nun ohne weiteres aus dem Krankenhaus verschwunden war, so war nun auch noch ihr Freund vor Larson´s Nase entwischt.

„Vielleicht hat der Blonde was damit zu tun!“ war Dallas Vermutung, während sie noch immer Larson beobachtete.
„Welcher Blonde?“ Er sah nicht zu ihr. Er war zu sehr damit beschäftigt, die losen Aktenblätter zusammen zu sammeln.
„Der Blonde! Eric, oder so!“ meinte sie und wartete.
Kurz sah Larson zu ihr und dann wieder auf die Papiere.
„Wieso? Was soll mit dem sein?“
„Er war bisher immer bei Stevie! Vielleicht hat er ihr geholfen!“
Abermals sah Larson sie an. Diesmal aber mit Verwunderung.
„Wie sollte er ihr helfen können?“ wollte er wissen, „Er war doch … nicht echt!“
„Er war eigenartig, das stimmt schon.“ gab sie zu, „Aber er wäre vermutlich der einzige, der sie verschwinden lassen kann!“
„Und warum?“
„Er ist ein Geist!“

Larson hielt in seinem Tun inne und starrte Dallas regelrecht an.
Klar, hatte er bemerkt, dass der Blonde immer wieder irgendwo plötzlich aufgetaucht war. Und er hatte auch seinen kleinen Trick bei der Überwältigung des Angreifers vor nur wenigen Stunden gesehen.
Und auch wenn, er selbst sich bewusst war, dass der Blonde ein Geist war, so konnte und wollte er es nicht wirklich glauben.
„Warum sollte er ihr helfen?“ kam nur über seine Lippen. Im Grunde wollte er eigentlich eher Fragen, warum der Geist des Blonden überhaupt sichtbar war und irgendetwas tun konnte.
Doch die Frage an sich war ihm schon zu merkwürdig.
Merkwürdiger als die Tatsache, dass überhaupt so etwas wie ein Geist existierte.
Nicht dass er nicht schon von anderen seltsamen Vorkommnissen und dergleichen gehört hätte.

Und dann kam ihm eine weitere Frage in den Sinn.
Was hatte der Blonde mit der Sache zu tun? Hatte er eine Verbindung zu Doyle? Oder zu Stevie?
Ihm selbst wollte nichts in den Sinn kommen und bisher hatte er über den Blonden auch nichts in Erfahrung bringen können.

Dallas konnte ihm ebenfalls keine näheren Antworten zu dem Blonden geben oder warum er mit Stevie zusammen hing.
Allmählich fragte sich Larson, was noch alles in der Nähe der Kleinen passierte.
Nicht nur, dass ein reicher Antiquitätensammler und -händler nach ihr suchen lässt, weil sie irgendetwas geheimes gestohlen hat, so hat sie einen Geist an ihrer Seite und einen Kerl, der vor kurzem noch für sich allein sein wollte, weil er von seiner Verlobten betrogen worden war.
„Sie ist merkwürdig!“ murmelte Larson über seine Erkenntnis. Packte fertig zusammen und rief erneut den Polizisten in der Lobby an.
Dieser konnte ihm keine guten Neuigkeiten zu Brandon´s Verbleib geben und auch das Hotelpersonal hatte den Mann nirgends auffinden können.

„Was wirst du jetzt machen?“ wollte Dallas von ihm wissen.
„Ich muss Stevie wiederfinden! Vor Doyle´s Leuten!“ meinte Larson zu ihr und ging mit seinen Sachen aus dem Raum.
Was nützte ihm ein Hotelzimmer, wenn er doch im Grunde schon wieder unterwegs sein musste, da das was er überwachen wollte, ebenfalls unterwegs war.
„Aber wo willst du suchen?“
Larson blieb kurz stehen und sah sie an. Sie war ihm nachgegangen und stand ihm gegenüber.
Erst fiel ihm nichts ein.
„Das Motorrad!“ meinte er dann, „Vielleicht ist sie wieder zu dem Motorrad hin!“
Keinen Moment lang wollte er auch nur daran denken, dass vielleicht einer von Doyle´s Männern Stevie bereits in seiner Gewalt haben könnte.
„Ich komm mit!“ kam nur von Dallas und sie folgte ihm in den Fahrstuhl.
Larson fragte erst gar nicht warum.


Sein Opfer war verschwunden. Scheinbar spurlos.
Weder das Krankenhauspersonal noch der Cop vor dem Krankenzimmer hatte das Mädchen verschwinden sehen.
Und der einzige unbemerkte Fluchtweg, war der aus dem Fenster über den Baum gewesen.
So war er durch die Flure wieder nach unten geeilt und hatte sich den Baum näher angesehen.
Nicht dass er dort noch irgendwelche Spuren erwartete. Aber er wollte sich ein näheres Bild machen, wie ihr die Flucht gelungen war.
Es schien schon ziemlich beachtlich, angesichts der Tatsache, dass sie zuvor verletzt und dann operiert worden war.

Spuren fand er keine. Und doch wusste er, in welche Richtung sie gegangen sein musste.
Wohin sie verschwunden war.
Es war nicht das erste Mal, dass er sie verfolgte. Und auch wenn er manchmal nur wenige Tage nach ihr ankam, so hatte er sie immer wieder gefunden.
Und seit einigen Tagen nun schon, war sie nicht mehr ziellos per Anhalter umher gefahren. Während sie zuvor in den letzten Monaten immer wieder in verschiedene Wagen zugestiegen war, hatte sie nun nur einen einzigen Fahrer gehabt.
Und der, so wusste er, war in dem Hotel, in dem sie kurz zuvor verletzt worden war. Dort wo die Polizei den Mann einquartiert hatte.

Das war zumindest ein Anhaltspunkt. Selbst wenn er das Mädchen dort nicht finden würde, so könnte er doch mithilfe des Fahrers sie aufspüren und überzeugen zu ihm zu kommen.
Zuletzt geändert von Nikita LaChance am Fr 23. Mär 2012, 14:18, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 16. Mär 2012, 08:35

Kapitel XXXX

Stevie sah Eric noch immer mit Tränen in den Augen an.
Er sträubte sich dagegen mehr über sich zu erfahren, was ihn selbst irritierte.
Aber er hatte auch keine Ahnung was passieren sollte, wenn er seinen Körper wiederfand. In den vergangenen Monaten hatte er sich niemals gefragt, was geschehen würde.
Einerseits hatte er nach sich und den Weg nach hause gesucht. Andererseits hatte er, scheinbar unbewusst, immer wieder dagegen angekämpft sich selbst zu finden.

„Das Zeug hilft mir nicht!“ murrte er erneut und lies sich einfach auf den Boden fallen, wo er seine Beine anzog und die Arme darum schlang und das Gesicht auf die Knie drückte.
Er wirkte nun vielmehr wie ein bockiges Kind als wie ein erwachsener Mann.
Stevie starrte zu ihm hinüber, ehe sie versuchte zu ihm zu gelangen. Allerdings hielt Brandon sie erneut zurück.
„Du solltest vorsichtig sein!“ war seine Meinung und er hielt sie an den Schultern fest.
Als sie abermals versuchte sich aus seiner Umklammerung zu lösen, zog Brandon sie einfach zurück und presste sie wieder aufs Bett.
Er sah sie ernst an und schüttelte den Kopf.
Sie wusste nicht, ob er damit meinte, dass sie es aufgrund ihrer Verletzung ruhig angehen lassen sollte, oder ob er meinte, dass sie Eric nicht helfen könnte.
Egal, was es war. Es brachte sie zum Weinen und sie drehte sich von ihm weg.
Und Brandon atmete tief durch und schüttelte den Kopf. Diesmal aber mehr wegen der ganzen Situation, die nun in dem Zimmer herrschte.

Nach einer Weile hatte sich Stevie in den Schlaf geweint und auch Eric hatte sich allmählich wieder etwas gefangen.
Zwar hatte er sich noch immer nicht von seinem Fleck auf bewegt, aber er hatte den Kopf gehoben und sah zu Stevie und Brandon hinüber.
„Ich hab es vergessen!“ flüsterte Eric. Diesmal klang es ein wenig verbittert.
„Vielleicht ist es so, wie in dieser einen Serie...“ Brandon fiel der Name nicht ein, „... da wo diese eine Frau den Geistern hilft ...“
Eric wusste wovon er sprach, half ihm aber nicht weiter.
„Da gab es auch einige Geister, die nicht wussten was mit ihnen passiert ist. Oder wo genau sie waren.“
„Du vergleichst mich mit einem Fernsehgeist?“ Eric wusste nicht ob er darüber lachen oder weinen sollte.
„In einigen Shows gibt’s Geister, die nicht wissen, was mit ihnen oder ihren Körpern passiert ist!“ meinte Brandon nur.
„Und was genau willst du damit sagen?“ Eric zog eine Augenbraue fragend nach oben.
„Vielleicht ist mit dir auch so was passiert!“ war Brandon´s Überzeugung.
„Klar! Mein Leben hatte ein schlechtes Drehbuch und die wichtigsten Szenen wurden einfach weggelassen!“ scherzte Eric. Doch er selbst konnte nicht über seinen Witz lachen.

Stille kehrte wieder ein und Brandon beobachtete Stevie beim Schlafen.
Er konnte ihr ansehen, dass sie erneut einen Albtraum hatte. Nur wusste er nicht ob er sie wecken sollte, oder lieber weiter schlafen lassen sollte. Schlaf würde ihr zumindest helfen, dachte er sich.
„Meinst du wirklich, das könnte der Grund sein?“ wollte Eric wissen und riss Brandon aus seinen Gedanken.
„Meinst du, dass ich deswegen vergessen habe, wo mein Körper steckt?“ wiederholte Eric seine Frage verständlicher.
„Vielleicht!“ gab Brandon nur zurück.
Und wieder verfiel Eric in Schweigen.


Stevie´s Traum begann wie die anderen zuvor.
Die Entführung, dann der weiße leere Raum und dann …
Dann fand sie sich in einem Krankenzimmer wieder. Wieder konnte sie nur raten, wie alt sie hier im Traum war. Es musste um die Zeit ihrer Entführung sein.
Der Mann, der sie in dem weißen Raum besucht hatte, war wieder da. Er stand hinter einem Arzt, der erst ihren Puls maß und ihr dann Blut abnahm.
Keiner der beiden sprach nur ein Wort. Und während der Arzt flink seiner Arbeit nachging, starrte der andere Mann sie regelrecht an.

Und kaum war der Arzt fertig mit seinen Untersuchungen verließen beide das Zimmer wieder und ließen sie allein zurück.
Stevie konnte sie vor der Tür reden hören, doch nicht was sei sagten.

Und dann wechselte die Szene.
Es war kurz vor der Entführung. Das Zimmer licht durchflutet, sie unter dem Klavier wie so oft und die Mutter am Klavier spielend.
Dann die Männer, die sie mitnahmen.

Und wieder änderte sich die Szene.
Mal fand sie sich kurz in einem leeren hellen Raum wieder. Und gleich danach in einem Waldstück. Ihre Knie und Arme aufgekratzt, der Magen leer und die Füße schwer.
Wenig später fand sie sich im Krankenzimmer wieder. Diesmal als Zwölfjährige. Bei ihr eine Krankenschwester, die sie für einige Tests vorbereitet.

Es sind so viele Bilder, die kommen und gehen. Sie fühlte sich, als hätte sie eine Fernbedingung in der Hand und suche aus dem Wirrwarr an Bildern, das was sie interessierte.
Es machte sie schwindlig. Und Angst. Vor allem machte es ihr Angst.

Und während die vorherigen Szenen, die ihren Traum erfüllten, noch einigermaßen ruhig und harmlos erschienen, war es das nächste Bild was vor ihrem Auge auftauchte, das Beängstigendste.

Sie hatte keine Ahnung, wo sie war.
Sie wusste nur, dass sie seit einer Weile rannte. Und dass sie jemand verfolgte.
Und dieser Jemand war schneller und vor allem stärker als sie. Er packte sie und riss sie zu Boden.
Ihre Schreie blieben ungehört. Und so sehr sie sich auch wehrte, sie konnte sich nicht befreien.
Er hatte keine Mühe sie zu fesseln und zu knebeln.
Dann packte er sie und schleppte sie einfach unbemerkt davon.

Er hatte sie entführt. Und obwohl sie wusste, dass dies nicht ihre erste Entführung war, so war es doch nicht weniger beängstigend.
Diesmal sperrte man sie nicht in einen hellen und sauberen Raum.
Es war dunkel und stank als hätte man sie in die Kanalisation gesperrt. Deutlich konnte sie Ratten quieken hören und der Boden unter ihren Füßen war feucht und glitschig.
Sie musste auf dem kalten Steinboden sitzen.

Zwei Stimmen waren vor ihrem Verlies zu hören.
Eine Männerstimme und die einer Frau. Und wieder konnte sie keine ganzen Sätze ausmachen.
Nach einiger Zeit betrat der Mann den Raum. Es war der selbe, der sie eingefangen hatte.
„Du warst schwer zu finden!“ grinste er und trat näher.
„Zu schade, dass dich keiner raus holen wird!“ lachte er dann und holte zum Schlag aus.
Immer wieder schlug er zu.
Und diesmal konnte sie nichts tun.
Noch nicht einmal schreien.


Die beiden Männer erstarrten, als sie den Schrei hörten.
Und dann sahen sie auf Stevie, die sich aufgesetzt hatte. Sie war schweißgebadet und kreidebleich.
„Scheiße, was war das!“ kam von Eric, der aufgesprungen und zum Bett gekommen war.
Stevie versucht noch immer zu Atem zu kommen.

„Was ist passiert?“ wollte Brandon von ihr wissen und wollte ihr beruhigend über den Kopf streichen. Doch sie wich ihm aus und sprang aus dem Bett.
Sie lief ohne ein Wort zu sagen an Eric vorbei, ins Badezimmer und lies die Tür hinter sich zu fallen.
Wieder sahen sich die beiden Männer irritiert an.
„Ist das schon mal passiert?“ interessierte Brandon.
Eric sah auf die Badtür und schüttelte den Kopf.
„Sie hat hin und wieder mal einen Albtraum. Aber nie so schlimm!“ meinte er nachdenklich.

Stevie wusste nicht, warum sie so reagiert hatte. Sie wusste noch nicht einmal warum sie sich nun im Bad versteckt hatte.
Noch immer ging ihr der Albtraum durch den Kopf.
Es war alles so real gewesen. Sie hatte die schlechte Luft riechen können. Und die Schmerzen spüren können.
Und als die Bilder erneut vor ihrem geistige Auge auftauchten, übergab sie sich ins Waschbecken.

Sie würgte, selbst als nichts mehr kam.
Es war ohne hin nicht viel, was sie hätte überhaupt erbrechen können.
Erschöpft und zitternd lies sie sich einfach auf dem Fußboden nieder.
Sie war müde, ihre Wunde sowie ihr Magen schmerzten und zu allem übel hatte sie auch noch Kopfweh.

Brandon klopfte gegen die Tür ehe er eintrat.
Er sah ebenso geschockt aus wie Eric, der ihm folgte.
„Hey!“ kam nur leise von Brandon und er kam langsam auf sie zu. So als wäre sie ein verängstigtes Tier, was jeden Moment angreifen oder davonlaufen würde.
Selbst Eric verhielt sich ruhiger als sonst. Auch er versuchte sie nicht zusätzlich zu verschrecken.

Brandon ging vor in die Hocke.
„Ist wieder alles gut?“ fragte er etwas hilflos.
Sie nickte nur, bewegte sich aber ansonsten nicht weiter.
„Albtraum?“ wollte Eric wissen und blieb hinter Brandon stehen. Gern würde er das Waschbecken ausspülen. Auch wenn er selbst nichts von dem Geruch mitbekam, so fand er den Anblick allein nicht sehr appetitlich.
Wieder nur ein Nicken von ihr.

„Du solltest dich wieder hinlegen!“ kam nur von Brandon und er hielt Stevie seine Hand hin.
„Ich bin nicht müde!“ log sie.
„Du kannst aber nicht hier sitzen bleiben!“ meinte er mit ernster Stimme.
„Okay!“
Sie lies sich von ihm auf die Beine helfen und zusammen mit ihm ging sie wieder ins Zimmer zurück, während Eric die Gelegenheit nutzte und das Erbrochene weg spülte.

Brandon half ihr sich aufs Bett zu setzten, ehe er sich zum Schrank umdrehte und darin ein T-Shirt und eine Freizeithose heraussuchte.
„Du solltest dich umziehen!“ meinte er nur und legte die Sachen neben ihr ab.
Sie sah ihn nur müde an.
Und dann gab sie wieder ein kleines Okay von sich.

Eric blieb in der Badezimmertür stehen und sah verdutzt drein.
Brandon ging zu ihm hinüber und schob ihn mehr oder weniger zurück ins Bad, während Stevie sich, ohne sich groß Gedanken über die beiden Männer zu machen, umzog.

„Was machen wir jetzt?“ wollte Brandon von Eric wissen.
Einerseits versuchte er somit Eric´s Aufmerksamkeit von Stevie zu nehmen, so dass sie sich ungestört umziehen konnte. Andererseits wollte er Eric´s Plan erfahren.
„Ich weiß nicht!“ gab dieser jedoch zu verstehen.
„Wie?“
„Stevie hat sonst immer gesagt, wo´s hin geht!“ meinte Eric, „Sie war es, die immer weiter wollte!“
„Ja, aber sie ist jetzt nicht in der Lage irgendwelche Pläne zu machen!“ knurrte Brandon mit gedämpfter Stimme.
Eric nickte nur.
„Sie hätte im Krankenhaus bleiben sollen!“ bemerkte Brandon, nicht zum ersten Mal.
Wieder nickte Eric.

„Es ist okay!“ kam leise aus dem Zimmer und beide Männer drehten sich zu Stevie um.
Sie hatte sich umgezogen und war unter die Bettdecke gekrochen. Ihre alten Sachen lagen auf dem Boden vor dem Bett.
Sie sah müde zu Eric und Brandon hinüber.
„Warum jetzt?“ wollte sie leise wissen.
Beide Männer gingen zu ihr hinüber und setzten sich neben sie. Brandon auf die linke Seite und Eric auf die rechte.
„Was meinst du?“ wollte Eric wissen und nahm ihre Hand in seine.
„Ich glaube, ich erinnere mich!“ flüsterte sie und schloss ihre Augen.
Nikita LaChance
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Registriert: So 27. Mär 2011, 09:30

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