AT: can't find my way home




Unterhaltungsliteratur in ihren verschiedenen Formen, wie beispielsweise Romane, Erzählungen, Kurzgeschichten, Berichte, Märchen und Sagen

Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 11. Nov 2011, 09:08

Kapitel XI

Obwohl er hatte eigentlich schon längst in den Staaten sein wollen, fuhr er wieder zurück. Der Befehl war unmissverständlich gewesen und auch wenn er seinen Boss dafür hasste, so hatte er den Auftrag doch auszuführen.
Das Ding finden, was das Mädchen geklaut hatte und das Mädchen selbst finden und beides dem Chef übergeben.
Wann er vom einfachen Truckfahrer nun zum Jäger oder vielmehr Botenjungen gemacht wurde, wusste er längst nicht mehr. Nun gut, manchmal war ihm sein wahrer Beruf von Nutzen, vor allem, wenn er etwas zu transportieren hatte. Niemand achtete so genau auf die Waren, die er beförderte. Und die kleinen Schätze, die er nebenbei beschaffte, konnte er unter allen Augen verstecken und niemand würde wissen was es war.

Diesmal allerdings würde es schwieriger werden. Nicht nur, dass das Mädchen mit Sicherheit nicht mehr an dem Platz zu finden sein würde, wo er sie zurück gelassen hatte, so wusste er nicht, was für einen Gegenstand er diesmal abholen sollte.
Er hoffte, er würde es noch früh genug erfahren.

Für einen kurzen Moment überlegte er, ob er nicht doch noch mal zu der Stelle fahren sollte, wo er die Kleine aus seinem Truck geworfen hatte. Doch dann entschied er sich dagegen und fuhr zurück zu der Stadt, wo er sie aufgegabelt hatte.
Zumindest den Gegenstand würde er dort finden und mit viel Glück vielleicht auch das Mädchen.


Eric hatte nicht lange gebraucht um in der Stadt Schließfächer zu finden. Natürlich gab es neben den normalen Briefkästen noch einige Schließfächer in der kleinen Stadtbank.
Aber es gab auch noch ein paar öffentliche Schließfächer auf dem Busbahnhof.
Stevie entschied sich für die Schließfächer bei der Busstation. Sie war sich sicher, dass sie nichts in einer Bank deponiert hatte. Vor allem, da ihr Brandon nur ganz kurz erzählt hatte, was er von Mike über Stevie´s letzten Besuch erfahren hatte.

„Willst du da jetzt wirklich hin?“ wollte Brandon von ihr wissen.
Im Grunde war seine Frage unnütz, da er mit Stevie und Eric zusammen bereits zu der Busstation gingen.
„Ich will wissen, was ich hier versteckt hab!“ erklärte sie und fügte dann unsicher hinzu: „Ich denke mal, dass ich hier was versteckt hab!“
Eric, der sich wieder für alle sichtbar gemacht hatte, schritt voran, so als müsse er die anderen beiden anführen. Er erzählte vor sich hin, so als müsse er nun alles an Gespräch nachholen, was er sich im Diner nicht getraut hatte.
Stevie hörte nur halb zu. Einerseits, weil er wieder von einem seiner Ausflüge erzählte, die ihn dahin geführt hatte, wo er, wäre er körperlich gewesen, nicht so einfach Zutritt gehabt hätte. Andererseits grübelte sie darüber nach, was Julian´s Zeichnung darstellen konnte und ob es das, was auch immer es war, was im Schließfach versteckt sein würde.
Brandon lief neben Stevie, beobachtete sie immer wieder aus dem Augenwinkel, während er versuchte gleichzeitig Eric nicht aus den Augen zu verlieren. Der Blonde erschien ihm im Moment ein klein wenig wie ein Junge, der sich zum ersten Mal in eine Mädchenumkleide geschlichen hatte, ohne erwischt zu werden. Wenngleich sich Brandon sicher war, dass Eric nicht zum ersten Mal irgendwo rein spaziert war, wo er normalerweise nicht sein sollte. Und wenn er es zugab, war er ein klein wenig neidisch darüber.

Plötzlich blieb Stevie stehen.
Eric bekam es nicht gleich mit und quasselte weiter vor sich hin.
„Was ist los?“ Brandon hatte mitbekommen, dass sie blass geworden war.
Ihren Blick hatte sie auf einen großen Truck mit Anhänger gerichtet, der vor der Busstation parkte.
„Das … ist der Fahrer, der …!“ kam kaum hörbar über ihre Lippen.
Brandon sah zu dem Truck. Er hatte sich nicht gemerkt in welchen Gefährt sie zuvor verschwunden war.

Eric hatte sich zu ihr umgesehen, als er endlich bemerkte, dass die anderen beiden, ihm nicht folgten.
Auch er sah Stevie´s blasses Gesicht.
„Das ist der Arsch, der dir das angetan hat?“ fragte er und klang mit einem Male ziemlich wütend.
Stevie nickte nur und bereute es gleich wieder.
Auf ihre Bestätigung hin hatte Eric sich wieder in Luft aufgelöst.
Sie rief ihm hinterher. Doch Eric reagierte nicht darauf.
„Ihm kann doch nichts passieren!“ versuchte Brandon sie zu beruhigen. Im Grunde machte er sich mehr Sorgen darüber, was Eric dem Fahrer antun könnte.
„Ich muss Eric zurück holen!“ meinte Stevie nur leise und ging schnellen Schrittes zu dem Truck hinüber.


Er war gerade angekommen und hatte seinen Truck auf dem Parkplatz abgestellt, als plötzlich ein blonder Kerl bei ihm auftauchte und ihn anpöbelte.
Was der Kerl von ihm wollte, wusste er im Grunde nicht. Doch er war nicht unbedingt derjenige, der sich eine Schlägerei entgehen lies. Und der Kerl vor ihm schien es geradezu darauf anzulegen.
Der Blonde schien überrascht zu sein, als er einen kräftigen Kinnhaken verpasst bekam.
„Wie hast du das gemacht?“
Der Fahrer gab keine Antwort darauf. Er schlug einfach nur weiter.
Der Blonde versuchte sich zu wehren, schien aber im Grunde zu perplex zu sein.
Und nur wenige Sekunden später, lag der Blonde KO am Boden.

„Eric?“
Der Fahrer sah sich um und sah, wie das Mädchen, was er noch am Vortag verprügelt und auf offener Landstraße ausgesetzt hatte, angerannt kam.
Als sie ihn erblickte, stoppte sie. Doch es war mehr der Anblick des Blonden am Boden, der sie verstörte.
„Was hast du gemacht?“ kam leise über ihre Lippen.
„Schön, dass du hier bist!“ lachte der Fahrer und ging auf das Mädchen zu, „Spar ich mir die Suche nach dir!“


Brandon war Stevie hinterher gerannt und kam gerade um den Anhänger des Trucks, als der Fahrer nach Stevie griff.
„Was ist hier los?“ rief er laut und der Fahrer und auch Stevie sahen zu ihm.
„Was ist das hier? Hast du dir jetzt Babysitter zugelegt?“ spottete der Fahrer und packte Stevie´s Jacke und zog somit das Mädchen zu sich.
„Lass sie in Ruhe!“ Brandon wusste zwar nicht genau, was vor sich ging, aber er konnte nicht zulassen, dass der Kerl Stevie noch einmal weh tat.
Er hatte noch nicht bemerkt, dass der blonde Kerl, der zu Füßen von Stevie und dem Truckfahrer lag, Eric war.

„Wieso glaubst du, dass du dich einmischen solltest?“
Der Fahrer hatte Stevie umgedreht und hielt sie im Klammergriff, sodass sein linker Arm gegen ihre Kehle drückte, während er mit der rechten Hand hinter sich griff.
Er zog eine Pistole, welche er sich kurz zuvor in den Hosenbund gepackt hatte, hervor und zeigte damit auf Brandon.
„Ich versteh nicht, warum du dich überhaupt einmischt!“ meinte der Trucker, „Die Sache hier, geht nur die Kleine und mich was an!“
Stevie sah entsetzt von der Waffe auf Brandon und wieder zurück. Stevie konnte schon kaum noch blasser werden.
Brandon hatte seine Hände gehoben und wartete.
„Du solltest verschwinden!“ kam vom Trucker nur, „Die Kleine kommt mit mir!“
Damit richtete er die Pistole auf Stevie.
Doch noch immer bewegte sich Brandon nicht von seinem Fleck. Er befürchtete, dass der Kerl, wenn er ihm den Rücken zudrehte, doch noch abfeuern könnte.

„Schätzchen, du zeigst mir jetzt das Schließfach!“ flüsterte der Trucker Stevie ins Ohr und sie nickte nur.
Rückwärts und mit der Waffe noch immer Stevie bedrohend ging der Trucker in Richtung Eingang der Busstation.
„Du bleibst fein hier draußen!“ knurrte er noch Brandon entgegen.
Als er dann mit Stevie im Inneren des Gebäudes waren, drehte er sich um, damit er auch sah, wohin er ging.
Natürlich löste sein Auftauchen oder vielmehr seine Waffe, Panik unter den Leuten in der Busstation aus.
„Scheiße!“ Daran hatte er nicht gedacht.
„Alle auf den Boden!“ schrie er dann. Wohl oder übel musste er nun darauf vertrauen, dass keiner, der lediglich vier Leute, die inklusive der Busfahrkartenverkäuferin, anwesend waren, auf die Idee kam, den Helden zu spielen.
Doch keiner der Leute schien daran zu denken. Sie legten sich alle auf den Boden und sahen verängstigt zu ihm.


Brandon wollte schon hinterher rennen, doch dann überlegte er es sich noch einmal. Es wäre dumm von ihm nun auch in die Busstation zu rennen.
Der Kerl würde ihn erschießen und vermutlich auch Stevie.
Mit dem Blick auf die Busstation gerichtet ging Brandon zu dem Blonden hinüber, der noch immer reglos am Boden lag.
Brandon hoffte, dass der Trucker den Kerl nicht erschossen hatte.
Gerade als er den Puls des Mannes fühlen wollte, erkannte Brandon, wen er vor sich hatte.
„Eric? Was soll der Scheiß?“
Doch Eric antwortete ihm nicht. Jedenfalls nicht sofort.
„Verdammtes Arschloch!“ kam schwach von Eric, der sich langsam aufzusetzten versuchte.
„Was ist passiert?“ Brandon verstand nicht was los war.
Eric sah sich um und erst jetzt bemerkte er, dass Brandon vor ihm war und nicht der Trucker.
„Der hat mich vermöbelt!“ stellte Eric fest. Er schien sehr überrascht darüber.
„Wie kann der dich verprügeln? Du bist ein Geist!“ schimpfte Brandon und sah wieder zu der Busstation hinüber.
„Ich weiß nicht!“ gab Eric zu und wollte aufstehen, als ihm auffiel, dass er eine Kette, mit einem eigenartigen Anhänger in der Hand hielt.
Er musste die Kette dem Trucker abgenommen haben. Er warf sie zu Boden und stand auf.

„Wo ist Stevie?“ wollte er dann von Brandon wissen und dieser erwähnte ihn Kurzform, was Eric verpasst hatte.
„Verdammt!“ knurrte Eric, „Ich werd sie da raus holen!“
„Wenn du da einfach so rein platzt, wird er schießen!“ meinte Brandon und Eric wollte ihm schon entgegnen, dass ihm eine Waffe nichts anhaben könnte.
„Dir machen Pistolenkugeln vielleicht nichts aus! Aber Stevie und den anderen da drin!“ schimpfte Brandon und erst jetzt schien Eric die Situation richtig zu verstehen.


Brandon und Eric waren nicht die einzigen, die Zeuge waren, von der Geiselnahme Stevie´s.
Ein älterer Herr, der eigentlich nur mit seinem Hund Gassi gehen wollte, hatte mitangesehen, wie der Truckfahrer erst den Blonden verprügelt und sich dann das Mädchen, was dem Blonden anscheinend helfen wollte, geschnappt hatte. Und als dann ein weiterer Kerl auftauchte, hatte der Trucker eine Waffe gezogen und war mit dem Mädchen als Geisel in die Busstation gegangen.
Genauso hatte der Mann es der Polizei durchgegeben, die er mit seinem Handy rief. Er hatte sich teilweise wiederholen müssen, weil die Frau am anderen Ende der Leitung, seinen Anruf im ersten Moment für einen Scherz hielt.
Doch dann versicherte sie ihm, dass Hilfe unterwegs sei und er sich in Sicherheit bringen sollte.


„Bring mich zum Schließfach!“ forderte der Trucker.
Stevie wusste im ersten Moment nicht, wo die Schließfächer waren. Doch dann sah sie sie. Sie waren auch nicht wirklich versteckt. Sie füllten fast die ganze Wand neben den öffentlichen Toiletten gegenüber des Telefons aus, von dem aus Brandon am Vortag seine Mutter angerufen hatte.

Der Trucker lies Stevie endlich wieder los, machte ihr aber klar, dass er seine Waffe noch immer auf sie gerichtet hatte.
Immer wieder warf er einen Blick zu den anderen, die verängstigt auf dem Boden lagen und nur darauf hofften, dass er wieder verschwand.
Stevie suchte die Schließfächer ab und ihr Blick blieb bei einem haften. Sie hoffte, sie konnte sich auf das Gefühl verlassen, dass ihr sagte, dass sie vor vier Monaten Schließfach Nummer dreizehn gewählt hatte.
„Mach es auf!“ forderte der Trucker gleich.
„Ich hab aber keinen Schlüssel!“
Der Fahrer sah sie ungeduldig an. Ihm fiel wieder, dass er ihr einen Schlüssel entwendet hatte. Doch dieser würde nicht in eines der Schlösser passen.
„Du musst ihn aber haben!“ schimpfte er und trat näher an sie heran.
Stevie schüttelte nur den Kopf und sah auf die Waffe, die bedrohlich näher gekommen war.

„Willst du mich verarschen?“ kam plötzlich von dem Fahrer und er verpasste Stevie einen Schlag mit der Pistole, der sie ab Kinn traf.
Stevie taumelte kurz und musste sich an den Schließfächern abfangen.
Sie wusste nicht, ob er sauer auf sie war, da sie das Schließfach nicht öffnete, oder ob er sauer war, weil plötzlich drei Streifenwagen mit Blaulicht vor der Busstation standen.

Entsetzt sah sie zu dem Mann. Sie wusste nicht, was er als nächstes tun würde.
Er schien kurz zu überlegen.
Dann sah er sie finster an.
„Das ist alles deine Schuld!“ versicherte er ihr mit dunkler Stimme, drohte ihr erneut mit der Waffe und drehte sich dann zu dem Schloss um.
Und schoss.
Schreie hallten durch die Station. Alle waren erschrocken über den Schuss. Vermutlich rechneten sie alle damit, dass er jeden Moment auf sie schießen und sie töten würde.
Doch der Trucker hatte lediglich das Schloss aufgeschossen.
Dennoch überließ er es Stevie, die Tür ganz zu öffnen und den Inhalt des Schließfachs zu offenbaren.
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Nikita LaChance
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 11. Nov 2011, 09:08

Kapitel XII

Die Polizisten vor der Tür rechneten bereits mit dem Schlimmsten. Sie hatten den Schuss gehört.
Sie gingen vor der Busstation in Stellung.
Ehrlich gesagt, hatten sie noch nie in einer solchen Situation gesteckt.
In ihrer Kleinstadt hatte es lediglich einige Schlägereien gegeben oder bestenfalls wurde mal ein Wagen gestohlen. Ansonsten ging es in der Stadt einigermaßen friedlich zu.

„Ich muss da rein!“ flüsterte Eric Brandon zu und noch bevor der darauf etwas antworten konnte, war Eric verschwunden.
„Verdammt!“ dachte sich Brandon.
Die Polizisten hatten ihn und Eric hinter die von ihnen errichtete Absperrung gebracht und hatten sie nicht ausreden lassen, dass ihre Freundin in der Busstation sei.

„Da drin ist keiner verletzt!“ meinte Eric und verpasste Brandon einen Schock. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Blonde sofort wieder auftauchen würde.
„Warum hat der Kerl dann geschossen?“ wollte Brandon im Flüsterton wissen. Es sollte schließlich keiner wissen, worüber er mit Eric sprach.
Keiner der nun bereits sechs Schaulustigen hatte Eric verschwinden und wieder auftauchen sehen. Unter anderem da ihre Blicke auf das Gebäude und die Polizisten gerichtet waren.

„Was machen wir jetzt?“ wollte Eric von Brandon wissen.
Doch der hatte keine Antwort parat.
„Die Cops haben doch keine Ahnung, was sie machen sollen!“ murrte Eric.
„Wenn du eingreifst, könntest du vielleicht mehr Schaden anrichten, als gut wäre!“ gab Brandon zurück. Dennoch überlegte er sich, wie man Stevie helfen und den Kerl gefahrlos überwältigen könnte.


„Was ist da für´n Ding?“
Ungläubig starrte der Trucker auf das hölzerne Teil, welches Stevie aus dem Schließfach holte.
„Eine Spieluhr!“ kam nur verwundert von ihr.
Das Ding in ihren Händen war nur knapp fünfzehn Zentimeter hoch, rund mit einem geschätzten Durchmesser von ebenfalls fünfzehn Zentimetern. Das helle Holz war ringsum mit einem Blumenmuster verziert, welches hinein geschnitzt war. Und oben auf dem Deckel waren eine kleine geschnitzte Berglandschaft mit einigen Figuren.
„Mach auf!“ forderte der Fahrer und Stevie klappte den Deckel der Spieluhr um.
Sofort erklang ein leises Musikstück, was Stevie bekannt vor kam, wenngleich sie sich nicht an den Namen des Stücks erinnern konnte.
Im Inneren war neben der Maschinerie der Spieluhr nur ein leeres Fach. Und auf der Unterseite des Deckels stand lediglich ein Name.
„Eleonore“

Ungläubig starrte der Trucker noch immer auf die Spieluhr. Er wusste nicht, was daran so besonders sein sollte und ob es überhaupt das Teil war, was er zu seinem Boss bringen sollte.
Stevie schloss die Spieluhr wieder und die Melodie verstummte.
Unsicher starrte sie den Mann vor sich an. Sie wusste nicht, was er als nächstes machen würde. Eigenartigerweise sorgte sie sich aber weniger um ihre Sicherheit, als um die der Leute, die sich ebenfalls im Raum befanden.
„Du kommst mit!“ meinte der Trucker plötzlich und packte sie am Arm.
Er brachte Stevie wieder vor sich. Unter anderem wollte er sie als Schutzschild vor sich haben, falls einer der Polizisten, die ihre Waffen auf den Eingang der Busstation gerichtet hatten, auf die glorreiche Idee käme zu schießen. Außerdem konnte Stevie ihm nicht wieder so schnell entwischen, wenn er sie vor sich hatte.


Brandon und Eric konnten sehen, wie sich die Tür der Busstation öffnete und Stevie zuerst herauskam. Der Trucker hatte seinen Arm wieder um ihren Hals gelegt und hielt ihr die Waffe an den Kopf. Stevie hielt etwas in den Händen, was die beiden Männer nicht sofort erkannten.
Die Schaulustigen hielten fast zeitgleich den Atem an und alles Gemurmel, was zuvor noch von ihnen zu hören war, war plötzlich verstummt.
Die Polizisten hielten angespannt ihre Waffen auf den Mann und das Mädchen gerichtet.
„Lassen Sie das Mädchen frei!“ forderte einer der Polizisten. Doch der Trucker antwortete ihnen nicht.

„Ich kann sie nicht verschwinden lassen!“ murmelte Eric neben Brandon und wieder verschwand er.
Brandon sah sich nach ihm um. Er wusste weder was Eric vorhatte, noch wohin er verschwunden war. Er hoffte nur, dass der Blonde nichts dummes anstellte.
Doch genau das schien Eric vor zu haben.
Brandon konnte Eric´s Spiegelbild in den Scheiben der Busstation sehen.


„Lass Stevie los!“
Der Trucker sah sich irritiert um, wobei er seine Waffe mit zog. Er hatte deutlich eine Stimme hinter sich gehört. Doch er konnte niemanden sehen.
Das Mädchen vor sich hatte angespannt zusammengezuckt.
„Ich hab gesagt, du sollst sie gehen lassen!“
„Was soll das hier?“ schrie der Trucker wütend und presste die Pistole wieder an Stevie´s Schläfe.

Plötzlich tauchte der blonde Kerl, den er vor wenigen Minuten verprügelt hatte, vor ihm auf.
Der Trucker richtete seine Waffe auf ihn.
„Ich hab dich fertig gemacht!“ schrie er den Blonden an.
Doch der rückte nicht beiseite.
„Verschwinde oder ich erschieß die Kleine!“ schrie der Trucker.

Er bekam nicht mit, dass keiner der anderen den Blonden sehen konnte. Sie alle waren irritiert, über wen der Trucker so schimpfte.
Lediglich Stevie schien den Blonden vor sich zu sehen. Auch sie lies den Mann nicht aus den Augen.

Noch immer rührte sich der Blonde nicht von der Stelle. Er sah den Trucker lediglich finster an.
„Lass sie los!“ forderte er. Unbeeindruckt von der Waffe, die auf ihn gerichtet war.
Dann richtete sich der Blick des Blonden zu dem Mädchen und er nickte ihr zu.


Stevie hatte keine Ahnung, was Eric vorhatte. Sie hatte mitbekommen, dass Eric lediglich für sie und den Trucker sichtbar war. So war es auch nicht verwunderlich, dass alle umstehenden verwundert drein blickten. Sie hielten den Trucker für verrückt.

Eric hatte ihr zugenickt und sie hoffte, dass sie sein Zeichen richtig verstanden hatte.
Jetzt da die Waffe nicht auf sie sonder auf Eric gerichtet war, der ja im Grunde nicht körperlich da war, wagte sie einen Fluchtversuch. Sie holte mit ihrem Arm aus und rammte ihren Ellenbogen in die Rippen des Mannes hinter ihr.
Er war zu überrascht von ihrem Angriff und lockerte seinen Griff unbeabsichtigt.
Stevie riss sich los und lief zur Seite.

Bei ihrem Angriff hatte sich ein Schuss gelöst, der in Eric´s Richtung und durch ihn hindurch gegangen war. Es war von Glück zu reden, dass hinter Eric keiner stand und die Kugel abbekommen hatte.
Eric grinste und schritt näher auf den Trucker zu, der mit seiner Waffe noch immer auf ihn zielte.
„Du kannst mir nichts antun!“ schimpfte der Trucker und griff sich mit der freien Hand an den Hals, „Ich hab einen Talisman!“
Doch dann bemerkte er, dass er eben diesen Talisman nicht mehr um den Hals trug.
In Panik und weil Eric immer näher auf ihn zu kam, schoss der Trucker weiter auf ihn, bis das Magazin leer war.


Jetzt da der Mann ohne Geisel war und nun auch noch ohne Munition, umzingelten ihn die Polizisten.
Sie entrissen dem scheinbar Verrückten die Waffe und legten ihm Handschellen an.
„Du bist tot!“ schrie er der Luft zu, „Du bist ein Geist!“

Keiner der Polizisten konnte sehen, dass Eric direkt vor dem Trucker stand.
„Wir sehen uns noch!“ flüsterte er dem verängstigten Mann zu.

Einer der Polizisten war auf Stevie zugekommen, die noch immer geschockt die Szenerie vor sich betrachtete.
„Miss, ist alles in Ordnung mit ihnen?“
Erst jetzt bemerkte sie den Mann, der sie langsam in Richtung Krankenwagen drängte, die etwas am Rand stand.
Stevie nickte nur, ohne den Mann vor sich wirklich anzusehen.

Während Stevie nun von einem Sanitäter versorgt wurde, wobei man ihr lediglich eine Decke um die Schultern legte und sich um ihre Lippe kümmerte, die erneut aufgerissen war, waren die Polizisten in die Busstation hinein gestürmt und hatten dann die anderen vier Leute herausgebracht und führten sie zu dem Krankenwagen.

Stevie stand neben dem Wagen, als sich Eric zu ihr gesellte.
„Hey, alles okay bei dir?“ wollte er wissen.
Sie nickte nur.
Noch immer hielt sie die Spieluhr in ihren Händen.
„Wieso konnte er dir wehtun?“ wollte sie dann von ihm wissen und sah ihn irritiert an.
Eric wusste es nicht.


Obwohl sie nun aus den Fängen des Truckers befreit worden war, konnte Stevie nicht zu Brandon, der besorgt zu ihr sah.
„Sie müssen noch mit auf die Polizeistation!“ meinte ein Polizist zu ihr und packte sie am Arm, um sie zu einem der Polizeiwagen zu führen.
Sie gab nur ein schwaches „Okay!“ von sich. Es galt aber vielmehr Eric, der sich jeden Moment wieder eingemischt hätte.

Man brachte sie und auch den Trucker, der zu Stevie´s Erleichterung in einem anderen Wagen mitfuhr, zur Polizeistation.
Und während man sie lediglich an einen Schreibtisch setzte, unter anderem um ihre Aussage aufzunehmen, führte man den Trucker in eine Zelle.

Nur war er da nicht lange allein.
Eric hatte es sich nehmen lassen, nun in der Zelle aufzutauchen.
Er hatte schließlich noch ein Hühnchen mit dem Kerl zu rupfen. Und ein paar Fragen.
Eric konnte fies sein, wenn er wollte. Er konnte nicht nur mit Worten jemanden Angst einjagen. Er konnte einen auch körperliche Schmerzen bereiten.

Der Trucker schrie immer wieder, dass er Eric ihm nichts tun könne, da er tot sei. Und dann rief er, dass ihm irgendwer sein Amulett geben sollte.
„Was bewirkt das schon?“ wollte Eric wissen.
„Es hält Geister fern. Macht sie verwundbar!“ gab der Trucker ängstlich zu verstehen.
Und jetzt verstand Eric, warum er Stevie nicht hatte finden können, als sie bei dem Kerl im Truck war. Und auch, warum der Trucker ihn verprügeln konnte.
„Jetzt bist du aber schwach und verwundbar!“ lachte Eric und verpasste dem Mann einen Kinnhaken, so dass dieser nach hinten taumelte.

„Wieso hast du sie als Geisel genommen?“ wollte Eric wissen und holte zum nächsten Schlag aus.
Er war sich sicher, dass ihn niemand außer dem Mann, der sich gegen seine Schläge zu verteidigen versuchte, gesehen wurde.
Erst antwortete der Trucker nicht. Doch dann gab er alles preis, was er wusste.
Und Eric hörte erstaunt zu.
Nikita LaChance
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 18. Nov 2011, 08:44

Kapitel XIII

Stevie saß allein am Schreibtisch des Polizisten und fühlte sich unwohl. Es war die Situation an sich, die ihr Unbehagen bereitete.
Was würde man über sie herausfinden? Vermutlich nicht viel! Hoffte sie irgendwie.
Vor drei Monaten hatte man schließlich auch nichts über sie erfahren. Doch vielleicht hatte sich das ja geändert.

Während sie sich den Kopf darüber zerbrach, was die Polizei alles herausgefunden haben könnte und sich einige seltsame und höchst beängstigende Ideen über ihr früheres Leben in ihre Gedanken stahlen, versuchte Brandon zu ihr zu gelangen.
Doch leider ließen ihn die Beamten nicht weit kommen. Sie speisten ihn damit ab, dass Stevie noch ihre Aussagen machen müsse und er müsse nun warten, bis sie fertig seien.
Wohl oder übel würde er nun im Warteraum der Polizeistation warten.

„Kaum tauchst du hier wieder auf, gibt’s Probleme!“ meinte jemand und riss Stevie aus ihren beängstigenden Gedanken.
Ein älterer Cop setzte sich zu ihr an den Schreibtisch und begann ohne sich vorzustellen auf der Tastatur des Computers herum zu tippen.
Stevie starrte den Mann irritiert an. Nicht nur, dass sie im Grunde keine Ahnung hatte, was er mit seiner Aussage gemeint hatte, so wartete sie darauf, dass er endlich anfing mit ihr zu reden.
Nach einer Weile, in der er allen Anschein nach erfolglos versuchte, etwas über sie in Erfahrung zu bringen, drehte er sich zu ihr um.

„Wieso bist du wieder hier?“ wollte er wissen.
Stevie sah ihn nur mit großen Augen an.
„Willst du schon wieder nur schweigen?“
„Wieder?“ kam leise von ihr, „Ich war … hier?“
Der Mann verdrehte genervt die Augen.
„Passiert nicht oft, dass hier jemand eine Schlägerei entfacht!“
Stevie sagte nichts.
„Zumindest nicht im nüchternen Zustand!“ gab der Mann zu und fuhr fort:
„Vor vier Monaten bist du hier in der Stadt aufgetaucht. Und wenig später war ein Verrückter hinter dir her. Kein Mensch hat verstanden über was ihr euch gestritten habt. Aber anscheinend wollte er etwas von dir haben.“
Stevie konnte sich an nichts davon erinnern. Allerdings hatte sie einen Teil dieser Geschichte schon von Mike und Julian erfahren.
„Und dann hat er dich verprügelt.“
Noch immer kein Wort von Stevie.
„Wer weiß, wie weit die Sache ausgeartet wäre, wenn sich nicht ein paar Leute eingemischt hätten. Und kaum hatten wir den Kerl verhaftet, bist du verschwunden.“
„Was ist mit ihm passiert?“ wollte sie unsicher wissen.
Der Cop musterte sie kurz, ehe er antwortete.
„Wir haben ihn gehen lassen. Er meinte, du hättest ihm was gestohlen und das wollte er wieder haben. Wir hatten nicht wirklich was gegen ihn in der Hand und da du verschwunden warst, ...“
Er ließ den Satz unbeendet.
Sie nickte nur.

„Das Teil hier scheint aber nicht das zu sein, was er haben wollte!“ Der Cop musterte die Spieluhr, die man Stevie auf der Fahrt zu Polizeistation abgenommen hatte.
„Ich weiß nicht!“ gab sie leise zu.
Nachdem der Mann die Spieluhr genaustens inspiziert hatte, stellte er sie wieder vor Stevie auf den Schreibtisch, so als wolle er, dass sie danach griff.
Doch sie sah ihn fragend an.

„Weswegen bist du hier?“ wollte er erneut wissen.
Er hatte sich wieder dem Computer zugewandt und hatte wieder zu tippen begonnen. Er rief die Anzeige von vor vier Monaten auf, die sich mit der vorher genannten Schlägerei beschäftigte.
„Ich bin nur auf Durchreise!“ entgegnete sie leise.
Der Cop nickte nur.
Allen Anschein nach hatte er etwas in seiner Datenbank entdeckt. Sein Blick verfinsterte sich kurz.
Er überflog den Text und las ihn dann erneut durch.
Dann drehte er sich zu ihr und musterte sie erneut.

Panik stieg in ihr auf.
„Was ist vor drei Monaten passiert?“ wollte er plötzlich von ihr wissen.
Stevie hatte leider keine Möglichkeit von ihrem Sitzplatz aus auf den Monitor zu sehen. So wusste sie auch nicht, warum er sie danach fragte, was vor drei Monaten war.
„Ich weiß nicht!“ Und das war noch nicht einmal gelogen.
Der Mann wartete einen Moment, so als erwarte er, dass sie noch irgendetwas anderes sagen würde. Doch da sie schwieg, winkte er einen Kollegen herbei.
„Du bleibst erst mal hier!“ meinte der Cop und sein Kollege packte Stevie am Arm und zog sie aus dem Stuhl.
„Wieso?“ kam diesmal etwas lauter über Stevie´s Lippen.
„Weil ich es so anordne!“ war die Antwort des Cops.
Und während er nach dem Telefon griff, wurde Stevie von dem anderen Mann weggeführt.
Sie wurde an den Schreibtischen vorbei geführt und in einen Hinterraum gebracht, wo zwei kleine Zellen, dem Geruch nach wohl sonst für die Trinker, waren.
„Warum bin ich hier?“ schrie Stevie panisch.
Doch der Mann, der sie in eine der nach Urin stinkenden Zellen schob und diese hinter ihr verschloss, antwortete nicht.
„Lasst mich raus! Das könnt ihr nicht machen!“
Der Mann ging wieder, unbeeindruckt von ihrem Geschrei. Er schloss die Tür hinter sich und sie war allein.


Brandon hatte gesehen, wie man Stevie weggeführt hatte und war wieder zum Empfang gegangen, um mehr zu erfahren.
Doch wieder speiste man ihn damit ab, dass er zu warten hätte.
Wenig später tauchte Eric neben ihm auf.
„Was ist los?“ wollte er wissen.
Keiner der Polizisten schenkte Eric große Aufmerksamkeit, sodass Brandon im ersten Moment annahm, dass Eric wieder nur für ihn sichtbar war.
„Sie haben sie weggebracht!“ bemerkte Brandon nur.
„Wieso?“
Darauf hatte Brandon keine Antwort.

Eric sah sich kurz um und ging dann einfach in Richtung Schreibtische. Er hatte die Spieluhr auf einen der Tische entdeckt und steuerte direkt auf diesen Tisch zu.
Brandon hatte ihn schon zurück rufen wollen, als er bemerkte, wie Eric einfach durch alle Gegenstände und sogar durch zwei Beamte einfach hindurch ging.
So richtig hatte er sich noch immer nicht daran gewöhnt, zu was Eric fähig war.


„Wo ist Stevie?“
Der Polizist vor ihm zuckte erschrocken zusammen und sah von seinem Computer zu ihm auf.
„Wie …?“ Er sah sich irritiert um.
Er hatte nicht bemerkt, dass sich der Blonde dem Schreibtisch genähert hatte.
„Wo ist sie?“ wiederholte Eric seine Frage und sah den Mann vor sich finster an.
„Sind sie ein Freund von ihr?“ stellte der Mann als Gegenfrage.
Eric nickte nur.
„Dann können sie mir vielleicht ein wenig mehr erzählen!“
Eric verstand nicht, was der Mann von ihm wollte. Er selbst wollte Stevie zurück holen.
„Ihre Freundin ist vor über drei Monaten aus einem Krankenhaus verschwunden!“ erzählte der Cop, „Niemand wusste woher sie kam und wer sie war!“
Eric nickte nur. Er kannte die Geschichte. War im Grunde selbst dabei.
„Wer ist sie?“ wollte der Cop nun von ihm wissen.
„Warum?“
Eric lies sich auf den Stuhl fallen, auf dem zuvor Stevie gesessen hatte.
„Weil es nicht sein kann, dass niemand komplett ohne Identität herum laufen kann!“
Der Cop klang ein wenig verzweifelt.
„Es gibt keinerlei Anzeichen, dass sie überhaupt existiert!“ meinte er.
„Das ist ein Scherz, oder?“
„Der einzige Eintrag über sie, ist ihr Aufenthalt vor drei Monaten in einem Krankenhaus in Stevenson und die große Suchanfrage der Cops. Niemand hat sich gemeldet. Niemand vermisst sie. Es gibt keinerlei Daten!“
„Und?“ Eric verstand noch immer nicht, was genau das Problem war.
„Vor vier Monaten war sie hier in der Stadt. Sie wurde angegriffen und war plötzlich verschwunden. Keiner kannte sie und der Typ, der sie angegriffen hatte, meinte nur, dass man ihm gesagt hat, dass er ihr was abnehmen soll. Er kannte sie also auch nicht!“
Eric musterte den Cop vor sich. Er wusste nicht, warum dieser ihm die ganze Geschichte erzählte.
„Also wer ist sie?“ wiederholte der Mann seine Frage.
Eric holte tief Luft.
„Ich kenn sie erst seit drei Monaten!“ gab er dann zu, „Aber sie hat niemanden was getan!“
Der Cop schwieg.

Und als er dem Blonden vor sich eine weitere Frage stellen wollte, war dieser spurlos verschwunden.
„Führst du schon Selbstgespräche?“ wollte einer seiner Kollegen von ihm wissen.
Gerade wollte er dem Kollegen entgegnen, dass er sich um seine Sachen zu kümmern hätte, als er bemerkte, wie die zuvor geöffneten Fenster auf seinem Monitor sich von allein schlossen.
„Was soll das?“ Er glaubte schon an einen Fehler des Betriebssystems und war kurz davor lautstark zu fluchen.
Doch seine Worte blieben ihm im Hals stecken.
Eine Suchanzeige erschien auf seinem Bildschirm und irritiert starrte der Mann darauf.


„Wie lange dauert das noch?“ wollte Brandon erneut wissen.
Die Dame am Empfang, die ihren Kollegen vor wenigen Minuten abgelöst hatte, musterte ihn kurz.
Dann fragte sie ihn, worum es eigentlich ginge. Und als Brandon ihr, wenn auch ziemlich gereizt, geantwortet hatte, griff sie zum Hörer und wählte die Nummer des Tisches an dem Stevie vor einer Weile noch gesessen hatte.
Brandon verkniff sich eine Bemerkung darüber zu machen, dass die beiden Kollegen sich ja auch so ohne Telefon verständigen könnten.
Es dauerte nicht lange und die Frau drehte sich wieder zu ihm.
„Das Mädchen bleibt erst einmal hier, bis geklärt ist, wer sie ist!“ gab sie dann zu verstehen, „Tut mir leid, mehr kann ich nicht sagen!“
Sie schenkte Brandon einen bemitleidenswerten Gesichtsausdruck.
„Aber wieso ist sie hier? Sie hat doch nichts gemacht!“ schimpfte Brandon.
„Tut mir leid!“ wiederholte sie, „Vielleicht wäre es besser, wenn Sie erst einmal frische Luft schnappen und in ein paar Stunden wiederkommen!“
Brandon wollte bereits los schimpfen, als er bemerkte, dass ihn bereits einige der Polizisten mit finsteren Blicken musterten. Wenn er jetzt ausrasten würde, würde man ihn vermutlich auch hinter Gitter sperren. Und darauf hatte er keine Lust.
„Ich komm später noch mal wieder!“ knurrte er nur und ging.
Erst vor der Polizeistation lies er Dampf ab.

Eric tauchte neben ihm auf und wartete, bis sich Brandon weitestgehend abgeregt hatte.
„Was willst du jetzt tun?“ schimpfte Brandon ihn an.
Doch Eric antwortete ihm nicht.
Und ohne ein weiteres Wort zu dem Blonden, der schuldig drein schaute, ging Brandon in Richtung Werkstatt.
Er wollte nach seinem Motorrad sehen. Mehr könnte er im Moment eh nicht machen.
Eric drehte sich kurz um und betrachtete das Gebäude hinter sich. Er war unschlüssig was er nun tun sollte. Sollte er warten, was die Cops heraus fänden und ob sie Stevie gehen ließen? Oder sollte er sie einfach so raus holen, irgendwie? Oder sollte er einfach wieder verschwinden?
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 18. Nov 2011, 08:45

Kapitel XIV

„Ich brauch Hilfe!“ waren die ersten Worte, die der Trucker in das Telefon sprach.
Man hatte ihm seinen Telefonanruf gewährt. Und er rief die einzige Person an, die ihm im Moment hilfreich erschien.
Für einige Sekunden herrschte Stille am anderen Ende.
„Scheiße, du kannst mich nicht hier verrotten lassen!“ schimpfte der Trucker ins Telefon.
„Was genau ist passiert?“ wollte sein Gesprächsteilnehmer von ihm wissen und der Trucker erzählte ihm alles, wenn auch in gekürzter Fassung.
„Und wo ist sie?“ kam dann nur als Gegenfrage.
„Soweit ich weiß, sollte sie eine Aussage machen!“ antwortete der Trucker nur.
Der Trucker wurde ein wenig ungeduldig, da ihm noch immer nicht gesagt hatte, wie man ihm nun helfen wolle.
„Du bist dir sicher, dass sie noch in der Stadt ist?“
„Scheiße, was weiß ich!“ fluchte der Trucker, „Vielleicht ist sie mit den beiden Kerlen schon wieder verschwunden! Ist doch auch scheiß egal!“
Der Cop, der in seiner Nähe stand und ihn bei seinem Anruf bewachte, warf ihm einen finsteren Blick zu.
„Ist doch egal, was mit ihr ist! Du musst mich hier raus holen!“ schimpfte der Trucker ins Telefon.
„Ich kümmere mich darum!“ bekam er nur als Antwort, ehe die Verbindung abbrach.
Irritiert starrte der Trucker auf das Telefon.


Brandon´s Wut war verflogen. Auf seinem Weg zur Werkstatt hatte er noch einmal über alles nachgedacht, was passiert war.
Und er war zu dem Entschluss gekommen, nichts davon seiner Mutter zu erzählen. Sie würde ausrasten und vermutlich verbieten, jemals wieder mit dem Motorrad irgendwo hin zu fahren. Oder überhaupt irgendwo hin zu fahren. Nicht dass sie wirklich etwas zu sagen hatte.

„Hey!“ grüßte ihn Mike schon von Weiten. Er sah besorgt aus.
Brandon nickte nur und trottete näher heran.
„Ich wollt nach meinem Bike sehen!“ gab er dann zu verstehen.
Mike zeigte hinter sich.
„Ist gerade fertig geworden!“ meinte er. Vermutlich war das Motorrad schon seit Stunden fertig repariert. Doch dies tat nicht wirklich etwas zur Sache.

„Hab von dem … Angriff gehört!“ Mike stand in der Werkstatteinfahrt. In der Hand eine kalte Limoflasche.
„Klar!“ Brandon hatte nicht wirklich Lust darüber zu reden.
Nur Mike wollte die Sache nicht ruhen lassen. Brandon konnte deutlich sehen, wie Mike jeden Moment sagen würde, dass er ihn vor Stevie gewarnt hätte.
„Wie geht’s der Kleinen?“ kam aber stattdessen über seine Lippen.

Brandon kam näher auf die Werkstatt zu und setzte sich auf einen der beiden Stühle, die neben der Einfahrt standen.
„Sie ist noch bei den Cops!“ seufzte er, „Sie wollen sie nicht gehen lassen!“
Mike ging kurz in die Werkstatt, holte von dort eine zweite Limoflasche und setzte sich dann zu Brandon.
„Hier!“ Er drückte Brandon die Flasche in die Hand und machte es sich auf dem Stuhl bequem.
„Was wollen sie von der Kleinen?“ wollte er dann wissen.
Brandon hatte nicht die geringste Ahnung.
„Sie können sie nicht ohne Grund drin behalten!“ versicherte Mike ihm.
„Ja, aber wenn sie einen Grund finden?“
Darauf hatte Mike keine Antwort.
Für eine Weile saßen sie einfach nur stumm neben einander, lauschten dem Radio, welches irgendwo in der Werkstatt vor sich hin dudelte, und tranken ihre Limo.

„Was wirst du jetzt machen?“ wollte Mike irgendwann wissen.
„Weiter fahren!“ seufzte Brandon und starrte vor sich hin.
Die Zeit schien still zu stehen. Denn die Stadt schien wieder wie ausgestorben. Der Tumult vor wenigen Minuten oder vielmehr Stunden hatte sich gelegt.
„Du solltest erst mal für dein Bike zahlen!“ meinte Mike und stand wieder auf, „Und dann … kannst du weiterfahren!“
Brandon nickte nur.
„Du wirst sie nicht hier lassen!“ kam von Mike, der bereits wieder in die Werkstatt lief.


Stevie saß auf der Pritsche. Die Knie angezogen, die Arme um die Beine geschlungen und den Kopf auf die Knie gelegt.
Sie hatte Angst. Mehr Angst noch, als sie hatte, als sie in dem Krankenhaus aufgewacht war und nicht wusste wer sie war. Und fast noch mehr Angst, als sie hatte als der Trucker sie angegriffen hatte.
Sie wusste nicht, was sie nun erwarten würde.
Wenn sie Pech hatte, würde sie nun ziemlich lange in der Zelle verbringen. Vielleicht würden die Cops herausfinden, dass sie ein Verbrecher war.

„Hey!“ Eric setzte sich neben sie.
Es hatte eine Weile gedauert, ehe er endlich wieder aufgetaucht war.
Sie aber reagierte nicht.
„Stevie, das wird schon wieder!“ versprach er ihr.
„Nein!“ kam nur gedämpft von ihr, „Sie werden mich hier behalten!“
„Dann hol ich dich hier raus!“
Sie schüttelte den Kopf, ohne ihn wirklich zu heben.
Eric seufzte nur, sagte aber nichts weiter.


Brandon hatte für die Reparatur des Motorrads bezahlt. Und obwohl dies nicht unbedingt eine kleine Summe war, sagte er nichts dazu.
Er hatte sich von Mike verabschiedet und Mike hatte ihm seine Telefonnummer gegeben. Für den Fall, dass er mal reden wolle, hatte Mike gemeint.
Dann war Brandon wieder zum Motel zurückgekehrt und hatte sich, gleich nachdem er das Zimmer betreten hatte, aufs Bett fallen lassen.
Nicht nur das die Ereignisse des Tages und die unruhige Nacht ihn müde gemacht hatten, so wusste er nicht, was er jetzt tun sollte.
Er würde noch einmal zur Polizeistation gehen, dass hatte er sich vorgenommen.
Doch weiter hatte er noch nicht gedacht.

Im Grunde wollte er nichts weiter, als sich wieder auf sein Motorrad zu setzen und einfach davon fahren. Er hatte sich doch geschworen, die Zeit allein zu verbringen.
Er wollte abschalten und einfach vergessen.
Nachdem was Josie, seine Verlobte ihm angetan hatte, hatte er einfach nach Ruhe und vor allem Einsamkeit gesucht.
Und nun hatte er sich mit einem Mädchen, ohne Erinnerung, und einen nervigen Geist angefreundet.


Stevie war eingedöst, wobei ihr Eric nicht von der Seite gewichen war.
Er wusste nicht wie viel Zeit vergangen war. Nicht dass es ihm sonderlich interessierte.
Aber er war überrascht, als der Cop, der Stevie vor einer Weile befragt hatte, nun auftauchte und vor sie trat.

„Hey, Mädchen!“ Er musste sie wachrütteln, ehe sie ihn mitbekam.
Sie sah ihn verängstigt an, da sie nicht wusste, was sie nun erwartete. Auch Eric war angespannt und bereit einzugreifen.
Der Cop hielt ihr die Spieluhr hin und sah sie fragend an.
„Deine?“
Sie sah von dem Mann auf die Spieluhr und wieder zurück.
Dann nickte sie.
Er drückte ihr die Spieluhr in die Hand und trat einen Schritt zurück.

„Was jetzt?“ wollte sie von ihm wissen. Mit ihrem Ausdruck und ihrer Stimme glich sie einem verängstigten kleinen Kind, welches sich verlaufen hatte.
„Du kannst gehen!“ meinte der Cop, „Gegen dich liegt nichts vor!“
Stevie nickte nur ungläubig.
Noch immer musterte sie der Mann irritiert.
„Irgendwo muss doch jemand sein, der dich kennt!“ meinte er dann und ging in Richtung Tür.
Dort wartete er auf sie.

Stevie stand unsicher auf und folgte dem Mann.
Der Polizist führte Stevie aus dem Zellentrakt, durchs Büro und am Empfang vorbei. Eric folgte beiden unbemerkt.
„Du solltest auf dich aufpassen!“ meinte der Mann zu ihr und wollte schon wieder gehen.
„Du weißt wirklich nichts?“ erkundigte er sich noch einmal.
Sie schüttelte nur den Kopf. Vor allem da sie nicht wusste, worauf er anspielte.
„Du hattest Glück!“ meinte er dann, „Der Kerl, der dich … überfallen hat, hat schon einige Anhalter auf dem Gewissen!“
Stevie sah ihn mit großen Augen an.
Der Polizist sagte nichts weiter. Er drehte sich wieder um und ging zu seinem Schreibtisch hinüber.

„Wir sollten gehen!“ flüsterte Eric ihr ins Ohr, da sie sich nicht fortbewegte.
Dann nickte sie und ging mit der Spieluhr in der Hand aus der Polizeistation.
Sie bekam nicht mit, wie der Mann, der sie entlassen hatte, ihr hinterher sah, ehe er zum Telefon griff.
Draußen atmete sie erst einmal tief durch.
Eric tauchte neben ihr auf und musterte sie besorgt.
„Ich will hier weg!“ meinte sie und sah sich um.
„Deine Sachen sind noch im Motel!“ gab Eric ihr zu verstehen und sie nickte.
Ohne weitere Worte gingen sie zum Motel.

Es war längst später Nachmittag und allmählich ging die Sonne unter.
Stevie fragte sich, ob sie jemanden finden würde, der sie mitnahm.
Einerseits wollte sie so schnell wie möglich ins nächste Auto oder in den nächsten Bus steigen und einfach davon fahren. Andererseits machte genau das ihr Angst.
Bisher hatte sie sich keine Gedanken darüber gemacht, wie gefährlich das Trampen werden könnte. Doch sie hatte es selbst erlebt.
Sie wusste nicht, was der Cop damit gemeint hatte, dass sie Glück gehabt hatte. Doch so wie er es gesagt hatte, klang es nicht gut, was der Fahrer mit den anderen Anhaltern angestellt hatte.

Als beide am Motel ankamen, konnten sie Mike sehen, der von der Werkstatt aus zu ihnen hinüber sah.
„Soll ich die Sachen raus holen?“ wollte Eric wissen, als beide Brandon´s Zimmer erreichten.
Doch Stevie schüttelte den Kopf und klopfte an der Tür.
Es reagierte keiner und so klopfte sie noch einmal.
„Vielleicht ...“ fing Eric an, doch Stevie schüttelte erneut den Kopf und er verstummte wieder.

Erst beim dritten Klopfen reagierte jemand.
Stevie wusste, dass Brandon da sein musste. Schließlich stand sein Motorrad vor dem Zimmer.
Und sie behielt recht.
Die Tür ging auf und Brandon sah sie verschlafen an.
„Ich wollt nur meine Sachen holen!“ gab sie leise von sich.
Brandon fuhr sich mit der Hand durch die Haare, so als versuche er sie in Ordnung zu bringen und lies Stevie und Eric wortlos eintreten.

Stevie ging zu ihrem Rucksack, der neben dem Bett stand und versuchte die Spieluhr irgendwie darin unterzubringen.
Eric stand ebenso wortlos im Raum, wie Brandon, der die Zimmertür wieder geschlossen hatte.
Gerade als Stevie den Rucksack hoch heben und damit wieder verschwinden wollte, kam Brandon auf sie zu und umarmte sie.
Zu geschockt wusste sie nicht was sie machen sollte und blieb stocksteif stehen.
Auch Eric schien irritiert und musterte Brandon unsicher.

Nach wenigen Sekunden lies Brandon Stevie wieder los. Oder zumindest lies er sie aus der Umarmung.
Er hielt sie an ihren Armen, so als habe er Angst, dass sie jeden Moment davon laufen würde.
„Geht´s dir gut?“ wollte er wissen und musterte sie genau.
Sie nickte nur und sah sich Hilfe suchend nach Eric um. Der aber wusste selbst nicht, was er tun sollte.

„Du kannst nicht allein fahren!“ meinte Brandon dann.
„Aber ich bin nicht allein!“ gab sie nur zurück und wollte sich losreißen.
Brandon schüttelte den Kopf.
„Ich bin gefährlich!“ meinte sie kaum hörbar und sah beschämt zu Boden, „Ich muss allein weiter!“
Brandon gab ein Geräusch von sich, was schon fast wie ein Knurren klang.
„Ich lass dich aber nicht per Anhalter fahren!“ schimpfte er.
„Du kannst mir das nicht verbieten!“ protestierte sie und riss sich los. Sie griff nach ihrem Rucksack und wollte in Richtung Tür stürmen.
Sie warf Eric einen finsteren Blick zu, da er ihr nicht half.
„Warte!“ Brandon packte sie am Arm und hielt sie fest.
„Ich fahr dich!“ meinte er, „Fahr mit mir mit!“
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 25. Nov 2011, 09:24

Kapitel XV

Jake Larson hatte nun endlich einen Telefonanruf erhalten, auf den er schon lange gewartet hatte. An manchen Tagen hatte er schon die Hoffnung aufgegeben, jemals die gewünschten Informationen zu erhalten.
Eilig hatte er seine Unterlagen zusammen gepackt und sich auf den Weg gemacht.
Die erste Spur seit langem. Er musste ihr einfach nachgehen.


Stevie hatte lange überlegt, ob sie bleiben sollte. Sollte sie wirklich bei Brandon bleiben, den sie kaum kannte?
Allerdings erschien er ihr nicht gefährlicher als jeder andere, der sie auf der Straße auflas und sie mitnahm. Aber im Gegensatz zu all den anderen, denen sie unterwegs begegnet war, war er doch der erste, neben Eric, der sich wirklich Sorgen um sie machte.
Dies und die Aussicht, nun nicht mehr stundenlang auf eine Mitfahrgelegenheit zu warten, ließ sie zusagen.

Brandon hatte ihr das Bett angeboten und hatte es sich wieder im Stuhl bequem gemacht, soweit dies möglich war.
Eric hatte darüber gelacht, wie Brandon eine Weile vor sich hin murrte, dass der Stuhl zu hart sei. Und es war auch Eric, der dann vorschlug, dass Brandon im Bett schlafen sollte.
Brandon und Stevie sahen ihn entsetzt an und schon wieder lachte sich der Blonde schlapp. Allen Anschein nach, hatte er etwas gefunden, worüber er noch eine Weile seine Scherze treiben könnte.
Doch dann meinte selbst Stevie, dass Brandon sich ins Bett legen sollte und Eric verstummte und warf ihr einen finsteren Blick zu.
„So bekommen wir wenigstens Schlaf! Und nun halt den Mund!“ hatte sie zu Eric gemeint und war ganz an den Rand des Bettes gerutscht.
Brandon zögerte noch einen Moment und sah unsicher zwischen Eric und Stevie hin und her, ehe er, nachdem sie nochmals geschimpft hatte, sich zu ihr legte.
Allerdings rutschte er ebenfalls nah an die Bettkante, sodass beide im Grunde sich nicht einmal beim Schlafen berühren würden.

Eric gefiel dies natürlich nicht. Doch diesmal schwieg er darüber.
Nach einer Weile war es ihm aber zu langweilig, den beiden beim Schlafen zu zusehen und so verschwand er aus dem Zimmer, um sich anderweitig umzusehen.
Er hoffte, er würde irgendetwas finden, was ihn ein wenig von seiner Eifersucht ablenken würde.
Er wusste nicht, ob er eifersüchtig war, weil Stevie sich so gut mit Brandon verstand und ihm mehr oder weniger vertraute, oder weil Brandon im Gegensatz zu ihm in der Lage war, Stevie zu umarmen.


Eric besuchte erneut den Trucker in seiner Zelle. Doch ihn zu ärgern, machte nicht wirklich Spaß.
So zog er weiter.
Er geisterte durch die Stadt und fand zu seiner eigenen Verwunderung, das Haus von Julian und seiner Mutter.
Eric war einfach, wie schon ein paar Häuser zuvor, einfach drinnen aufgetaucht und hatte geschaut, ob´s irgendwas zu spannern gab oder vielleicht auch irgendwas, was er Stevie mitbringen konnte.
Wo er gelandet war, bekam er erst mit, als er Julian´s Mutter sah.

Die Frau war zu später Stunde noch in der Küche zu Gange.
Aber sie bemerkte ihn nicht. Wie auch?
Eric beobachtete sie eine Weile und fühlte sich an seine Mutter erinnert. Oder zumindest glaubte er, dass es ihn an seine Mutter erinnere.
Er hatte nicht sehr oft darüber nachgedacht, was mit seiner Familie sein könnte.
Im Grunde hatte er, bevor er Stevie getroffen hatte, nie so richtig über sich und seine Vergangenheit nachgedacht. Er hatte lediglich versucht sich selbst zu finden. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Nur hatte er nicht gewusst, wo er überhaupt suchen sollte.
Er hatte auch ziemlich lange gebraucht, ehe er heraus fand, wie er sich sichtbar machen konnte. Oder wie er Dinge berühren und bewegen konnte.
Kurz nachdem er Stevie getroffen hatte, hatte Eric sogar darüber nachgedacht, ob er nicht zur Polizei gehen sollte und sich suchen lies. Doch die würden ihn, sofern sie ihn überhaupt bemerken würden, vermutlich für verrückt halten.
Und Stevie? Sie konnte er nicht zur Polizei schicken, da weder sie noch er wussten, was sie erwarten würde, sobald Stevie die Polizeistation betreten hätte.

Julian´s Mutter hatte die Küche aufgeräumt und ging ins Wohnzimmer, wo sie die Kissen auf der großen Couch aufschüttelte und einige Magazine wieder in den Zeitungsständer zurück packte.
„Genau wie meine Mom!“ murmelte Eric vor sich hin, während er ihr folgte. Für eine Sekunde glaubte er die Frau hätte ihn gehört, da sie kurz inne gehalten hatte.
Dann allerdings war sie weiter gegangen, hatte die Haustür verschlossen und den Alarm eingestellt und war die Treppen ins obere Stockwerk spaziert.
Sie summte leise vor sich hin.
Und Eric folgte ihr neugierig.

Oben sah sie durch den Türspalt von Julian´s Zimmer. Deutlich stand der Name in großen bunten Buchstaben auf dem weißen Holz. Allen Anschein nach ein Überbleibsel aus Kindertagen des Teenagers.
Und während die Mutter zwei Zimmer weiter ging und hinter sich die Tür schloss, stahl sich Eric in das Zimmer des Jungen.

Julian schlief tief und fest in seinem Bett und bekam nichts von seinem ungewöhnlichen Besuch mit.
Obwohl es dunkel in dem Zimmer war, konnte Eric alles erkennen.
Auf dem Fußboden vor dem Bett lagen Stifte und ein Zeichenblock. Selbst an den Wänden waren Zeichnungen zu sehen.
„Ein Künstler!“ murmelte Eric erstaunt.
Noch überraschter war er allerdings, als sein eigenes Gesicht auf einer Zeichnung auf dem vollen Schreibtisch sah.
Er war sich sicher, dass Julian ihn nicht gesehen hatte. Das einzige Mal, wo sie sich hätten treffen können, war in dem Diner gewesen. Doch da hatte Eric es vermieden, sich jemanden zu zeigen.
Allerdings hatte Julian nicht nur ihn gezeichnet.
Auf dem Tisch lagen ebenfalls Portraits von Brandon und Stevie. Und dann eines mit allen drei zusammen am Tisch im Diner.
Und noch ein bekanntes Gesicht starrte Eric an.
Das des Truckers.
Eric verstand nicht, woher Julian den Mann kannte. Oder wo er ihn gesehen hatte.

Eric sah sich alle Bilder durch und stellte fest, dass Julian jeden gemalt hatte, der in der Stadt wohnte und allen Anschein nach auch einige Leute, die nur auf Durchreise waren und seinen Weg gekreuzt hatten.
Ganz unten in dem Stapel der Zeichnungen war ein älteres Portrait von Stevie.
Traurige und ängstliche Augen starrten aus dem Bild.
Und darunter ein Bild auf dem deutlich Stevie und ein Mann zu erkennen war.
Was allerdings nicht zu sehen war, in welcher Beziehung die beiden abgebildeten zu dem Zeitpunkt des Porträtierens standen.
Einerseits wirkte es, als wolle der Mann Stevie vor etwas beschützen. Andererseits deutete das Bild auch das genaue Gegenteil an.
Vermutlich war dies der Mann, der Stevie bei ihrem letzten Besuch in der Stadt angegriffen hatte.

Eric zog das Bild und das Einzelportrait des Mannes aus dem Stapel, faltete sie zusammen und steckte sie in seine hintere Hosentasche.
Er hoffte, dass er Stevie somit irgendwie helfen könnte, mehr über sich zu erfahren.

Eric warf Julian noch einmal prüfend einen Blick zu. Er wollte nicht, dass der Junge mitbekam, wie er ihm einige seiner Zeichnungen stahl.
Doch Julian schlief noch immer tief und fest.
Erst jetzt bemerkte Eric, das selbst an der Wand über dem Bett Zeichnungen hingen.
Leise, wenn auch nicht notwendig, schlich sich Eric hinüber, um sich die Bilder anzusehen.
Allen Anschein nach, hatte Julian seine Lieblingszeichnungen übers Bett gehangen. Oder einfach nur die Portraits seiner Familie und engsten Freunde.
Und mittendrin eine Zeichnung, die sich von den anderen unterschied.
Darauf war kein Portrait. Es war die Zeichnung eines Hauses inmitten einer bergigen Region.
Im Hintergrund die Türme einer Großstadt und ein Wald sowie ein Hafen.
Eric kam die Gegend bekannt vor, wenngleich er sie nicht zuordnen konnte.
Auf dem Bild war weder ein Signatur noch ein Datum zu sehen.
Doch von dem Stil passte es gar nicht zu den restlichen. Dieses Bild hatte nicht Julian gemalt, dachte sich Eric.

Für einen kurzen Moment spielte Eric mit dem Gedanken auch das Bild mitzunehmen und es Stevie zu zeigen.
Allerdings würde das Verschwinden dieses Bildes Julian viel eher auffallen, als der Verlust der zwei anderen Bilder, die ursprünglich in dem Stapel Zeichnungen auf seinem Schreibtisch steckten.
Eric riss sich von dem Bild los und machte seinen Rundgang im restlichen Haus, welcher bei weitem nicht so interessant war, wie Julian´s Zimmer mit den Zeichnungen.
Es gab für ihn nichts weiter zu sehen und so ging Eric wieder.
Gelangweilt spazierte er aus dem Haus und die Straße entlang in Richtung Motel.


Schon kurz nach sechs war Stevie aufgewacht, während Brandon noch selig neben ihr schlief. Im Schlaf allerdings hatte er sich auf seiner Seite des Bettes breit gemacht, sodass Stevie wirklich nur noch die äußere Bettkante zum Schlafen hatte.
Doch dies war nicht der eigentliche Grund dafür, dass sie längst wieder hellwach war.
Sie war ein Frühaufsteher.
Allerdings hatte sie ein Albtraum aus dem Schlaf gerissen. Doch wie schon so oft zuvor, verblasste die Erinnerung an den Traum sobald sie aufgewacht war.
Lediglich die Melodie einer Spieluhr kam ihr noch in den Sinn, während sie überlegte, was sie geträumt hatte.

Da Brandon noch schlief und Eric im Moment nicht in der Nähe zu sein schien, stahl sie sich ins Badezimmer.
Wenn Eric da war, musste sie ihn immer daran erinnern, dass er nicht zu ihr ins Badezimmer kommen sollte. Ganz am Anfang hatte er es ein paar Male getan und sie hatte ihn erst angeschrien und dann einige Tage lang ignoriert.
Und so hatte Eric beschlossen, nicht mehr ungefragt bei ihr im Badezimmer aufzutauchen.
Allerdings war sich Stevie nicht so sicher, ob es daran lag, dass Eric ihre Privatsphäre respektierte oder ob es ihn viel mehr störte, dass sie ihn, wenn er sich nicht benahm, ignorierte und er mehr oder weniger allein war.

Nach einer ausgiebigen und vor allem ungestörten Dusche und in frischer Kleidung trat Stevie wieder aus dem Badezimmer. Eric saß im Stuhl und wirkte nicht nur gelangweilt sondern auch müde.
Stevie fragte ihn nicht danach, wohin er verschwunden war. Und er erzählte ihr nichts von seinem Fund.

„Soll ich das Frühstück beschaffen?“ wollte er nach einer Weile wissen und stand vom Stuhl auf.
Stevie nickte nur und packte ihre alte Kleidung in ihren Rucksack.
Eric verschwand kurz und schon nach wenigen Minuten war er wieder im Zimmer. Diesmal mit zwei Bechern Kaffee und einigen belegten Brötchen.
Stevie vermutete, dass Eric sie von einer Tankstelle gestohlen haben musste oder von einem Diner und dass derjenige, der den Kaffee bestellt hatte nun verwirrt dastand, da sein Getränk vor seiner Nase verschwunden war.
So genau allerdings wollte sie gar nicht wissen, woher er die Sachen immer nahm.

Der Geruch des frischen und sogar noch warmen Kaffees weckte Brandon auf.
Er streckte sich erst mal ausgiebig und grunzte ein „Morgen!“, ehe er kurz im Badezimmer verschwand.
Als er wieder zurück kam, war er zwar nicht wirklich munterer, aber zumindest ansprechbar.

„Eric hat Frühstück mitgebracht!“ erklärte Stevie nur kurz und wies auf den Kaffee und die Brötchen hin, die nun auf dem Stuhl neben dem Bett standen.
Brandon genoss erst einmal stillschweigend einen großen Schluck schwarzen Kaffees.
„Sollte ich fragen, wie er das angestellt hat?“ murmelte er müde und Stevie schüttelte nur den Kopf.

Nach einer Weile und einem Brötchen musterte Brandon erst Eric und dann Stevie.
„Wohin willst du nun?“ wollte er von ihr wissen.
Sie zuckte nur mit den Schultern.
„Erstmal nur weg hier!“ meinte sie dann.
„Okay!“
„Richtung West!“ fiel Eric dann ein. Dies war mehr oder weniger die Richtung gewesen, die Stevie hatte einschlagen wollen, als der Trucker sie mitgenommen hatte.
„Gut!“ Brandon griff nach einem weiteren Brötchen, „Westen klingt gut!“


Jake Larson war die ganze Nacht hindurch gefahren, obwohl er nichts mehr hasste, als nachts zu fahren.
Doch dies war zu wichtig für ihn.
Ohne sein Navigationsgerät allerdings, hätte er die Stadt niemals gefunden.
Die Stadt war eine von vielen Kleinstädten. Meist nur eine Hauptstraße an der rechts und links einige Häuser standen. Die Einwohnerzahl selten über fünfhundert und jeder kannte jeden.
Dies war nicht unbedingt eine Gegend in die er freiwillig ziehen würde.
Zu ruhig und zu klein.
Sein erster Halt führte ihn sogleich zur Polizeistation. Von dort hatte er den Anruf erhalten, wegen dem er überhaupt erst in die Kleinstadt gekommen war.

Eine junge Blondine saß müde am Empfang. Doch sobald sie ihn erblickte, saß sie aufrecht und schenkte ihm ein freundliches Lächeln.
Larson musste schmunzeln. Es war nicht das erste Mal, dass ihn eine Dame so ansah. Und er wusste dies auch stets zu nutzen.
Doch diesmal hieß es erst die Arbeit und dann das Vergnügen.
„Ich bin auf der Suche nach einem ihrer Officer!“ meinte er zu ihr.
Wieder lächelte sie ihn an, während sie ihn nach dem Namen des Mannes fragte.
„Oh, der ist erst in einer Stunde hier!“ antwortete sie ihm jedoch gleich, „Aber wenn sie warten wollen, ...“
Ein kurzer Blick auf seine Armbanduhr verriet ihm, dass es erst kurz nach halb sieben in der Früh war.
„Gibt es hier ein Café?“ erkundigte er sich, „Vielleicht könnten wir zwei ja frühstücken!“
Das Lächeln in ihrem Gesicht wurde immer breiter und ihre Augen leuchteten regelrecht.
Allerdings wurde ihr recht schnell bewusst, dass sie noch einige Minuten ausharren musste, ehe ihre Ablösung kam.
Larson lies sich von ihr den Weg zum Diner der Stadt weisen und sie versprach, dass sie so schnell wie möglich zu ihm kommen würde.
Mit viel Glück würde er doch noch ein wenig Spaß vor der Arbeit haben, dachte sich Larson.


Brandon hatte den Schlüssel zurück zur Rezeption des Motels gebracht und für die restlichen Nächte bezahlt. Ursprünglich hatte er auch nur eine Nacht in dem Zimmer verbringen wollen. Doch das war bevor sein Motorrad den Geist aufgegeben hatte und so lange in Reparatur gewesen war. Und bevor Stevie mit Eric aufgetaucht war.
„Dann machen wir mal los!“ meinte er und griff bereits nach seinem Helm, als er bemerkte, dass Stevie keinen Helm hatte.
„Eric, kannst du …?“ murmelte sie in die Luft, da Eric mal wieder beschlossen hatte, unsichtbar zu bleiben.
Und nur wenige Sekunden, nachdem Stevie ihn gefragt hatte, tauchte Eric mit einem weiteren Motorradhelm auf und reichte ihn ihr.
„Danke!“
Brandon sah den Blonden mit großen Augen an.
„Was?“ fragte der nur und löste sich wieder in Luft auf.
Stevie ignorierte Brandon´s verwirrten Blick und kämpfte mit dem Verschluss des Helms.
„Hauptsache, du bekommst nicht den Ärger dafür, dass er Zeug mitgehen lässt!“ meinte Brandon dann und half Stevie den Gurt des Helms straff zu ziehen.

„Gut?“ wollte er von ihr wissen und setzte sich aufs Motorrad. Unglücklicherweise hatte er damals nicht daran gedacht, dass er vielleicht mehr Gepäck mitnehmen würde. Hätte er gewusst, dass er unterwegs jemanden mitnehmen würde, hätte er vielleicht ein paar Seitentaschen aufs Motorrad gepackt oder wäre mit dem Auto gefahren.
Er konnte nun also nicht viel tun, als Stevie seinen Schlafsack mit auf den Rücken zu schnallen und seinen Rucksack wieder vor sich zu packen. Er wollte Eric nicht fragen, ob er irgendetwas besorgen könnte, nur damit er sein Gepäck fort bekam.
Stevie nahm hinter ihm Platz und schlang ihre Arme um ihn.
„Also auf nach Westen!“ waren Brandon´s letzte Worte, bevor er sein Motorrad an ließ und mit Stevie los fuhr.
Zuletzt geändert von Nikita LaChance am Fr 2. Dez 2011, 09:54, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 25. Nov 2011, 09:25

Kapitel XVI

Nach einem ausgiebigen Frühstück in Gesellschaft der Blondine vom Empfang, war Larson wieder zur Polizeistation zurückgegangen.
Der Officer, der ihn angerufen hatte, war endlich da und auch bereit mit ihm zu sprechen.

„Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Sie so schnell hier sein würden!“ meinte der Cop verblüfft, „Oder dass Sie gar persönlich hier auftauchen!“
Larson schüttelte die Hand mit dem Mann und nahm auf dem Stuhl beim Schreibtisch Platz.
„Ich wollte die Sache auch lieber persönlich klären!“ antwortete Larson nur und wartete, dass sein Gegenüber sich auch setzte.
„Sie sind hier wegen dem Mädchen?“ erkundigte sich der Officer, obwohl er die Antwort längst wusste.
Larson nickte nur und der Cop erzählte das wenige, was er wusste.
Larson hörte bis zum Schluss zu.

„Sie ist wieder gegangen?“ wollte er wissen.
„Sie haben gesagt, ich soll sie gehen lassen!“ verteidigte sich der Cop.
Wieder nickte Larson.
„Sie war nicht allein!“ meinte der Cop gleich, „Als sie hier war, war ein Kerl im Wartebereich und dann war da noch ein blonder Typ, der nach ihr fragte.“
„Zwei Männer?“ Larson war irritiert.
„Ich hab leider keine Namen. Aber ich kann sie beschreiben!“
„Nicht nötig!“ antwortete Larson etwas verstimmt.

„Der Mann, der sie angegriffen hat, ist der noch hier?“ erkundigte sich Larson.
„Ja! Ich kann Sie zu ihm führen!“ bot der Cop an und stand sogleich von seinem Platz auf.
Ohne auf eine Antwort von Larson zu warten, ging der Officer in Richtung der Zellen.
Larson folgte ihm.
Und schon wenig später stand er in einem Raum mit fünf Zellen, von denen lediglich zwei belegt waren.
„Er wartet noch auf die Überführung!“ erklärte der Officer sogleich.
Larson nickte nur und musterte den Mann in der Zelle.

„Ich möchte ihn unter vier Augen sprechen!“ kam von Larson.
Der Mann in der Zelle sah erstmals auf und ihn erschrocken an.
Der Cop allerdings schien sich weder an dem harschen Ton Larson´s noch an dem geschockten Gesicht des Truckers zu stören.
Er drehte sich einfach wortlos um und ging.


Stevie genoss die Motorradfahrt. Und obwohl sie sich nicht daran erinnern konnte, so wusste sie doch, dass Motorradfahren mit zu ihren Lieblingsbeschäftigungen zählte. Oder zumindest glaubte sie es.
Anders als in einem Auto bekam sie hier mehr von ihrer Umgebung mit. Sie spürte den Fahrtwind, der ihr entgegen kam. Und sie fühlte sich freier.
Sie konnte sich vorstellen, dass Eric sie im Moment beneidete. Schließlich hätte er alles gegeben um selbst auf dem Motorrad sitzen und fahren zu können.
Sie wusste, dass er in ihrer Nähe war, auch wenn sie ihn nicht sehen konnte.

Zu sehen bekam sie ihn erst wieder, als Brandon nach knapp zwei Stunden zum ersten Mal am Straßenrand anhielt.
Er wollte nur einen kurzen Stopp machen und ihr die Möglichkeit geben sich die Beine zu vertreten.
Dass er allerdings selbst eine Pause brauchte und vor allem für einen Moment den Rucksack loswerden wollte, sagte er ihr nicht.

Eric stand stumm neben dem Motorrad und wirkte verstimmt.
Brandon bekam davon nichts mit. Er war damit beschäftigt, seine Knochen zu strecken.
„Tut mir leid!“ flüsterte Stevie ihrem Freund zu und er nickte nur missmutig. Er wusste, was sie meinte.
In den drei Monaten, die die beiden nun schon zusammen unterwegs waren, hatten sie gelernt, mehr oder weniger auch ohne Worte zu verstehen, was in dem anderen vor sich ging oder wie er sich fühlte. Vor allem wusste Stevie, dass Eric sich nichts sehnlichster wünschte als endlich wieder einen Körper zu haben. Seinen Körper!

„Hast du dir schon überlegt, wohin du genau willst?“ wollte Brandon wissen und riss die beiden aus ihrer wortlosen Kommunikation.
Stevie schüttelte nur den Kopf.
„Du bist also ohne Plan unterwegs?“
„Nicht ganz!“ meinte sie und begann in ihrem Rucksack zu kramen, „Ich hab eine Karte!“
Stolz präsentierte sie ihm diese.
Brandon erkannte die Karte wieder. Es war die selbe, die Stevie zusammen mit Eric vor wenigen Tagen in der Busstation studiert hatte.
Einige der Städte waren durchgekreuzt und ein paar der Straßen waren mit einem Stift nach gemalt worden.

„Das ist kein Plan!“ seufzte Brandon, da er nicht erkannte, wohin Stevie wollte.
Stevie musterte selbst noch einmal die Karte.
„So weiß ich, wo wir waren!“ meinte sie dann und sah ihn grinsend an.
„Wo bist du gestartet?“ wollte Brandon wissen und besah sich das Chaos an Kreuzen auf der Karte genauer an.
Stevie suchte kurz die Karte ab und zeigte auf einem Punkt im Südwesten Kanadas.
„Dort haben Eric und ich uns getroffen!“ erklärte sie.
Der Punkt, den sie zeigte, war mit keinem Kreuz versehen und lag auch weit entfernt von nur einer der Städte, durch die sie gefahren war.

Irritiert sah Brandon von Stevie zu Eric und zurück auf die Karte.
„Ihr habt euch in Stevenson kennengelernt!“ Dann tippte er auf den östlichsten Punkt, den Stevie markiert hatte.
„Wieso seid ihr dann hier gewesen?“ wollte er wissen.
„Ähm...?“ Stevie selbst schien keine Antwort darauf zu haben.
„Warum bist du nicht in Stevenson geblieben? Ich meine, du willst jetzt Richtung Westen fahren. Dabei warst du doch schon dort!“
Stevie lief rot an.

„Sie ist im Bus eingeschlafen und dann war sie irgendwo im Nirgendwo wieder aufgewacht und ausgestiegen!“ versuchte Eric zu erklären, „Und dann waren wir eine Weile einfach so unterwegs.“
Brandon sah ihn irritiert an.
Eric hatte sich auf das Motorrad gesetzt. Allerdings seitlich, damit er mit dem Gesicht zu den Beiden saß, die vor der auf dem Boden ausgebreiteten Karte hockten.
„Irgendwann meinte Stevie dann, dass wir nach … mir … suchen sollten!“
Stevie nickte nur, als Brandon zu ihr sah.
„Und sie meinte, wenn wir meinen Weg mehr oder weniger zurück gehen, müssten wir irgendwann über mich, ich meine meinen Körper, stolpern!“
So richtig Sinn ergab dies nicht für Brandon. Aber er fragte nicht weiter danach.

„Und wo kommst du her?“ Die Frage hatte Brandon nicht Eric gestellt, sondern Stevie.
„Von irgendwo!“ flüsterte sie nur und begann die Karte wieder zusammen zu falten.
Sie wollte die Karte wieder zurück packen und stieß dabei an die Spieluhr, die kurz zu spielen begann.
Es waren nur drei oder vier Noten.

„Das ist das Teil aus dem Schließfach, oder?“ wollte Brandon wissen.
Er hatte die Spieluhr vorher nicht richtig sehen können.
Stevie holte sie hervor und erst jetzt konnte Brandon einen Blick darauf werfen.
„Sieht so ähnlich aus, wie das Teil, was der Junge gemalt hat!“ stellte er fest.
Stevie nickte nur.
„Ist es das, was der Kerl haben wollte?“
„Nein! Er wollte etwas anderes!“ Stevie packte die Spieluhr wieder zurück in ihren Rucksack.
Mit einem Male war sie bedrückt und wusste selbst nicht einmal warum.

„Können wir weiter?“ wollte sie von Brandon wissen und schulterte ihren Rucksack wieder.
„Wenn du meinst!“ kam nur von Brandon.
Er hatte ihren Stimmungswechsel nicht so wirklich mitbekommen und vermutete, dass sie noch ein wenig müde sei.
Eric allerdings sah sie besorgt an. Sagte aber nichts.

Und schon wenig später ging die Fahrt weiter.
Weiter entlang der Landstraße.


Larson war allein mit dem Trucker. Oder fast allein.
Der Officer hatte zwar den Raum verlassen, aber es war noch der zweite Gefangene, nur eine Zelle weiter, da. Und dieser tat, als würde ihn weder interessieren, wo er sich gerade befand, noch wer mit im Raum war.

„Der Boss ist enttäuscht!“ meinte Larson noch ehe der Trucker irgendetwas sagen konnte.
„Ich hab gemacht, was er wollte!“
Larson schüttelte mit einem teuflischen Grinsen den Kopf.
„Er sagte dir, dass du das Mädchen finden und zu ihm bringen solltest. Nicht dass du sie halb tot prügeln sollst!“
„Ihr geht’s gut!“ verteidigte sich der Trucker lautstark, „Sie war nicht allein!“
„Ja ich weiß! Zwei Kerle! Einer mit brünetten Haaren und ein Blonder!“
Der Trucker nickte.
„Aber der eine Kerl ist komisch. Der kann durch Wände gehen!“
Larson sah den Trucker irritiert an.
„Der Blonde ist ein Geist!“ flüsterte der Trucker und Larson war sich sicher, dass der Trucker verrückt sein musste.

„Er hat mir meinen Talisman geklaut! Deswegen haben mich die Bullen geschnappt!“ schimpfte der Trucker.
„Sie haben dich geschnappt, weil du ein paar Anhalter gekillt hast!“
Der Mann Larson gegenüber riss die Augen weit auf.
„Ich hab ...“ Er war sprachlos.

Der andere Mann in dem Raum sah zwischen den Beiden verängstigt hin und her.
Er war lediglich hier, weil er versucht hatte die Tankstelle zu überfallen und leider zu dumm war und seinen Ausweis fallen zu lassen.
Dass nun ein Killer im gleichen Raum war, wie er, verstörte ihn. Selbst wenn besagter Killer einige Meter entfernt eingesperrt war.

„Woher willst du davon wissen?“ wollte der Trucker wissen.
„Der Boss hat seine Quellen!“ meinte Larson nur.
„Er soll mich hier raus holen! Es ist seine Schuld, ...“
Larson fiel ihm sogleich ins Wort, wobei er den Mann durch die Gitterstäbe am Kragen packte.
„Der Boss hat weder Schuld an deinem kleinen Problem hier noch lässt er sich von dir Befehle geben!“
Der Trucker riss sich los.
„Er wollte nur sichergehen, dass du ihm keine Probleme weiter bescheren kannst! Und dass du ihr nichts weiter antun kannst!“
„Dieses kleine Miststück? Wenn ich hier raus komme, wird sie die erste sein, die ich besuche und dann deinen scheiß Boss!“ schrie der Trucker.
Doch Larson hatte sich unbeeindruckt von den Beschimpfungen und Drohungen umgedreht und war wieder in Richtung Ausgang unterwegs.

Draußen vor der Tür wartete der Officer auf ihn.
„Hatte das Mädchen irgendetwas bei sich?“ erkundigte sich Larson bei ihm, während beide zurück zum Schreibtisch des Cops gingen.
„Sie hatte eine Spieluhr. Aus Holz und mit Schnitzereien ringsum!“ versuchte der Mann zu erklären, „Ich hab ein Foto davon gemacht!“
Er öffnete ein Bild auf dem Computer und Larson konnte sehen, was der Officer gemeint hatte.
Larson lies sich das Bild ausdrucken.

„In dem Teil stand ein Name!“ meinte der Cop dann und Larson sah von dem Ausdruck auf.
„Ja?“
„Eleonore!“
Larson schien für einen Moment irritiert.
„Meinen Sie, es war richtig, dass Sie das Mädchen haben gehen lassen?“ wollte der Cop wissen.
Darauf antwortete Larson lediglich mit einem Schulterzucken.
„Wir werden sie schon wiederfinden!“ meinte Larson dann.
„Warum wird sie eigentlich gesucht?“
Larson lies die Frage unbeantwortet. Er steckte sich den Ausdruck der Spieluhr ein und verabschiedete sich von dem Polizisten.
„Falls Sie noch etwas hören sollten, was den Fall betrifft, zögern Sie nicht anzurufen!“ meinte er.
„Gern doch, Agent Larson!“
Nikita LaChance
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 2. Dez 2011, 09:56

Kapitel XVII

Regen trübte die Sicht Brandon´s und die Straße begann allmählich viel mehr einem kleinen flachen Fluss zu gleichen.
Und obwohl er und auch Stevie erneut bis auf die Knochen durchnässt waren, wollte er weiter fahren. Er konnte auch nicht wirklich anders.
Denn hier gab es gar nichts, außer Gras auf der rechten und der linken Seite. Es war weder ein Unterstand noch irgendetwas was ihnen Schutz vor den Regen bieten konnte.
Noch wenige Minuten zuvor war die Sonne draußen gewesen und hatte schwach durch die Wolken geschienen.

„Verdammt noch mal!“ knurrte Brandon vor sich hin.
Er hasste es, dass er nun schon wieder nasse Klamotten am Körper und mit großer Wahrscheinlichkeit auch wieder in seinem Rucksack hatte.
„Wir müssen irgendwo anhalten!“ meinte Stevie hinter ihm.
„Hier ist aber nichts!“ rief Brandon zurück. Er war ein klein wenig genervt. Größtenteils vom Wetter.
„Aber du siehst doch nichts mehr!“
Mehr oder weniger hatte sie damit recht. Dennoch wollte er nicht einfach im Irgendwo anhalten.
Sie waren seit ihrem letzten kurzen Stopp gerade mal vier Stunden gefahren.
Und sie würden vermutlich noch weitere Stunden fahren müssen, ehe sie auch nur in irgendetwas ähnliches wie eine Stadt kommen würden.

Wieder etwas was Brandon bereute. Er hatte bei seinem Plan, einfach durch die Gegend zu reisen, nicht daran gedacht, dass das Wetter ihm auch mal einen Strich durch die Rechnung und ihn im wahrsten Sinne des Wortes im Regen stehen lassen würde. Er hatte sich auch keine genaue Reiseroute zurecht gelegt.
Er hatte lediglich einen Monat einfach durch Kanada fahren wollen. So lautete sein ursprünglicher Plan.
Vielleicht hätte er sich wenigstens ein Zelt und nicht nur einen Schlafsack einpacken sollen, dachte er sich. Dann hätte er wenigstens eine Unterkunft gehabt, wenn es weit und breit kein Haus oder dergleichen gab.


Eric hatte Brandon und Stevie verfolgt, was bei ihm allerdings mehr so aussah, als hätte er sich immer wieder an ihre Seite teleportiert. Oder es würde so aussehen, wenn er sichtbar wäre.
Wenn Stevie im Auto mitgenommen worden war, hatte Eric meist neben ihr oder sogar auf dem Dach des Wagens gesessen. Doch hier auf dem Motorrad schien nicht wirklich ein Platz für ihn zu sein, selbst wenn er im Grunde Körperlos war.
Er selbst hatte keine Probleme mit dem Regen. Dennoch wusste er wie unangenehm es war im Regen unterwegs zu sein und so hielt er Ausschau nach irgendwas, wo Stevie und Brandon den Regen über ausharren konnten.

Und er fand auch etwas.
Um seinen Fund den beiden Motorradfahrern mitzuteilen, erschien er genau vor der Maschine auf der Straße. Allerdings, so hoffte Eric, mit großen Abstand, sodass Brandon rechtzeitig bremsen könnte.
Doch der war zu erschrocken um sofort zu reagieren.

Für einen kurzen Moment sah es aus, als würde Brandon die Kontrolle über das Motorrad verlieren. Er hatte den Lenker für einige Sekunden zu locker gelassen.
Stevie hatte mitbekommen, dass Brandon Probleme hatte, die Maschine gerade zu halten und hatte sich erschrocken noch fester an ihn geklammert.
Und Eric bereute, dass er so einfach aufgetaucht war.
Erschrocken musste er mit ansehen, wie Brandon erst mit der Maschine beinahe stürzt, so sehr schlenkerte er mit dem Lenker, und dann die Vollbremsung die Brandon hinlegte, was nicht weniger ungefährlich aussah.
Und nicht nur das. Wäre Eric kein Geist, so hätte es auf alle Fälle einen schweren Unfall gegeben.
Denn Brandon hatte ihm weder ausweichen noch rechtzeitig abbremsen können, sodass er durch Eric hindurch gefahren war und erst hinter ihm zu stehen gekommen war.


Gleich nachdem er die Polizeistation verlassen hatte, hatte sich Larson zu Fuß aufgemacht, um noch einige Anwohner der Stadt nach Stevie und ihren Freunden zu befragen.
Und nachdem ihn sein erster Stopp zu der Busstation geführt hatte und er dort nicht viel Informationen bekommen hatte, ging er zum Diner der Stadt.
Es war das selbe Diner, in dem er erst vor wenigen Stunden gefrühstückt hatte.
Diesmal allerdings war er nicht zum Essen oder Kaffee trinken hier.

Auch hier konnte man nicht viel über Stevie erzählen. Lediglich, dass sie zusammen mit einem Mann gesessen hätte. Und man erinnerte sich an einen Vorfall mit ihr, der allerdings bereits Monate her war.
Larson fragte neben der Bedienung auch einige Gäste.
Dabei fiel ihm ein Junge auf, der ihn die ganze Zeit musterte. Aber ansonsten nicht mit ihm sprach.
Die Frau neben dem Jungen bestätigte lediglich, dass sie Stevie gesehen hätten. Und obwohl die Frau, vermutlich noch mehr Auskunft hätte geben können, musste Larson seine Befragung abbrechen, als der Junge die Frau am Arm aus dem Diner zerrte und schrie.
Larson wusste nicht was gerade vorgefallen war. Erst die Bedienung klärte ihn auf, dass der Junge Autist sei und mit Fremden nicht klar käme.

Mit seinen wenigen Informationen ging Larson weiter.
Doch jeden den er fragte, konnte lediglich bestätigen, dass Mädchen gesehen zu haben. Manchmal war sie in Begleitung eines dunkelhaarigen Mannes und manchmal war noch ein zweiter Kerl bei ihr.
Wer die beiden waren und warum sie bei dem Mädchen waren, welches sich Stevie nannte oder zumindest so genannt wurde, konnte ihm keiner sagen.
Selbst in der Werkstatt konnte man ihm keine Antworten geben.
Lediglich für einige Tage sei das Motorrad des Dunkelhaarigen hier in Reparatur gewesen.

„Warum wird das Mädchen gesucht?“ wollte der Mechaniker wissen, der es sich trotz des Gesprächs mit Larson nicht nehmen lies, weiter an dem Motor eines Wagens herum zu werkeln.
„Das kann ich nicht sagen!“ meinte Larson nur.
„Ist sie gefährlich?“ kam als nächste Frage vom Mechaniker und er drehte sich zu Larson.
Erst jetzt erkannte dieser, dass sein Gegenüber jünger war, als er im ersten Moment angenommen hatte.
Larson überlegte, ob er ihm antworten sollte.

„Haben Sie eine Ahnung, wohin sie verschwunden sein könnte?“ stellte er als Gegenfrage.
Der Mechaniker musterte ihn kurz und tauchte endlich aus dem Motorraum auf.
„Ich hab keine Ahnung!“ gab dieser dann zu.
„War sie in Begleitung von jemanden?“
Der Mechaniker überlegte kurz.
„Wann?“ wollte dieser dann wissen.

Für einen Moment sah Larson ihn irritiert an.
„Bei ihrem ersten Besuch vor über vier Monaten war sie allein. Jetzt aber war sie mit einem Motorradfahrer hier aufgetaucht. Sie war ein paar Tage da, hatte ein wenig Ärger mit irgendeinem Verrückten und ist heut früh mit dem Motorradfahrer wieder verschwunden!“ erzählte der Mann dann.
„Nur mit einem?“
Der Mechaniker antwortete ihm nicht. Er beugte sich zu seiner Werkzeugkiste und suchte nach einem passenden Schraubschlüssel.
„Kennen Sie den Namen von dem Mann? Dem Fahrer?“

Der Mechaniker warf ihm erneut einen prüfenden Blick zu und wand sich dann wieder dem Motor zu.
„Wieso sucht das FBI nach dem Mädchen?“ konnte Larson den Mann fragen hören, obwohl sich dieser nicht zu ihm umsah.
Larson wusste nicht wie er darauf antworten sollte. Oder wie viel er verraten konnte.
Also antwortete er, was ihm am ungefährlichsten erschien.
„Sie hat etwas gestohlen und der Besitzer will sicher gehen, dass sein Eigentum zu ihm zurückkehrt!“
Der Mechaniker hob den Kopf wieder und sah ihn erneut musternd an.
„Seit wann sorgt sich das FBI um Diebstahl?“ wollte er wissen.
Doch Larson antwortete ihm nicht.

Für einige Sekunden starrten sich beide schweigend an.
„Der Motorradfahrer? Seinen Namen!“ forderte Larson dann, etwas ungeduldiger als ohnehin.
„Steckt er in Schwierigkeiten?“ kam allerdings sofort als Gegenfrage.
So langsam überlegte Larson ob er nicht all seine Macht nutzten sollte, um endlich richtige Antworten aus dem Mann vor sich pressen zu können.
Die Marke allein hatte bisher nicht wirklich Angst einflössend auf den Mechaniker gewirkt.
„Wir versuchen lediglich herauszufinden, in welcher Verbindung er zu dem Mädchen steht!“ erklärte Larson, was, wenn man es genau nahm, nicht ganz unwahr war.
„Sie kannten sich noch nicht sehr lange!“ meinte der Mechaniker, „Haben sich auf der Straße kennengelernt und sind zusammen wieder weg!“
Larson nickte kurz.
„Was auch immer die Kleine angestellt hat, ich glaube er weiß nichts davon!“ war sich der Mann sicher.
Und erst nach erneutem Nachfragen bekam Larson endlich den Namen des Motorradfahrers. Er würde wenig später sehen, was der Computer über den Fahrer ausspuckte.

Was Larson nun allerdings am meisten verwirrte, war der zweite Mann, der immer wieder aufzutauchen und dann wieder wie vom Erdboden verschwunden zu sein schien.
Den Namen von ihm bekam Larson nicht heraus.

Und nach einem weiteren Stopp in einer kleine Boutique in der Stadt und der Befragung der dortigen Angestellten, die keine Ergebnis brachte, stieg er wieder in seinen Wagen.
Er hatte weder herausbekommen wohin das Mädchen verschwunden war, noch warum sie wirklich in der Stadt gewesen war.
Vor allem hatte er nicht herausgefunden, wo sie das gestohlene Stück seine Auftraggebers versteckt hatte.


Mike war nicht der Einzige, der irritiert reagierte, als der FBI-Agent Fragen über Stevie gestellt hatte.
Wie Mike später erfahren hatte, hatte Julian einen regelrechten Tobsuchtsanfall bekommen, als der Fremde ihn und seine Mutter nach Stevie hatte befragen wollen. Und Julian hatte seiner Mutter erklärt, dass er den fremden Mann nicht mochte und nicht wollte, dass er Stevie wehtue.

Auch Mike war der Mann ein wenig suspekt vorgekommen. Er war sich noch nicht einmal sicher, ob er Larson abnehmen sollte, dass er zum FBI gehöre.
Und wenn doch, warum war er hinter Stevie her?
Für einen kurzen Moment hatte Mike schon überlegt Brandon anzurufen und ihn zu warnen. Doch Brandon hatte ihm weder ein Handy bei sich gehabt, noch eine Telefonnummer für den Notfall hinterlassen.
So konnte Mike nur warten, dass Brandon ihn anrief.

Mit Erleichterung hatte Mike beobachtet, wie Larson die Stadt wieder verließ.
Das ungute Gefühl, dass seinem neu gewonnenen Freund etwas schlimmes zustoßen könnte, allerdings blieb. Und wenn er es nicht zugeben würde, er machte sich sogar Sorgen um Stevie.
Zuletzt geändert von Nikita LaChance am Sa 17. Dez 2011, 10:39, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Fr 2. Dez 2011, 09:56

Kapitel XVIII

Am liebsten wäre Brandon vom Motorrad gesprungen und hätte sich Eric gegriffen und ordentlich verprügelt.
Dass er es nicht tat, lag vor allem an Stevie, die zitternd hinter ihm saß und ihre Arme fest um ihn geschlungen hatte.
Allerdings hätte es Brandon auch nicht viel gebracht, da Eric im Grunde körperlos war und es nichts gab, was Brandon hätte schlagen können.
Das machte ihn im Moment noch wütender, als allein die Tatsache, dass Eric ihn gerade im wahrsten Sinne des Wortes beinahe zu Tode erschrocken hatte.

Und so war es auch wenig verwunderlich, dass Brandon ihn an schrie, als Eric wieder genau vor dem zum Glück nun stehenden Motorrad auftauchte.
Doch Eric ignorierte ihn und richtete seine Worte an Stevie, die vorsichtig an Brandon vorbei sah, ohne diesen los zulassen.
„Ich hab eine Hütte gefunden! Nur knapp ein Meile die Straße runter!“ erklärte Eric und zeigte in die Richtung, in die sie ohnehin unterwegs waren.
Stevie nickte nur.
„Konntest du uns das nicht schonender beibringen?“ wollte Brandon von ihm wissen.
Doch Eric antwortete ihm nicht und löste sich wieder in Luft auf.
„Verdammtest Arschloch!“ rief Brandon ihm wütend hinterher.
„Wir sollten zu der Hütte!“ meint Stevie leise hinter ihm und klammerte sich wieder an ihm fest.

Brandon holte tief Luft, schluckte seinen Ärger runter und startete das Motorrad wieder.
Er war sich nicht sicher, ob er die besagte Hütte überhaupt sehen würde.
Der Regen lies nicht wirklich viel Sicht zu und zudem wurde es immer dunkler.

Doch entgegen seiner Befürchtung sah Brandon die Hütte, die Eric gemeint hatte. Und zwar nicht nur, weil Eric vor dem mit Unkraut bewachsenen Weg zur Hütte stand.
Allerdings sah die Hütte nicht wirklich vertrauenerweckend aus.
Zu viele Jahre schien sie schon leer zu stehen und der Wind hatte sie schon reichlich in Schräglage gebracht.
Dennoch steuerte Brandon auf das hölzerne Ungetüm einer einstigen vermutlich gemütlichen Behausung zu. Er hoffte, dass das Innenleben der Hütte besser aussah, als es von außen zu vermuten war.

Eric wartete dass beide vom Motorrad abstiegen und die restlichen, zu bewachsenen Meter, zu Fuß auf die Hütte zu gingen.
Der Weg war durch den Regen aufgeweicht und schlammig, sodass Brandon und Stevie nun nicht nur durchnässt sondern auch noch beschmutzt waren.
Kaum vor der Hütte angekommen, bemerkte Brandon den unbewohnbaren Status der Hütte.

„Du erwartest doch nicht, dass ich hier reingehe?“ wollte er von Eric wissen.
Stevie hatte ihr Visier hochgeklappt und sah ebenfalls missmutig drein.
„Eric, wir können da nicht rein!“ meinte sie leise.
Ein Schmunzeln huschte über das Gesicht des Blonden.
„Ich hab vergessen, Dir zu sagen, dass ich den Schlüssel wieder habe!“ gab er grinsend zu und holte einen Schlüssel hervor.
Stevie sah ihn mit großen Augen an.
Und wenig später sah auch Brandon verwundert drein.

Eric steckte den Schlüssel ins die schiefe Tür des Hauses und öffnete sie damit.
Doch der Raum hinter der Tür schien weder schief noch verfallen zu sein.
„Herein spaziert!“ lachte Eric und wies ins Innere.
„Da kann nicht sein!“ meinte Brandon irritiert.
Stevie sagte nichts. Sie ging an Brandon und Eric vorbei und trat in das warm wirkende Zimmer.
Dort entledigte sie sich den Rucksacks und kämpfte wenig später wieder mit dem Verschluss des Helms.

„Kommst du nun rein, oder willst du weiter im Regen rum fahren?“ Brandon konnte deutlich den Spott in Eric´s Stimme heraushören.
Brandon sah sich kurz um. Zum einen war er sich nicht sicher, ob er ins Haus gehen sollte und zum Anderen wusste er nicht, ob er sein Motorrad allein stehen lassen sollte.
„Hier kommt so schnell keiner vorbei!“ meinte Eric gleich, als er Brandon´s Problem erkannte.
Dann aber überlegte es sich Eric anders und meinte, Brandon sollte seine Maschine einfach mit rein nehmen.

Und so schob dieser sein Motorrad durch die Tür in den hellen Raum.
Eric trat ebenfalls ein und schloss die Tür. Und der Regen, der unaufhörlich und laut prasselte, verstummte.
Brandon schob seine Maschine an die freie Wand beim Fenster. Viele Möglichkeiten sein Motorrad irgendwo zu parken gab es nicht.

Irritiert stellte Brandon nun fest, dass er sich allen Anschein nach nicht in der verfallenen Hütte befand.
Vielmehr war dies ein einfaches Schlafzimmer mit einem Schreibtisch und einem Bücherregal, sowie einer Musikanlage, die schon ein paar Jahre auf dem Buckel zu haben schien.
Er sah zu Stevie und war noch verwunderter, dass sie an dem Raum nichts außergewöhnliches zu finden schien.
Eric beobachtete ihn mit einem frechen Grinsen.

„Was ist das hier?“ wollte Brandon wissen und entledigte sich seines Helms, den er über den Griff seines Lenkers hängte.
Stevie kam sogleich zu ihm, damit er ihr mit ihrem Helm half.
Und erst als sie vom Helm befreit war, antwortete sie ihm mit ruhiger Stimme, dass sie dieses Zimmer schon öfters benutzt hatte.
Brandon verstand aber noch immer nicht, was hier vor sich ging.

„Eric hat einen Schlüssel, mit dem man jede Tür öffnen kann!“ erklärte Stevie und zog ihre nasse Jacke aus, die sie einfach zu Boden fallen lies.
„Fast jede Tür!“ warf Eric kurz ein und lies Stevie dann weiter erzählen.
„Und man gelangt in dieses Zimmer!“
„Ist das … ein Zaubertrick, oder so?“ wollte Brandon wissen und musterte Eric.
„Vielleicht!“ meinte der nur amüsiert.

„Ich hab keine Ahnung, was für ein Zimmer das ist. Ich weiß auch nicht, wo das Zimmer ist ...“
Brandon warf Stevie einen irritierten Blick zu.
„Wo?“
Sie nickte nur.
„Egal, durch welche Tür man geht, wenn man sie mit dem Schlüssel öffnet, man landet hier!“
Sie ging zur Tür, durch die sie gekommen waren und öffnete sie kurz und Brandon konnte die verregnete Landschaft von zuvor erkennen.
„Die Tür führt auch immer wieder zu dem Ort, wo man in den Raum gekommen ist!“
Stevie schloss die Tür wieder und ging an Brandon vorbei, der noch immer verwundert im Raum stand und sie beobachtete.

Stevie öffnete eine andere Tür, die sich als Tür eines Wandschranks erwies.
Darin hingen und lagen viele Kleidungsstücke und am Boden des Schranks standen mehrere Schuhe. Allerdings in mindestens zwei verschiedenen Größen. Ebenso standen einige Wasserflaschen und Konservendosen herum.
Wortlos begann Stevie im Schrank zu suchen.

„Du kannst dir hier was ausleihen!“ meinte sie dann zu Brandon und zeigte auf die Kleidung im Schrank.
Sie selbst hatte sich eine Jeans und ein T-Shirt gegriffen und spazierte damit zu der dritten Tür im Raum.
„Badezimmer!“ meinte sie nur kurz und verschwand darin.
Brandon war noch immer zu verwirrt um richtig zu verstehen, was hier vor sich ging. Und so sah er zu Eric hinüber.

„Frag mich nicht nach dem Zimmer! Ich hab keine Ahnung!“ meinte dieser nur, „Ich hatte den Schlüssel, als ich ...“
Er suchte nach dem richtigen Wort.
„... als ich aufgewacht bin! Ich hab ihn Stevie gegeben. Na ja! Und dieser Mistkerl hatte ihn ihr abgenommen!“
Bei der Erwähnung des Mistkerls, der Trucker, wie Brandon vermutete, wurde Eric´s Blick finster.
„Hat ihn aber nicht benutzt!“ meinte Eric dann nur.
Brandon nickte nur ungläubig.

Stevie hatte ihre nassen Sachen gegen die trockenen aus dem Schrank getauscht und trat wieder aus dem Badezimmer.
Die Hose und das T-Shirt waren mehr als eine Nummer zu groß, was sie aber nicht im Geringsten zu stören schien.
„Du solltest dir was trockenes anziehen!“ meinte sie erneut zu Brandon und zeigte auf den Schrank, „Da ist mit Sicherheit irgendwas in deiner Größe drin!“
Brandon sah in den Schrank und stellte fest, dass der Großteil der Kleidung mehr oder weniger in seiner Größe war.
Gerade mal zwei oder drei Stücke wirkten, als könnten sie Stevie annähernd passen. Des weiteren befanden sich hauptsächlich Männersachen im Schrank.

Da Eric und Stevie ihn eindringlich ansahen und ihn seine nasse Kleidung mehr als nur unangenehm auf der Haut war, suchte sich Brandon ein paar Sachen aus dem Schrank zusammen.
Insgeheim erfreute es ihn, dass es sogar passende Unterwäsche für ihn gab, auch wenn er dies nicht offen kund tun würde.
Mit den Sachen in der Hand betrat er ebenfalls das Badezimmer und schloss die Tür hinter sich.
Selbst das Bad war mit allem Nötigen ausgestattet und obwohl er schon durchnässt war, beschloss Brandon die Dusche zu nutzen.


Während Brandon im Bad verschwunden war, begann Stevie ihren Rucksack auszupacken. Die meisten ihrer Sachen waren entweder schmutzig oder nass. Sie würde Eric bitten müssen, dass sie ihm einen wasserresistenteren Rucksack besorgte.
Alles was zu nass oder schmutzig war packte sie in ein Plastikbeutel, den sie danach in einer Ecke des Wandschranks versteckte.
Ihren Rucksack hängte sie über die Stuhllehne, in der Hoffnung, dass er bis zur Weiterfahrt trocknen würde.
Die Spieluhr hatte sie auf dem Schreibtisch abgestellt und ihre Karte sowie das Notizbuch, welches sie immer bei sich führte daneben gelegt.
Irgendwann später würde sie ein weiteres Kreuz auf die Landkarte malen und einen Eintrag ins Buch schreiben, bei dem vermutlich wie immer nicht mehr als der Name der letzten Stadt stehen würde.
Obwohl, diesmal gab es etwas zu berichten.

Eric hatte sich aufs Motorrad gesetzt und beobachtete Stevie.
Er konnte sich vorstellen, woran sie gerade dachte. Immer wenn sie irgendwo Rast machten, hatte sie sich ihre Karte und das Buch gegriffen und ein paar Notizen gemacht.
Es dauerte auch nicht lange, bis sie sich an den Schreibtisch setzte und schrieb.
Eric musste nicht zu ihr hinüber gehen, um zu wissen, was sie aufschrieb. Er konnte sich vorstellen, dass sie über den Überfall schrieb. Über den Trucker, der sie hätte tot prügeln und sogar wenig später erschießen können. Vermutlich schrieb sie sogar über Julian und dass sie selbst vor vier Monaten in der letzten Stadt gewesen war.
Und obwohl er ahnte, was sie notierte, kam er nicht umhin zu fragen.
„Hilft es?“
Sie schüttelte nur den Kopf ohne zu ihm zu sehen.

Sie schrieb fast zehn Minuten und schaffte es beinahe zwei Seiten mit ihrer kleinen Schrift zu füllen. Danach machte sie noch das Kreuz auf der Landkarte und stand wieder auf.
„Ich will nach hause!“ gab sie leise zu.
Noch größer als der Wunsch, endlich wieder nach hause zu kommen, war allerdings der Wunsch endlich zu wissen wer sie eigentlich war.
Eric ging auf sie zu und nahm sie in seine Arme.
Sie hatten sich gegenseitig in den letzten drei Monaten oftmals Trost gespendet.
Immer wenn Eric sauer war, dass er im Grunde nichts weiter als ein Geist war, der es schaffte für wenige Minuten körperlich zu sein. Nur konnte er selbst nichts fühlen. Und das frustrierte ihn meist noch mehr.
Er wollte wissen was mit ihm passiert war. Warum er so war. Und vor allem, wie er endlich wieder ein kompletter Mensch sein würde.
Und Stevie. Sie war im Grunde ein noch größeres Rätsel als Eric.

Als Brandon wieder aus dem Bad kam, frisch eingekleidet, hatte es sich Stevie auf dem Bett bequem gemacht.
Im Hintergrund lief leise Rockmusik und Eric saß mit dem Kopf im Takt nickend auf dem Motorrad.
„Du solltest deine nassen Sachen aussortieren!“ schlug Stevie vor.
Brandon nickte irritiert und tat wie geheißen.
Stevie setzte sich auf und beobachtete ihn kurz.
„Wir werden in der nächsten Stadt nach einem Waschsalon schauen müssen!“ meinte sie.
„Wie...?“
„Zum Waschen?“
„Das ist mir schon klar!“ antwortete Brandon, der noch immer den Wirrwarr an zusammen zusammengeknülltenknüllten Shirts und Jeans auseinander zu fitzen versuchte.
„Warum hängen wir die Sachen nicht hier irgendwo zum Trocknen auf?“ wollte er dann wissen.
„Weil das nicht geht!“

Sie rutschte näher an die Bettkante und somit näher zu ihm.
„Die Sachen werden nicht so schnell trocknen!“ versuchte sie zu erklären, „Und wenn wir hier raus gehen und die Sachen im Zimmer liegen lassen, verschwinden sie!“
Brandon sah von seinen Sachen auf und erst verwirrt zu ihr und dann zu Eric, der nur nickte.
„Wie können die Sachen verschwinden, wenn nur er den Schlüssel hat?“ wollte Brandon von ihr wissen.
Stevie zuckte nachdenklich mit den Schultern.
„Hab keine Ahnung!“ meinte sie dann, „Es ist als, würde jemand hier aufräumen. Und alles was im Zimmer oder im Bad rumliegt verschwindet. Manchmal taucht´s auch wieder auf. Aber nicht immer!“
„Dann sollt ich also meine Sachen hier drin lassen!“ stellte Brandon fest.
„Nein! Pack das nasse Zeug in einen Beutel im Schrank und in der nächsten Stadt waschen wir die Sachen dann!“
Brandon verstand noch immer nicht so richtig, was es mit dem Zimmer auf sich hatte. Vor allem war er irritiert von Stevie´s Befehlston.
„Im Kleiderschrank sind die Sachen sicher! Da ist noch nie was verschwunden!“ erklärte sie.

Wieder sah er von ihr zu Eric, der wieder nur nickte, um ihre Aussage zu bestätigen. Und obwohl er nicht wusste, was er von der Sache halten sollte, tat Brandon wie geheißen. Er suchte sich einen Plastikbeutel, packte dort die nassen Sachen hinein und stellte den Beutel neben den anderen in den Schrank.
„Du kannst dir ja ein paar Sachen aus dem Schrank ausleihen!“ meinte Stevie gleich, da sie Brandon´s verzweifelten Blick sah, als der bemerkte, dass fast seine ganze Kleidung nun im Wäschesack verschwunden war.

„Wem gehören die?“ wollte er wissen und begutachtete nun genauer die Kleidung im Schrank.
Stevie kroch wieder ganz aufs Bett und legte sich hin.
„Die waren schon da!“ antwortete sie.
„Alles?“
Stevie drehte sich zur Seite, sodass sie zu Brandon besser sehen konnte.
Dieser ging gerade einen Stappel T-Shirts durch, die fast alle in der selben Größe waren.
„Das sind alles Männersachen!“ verkündete er und begutachtete des Rest des Schranks.
Dann sah er sich zu Stevie um, die ihn verschlafen beobachtete.
„Das war alles schon hier?“
Ein Nicken von ihr und auch von Eric.
„Und der Rest im Zimmer?“
Wieder nur ein Nicken von beiden.

„Was ist das hier für ein Zimmer?“ murmelte Brandon gedankenverloren und schloss die Schranktür.
„Weiß nicht!“ gähnte Stevie und drehte sich wieder auf den Rücken.
Auch Eric gab ihm keine Antwort. Er beobachtete nur Brandon dabei, wie dieser seinen Schlafsack aufrollte, nur um festzustellen, dass dieser schon wieder durchweicht war.

Nach einer Weile, nachdem er den Rest des Zimmers inspiziert hatte und dabei auch das nachtschwarze Fester bemerkt hatte, wusste Brandon nicht mehr was er noch machen sollte.
Stevie war längst eingedöst und auch ihn überkam allmählich Müdigkeit.
Einen Moment lang stand Brandon noch vorm Fenster, ehe er zum Bett hinüber ging.
Er konnte Eric´s bohrenden Blick spüren. Und auch wenn dieser nichts sagte, wusste Brandon, dass Eric ihn am liebsten eine verpassen würde, dafür dass er zu Stevie aufs Bett kroch.
Stevie wachte kurz auf, sah zu ihm und grinste nur.
„Schlaf!“ meinte sie zu Brandon und drehte sich zur Seite, von ihm weg.
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Sa 17. Dez 2011, 10:40

Kapitel XIX

Eine seltsame Melodie erklang. Seltsam deshalb, weil zwischen den einzelnen Noten zu viel Zeit lag und man so das Musikstück nur schwer deuten konnte.
Auch konnte man kein wirkliches Instrument heraushören. Die Töne klangen zu mechanisch.
Und dann inmitten der seltsamen Musik erklang eine Kinderstimme. Ängstlich.
Und wie schon bei der Musik war am Anfang wenig zu verstehen.
Viel zu leise die Stimme.

Mit einem Mal erhöhte sich das Tempo der Musik und allmählich war die Melodie zu erkennen.
Und auch die Kinderstimme nahm an Kraft zu.
Nur war weder zu sehen, woher die Melodie kam, noch von wem die Kinderstimme stammte.
Ringsum schwarze Finsternis.


Eric hatte sich gelangweilt. Jetzt da er im Zimmer war, konnte er nicht einfach wieder hinaus. Es war schließlich kein gewöhnliches Zimmer und wenn er es verlassen würde, würde er es nicht wiederfinden. Diesen Fehler hatte er einmal begangen und erst als Stevie nach Stunden nach ihm suchend die Tür geöffnet hatte, hatte Eric sie und das Zimmer wiedergefunden.
Normalerweise, wenn er mit Stevie allein war, redete er. Er erzählte gerne und viel. Manchmal sang er auch, wenngleich sie kaum einen seiner Songs kannte. Er war schon froh, dass sie nie über seine Singstimme lästerte.
Doch nun war Brandon mit im Raum und Eric war mehr oder weniger gezwungen zu schweigen und nichts zu tun.
In seiner Langeweile hatte er neugierig in Stevie´s Aufzeichnungen geblättert. Nur fand er darin nichts, was er nicht selbst miterlebt hätte. Und die wenigen Einträge, die sich auf ihn oder Brandon bezogen, waren weder interessant noch irgendwie besorgniserregend.
Danach hatte er sich die Spieluhr genauer angesehen. Er hatte sie gedreht und gewendet. Doch außer, dass auf dem verzierten Deckel eine Figur fehlte, hatte er nichts ungewöhnliches erkennen können.
Beim Öffnen der Dose begann die Musik zu spielen. Er brauchte einen Moment ehe er die Melodie erkannte.
Außer der Mechanik der Spieluhr und dem eingeritzten Namen war nichts zu sehen.

„Mom?“
Eric sah von der Spieluhr auf und hinüber zum Bett.
„Mom?“
Er stellte die Spieldose wieder auf den Tisch zurück, ging zum Bett hinüber und blieb an Stevie´s Seite stehen.
Sie schlief unruhig. Nicht nur dass sie immer wieder „Mom?“ rief, so hielt sie ihr Kissen so fest, dass die Knöchel ihrer Finger weiß hervortraten.

Brandon war auch wach geworden und setzte sich verschlafen auf.
„Was ist los?“ wollte er flüsternd von Eric wissen.
Doch der hockte neben Stevie und wusste für einen Moment nicht was er machen sollte.
„Stevie?“ Er strich ihr sanft über den Kopf. Doch sie reagierte nicht auf ihn.
Noch einmal fragte sie leise nach ihrer Mutter und Eric fragte sich, ob sie von ihr träumte. Ob dies bedeuten würde, dass Stevie´s Erinnerungen allmählich zurückkehren würden.
„Hey! Du redest doch sonst nie im Schlaf!“ meinte Eric flüsternd zu ihr.

Mit einem Mal zuckte Stevie zusammen und riss die Augen auf. Sie sah aus als hätte sie irgendetwas zu Tode erschrocken.
Eric sah nun ebenso erschrocken drein und auch Brandon war hellwach.
Stevie schien für einen Moment nicht zu wissen wo sie sich befand. Ihre Augen wanderten umher, ehe sie Eric vor sich bemerkte und sich langsam wieder beruhigte.
„Schlecht geträumt?“ wollte er von ihr wissen. Er begann wieder ihr über den Kopf zu streichen, was ihm einen verwunderten Blick von Brandon einbrachte.
Sie nickte nur und ließ das Kissen wieder los.

„Da war Musik!“ flüsterte sie irgendwann leise.
„Was für Musik?“ kam von Brandon, der noch immer aufrecht saß, aber schon wieder kurz vorm Einschlafen zu sein schien.
Sie überlegte kurz.
„Mondscheinsonate! … Wie die Melodie von der Spieluhr!“ antwortete sie, wobei sie noch immer im Flüsterton sprach.
„Du hast nach deiner Mutter gefragt!“ erklärte Eric ihr.
Sie sah ihn mit großen Augen an, so als könnte sie nicht glauben, was er sagte.
Brandon war es, der die Frage stellte, die auch Eric in den Sinn gekommen war.
„Ist die Spieluhr vielleicht von deiner Mutter?“ wollte er wissen.
Wieder Stille.

„Ich glaube nicht!“ gab Stevie dann irgendwann zu.
„Von meiner Großmutter!“ Sie klang sich nicht sicher mit ihrer Aussage.
Eric hoffte, dass sie noch mehr erzählen würde. Dass sie noch mehr zu erzählen hatte.
Aber sie rollte sich zusammen und schloss wieder ihre Augen.
„Müde!“ flüsterte sie ihm zu und es dauerte auch nicht lang, da war sie wieder eingeschlafen.
Eric sah zu Brandon, der anscheinend ebenfalls noch auch etwas mehr über Stevie hatte erfahren wollen.
Dann warf Brandon einen Blick auf seine Armbanduhr, ehe er sich wieder hinlegte.
„Wir sollten noch etwas schlafen!“ meinte er noch und dann war auch er wieder eingeschlafen.
Nur Eric war wach. Und irritiert.
Er blieb an Stevie´s Seite sitzen und grübelte.


Larson hatte die Kleinstadt hinter sich gelassen und war in die nächste Stadt gefahren. Allerdings weniger um dort nach Stevie zu suchen. Er war sich irgendwie sicher gewesen, dass er sie dort nicht antreffen würde.
Er lies sich ein Motelzimmer geben, welches über Telefon sowie auch Internetanschluss verfügte.
Gleich nachdem er es sich in dem Zimmer bequem gemacht hatte, erstattete er seinem Boss Bericht. Nur dass es nicht wirklich viel zu berichten gab.
Das Mädchen und das gestohlene Etwas hatte er nicht gefunden. Und Larson wusste auch nicht wo sich beides im Moment befand.
Was im Grunde seine Suche noch mehr erschwerte war im Grunde die Tatsache, dass sein Boss nicht sagen wollte, was das Mädchen gestohlen hatte. Larson wusste, dass er nicht der einzige mit diesem Problem war.
Wie sein Boss ihm schon zuvor mitgeteilt hatte, hatte er einige andere Leute beauftragt sein Schmuckstück zurück zu bringen und auch ihnen hatte er nicht verraten was es war.
Wie sollte man also etwas finden, wenn man es nicht kannte?

Der Boss schien mehr oder weniger zufrieden mit dem Resultat, was Larson noch mehr verwirrte.
„Der Trucker ist hinter Gitter!“ versuchte sein Boss zu erklären, „Also macht der keinen Ärger mehr!“
Larson verstand dennoch nicht ganz, warum sein Auftraggeber ruhig blieb. Immerhin könnte der Mann in der Zelle irgendetwas über ihn ausplaudern.
„Bring mir einfach nur das Mädchen und meinen Schatz!“ Damit war das Gespräch beendet und Larson fühlte sich, als hätte er gerade irgendetwas wichtiges verpasst.

Nach dem seltsamen Gespräch gönnte sich Larson ein Glas Wiskey. Der Alkohol wärmte ihn nicht nur, es fühlte sich auch an, als könne er damit die Last, die er auf sich spürte, weg spülen.
Allerdings war nun keine Zeit um sich voll laufen zu lassen. Immerhin wollte er noch einiges über die Begleiter des Mädchens herausfinden.
Er führte immer einen Laptop mit sich. Für den Fall dass ihm unterwegs in einem Hotel- oder Motelzimmer langweilig werden könnte oder eben wie es nun der Fall war, um Informationen einzuholen.
Er war ein wenig überrascht, wie gut der Datenfluss des Internets hier in dem Zimmer war. Meist hatte er nicht so viel Glück.
Er gab den einzigen Namen ein, den er hatte an dem Tag in Erfahrung bringen können.
„Brandon Norman“ sprach er beim Tippen mit und wartete darauf, was die Datenbank her gab.

Natürlich gab es mehr als einen Mann mit diesem Namen.
Doch nur einer schien auf die Beschreibung der Leute zu passen.
Er fand lediglich eine Zulassung für ein Auto und für ein Motorrad, sowie Brandon´s Adresse.
Und für einen Moment war Larson enttäuscht.
Enttäuscht, dass in der Datenbank der Polizei nicht noch mehr stand.
Brandon schien eine weiße Weste zu haben.
Unter Brandon´s Adresse stand noch ein weiterer Name. Doch auch der ergab keinen wirklichen Treffer.

Nachdenklich nippte Larson an seinem Wiskey.
Dann kam ihm eine unorthodoxe Idee.
Er gab Brandon´s Namen in die Suchleiste des Webbrowsers.
In den heutigen Zeiten war es unmöglich nicht über den schlichten Weg gefunden zu werden. Fast jeder hatte irgendwo ein Profil im Netz angelegt. In irgendeiner Social-Community-Seite.
Und auch hier gab es wieder mehrere Treffer.
Allerdings sehr viele Nieten.

Erst zwei Stunden und eine Wiskey später hatte er zumindest ein Foto von Brandon im Internet gefunden. Verbunden mit der Facebookseite seiner Verlobten.
Larson musste gestehen, dass Brandon´s Verlobte Josie nicht schlecht aussah.
Neugierig las er die letzten Einträge durch.
Und die bestätigtem ihm, dass er den richtigen Brandon oder zumindest eine Verbindung zu dem Mann gefunden hatte.
Allerdings würde ihm die nicht viel bringen.
Laut Josie´s Eintragungen, hatte Brandon wegen irgendetwas überreagiert, habe dann seinen Job verloren und sei mit dem Motorrad davon gefahren.
Josie erklärte nicht wirklich, weswegen Brandon überreagiert hatte, aber ihre kleine Bildergalerie lies erahnen, was Brandon womöglich hatte zur Flucht getrieben hatte.
„Verlobung gelöst! Bin den Loser endlich los! Sein Boss ist eh viel schärfer!“ konnte Larson lesen. Der Eintrag war noch nicht mal eine Woche alt.
Ein wenig bemitleidete Larson Brandon. Allerdings nicht so sehr, dass er nicht auch noch den Rest von Josie´s Profil durch sah.

Viel Informationen hatte ihm die Suche nicht gebracht. Er wusste nun lediglich mit was Brandon unterwegs war und warum.
Er wusste allerdings nicht, ob Brandon noch immer mit dem Mädchen zusammen war. Und wer der Blonde war.
Zuletzt geändert von Nikita LaChance am Fr 23. Dez 2011, 10:29, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: AT: can't find my way home

Beitragvon Nikita LaChance » Sa 17. Dez 2011, 10:40

Kapitel XX

Stevie erwachte als erstes. Zumindest wenn man Eric nicht dazu zählen würde, da er ja nie schlief.
Eric hatte sich die ganze Nacht nicht mehr von ihrer Seite gerührt und hatte nachgedacht.
Im Grunde hatte er gehofft, dass sie wieder anfing im Schlaf zu reden und so irgendetwas von ihr oder besser gesagt über sie zu erfahren.

„Alles okay bei dir?“ wollte sie von ihm wissen und sah ihn irritiert an.
Ein Schmunzeln huschte ihm übers Gesicht und er teleportierte sich wieder zurück auf den Motorradsitz.
„Kein Alptraum mehr?“ fragte er sie.
Sie schüttelte irritiert den Kopf und ging dann ohne ein weiteres Wort ins Bad.
Als sie wieder zurück kam, suchte sie sich frische Socken und ein langärmeliges Hemd aus dem Schrank und zog sich an. Dann packte sie wortlos ihre Landkarte und ihr Notizbuch in den Rucksack, der zum Glück in den wenigen Stunden einigermaßen trocken geworden war.
Gerade als sie die Spieluhr in den Schrank stellen wollte und diese einen Ton von sich gab, wachte Brandon auf und sah verschlafen zu ihr.

„Wie spät ist es?“ wollte er wissen, wobei er sein Gesicht nicht vom Kissen hob.
„Weiß nicht!“ gab sie zu. Sie hatte sich nie wirklich um die Zeit gekümmert. War immer aufgestanden, wenn sie aufgewacht war. Es gab auch keine wirklichen Zeitdruck für sie zu irgendeinem Zeitpunkt irgendwo zu sein.
Brandon sah müde auf seine Uhr.
„Es ist neun!“ erklärte er und setzte sich auf.
Es dauerte einen Moment ehe er voll wach war.
„Was machen wir heut?“ wollte er wissen und streckte sich, sodass die Knochen knackten.
Stevie schmunzelte.
„Fahren!“ meinte sie dann.
Sie begann erneut im Schrank zu suchen. Doch diesmal holte sie lediglich einen dicken Pullover heraus, den sie sogleich in ihren Rucksack packte.
Brandon nickte nur, stand auf und verschwand im Badezimmer.

„Du hast keinen Plan, oder?“ wollte Eric flüsternd von ihr wissen.
„Hab ich nie!“ lachte sie und ging erneut zum Schrank.
Sie sah sich die Konservendosen an, die sie darin aufbewahrte und holte eine kleine Dose Linsensuppe hervor.
Sie war kaltes Essen gewöhnt und so machte es ihr auch nichts aus, die Suppe kalt zu essen.

Als Brandon wieder aus dem Bad kam, sah er irritiert auf ihr Essen.
„Wir haben keinen Ofen!“ erklärte sie nur und aß genüsslich weiter die grau-braune Masse.
„Da stehen noch mehr Dosen. Ist bestimmt auch was für dich dabei!“ meinte sie und zeigte auf die Konserven im Schrank.
„Und das muss ich dann kalt essen?“
Eric lies ein gehässiges Lachen hören. Er war froh, dass er dieses Problem nicht hatte.
Brandon war sich nicht sicher, welches der Speisen überhaupt kalt genießbar waren. Die Auswahl war allerdings nicht wirklich groß.
Stevie hatte lediglich ein paar Suppen und auch ein paar Würstchen eingelagert.
„Wenn wir in die Stadt kommen, können wir da essen!“ gab sie zu verstehen, „Nur manchmal ist nichts in der Nähe!“
Brandon hoffte, dass eine Stadt nicht mehr so weit weg war und er somit dann auch was richtiges zu Essen bekäme.
Er griff sich eine der Würstchendosen und eine der Wasserflaschen und setzte sich neben Stevie aufs Bett und begann zu essen.

„Also wir fahren weiter!“ begann er während des Essens, „Und wenn wir in eine Stadt kommen, dann werden wir erst mal richtig frühstücken! Oder Mittagessen! Was auch immer!“
Stevie grinste nur und nickte.
Nach einer Weile meinte sie, dass sie vielleicht Glück hätten und ihre Wäsche waschen könnten.
Brandon hoffte es. Allerdings hoffte er mehr auf eine richtige Mahlzeit.

Irgendwann während des Essens fiel sein Blick auf das Zimmerfenster.
Vor dem Fenster war es noch immer schwarz. Es war rein gar nichts zu erkennen.
Irritiert sah er auf seine Uhr.
„Wieso ist das draußen noch dunkel?“ wollte er wissen.
Stevie blickte ebenfalls zum Fenster und dann zu Eric. Doch auch dieser hatte keine andere Erklärung, als dies schon immer so sei.
„Vermutlich, damit man nicht weiß, wo das Zimmer ist?“ mutmaßte Brandon.
Stevie zuckte nur mit den Schultern.

Nach ihrem kalten Mahl und nachdem beide sich noch ein paar warme und vor allem trockene Sachen über gezogen hatten, öffnete Eric die Zimmertür.
Vor der Tür war die Straße zu erkennen, die sie den Tag zuvor gefahren waren. Nur diesmal war von Regen keine Spur.
Es war ein milder sonniger Herbsttag und keine einzige Regenwolke in Sicht.
Brandon schob sein Motorrad durch die Tür und gemeinsam mit Stevie ging er zur Straße hinunter, während Eric die Tür wieder hinter sich schloss.
Für einen Moment hatte Brandon vergessen, dass er in einem Zauberzimmer gewesen war und war kurz irritiert, das er die alte Bruchbude wieder vor sich hatte.

Brandon musste Stevie wieder mit ihrem Helm helfen und schon wenig später saßen beide, diesmal nur mit ihrem Rucksack, in den auch ein paar Sachen für Brandon steckten, sowie ein paar Wasserflaschen für unterwegs, auf dem Motorrad und fuhren die Straße entlang.


Es war gegen Zehn als Larson endlich aufwachte. Er hatte verschlafen und beeilte sich, seine Sachen wieder zusammen zupacken und in seinen Wagen zu steigen.
Noch während der Fahrt tätigte er einen Anruf, um auf seiner Dienststelle Bescheid zu geben.
Er lies sich auch gleich die Telefonnummer von Brandon´s Verlobter geben. Dies war die einzige Information, die er die Nacht nicht gefunden hatte. Oder er hatte nicht wirklich danach gesucht. Zu abgelenkt von den vielen Bildern und Texten.
Und schon wenig später telefonierte er mit ihr.

Josie schien noch geschlafen zu haben. Jedenfalls war sie nicht erfreut so früh geweckt worden zu sein, wie sie ins Telefon schimpfte.
Larson hatte sich nicht wirklich einen Text zurecht gelegt. Aber das war ihm im Moment egal.
„Ich würde gern etwas über ihren Verlobten erfahren!“ erklärte er, gleich nachdem er seine Dienstnummer und seinen Namen runter gerasselt hätte. Vermutlich hatte sie ihn noch nicht einmal verstanden.
„Mein Verlobter? Ich bin nicht verlobt!“ schrie sie schon beinahe ins Telefon, „Nicht mehr!“
„Können Sie mir irgendetwas über den Aufenthalt von Brandon Norman, ihrem Ex-Verlobten sagen?“ wollte Larson wissen.
Es dauerte einen Moment ehe sie antwortete.
„Der ist weg! Abgehauen!“ gab sie zu verstehen, „Hat sein beschissenes Motorrad geschnappt und ist abgehauen!“
Für einen Moment klang es so als würde sie bedauern, dass Brandon weg sei. Doch im nächsten Moment murmelte sie, dass sie froh sei ihn los zu sein.
„Wissen Sie wohin er wollte?“
„Is mir egal!“
Sie wollte schon auflegen, als Larson sie fragte, ob sie vielleicht etwas über ein Mädchen wisse.
Er beschrieb ihr das Mädchen genau, ohne jedoch den Namen zu nennen. Unter anderem, weil er den Namen nicht kannte.
„Woher soll ich wissen, mit wem er sich rumtreibt!“ schimpfte sie ins Telefon, „Der Arsch ist abgehauen und da ist´s mir egal!“
Damit legte sie auf und Larson schaltete den Lautsprecher seines Handys wieder ab.

Im Grunde hatte ihm der Anruf nichts gebracht.
Einerseits wusste Larson gar nichts über Brandon, über den er an das Mädchen heranzukommen hoffte. Doch andererseits könnte er mit dem Kennzeichen des Motorrads den Mann zumindest verfolgen und wenn er wollte auch gefangen nehmen lassen.


Weit nach zwölf erreichten Brandon und Stevie endlich eine Stadt.
Brandon steuerte gleich als erstes ein kleines Diner an.
Er brauchte unbedingt was zu Essen.
In dem Diner herrschte reger Betrieb und die Bedienung, die an ihnen vorbei huschte, meinte sie sollen sich ein freies Plätzchen suchen, was ein wenig schwierig war, da es keine freien Tische mehr gab.
So mussten sich Brandon und Stevie zu einem älteren Ehepaar gesellen, dass nichts gegen ein wenig Gesellschaft auszusetzen hatte.
„Ihr seit ein so süßes Paar!“ stellte die alte Dame fest und Stevie konnte förmlich Eric´s finsteren Blick im Nacken spüren. Vor allem da weder sie noch Brandon die alte Dame hinwiesen, dass sie kein Paar waren.
Die alte Frau begann neugierig die beiden auszufragen und kommentierte die wenigen Antworten mit ihren reichlichen Lebenserfahrungen.
„Ja, wenn man so jung ist, macht es Spaß soweit zu reisen!“ meinte sie.
Ihr Mann hatte mehrfach versucht, sie zur Reason zu bringen. Doch nach einer Weile hatte er aufgegeben und genoss einfach sein Essen.
Auch Stevie und Brandon versuchten ihr Essen, Fisch des Tages, zu genießen und nebenbei antworteten sie auf die Fragen der Alten. Allerdings fingen sie irgendwann an, sich ein paar Sachen auszudenken, was die Alte nicht mitbekam.

Brandon hatte mit Stevie über die Nacht oder vielmehr über ihren Traum reden wollen. Doch in Gesellschaft der beiden Alten an ihrem Tisch war ihm dies nicht vergönnt.
„Ihr müsst euch unbedingt die Stadt ansehen, Kinder!“ meinte die Alte sofort, als Brandon und Stevie wieder aufbrechen wollten.
„Lass sie doch!“ versuchte ihr Mann einzulenken.
Doch seine Frau ignorierte ihn.
Sie begann auch gleich ein paar Sehenswürdigkeiten der Stadt aufzuzählen. Ihrer Erklärung nach gab es neben einigen interessanten Museen und Parks auch ein altes Ford, welches die beiden unbedingt ansehen sollten.

„Man, die kann einem ein Ohr abkauen!“ murrte Eric, sobald sie das Diner endlich verlassen hatten.
Er hatte allerdings soviel Glück gehabt, dass ihn die alte Frau nicht gesehen und somit die ganze Zeit mit Fragen gelöchert hatte. Außerdem hatte er unbemerkt verschwinden können.
„Ein paar Straßen weiter ist ein Waschsalon!“ erklärte er sofort.
Stevie nickte. Nur Brandon schien was anderes im Sinn zu haben.
Er blieb bei seinem Motorrad stehen und überlegte.
„Was ist los?“ wollte Stevie von ihm wissen.
„Ich hab meine Mom nicht angerufen!“
Eric schüttelte nur grinsend den Kopf und murmelte was von Muttersöhnchen.
Stevie aber sah ihn nur mit großen Augen an.
„Okay, ich hatte ihr versprochen, dass ich sie jeden zweiten Tag anrufe!“ versuchte Brandon zu erklären, wobei er feststellen musste, dass er somit noch mehr nach einem Muttersöhnchen klang.
„Dann suchen wir ein Telefon und gehen danach Wäsche waschen!“ meinte Stevie und Eric rollte nur die Augen.

Zu ihrem Glück konnten sie beides zur selben Zeit erledigen.
Im Waschsalon gab es auch ein öffentliches Telefon.
Brandon hatte sein Motorrad die wenigen Straßen geschoben und vor dem Waschsalon abgestellt.
„Ähm, unsere Wäsche?“ flüsterte Brandon Stevie irritiert zu.
Sie sah sich kurz um und zerrte ihn am Ärmel seiner Jacke zur Gasse neben den Salon.
„Wir brauchen nur eine Tür und dann holen wir die Sachen aus dem Zimmer!“ erklärte sie.
Eric hatte auch schon eine Tür gefunden und öffnete sie, sobald die beiden an der Tür ankamen.
Eric blieb in der Tür stehen und hielt Wache, während Stevie und Brandon die beiden Plastikbeutel mit ihrer Wäsche aus dem Kleiderschrank holten.
Brandon war schon fast wieder aus dem Zimmer raus, als ihm auffiel, dass der Boden sauber und sogar das Bett gemacht war.
„Aber da war doch einer großer Fleck vom Motorrad!“ stellte er irritiert fest.
„Ich hab doch gesagt, dass sich das Zimmer verändert! Die Dosen sind auch weg!“ meinte Stevie nur zu ihm und schob ihn aus dem Zimmer raus.
„Ja, aber wie?“ wollte Brandon von ihr wissen.
„Das ist eine gute Frage!“ meinte sie nur und ging, mit dem Sack über der Schulter wieder zum Eingang des Waschsalons.
Eric hatte die Zimmertür wieder verschlossen und den Schlüssel weg gesteckt und war Stevie hinterher gegangen.

Im Salon begann Stevie ohne weiteres ihre Wäsche zu sortieren und dann auf zwei Maschinen zu verteilen. Es war nicht das erste Mal, dass sie ihre Wäsche so sauber bekam. Und es war auch nicht das erste Mal, dass Eric ihr das nötige Kleingeld für die Automaten besorgte.
Brandon tat sich ein klein wenig schwerer mit seinen Sachen und den Automaten. Eric sah amüsiert zu. Und nach einer Weile erbarmte sich Stevie und half ihm aus.

„Ich werd … anrufen!“ erklärte Brandon mit dem Fingerzeig auf das Telefon, kaum das seine Wäsche im Automat war.
Stevie setzte sich zu Eric auf einen der Sortiertische und starrte gelangweilt auf die Automaten.
Sie konnte Brandon hören, nur aber nicht die Worte seiner Mutter.
Allen Anschein nach wollte sie von ihm wissen, weswegen er nicht früher angerufen hätte.
Stevie versuchte ihn oder vielmehr Brandon´s Telefonat auszublenden.

Mehr oder weniger war sie dankbar als Eric sie nach ihrem Traum fragte.
„Ich weiß nicht mehr, was ich geträumt hab!“ gab sie leicht enttäuscht zu.
„Ich hab nur die Musik gehört. Ansonsten war alles dunkel!“
Eric nickte kurz.
„Und die Spieluhr? Glaubst du wirklich die ist von deiner Großmutter?“
Sie zuckte mit den Schultern. Sie wusste es nicht und war sich im Grunde auch nicht so sicher, weswegen sie annahm, dass die Spieluhr ihrer Großmutter gehöre. Sie wusste noch nicht einmal wer ihre Großmutter war.
„Aber ich glaube, es hat einen Grund, warum ich die Spieluhr dort im Schließfach versteckt hatte!“ meinte sie dann überzeugt, „Vielleicht hat sie ja irgendwas mit meiner Vergangenheit zu tun!“
„Na ja, du hast sie vor etwa vier Monaten dort rein gesteckt. Logisch, dass sie was mit deiner Vergangenheit zu tun hat!“ lachte Eric.

Brandon hatte in der Zwischenzeit sein Telefonat mit seiner Mutter beendet.
Er hatte ihr weder von dem Vorfall mit dem Trucker erzählt, noch von seiner Begleitung. Seine Mutter war noch immer ein wenig enttäuscht darüber, dass er nicht mehr mit Josie zusammen war oder vielmehr, dass er sie so einfach gehen lies. Aber die Meinung seiner Mutter über seine Verlobte oder vielmehr Ex-Verlobte änderte sich auch fast stündlich. Mal war sie das Beste was ihm je passiert ist und im nächsten Moment war Josie die hinterhältigste Miststück was seine Mutter je kennengelernt hatte. So zumindest hatte sie es ausgedrückt.
Brandon überlegte, ob er vielleicht kurz bei Mike anrufen sollte. Vielleicht nur ganz kurz, um ihm zu sagen, dass alles okay sei.

„Hi!“ Eine Brünette stand freundlich lächelnd neben ihm.
Ein wenig irritiert grüßte er zurück, noch immer den Hörer in der Hand und unsicher ob er wählen sollte.
Sie lächelte ihn an und sah dann aufs Telefon.
„Oh! Du willst hier ran!“ stellte er fest und hängte den Hörer wieder in die Gabel.
„Muss nur kurz bei meiner Schwester durch klingeln!“ erklärte sie.
Brandon nickte nur und trat vom Telefon zurück.
Er wollte schon hinüber zu Stevie und Eric gehen, als die Brünette ihn nochmals ansprach.
„Vielleicht könnten wir ja später einen Kaffee trinken gehen?“
Brandon überlegte kurz.
Die Brünette sah klasse aus. Besser noch als Josie.
Dann sah er nochmal zu Stevie und Eric, die kurz zu ihm hinüber sahen. Stevie zuckte nur mit den Schultern.
„Ist nur ein Kaffee! Oder ist deine Schwester dagegen?“ lächelte die Brünette und wies mit einem Nicken zu Stevie hinüber.
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